Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.
1 Einleitung
Im Vermessungsbereich des Straßenbaus wurde in der Vergangenheit auf der Basis der RAS-Verm 2001 gearbeitet. Zu der Frage, welche Dinge für eine Basisdatenerfassung eigentlich zu erfassen sind geben die RAS-Verm 2001 nur unzureichend Auskunft, wie das nachfolgende Beispiel zeigt:
- Im Anhang 2 „Inhalt von Standardausgaben“ wird grob gelistet, welche Inhalte in den Standardplänen enthalten sein sollen, z. B. 2.3.3 „Verkehrszeichen“.
- Im Anhang 3 „Zeichenvorschrift“ wird das Verkehrszeichen präzisiert. Unter 2.3.3.1 ist z. B. die genaue zeichnerische Darstellung der „Freistehenden Hinweistafel“ aufgeführt. Weiterhin befindet sich unter 2.3.3.2 der „Wegweiser von besonderer Bedeutung“.
Hieraus wird bereits ersichtlich, dass die RAS-Verm 2001 bzgl. der Basisdatenerfassung von dem Endprodukt Plan („Standardausgabe“) herdachten. Ziel der gesamten Vermessung war stets ein fertig ausgearbeiteter Plan, aus dem die notwendigen Informationen für die weitere Bearbeitung (Entwurf, Grunderwerb, …) entnommen wurden.
Seit etwa 20 Jahren werden die Informationen aber zunehmend nicht mehr über Pläne ausgetauscht, sondern direkt über die digitalen Daten, die zur Erzeugung der Pläne genutzt werden. Dabei wird bis heute noch immer stark in der Plan-Struktur gedacht, das heißt es werden Punkte, Linien, Symbole und Texte ausgetauscht.
Diese Arbeitsweise hat zwei wesentliche Nachteile:
- Sachinformationen zu den geometrischen Objekten können nur in begrenztem Maße abgelegt werden.
- Eine dreidimensionale Darstellung ist ebenfalls nur in sehr engen Rahmen möglich.
Vor diesem Hintergrund erscheint es notwendig ein Datenmodell zu definieren, das Objekte der realen Welt dreidimensional mit allen notwendigen beschreibenden Eigenschaften erfasst. Die konsequente Anwendung der BIM-Methode erfordert zwingend ein solches Datenmodell.
2 Ist-Zustand
Bevor das neue RAS-Verm-Objekt-Modell näher beschrieben wird, soll zunächst noch einmal der Ist-Zustand dargestellt werden.
Bisher werden die im Außendienst erfassten Punkte in der Regel kodiert, das heißt mit einem Schlüssel versehen, der die Fachbedeutung angibt (z. B. 3403.0000 = Oberirdische Leitung).
Wenn eine Differenzierung der Fachbedeutung notwendig ist, wird ein zusätzlicher Kode notwendig. In Niedersachsen erfolgt die Kodierung beispielweise gemäß nachfolgendem Prinzip:
5000 = Ver- und Entsorgungs-Leitung
5100 = Leitung, Regenwasser
5110 = Leitung, Regenwasser, DN 100
5120 = Leitung, Regenwasser, DN 200
5130 = Leitung, Regenwasser, DN 300
5140 = Leitung, Regenwasser, DN 400
5150 = Leitung, Regenwasser, DN 500
5160 = Leitung, Regenwasser, DN 600
5170 = Leitung, Regenwasser, DN 700
5180 = Leitung, Regenwasser, DN 800
5200 = Leitung, Schmutzwasser
5210 = Leitung, Schmutzwasser, DN 100
5220 = Leitung, Schmutzwasser, DN 200
5230 = Leitung, Schmutzwasser, DN 300
5240 = Leitung, Schmutzwasser, DN 400
5250 = Leitung, Schmutzwasser, DN 500
5260 = Leitung, Schmutzwasser, DN 600
5270 = Leitung, Schmutzwasser, DN 700
5280 = Leitung, Schmutzwasser, DN 800
5300 = Leitung, Mischwasser
5310 = Leitung, Schmutzwasser, DN 100
5320 = Leitung, Schmutzwasser, DN 200
5330 = Leitung, Schmutzwasser, DN 300
5340 = Leitung, Schmutzwasser, DN 400
5350 = Leitung, Schmutzwasser, DN 500
5360 = Leitung, Schmutzwasser, DN 600
5370 = Leitung, Schmutzwasser, DN 700
5230 = Leitung, Schmutzwasser, DN 800
5400 = Leitung, Trinkwasser
…
5500 = Leitung, Bewässerung
…usw. …
Aus obiger Aufstellung ist bereits ersichtlich, dass bei der Abbildung weiterer Informationen sich die Liste enorm aufblähen würde. Wenn beispielsweise zusätzlich fünf verschiedene Materialien (Beton, Polypropylen, Polyesterharzbeton, Spritzbeton, Zement) abgelegt werden sollen, ergäbe sich folgende Anzahl
5 Leitungstypen x 8 Durchmesser x 5 Materialien = 200 verschiedene Kodes
Weitere Attribute würden die Anzahl der Kodes in den linearen Fachbedeutungslisten sehr schnell ins unermessliche steigen lassen.
Zudem müssen für Messwerte (z. B. Breitenangabe für eine Mauer) Wertebereiche gebildet werden, so dass der wahre Wert nur im Rahmen der vorgegebenen Bandbreite abgelegt werden kann. Im nachfolgenden Beispiel wäre eine 11 cm breite Mauer von einer 20 cm breiten nicht zu unterscheiden:
2331 = Mauer, > 0,1 bis 0,2 m Breite
2332 = Mauer, > 0,2 bis 0,3 m Breite
2333 = Mauer, > 0,3 bis 0,4 m Breite
… usw. …
Auch Datumswerte (z. B. Baujahr) müssten durch Wertebereiche kodiert werden.
