FGSV-Nr. FGSV 001/23
Ort Mannheim
Datum 15.09.2010
Titel Finanzielle Bewertung der Straßeninfrastruktur in Kommunen am Beispiel Stuttgart
Autoren Ltd. StBDir. Jochen Hutt
Kategorien Kongress
Einleitung

Die Landeshauptstadt Stuttgart hat zum 1. Januar 2010 die kommunale Doppik eingeführt. Wesentlicher Bestandteil ist die Anlagenbuchhaltung, für die eine finanzielle Erstbewertung aller Anlagengüter erforderlich wurde. Zum Stichtag der Eröffnungsbilanz für das Vermögen der Landeshauptstadt Stuttgart am 1. 1. 2010 bringt das Tiefbauamt für das Straßeninfrastrukturvermögen Buchwerte in Höhe von 1,55 Mrd. € ein. Insgesamt belaufen sich die Herstellungskosten für die Straßeninfrastruktur auf 2,85 Mrd. € und die jährlichen Abschreibungen auf 60,3 Mio. €. Dabei ist mit 56 % über die Hälfte des Vermögens der Anlagengruppe „Straßen, Wege, Plätze“ zuzuordnen, gefolgt von der Anlagengruppe „Straßenbauwerke“ mit einem Anteil von 26 %. Dieser vergleichsweise hohe Anteil für die Straßenbauwerke ist der Tatsache geschuldet, dass Stuttgart aufgrund seiner besonderen topografischen Lage überdurchschnittlich viele Tunnelbauwerke betreibt. Die aus der Erstbewertung des Vermögens ermittelten Abschreibungen sind investiver Bestandteil sogenannter Investitionsfolgekosten.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

Die Landeshauptstadt Stuttgart ist mit ca. 590.000 Einwohnern das Zentrum einer der wirtschaftsstärksten Regionen in Europa. Die Stadt bietet ca. 400.000 Arbeitsplätze an, was sich jeden Tag in einem starken Pendlerstrom in die Stadt niederschlägt.

Bei ca. 770.000 Fahrzeugen, die täglich die Stadtgrenze passieren ist das Stuttgarter Straßennetz inzwischen an seiner Leistungsgrenze angelangt. Dazu kommen über 15.000 Baustellen pro Jahr im öffentlichen Straßenraum.

Die Verkehrsinfrastruktur der Stadt wurde überwiegend ab den 1960er Jahren bis hinein in die 1990er Jahre errichtet. Die vorerst letzte große Neubaumaßnahme für den Straßenverkehr ist derzeit das Projekt „Rosensteintunnel“, ein 1,1 km langer 2-röhriger Tunnel im Zuge der Bundesstraße B 10 mit geschätzten Gesamtkosten von ca. 200 Mio. €. Bauzeit 2010 bis 2017.

Die Schwerpunkte der Maßnahmen zum Straßenverkehr haben sich in den letzten Jahren unter anderem in die Verkehrssteuerung mit dem Aufbau einer Integrierten Verkehrsleitzentrale und in die Weiterentwicklung von Sicherheitsstandards und Erhaltungsstrategien für die Straßeninfrastruktur verlagert.

 

2 Einführung der kommunalen Doppik

Die Landeshauptstadt Stuttgart hat zum 1. Januar 2010 die kommunale Doppik eingeführt. Im Gegensatz zum bisherigen kameralistischen System von Ausgaben und Einnahmen ist in der Doppik Aufwand und Ertrag abzubilden und hierfür der Werteverzehr des Vermögens in Form von Abschreibungen vollständig auszuweisen.

Dies setzt eine flächendeckende Erstbewertung des Infrastrukturvermögens Straße voraus, die in Stuttgart bereits zum 30. 11. 2008 abgeschlossen wurde. Zum Bewertungsvorgehen hat das Tiefbauamt der Landeshauptstadt eigenständig ein Bewertungskonzept erstellt. Die Projektdauer von der Konzepterstellung bis zum Abschluss der Erstbewertung betrug ca. 18 Monate.

Die Landeshauptstadt Stuttgart hatte für das Projekt Vermögenserstbewertung einen „Stellenpool Anlagenbuchhaltung“ eingerichtet. Im Bewertungsteam des Tiefbauamtes waren in Projektspitzen bis zu 8 Mitarbeiter/innen eingesetzt. Für den laufenden Betrieb der Anlagenbuchhaltung erhielt das TBA eine zusätzliche Stelle, so dass derzeit 2,5 Stellen dauerhaft zur Verfügung stehen.

