FGSV-Nr. FGSV 002/96
Ort Stuttgart
Datum 16.03.2011
Titel DRIVERS – Ein simulationsbasierter Ansatz zur Verkehrslageermittlung und -prognose in städtischen Netzen
Autoren Dr.-Ing. Carsten Kemper
Kategorien HEUREKA
Einleitung

Dieser Beitrag stellt einen simulationsbasierten Ansatz zur Verkehrslageermittlung und -prognose in städtischen Netzen vor. Planerische Ansätze aus der Verkehrsmodellierung werden mit wissenschaftlichen Methoden aus dem Bereich des Verkehrsmanagement verschmolzen und zu einem plausiblen Gesamtsystem zusammengestellt. Das Gesamtsystem besteht aus einem Kernsystem sowie vier Modulen zur Prognose von Detektordaten, Schätzung von Verkehrsbeziehungen, Korrektur von Ganglinien und der Berechnung von Parametern zur Onlinekalibrierung der Kernkomponente. Die verwendeten Methoden und Algorithmen werden detailliert dargestellt und erläutert.

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1 Einleitung und Problemstellung

Eine effiziente, individuelle Mobilität ist wesentlich für den Erhalt der Wirtschaftskraft, aber auch der Umwelt. In heutigen Systemen basiert die Effizienz des Verkehrs auf kollektivem Verkehrsmanagement, bei dem Daten zumeist stationär erfasst und dann zur Auswertung an die Verkehrszentralen übermittelt werden. Die Daten werden häufig in makroskopischen Verkehrsmodellen fusioniert um eine vermeintlich aktuelle Verkehrslage zu berechnen. Defizite makroskopischer Verkehrsmodelle, wie unzureichende Modellierung von Engpässen oder die mangelhafte Modellierung von Lichtsignalanlagen führen dazu, dass weitere Modelle wie beispielsweise Warteschlangenmodelle und Rückstauschätzer herangezogen werden, um vermeintlich die Qualität des Systems zu steigern. Tatsache ist jedoch, dass nur wenige Modelle den Qualitätsanforderungen genügen und nur mit erheblichem Kalibrierungsaufwand sämtlicher Teilmodelle eine zufriedenstellende Verkehrslageschätzung erreicht werden kann. Darüber hinaus arbeiten diese Modelle mit Detektordaten vorangegangener Zeitintervalle ohne zukünftige Detektordaten vorherzusagen, was dazu führt, dass die Verkehrslageermittlung immer auf eine „veraltete“ Verkehrslage basiert.

Dieser Beitrag setzt den Fokus auf eine moderne zukunftsweisende Methode den Verkehrsfluss in städtischen Netzen mit Hilfe von stationären Detektordaten und fahrzeuggenerierten Einzeldaten zu ermitteln und vorherzusagen. Kernelement der Methode ist dabei das Verkehrsmodell DRIVERS (Dynamic, Reactive and Intelligent Vehicle movEments – Real-time Simulation) in dem sowohl Detektordaten als auch hochdynamische Einzelfahrzeugdaten unter Echtzeitbedingungen zu einer Gesamtverkehrslage fusioniert werden.

2 Methodik

2.1 Simulationsumgebung

DRIVERS.traffic ist das Kernstück der Simulationsumgebung und wird verwendet um das mikroskopische Verhalten von Einzelfahrzeugen in städtischen Netzen abzubilden. Das Verkehrsflussmodell in DRIVERS basiert auf einem zellularen Automaten mit einigen Modifikationen, um den Verkehrsfluss in städtischen Netzen abbilden zu können [2]. Um zu jeden Zeitpunkt die aktuelle Verkehrslage abfragen zu können, arbeitet DRIVERS parallel zur Realität in Echtzeit.