Die gesetzliche Grundlage für die Kommunale Doppik in Baden-Württemberg bildet die Gemeindehaushaltsverordnung (GemHVO), die im Dezember 2009 vom Landtag endgültig beschlossen wurde.

Neben der Erfüllung von formalen Gesichtspunkten im Sinne eines vollständigen Vermögensausweises soll die Anlagenbuchhaltung ein aussagekräftiges Instrument für die innerbetriebliche Finanzsteuerung sein. Dabei geht es um die Ermittlung des Reinvestitionsbedarfs, die Darstellung des Ressourcenverbrauchs und die Festlegung von Investitionsprioritäten. Gleichzeitig soll die Anlagenbuchhaltung im laufenden Betrieb mit möglichst geringem Aufwand geführt werden können.

 

3 Rechtliche Grundlagen

Grundlage des Stuttgarter Bewertungskonzepts Straße ist der Leitfaden zur Bilanzierung nach den Grundlagen des Neuen Kommunalen Haushaltsrechts Baden-Württemberg aus dem Jahr 2007.

Danach sind für einen Zeitraum von 6 Jahren vor der Eröffnungsbilanz grundsätzlich die tatsächlichen Herstellungskosten zu ermitteln. Die Eröffnungsbilanz der LHS wird zum 1. 1. 2010 erstellt – tatsächliche Herstellungskosten sind somit für Vermögensgegenstände zu ermitteln, die nach dem 1. 1. 2004 fertig gestellt wurden.

Davor können die Herstellungskosten anhand von Erfahrungswerten ermittelt werden, wenn die tatsächlichen Herstellungskosten nicht oder nicht ohne unverhältnismäßigen Aufwand ermittelbar sind. Konkret waren die tatsächlichen Herstellungskosten nur in 551 Fällen von insgesamt 60.500 Fällen ermittelbar, das heißt in mehr als 99 % aller Fälle mussten die Herstellungskosten aufgrund von Erfahrungswerten ermittelt werden.

Es sind die Preisverhältnisse zum Herstellungszeitpunkt maßgeblich. Das heißt Bewertung zu historischen Herstellungskosten – nicht zu Wiederherstellungskosten.

Soweit eine Rückindizierung im Tiefbauamt erforderlich wurde, erfolgte diese auf Grundlage des Straßenbauindex des Statistischen Landesamtes BW.

 

4 Bewertung von Straßen, Wegen und Plätzen

Gut die Hälfte des Vermögens der Straßeninfrastruktur in Stuttgart fällt auf die Anlagengruppe Straßen, Wege und Plätze. Die Wertermittlung des Straßenkörpers verdient daher ein besonderes Augenmerk.

Durch Stuttgart führen drei wichtige Bundesstraßen sowie zahlreiche Landesstraßen und Kreisstraßen (Bild 1). Insgesamt hat das klassifizierte Straßennetz in der Zuständigkeit der Landeshauptstadt eine Länge von 176 km. Ergänzt um das weitere Hauptverkehrsstraßennetz ergibt sich eine Länge von ca. 500 km an Vorbehaltsstraßen, also Straßen mit Bündelungsfunktion und in der Regel Tempo 50. Zusammen mit dem restlichen Straßennetz, Anliegerstraßen, Tempo-30-Zonen, Wege usw. sind insgesamt ca. 1.300 km Straße mit einer Gesamtfläche von ca. 17 Mio. m² in der Baulast der Landeshauptstadt.

Bild 1: Straßennetz in Stuttgart

Zum Anlagengut Straße zählen die entsprechenden Verkehrsflächen, das heißt der Straßenaufbau bis zum Planum von Außenkante Gehweg zu Außenkante Gehweg und die Straßenentwässerung. Ebenso zählt das sogenannte Unselbstständige Straßenzubehör hinzu wie z. B. Verkehrszeichen nach StVO, Blindenleiteinrichtungen, Poller und Markierungen sowie Parkuhren. Grund und Boden wurde separat bewertet.

Die für die Bewertung notwendigen Bestands und Flächendaten der Straßen wurden aus einem bereits vorhandenen Geoinformationssystem (SIAS) übernommen und dabei flurstücksbezogen zu einem Anlagenstammsatz zusammengefasst. Dieser Anlagenstammsatz bildet die Bewertungseinheit in der späteren SAP-Anlagenbuchhaltung und enthält die Summe aller Verkehrsflächen auf einem Flurstück wie z. B. Fahrbahn, Gehwege, Verkehrsinseln usw. Insgesamt wurden ca. 17 Mio. m² erstbewertet.

Wichtigste Informationen neben der Flächengröße und der Flurstücksnummer ist die Straßenart nach RStO. Hieraus lässt sich unmittelbar die theoretische Nutzungsdauer der Straße ableiten (Bild 2).

Bild 2: Nutzungsdauern in Abhängigkeit der Straßenart

Wegen ihres unterschiedlichen Aufbaus und der differenzierten Beanspruchung wurden den Stuttgarter Straßen und Wegen unterschiedliche Nutzungsdauern zugeordnet. In Anlehnung an die RStO 01 wird dabei in 5 Kategorien unterteilt. Die Nutzungsdauer und somit der Abschreibungszeitraum einer Straße wurde im Rahmen der Empfehlungen des Leitfadens zur Bilanzierung BW durch das Tiefbauamt festgelegt.

Neben der theoretischen Nutzungsdauer ist für die Wertermittlung einer vorhandenen Straße der aktuelle Straßenzustand die entscheidende Größe. Anhand des Zustands der Straße wird ein Rückschluss auf die theoretische Restnutzungsdauer gezogen, aus der dann das fiktive Herstellungsjahr errechnet werden kann.

In Stuttgart wurde im Jahr 2005 mit der systematischen Erfassung des Straßenzustands begonnen. Die Straßen werden dabei in fünf Zustandsklassen unterteilt, von Zustandsklasse 1, sehr schwach ausgeprägtes Schadensbild bzw. neu, bis Zustandsklasse 5, sehr stark ausgeprägtes Schadensbild bzw. dringendem Sanierungsbedarf.

Nachdem zunächst in einem vereinfachten Verfahren, dem sogenannten „Stuttgarter Modell“ in einer ersten Stufe der Straßenzustand visuell eingeschätzt wurde erfolgte in einer zweiten Stufe die detaillierte visuelle Zustandserfassung der beiden Zustandsklassen 4 und 5. Inzwischen sind aber auch in Stuttgart alle wichtigen Hauptverkehrsstraßen messtechnisch erfasst worden.

Die Ergebnisse zeigen einen Anteil der beiden Zustandsklassen 4 und 5 von 24 % am Vorbehaltsstraßennetz in Stuttgart (Bild 3). Diese Straßen können durch Unterhaltungsmaßnahmen allein nicht mehr gerettet werden, hier stehen Erneuerungsmaßnahmen an. Entsprechend schlägt sich dies auf den aktuellen Anlagewert nieder.

Bild 3: Straßenzustandsklassen aus messtechnischer Auswertung 2008

Allen 5 Straßenarten wurden in Abhängigkeit der Zustandsklasse eine Restnutzungsdauer zugeordnet. Die Ergebnisse sind in einer Matrix zusammengefasst (Bild 4).

Bild 4: Matrix zur Ermittlung der Restnutzungsdauer

Da die Zustandsklasse 5 noch Restnutzungsdauern von 2 bis 7 Jahren ausweist, wurde die Zustandsklasse 5 nochmal unterteilt. Ist die Straße dringend erneuerungsbedürftig und nur noch im Rahmen einer Kompletterneuerung des gesamten Straßenaufbaus zu retten, wird keine Restnutzungsdauer mehr angenommen.

Die Herstellungskosten wurden für jede Straßenart auf Basis der in der Erschließungsbeitragssatzung der LHS ausgewiesenen Einheitssätze ermittelt und in das entsprechende Herstellungsjahr rückindiziert (Bild 5). Für Hauptverkehrsstraßen wird dabei von Herstellungskosten von etwa 120 €/m² ausgegangen.

Bild 5: Herstellungskosten Preisbasis 2008

 

5 Bewertung von Straßenbauwerken

Neben der Erstbewertung der Straßen, Wege und Plätze mussten auch zahlreiche konstruktive Straßenbauwerke bewertet werden. Stuttgart hat aufgrund seiner besonderen Topografie eine Vielzahl von Straßentunnel mit einer Gesamtlänge von 10,8 km zu betreiben. Hinzu kommen 126 Straßenbrücken, nochmal so viele Fußgängerbrücken, 53 Unterführungen und 89 Verkehrszeichenbrücken.