Die strukturellen Verkehrsbeziehungen zwischen den Quellen und Zielen (OD-Beziehungen) werden mit statischen Verkehrsnachfragematrizen in der Einheit Kfz/24h abgebildet. Über Zählwerte aus strategischen Detektoren im Netz werden statische Ganglinien mit einem Intervall von 15 Minuten für jede Quelle erzeugt und mit der Nachfragematrix gekoppelt, so dass an jeder Quelle eine realistische, der Tageszeit entsprechende Grundbelastung ins Netz fließen kann [2]. Sowohl die Verkehrsnachfragematrizen als auch die zugehörigen Tagesganglinien liegen in unterschiedlichen Ausprägungen vor, um sowohl werktäglichen Verkehr wie auch Samstage, Sonnund Feiertage und spezielle Events abbilden zu können.

Bild 1: Systemarchitektur DRIVERS

Zwischen allen OD-Beziehungen wird ein dynamischer Pool von möglichen Routen vorgehalten, aus denen die Fahrzeuge zum Zeitpunkt ihrer Erzeugung mit einem Entscheidungsmodell (C-Logit-Ansatz) ihre Route wählen können. Aufgrund der tageszeitbedingten Schwankungen in den Verkehrsstärken, wird ein Teil der möglichen Routen im Pool in frei definierbaren Zeitabschnitten aktualisiert, so dass zu jeder Tageszeit realistische Routen zwischen allen Quellen und Zielen zur Verfügung stehen. Benötigen Fahrzeuge auf ihrer Route erheblich länger als bei der Erzeugung angenommen, so können diese während der Fahrt eine neue Route zum Ziel ermitteln, verwenden und bei Bedarf in den Pool der Routen für alle anderen Fahrzeuge einstellen. Die Zielwahlwahrscheinlichkeitsmatrix wird dabei unmittelbar aus der verwendeten statischen Verkehrsnachfragematrix ermittelt [2].

2.2 Korrektur von Verkehrsstärken in Echtzeit

Über das Modul DRIVERS.tune werden die simulierten Verkehrsstärken mit den realen Verkehrsstärken abgeglichen. Detektoren im betrachteten Straßennetz liefern ständig Informationen über die aktuellen Verkehrsmengen auf den jeweiligen Streckenabschnitten und werden in DRIVERS genutzt um die Verkehrsmengen im Modell zu justieren.

Strategische Detektoren auf freier Strecke oder Detektoren vor Fußgängerschutzanlagen, die ausschließlich auf Anforderung reagieren, liefern absolute Verkehrsstärken auf den betroffenen Streckenabschnitten. Ein direkter Abgleich dieser Streckenabschnitte mit der Anzahl der simulierten Fahrzeuge auf denselben Streckenabschnitten des gleichen Zeitraums liefert die absolute Differenz der Fahrzeuge zwischen Realität und Modell. Werden im Vergleich zur Realität zu viele Fahrzeuge simuliert, so werden unter Berücksichtigung der Zielwahlwahrscheinlichkeitsmatrix Fahrzeuge ersatzlos aus der Simulation entfernt. Werden dagegen zu wenige Fahrzeuge simuliert, werden ebenfalls unter Berücksichtigung der Zielwahlwahrscheinlichkeitsmatrix Fahrzeuge mit einer entsprechenden Route auf dem betroffenen Streckenabschnitt in die Simulation eingesetzt.

Halteliniennahe Detektoren hingegen messen in der Regel nicht die absolute Verkehrsstärke, sondern lediglich die Kapazität der Zufahrt des betrachteten Knotenpunkts. Da im Online-Betrieb die Freigabezeiten aller Lichtsignalanlagen signalgruppenfein pro Umlauf zur Verfügung stehen, kann für die untersättigte Zufahrt durch die Analyse der Detektorüberfahrten und der Grünzeiten auf die absolute Verkehrsmenge geschlossen werden. Für die übersättigte Zufahrt stehen durch die Analyse der Detektorüberfahrten, der Belegungszeiten der Detektoren und der Grünzeiten mindestens die Information über die Vollauslastung der Zufahrt zur Verfügung. Im Simulationsmodell können so die Verkehrsstärken auch in den Zufahrten der Knotenpunkte durch einfaches einsetzen und entfernen von Fahrzeugen tendenziell korrigiert werden.