Die Nutzungsdauern dieser konstruktiven Einrichtungen wurden wie bei den Straßen entsprechend den Empfehlungen des Leitfadens zur Bilanzierung BW durch das Tiefbauamt festgelegt. Bei den Tunneln wurde dabei zwischen baulichem Teil und Betriebstechnik unterschieden. Innerhalb der Betriebstechnik wurde zwischen Beleuchtung, Lüftung und sonstiger Betriebstechnik unterschieden (Bild 6).

Bild 6: Nutzungsdauern von Straßenbauwerken

Für einen Großteil des Bauwerksbestandes konnten die zur Erstbewertung erforderlichen Daten aus vorhandenen Bauwerksbüchern entnommen werden. Bei „neueren“ Bauwerken konnten die Herstellungskosten aus sogenannten Abrechnungsbeschlüssen zum Bauwerk entnommen werden. Bei den Stuttgarter Straßentunneln war dies beispielsweise bis zum Jahr 1974 möglich.

Bei „älteren“ Bauwerken wurden deren Herstellungskosten auf Basis von eigenen Erfahrungswerten ermittelt. Kalkulationsgrundlage waren die entsprechenden bekannten Herstellungskosten repräsentativer „neuerer“ Bauwerke (Bild 7).

Bild 7: Einheitspreise für die Ermittlung der Herstellkosten von Bauwerken Stand 2008

 

6 Bewertung von selbstständigem Straßenzubehör

Der letzte Bereich der Straßeninfrastruktur umfasst das sogenannte selbstständige Straßenzubehör. Hierzu zählen in Stuttgart unter anderem 805 Lichtsignalanlagen, 93 dynamische Anzeigetafeln und ca. 64.000 Straßenleuchten. Analog den konstruktiven Bauwerken wurden auch hier die Nutzungsdauern in Anlehnung an den Leitfaden Bilanzierung BW festgelegt (Bild 8).

Bild 8: Nutzungsdauern von selbstständigem Straßenzubehör

 

7 Ergebnisse und Kennzahlen der Erstbewertung

Das wichtigste Ergebnis der Erstbewertung der Straßeninfrastruktur lässt sich in drei Zahlen darstellen: Insgesamt belaufen sich die Herstellungskosten für die Straßeninfrastruktur auf 2,85 Mrd. €.

Zum Stichtag der Eröffnungsbilanz für das Vermögen der Landeshauptstadt Stuttgart am 1. 1. 2010 bringt das Tiefbauamt für sein Infrastrukturvermögen Buchwerte in Höhe von ca. 1,55 Mrd. € ein.

Die jährlichen Abschreibungen und damit der Werteverzehr belaufen sich auf 60,3 Mio. €.

Für die Ermittlung dieser Zahlen waren ca. 60.500 einzelne Anlagenstammsätze, also Flurstücke, Bauwerke und Anlagen des Straßenzubehörs anzulegen und auszuwerten.

Interessant bei der Erstbewertung war die Erkenntnis, dass der Wert der Straßeninfrastruktur allein etwa 40 % des Gesamtvermögens der öffentlichen Infrastruktur in Stuttgart ausmacht. Damit ist das Tiefbauamt das anlagenintensivste Amt innerhalb der Stadtverwaltung.

Bild 9: Zusammensetzung des Infrastrukturvermögens nach Herstellungskosten

Bild 10: Verkehrsflächenanteile nach Straßenarten RStO

In der Analyse der Zusammensetzung des Infrastrukturvermögens (Bild 9) zeigt sich, dass weit über die Hälfte des Vermögens in den Straßen selber liegt, gefolgt von den Bauwerken wie Tunnel und Brücken mit zusammen rund einem Viertel des Anlagevermögens. Dieser Anteil liegt vergleichsweise hoch und ist der Tatsache geschuldet, dass Stuttgart aufgrund seiner besonderen topografischen Lage überdurchschnittlich viele Tunnelbauwerke betreibt. Die übrigen Anlagengüter einschließlich der Grundstücke und der Anlagen, die sich im Bau befinden machen ein weiteres Viertel des Infrastrukturvermögens aus.

Betrachtet man die Anlagengruppe Straßen, Wege, Plätze für sich, so kann man anhand der ermittelten Verkehrsflächenanteile unter anderem feststellen, dass bei etwa gleichen Flächenanteilen von Hauptverkehrsstraßen und Anliegerstraßen der Reinvestitionsbedarf bei den Hauptverkehrsstraßen mit 15,7 Mio. € jährlicher Abschreibung insgesamt um über 60 % höher liegt als bei den Anliegerstraßen mit 9,7 Mio. € (Bild 10).