Dynamische Fahrzeugdaten liefern darüber hinaus Informationen über Geschwindigkeiten und Reisezeiten auf den Streckenabschnitten und werden in DRIVERS zur Korrektur derselbigen Parameter herangezogen. Über einfache Methoden wie die Online-Korrektur der Attributierung von Kanten (z.B. maximale Geschwindigkeit) können die simulierten Einzelfahrzeuge auf die tatsächliche gemessene Geschwindigkeit „gezwungen“ werden.

Bild 2: Korrektur der Modellwerte mittels Echtzeitinformationen

2.3 Kurzfristprognose der Verkehrsnachfrage

Im Modul DRIVERS.forecast werden zukünftige Verkehrsstärken an allen betrachteten Detektoren für einen kurzfristigen Prognosehorizont von bis zu 30 Minuten vorhergesagt. Die angewendete Methode basiert auf die Kurzfristprognose von Detektorzählwerten nach Förster [1]. Der Ansatz basiert auf der Annahme, dass sich innerhalb abgegrenzter städtischer Straßennetze über längere Zeiträume hinweg typische Standardverkehrsabläufe einstellen, die regelmäßig wiederkehren. Verkehrsabläufe unterliegen demnach in ihrer räumlichen und zeitlichen Verteilung bestimmten Mustern die sich mehr oder minder häufig wiederfinden lassen. In dem Verfahren werden dafür simultan alle Detektorzählwerte im Netz für den Prognosehorizont von bis zu 30 Minuten auf Basis von Raum-Zeit-Mustern vorhergesagt. Die Basis der Vorhersage ist eine Wissensdatenbank mit typischen Verkehrsmustern des betrachteten Gebiets in 15 Minuten Abschnitten für ein ganzes Jahr.

Für jeden Detektor j in dem betrachteten Gebiet werden für ein Zeitintervall i eines Tages die Verkehrsstärken (Detektorüberfahrten) qi,j gesammelt. Für einen Tag ergeben sich so 96 Werte pro Detektor bei einem Zeitintervall von 15 Minuten. Die Daten werden in einer Referenzdatenbank gesammelt, in der sie als Referenzdaten q i , j abgelegt werden.

Mit einer Onlineabfrage auf der aktuellen Verkehrsdatenbank werden die beobachteten Zählwerte aller Detektoren j vom gerade geendeten Zeitintervall i = T0 und der N vorangegangenen Zeitintervallen T-1 bis T-N ermittelt. Diese werden als aktuelles zweidimensionales Raum-Zeit-Verkehrsmuster interpretiert und geben damit die Information über die vorangegangene Verkehrsnachfrage. Danach sucht der Algorithmus in der Referenzdatenbank ein Verkehrsmuster der gleichen Größe, das dem aktuellen Verkehrsmuster am ähnlichsten ist. Wurde ein Verkehrsmuster gefunden, werden die folgenden Zeitintervalle T'+1 und T'+2 des Referenzmusters als Basis für die Vorhersage der Detektorzählwerte für die nächsten zwei Zeitintervalle herangezogen.

Bild 3: Verfahren der Detektorprogrnose (in Anlehnung an [1])

Die bereits erweiterte Methode zur Identifikation des ähnlichsten Verkehrsmusters [3], kombiniert bereits den Korrelationskoeffizienten r und den mittleren quadratischen Fehler MSE.

Formel (1) und (2) siehe PDF.

Zwar zeigen die Ergebnisse in den Veröffentlichungen von Pohlmann und Friedrich, dass sie die Methode damit verbessern konnten, im Rahmen dieser Arbeit wird aber der Theilsche Ungleichheitskoeffizient U [5] als Alternative zum MSE verwendet, da dieser zusätzliche Informationen zur Güte der gefundenen Verkehrsmuster gibt. Der Theilsche Ungleichheitskoeffizient ist nach Meinung des Autors im Vergleich zu den bisher genannten Methoden ein besserer Indikator dafür, in wie weit sich zwei Verkehrsmuster ähnlich sind.

Formel (3) siehe PDF.

Das Verfahren wird häufig benutzt um die Genauigkeit von ökonomischen Vorhersagen verglichen mit aktuellen Beobachtungen abschätzen zu können. Die Vorhersage ist in diesem Fall das aktuelle Verkehrsmuster; die Beobachtung ist das Referenzmuster. Die Prognose ist damit bereits eingetreten und die Güte der Ähnlichkeit der beiden Verkehrsmuster kann direkt beurteilt werden. Wenn U=0 dann stimmt das aktuelle Verkehrsmuster mit dem aus der Referenzdatenbank exakt überein. Wenn allerdings U gegen 1 geht, so gibt es nur eine geringe oder keine Übereinstimmung (bei U=1). Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass mit kleinem U das aktuelle Verkehrsmuster ähnlich dem eines bereits gemessenen Verkehrsmusters aus der Referenzdatenbank ist.

Ein weiterer Vorteil bei der Verwendung des Theilschen Ungleichheitskoeffizienten ist, dass nebenbei drei weitere Parameter von ihm abgeleitet werden können. Diese Parameter evaluieren verschiedene Arten von Fehlern zwischen dem aktuellen Verkehrsmuster und dem Referenzmuster. Damit ist eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Fehlerkomponenten möglich und es kann so auf die Art des Fehlers geschlossen werden.

Formel (4), (5) und (6) siehe PDF.

Die drei Komponenten Um, Us und Uc sind von unterschiedlicher Bedeutung für die Verwendung des Referenzmusters als Prognosegrundlage. Ein hoher Mittelwertfehler (Um) ist ein Indiz dafür, dass zwar Anfangs ein Verkehrsmuster wiedererkannt wurde, sich der Verkehr dann aber anders entwickelt hat als angenommen. Er ist als folgenschwer anzusehen, da die zentrale Entwicklung des Verkehrs nicht richtig erfasst wurde. Eine Fehlschätzung der Varianz der Entwicklung und damit ein hoher Varianzfehler (Us), schränkt die Verwendung des Referenzmusters für die Fortschreibung der Verkehrsstärken ebenso ein, ist im Allgemeinen aber nicht so schwerwiegend wie ein Mittelwertfehler in gleicher Höhe. Für einen gegebenen Gesamtfehler sollten daher Um und Us möglichst klein sein. Insgesamt sollte der Gesamtfehler damit fast ausschließlich auf zufällige, nicht systematische Fehler Uc (Zufallsfehler) zurückzuführen sein.

Um nun das beste Verkehrsmuster in der Referenzdatenbank zu finden, wird im ersten Schritt die Referenzdatenbank durchsucht und m Referenzmuster identifiziert, die den höchsten Korrelationskoeffizienten r gemäß der Empfehlung nach [1] haben. Unter diesen Kandidaten wird anschließend dasjenige Referenzmuster ausgewählt, bei dem der Theilsche Ungleichheitskoeffizient U und damit auch Um und Us am geringsten sind. Durch die Kombination der beiden Gütemaße wird sichergestellt, dass die beiden Verkehrsmuster nicht nur korrelieren, sondern auch in den Werten ähnlich sind.

Die Prognose der Detektorwerte qT+1,j  für das nächste Zeitintervall berechnet sich demnach durch die Werte des nächsten Zeitintervalls des Referenzmusters.

Formel (9) siehe PDF.

2.4 Schätzung der Verkehrsnachfrage

Nachdem die Detektorwerte prognostiziert wurden, kann mit dem Modul DRIVERS.demand die Verkehrsnachfrage für das nächste Zeitintervall geschätzt werden. Die hier angewendete Methode basiert auf vorangegangene Arbeiten von Pohlmann und Friedrich [4] und verwendet das Modell der Informationsminimierung [6] zur Schätzung der Verkehrsnachfrage zwischen allen Quellen und Zielen des betrachteten Verkehrsnetzes.