Der Grund liegt darin, dass die Anliegerstraßen auf 50 Jahre abgeschrieben werden, während den Hauptverkehrsstraßen aufgrund der höheren Verkehrsbelastung und eines entsprechenden Schwerlastverkehrsaufkommens eine Nutzungsdauer von nur 35 Jahren zugeordnet wurde.

Der Anlagenspiegel zeigt die Gegenüberstellung von Herstellungskosten und Restbuchwerten aufgeschlüsselt nach den einzelnen Anlagenklassen (Bild 11).

In der Summe ist das Infrastrukturvermögen auf 54 % abgeschrieben. Das heißt konkret, die Straßeninfrastruktur hat heute nur noch etwa die Hälfte dessen an Wert, was in Form von Investitionen für ihre Herstellung aufgebracht wurde.

Dabei zeigen sich durchaus unterschiedliche Entwicklungen, je nach Anlagenklasse. Im Bereich des Straßenzubehörs wie z. B. der Straßenbeleuchtung oder der Signaltechnik ist der Wertverlust überdurchschnittlich. Hier machen sich die relativ kurzen rechnerischen Nutzungsdauern von 15 bis maximal 25 Jahren bemerkbar.

Gerade umgekehrt verhält es sich bei den konstruktiven Bauwerken wie Brücken und Tunnel. Hier rechnen wir mit Abschreibungsdauern bis zu 80 Jahren für den baulichen Teil. Außerdem spielt eine Rolle, dass ein Großteil der Tunnel- und Brückenbauwerke erst in den Jahren und Jahrzehnten nach dem Zweiten Weltkrieg erbaut wurden, also neueren Datums sind. Bei den Tunneln werden außerdem seit einigen Jahren hohe Summen in die Erneuerung der Betriebstechnik investiert, um die steigenden Anforderungen an die Sicherheit zu erfüllen.

Bild 11: Anlagenspiegel 2009 – Modernisierungsgrad nach Anlagengruppen

Bild 12: Vergleich Abschreibungen und Investitionen

Der Werteverzehr bei den Straßen liegt zum Stand der Eröffnungsbilanz leicht über dem Durchschnitt. Hier können allerdings aufgrund unterschiedlicher Nutzungsdauern, je nach Straßenart, sowie eines am Straßenzustand orientierten Erhaltungsmanagements erst im weiteren Verlauf Aussagen zur Entwicklung des Vermögensbestands gemacht werden.

Der Vergleich von Abschreibungen und Investitionen zeigt sich im Bild 12.

Die Abschreibungen belaufen sich derzeit auf ca. 60 Mio. €. Gleichzeitig wurden in 2010 Investitionen in Höhe von 71,1 Mio. € in die Straßeninfrastruktur getätigt.

Hiervon floss aber der Großteil, nämlich ca. 41,7 Mio. € in neue Projekte, also Erst- und Erweiterungsinvestitionen, die in den Folgejahren die Abschreibungsrate zusätzlich belasten werden. Nur etwa 29,4 Mio. € wurden tatsächlich für die Erneuerung der bestehenden Anlagen eingesetzt also reinvestiert. Das heißt der Wertverlust der Bestandsanlagen schreitet voran.

 

8 Zusammenfassung und Ausblick

Eigentum verpflichtet – um den Bestand des Straßen-Infrastrukturvermögens insgesamt im derzeitigen Zustand bzw. „Modernisierungsgrad“ zu erhalten sind jährlich ca. 60 Mio. € zu reinvestieren.

Neubauvorhaben erhöhen diese künftigen Folgelasten. Allein mit dem derzeit anstehenden Großprojekt Rosensteintunnel sind etwa 3 bis 4 Mio. € zusätzlich an jährlichen Abschreibungen ab dem Jahr 2017 zu erwarten.

Die aus der Erstbewertung des Vermögens ermittelten Abschreibungen sind investiver Bestandteil sogenannter Investitionsfolgekosten. Künftig sollen darüber hinaus noch Kennzahlen für die betriebliche und bauliche Unterhaltung von Infrastrukturvermögen ermittelt werden.

Ziel ist es, mit dem Gemeinderat der Stadt Stuttgart eine langfristige Vereinbarung über ein stetiges „Sockelbudget“ für das Bestandsvermögen zu erzielen, die dann auch als verbindliche Grundlage mittelfristiger Reinvestitionsplanungen dienen kann.