2.5 Korrektur der Tagesganglinien

Für den Echtzeitbetrieb von DRIVERS werden Tagesganglinien mit einer Auflösung von 15min genutzt um die Fahrzeugmengen und den Abfahrtszeitpunkt der Fahrzeuge an den Quellbezirken festzulegen. Das Modul DRIVERS.timeline baut auf die Ergebnisse der Prognose und Schätzung der Verkehrsnachfrage auf (Kapitel 2.3 und 2.4) und errechnet so für jedes Zeitintervall und für jede Ganglinie entsprechende Korrekturparameter, damit die erwarteten Verkehrsmengen in das Netz eingespeist werden können.

Wie bereits in Kapitel 2.1 erwähnt, dient eine 24h-Matrix als Basis für den einzuspeisenden Hintergrundverkehr. Diese Matrix wurde in der Regel mit einem Verkehrsnachfragemodell erzeugt. Die Berechnung der Verkehrsnachfrage erfolgt meistens auf Basis verhaltenshomogener Bevölkerungsgruppen sowie auf die Definition von Aktivitäten und deren Verkettung zu Wegeketten. Damit beinhaltet die zugrunde liegende Matrix die Verkehrsnachfrage mit einer plausiblen inneren Struktur. Diese 24h-Matrix wird mit dem Modul DRIVERS.timeline automatisch in einzelne Matrizen zerlegt, wobei jede Matrix den Verkehr von 15 Minuten beinhaltet. Mit Hilfe der in Kapitel 2.3 und 2.4 erwähnten Prognoseund Schätzalgorithmen wird eine neue Verkehrsnachfragematrix für das nächste Zeitintervall berechnet, wobei die 15-Minuten-Matrix als Initialmatrix verwendet wird, um die innern Strukturen beizubehalten. Die Summe des Quellverkehrs der neuen Matrix wird dann verwendet um die Ganglinie dieser Quelle temporär zu justieren (Bild 4).

Bild 4: Korrektur der Tagesganglinien
 
Da die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen sind, kann an dieser Stelle noch keine Aussage darüber gemacht werden, ob es sinnvoller ist die korrigierten Ganglinien kombiniert mit der statischen Ausgangsmatrix (Bild 4 unten links) oder für das betrachtete Zeitintervall direkt die neu geschätzte Matrix ohne Verwendung der Ganglinie (Bild 4 unten rechts) zu verwenden. In ersten Untersuchungen orientiert sich die Zielwahl der Fahrzeuge dabei weiter auf die statische Ausgangsmatrix, da davon ausgegangen wird, dass zwar die Verkehrsstärken täglich variieren, die Zielwahl aber stabil bleibt.

Dieser Sachverhalt wird ausdrücklich erwähnt, da der Schätzalgorithmus für die neue Matrix die Eigenheit besitzt, geografisch nah beieinander liegende Quellen und Ziele zu überschätzen und als Konsequenz weit entfernte Quellen und Ziele zu unterschätzen.

3 Umsetzung

Die Mikrosimulation DRIVERS ist als Kernkomponente für Verkehrsmanagementzentralen konzipiert und arbeitet die bereits vorhandenen Daten und Informationen zu einer städtischen Verkehrslage für den motorisierten Indiviudalverkehr auf. Durch die Verwendung einer skalierbaren und betriebssystemunabhängigen Plattform kann DRIVERS inkl. aller Module in fast jeder Verkehrsmanagementzentrale eingesetzt werden.

Alle hier beschriebenen Algorithmen sind sehr rechenzeitintensiv und wurden daher als unabhängige Module mit entsprechenden Schnittstellen zum Kernsystem konzipiert und entwickelt. Durch die Modularisierung wird verhindert, dass sich rechenzeitintensive Anwendungen gegenseitig behindern und das Gesamtsystem negativ beeinflussen. So ist beispielsweise die Kernkomponente DRIVERS in zwei Module aufgeteilt. Das erste Modul (DRIVERS RTS) verarbeitet die von externen Modulen aufbereiteten Daten und simuliert den Verkehr in Echtzeit parallel zur Realität. Damit ist eine Aktualisierung der städtischen Verkehrslage beispielsweise für Mehrwertdienste im Minutentakt möglich. In frei zu bestimmenden Intervallen wird ein zweites nahezu identisches Modul (DRIVERS mRTS) gestartet, welches die aktuelle Verkehrslage über eine definierte Schnittstelle (TrafficStateHandler) übergeben bekommt und die Entwicklung des Verkehrs durch eine Simulation in mehrfacher Echtzeit in die Zukunft prognostiziert (Bild 5).

Bild 5: Systemdesign von DRIVERS

4 Zusammenfassung

Das Aufgabenfeld von Verkehrsmanagementzentralen wird in Zukunft stärker wachsen als bisher. Neben der Aufrechterhaltung und des Betriebs der Infrastruktur, werden sie zu Datenund Informationslieferanten für den Individualsowie für den öffentlichen Verkehr werden. Diese wachsenden Anforderungen stellen auch ganz neue Anforderungen an die Softwarekomponenten in den Verkehrsmanagementzentralen. Es reicht nicht mehr nur aus Daten zu erfassen und abzuspeichern; statt dessen wird eine intelligente Verarbeitung der Informationen zu Mehrwertdiensten gefordert. Die Bereitstellung von qualitativ hochwertigen Informationen wie Reisezeiten auf allen Strecken und verkehrsabhängiges Routing in städtischen Netzen werden zu den Hauptanwendungen von Verkehrsmanagementzentralen der nächsten Jahre gehören.

Mit DRIVERS wird ein simulationsbasierter Ansatz für eine Verkehrslageermittlung und prognose in Echtzeit vorgestellt. Planerische, typischerweise statische Ansätze wie die Verwendung von gesicherten Verkehrsnachfragematrizen in denen sich die strukturellen Verkehrsbeziehungen des betrachteten Gebiets widerspiegeln, werden mit dynamischen Ansätzen aus dem Bereich des Verkehrsmanagements verschmolzen, um die Verkehrslage für ein abgeschlossenes Untersuchungsgebiet zu errechnen. Basierend auf wissenschaftlichen Methoden werden dafür Detektorzählwerte für einen Zeithorizont von 15 bis 30 Minuten vorhergesagt und für die Verkehrsnachfrageschätzung verwendet. In der parallel zur Realität mitlaufenden Simulation werden in Echtzeit die Verkehrsstärken, mittleren Geschwindigkeiten und mittleren Reisezeiten durch die Echtzeitauswertung von Detektorereignissen sowie durch Erfassung von fahrzeugbezogenen Kenngrößen korrigiert, um eine möglichst gute Übereinstimmung zwischen Modell und Realität zu erhalten.

Die Methoden und Algorithmen in den zur Anwendung kommenden Modulen werden dargestellt und das Zusammenspiel mit der Kernkomponente DRIVERS erläutert. Da sich das Gesamtsystem derzeit noch in der Entwicklung befindet, werden keine zusammenfassenden Ergebnisse beschrieben. Nahezu jedes Teilmodul hat aber bereits seine prinzipielle Funktionsfähigkeit in der referenzierten Literatur unter Beweis gestellt.

5 Literatur

[1] Förster, G., Kurzfristprognose auf Basis von Raum-Zeit-Mustern. Heureka 2008, Stuttgart, 2008.

[2] Kemper, C., Dynamische Simulation des Verkehrsablaufs unter Verwendung statischer Verflechtungsmatrizen. Dissertation, Institut für Verkehrswirtschaft, Straßenwesen und Städtebau, Gottfried Wilhelm Leibniz Universität, Hannover, 2006.

[3] Pohlmann, T.; Friedrich, B., Combined Short-Term Forecasting and Traffic Demand Estimation for Online Control Strategies. XIII Euro Working Group on Transportation Meeting Padua, Italy, 2009.

[4] Pohlmann, T.; Friedrich, B., Short Term Estimation of OD matrices and Traffic Streams in Urban Networks. mobil.TUM 2009, Munich, 2009.

[5] Theil, H., "Applied Economic Forecasting," North-Holland 1966.

[6] Van Zuylen, H. J.; Willumsen, L. G., "The most likely trip matrix estimated from traffic counts," Transportation Research Part B: Methodological, vol. 14, pp. 281-293, 1980.