Ein weiteres Problem ist die Vielzahl der existierenden Kodelisten. Für das OKSTRA®-Schema „Allgemeine Geometrieobjekte“ hat jedes Bundesland eine eigene Fachbedeutungsliste, weshalb der OKSTRA® 16 verschiedene länderspezifische Fachbedeutungslisten besitzt. Ein Grund hierfür ist auch die unterschiedliche Darstellung der Fachbedeutung in Plänen. Hinzu kommt die differierende Platzierung (Einfügepunkt, Ausrichtung) von Symbolen und Makrolinien. Da manche Software die Fachbedeutung quasi direkt mit der Darstellung verknüpft hat, muss bei einer anderen Darstellung auch eine andere Fachbedeutung gewählt werden. Aufgrund dieser Vielfalt ist eine Übertragung von einem Bundesland zu einem anderen nahezu unmöglich. Ingenieurbüros, die in verschiedenen Bundesländern arbeiteten, beschweren sich zu Recht über diese kaum nachvollziehbare Vielfalt.
Bei der bisherigen Arbeitsweise ergibt sich eine begriffliche Unschärfe beim Arbeiten mit Linien. Zahlreiche Linien sind Begrenzungslinien von Flächen. Eine örtlich vorhandene Radweglinie begrenzt in der Regel gleichzeitig auch eine andere Fläche, z. B. Bankett. Es ist ungeklärt, ob die Linie nun als Radweg oder als Bankett zu kodieren ist. Hieraus wird deutlich, dass insbesondere vor dem Hintergrund einer BIM-gerechten Arbeitsweise eigentlich zwei Flächen zu bilden wären, nämlich eine Radwege- und eine Bankettfläche. Für Analysen (Mengenermittlungen) und 3D-Visualisierungen werden zumindest Flächen (ggf. 3D-Flächen) benötigt, so dass in unserem Beispiel künftig für Radweg und Bankett Flächen zu modellieren sind.
3 Ziele der RAS-Verm-Objekt-Bildung
Aus den oben beschriebenen Mängeln der bisherigen Arbeitsweise ergeben sich folgende Ziele:
- Ablösung der 16 zum Teil sehr langen Fachbedeutungslisten der Länder zugunsten einer einheitlichen Objektliste.
- Definition der im Straßenbau relevanten (örtlich vorhandene oder geplante oder abzusteckende) Objekte mit Hilfe der geometrischen Grundformen Punkt, Linie, Fläche, Volumen.
- Sachdaten werden in Form von Attributen den Objekten zugeordnet.
- Anlehnung an bereits vorhandene Objektdefinitionen bzw. -modelle sowie insbesondere mögliche Bedienung externer Fachmodelle.
- Bisherige Arbeitsweisen – insbesondere bei der Datenerfassung – sind weitgehend zu erhalten.
- Unterstützung der BIM-Methode.
4 Grundsätzlicher Rahmen
Künftig sollen die RAS-Verm regeln, wie die örtlich vorhandenen realen Objekte (Fahrbahn, Lichtsignalanlage, Graben, …) vermessungstechnisch erfasst und digital verwaltet werden. Neben der geometrischen Erfassung sollen auch zugehörige Sachdaten (Attribute) erfasst werden. Entsprechend den unterschiedlichen Anforderungen der Nutzer sind die Informationen digital aufzubereiten, wozu künftig im Zuge der BIM-Methode regelmäßig die Bildung von Flächen und Volumenkörpern gehören wird. Die Daten sind so abzugeben, dass sie problemlos in nachfolgenden Anwendungen (Straßenentwurf, Rastanlagen-Info-System, Hydraulische Entwässerungsberechnung, Straßenbestandspläne, Bauvermessung …) bzw. von deren Modellen (OKSTRA®, ISYBau, …) genutzt werden können.
In der Praxis hat die Plan-Erstellung im Vermessungsbereich an Bedeutung verloren. Die Darstellung der RAS-Verm-Objekte in Plänen und 3D-Visualisierungen ist eine eigenständige Aufgabe und grundsätzlich getrennt von der Modellierung zu betrachten. Die zeichnerische Darstellung bzw. die 3D-Visualisierung wird in separaten Anhängen der RAS-Verm beschrieben.
Zu planende Objekte werden bei der Modellierung berücksichtigt, da sie gegebenenfalls in die Örtlichkeit abzustecken sind.
5 Objekt-Klassen
Damit die realen und örtlich vorhandenen Objekte aus fachtechnischer (vermessungstechnischer) Sicht in Softwareobjekten abgebildet werden können, sind Objekt-Klassen zu definieren. Diese fachlichen Objekt-Klassen beschreiben durch Attribute (Eigenschaften) die realen Objekte der Örtlichkeit (bzw. der Planung). Die RAS-Verm-Objekt-Klassen sollen in einer einfachen, statischen Form die für die Straßenbau-Vermessung notwendigen Fachobjekte beschreiben. Statt beliebiger Relationen werden nur komplexe Objekte zugelassen.
5.1 Geometrische Grundformen
Eine fachliche Objektklasse besitzt mindestens eine geometrische Grundform sowie zugehörige Attribute und gegebenenfalls eine Beziehung zu einem komplexen Objekt. Geometrische Grundformen sind Punkt, Linie, Fläche und Volumen. Im Abschnitt 6 werden die geometrischen Grundformen näher definiert.
Ein Objekt kann in Abhängigkeit der Aufgabenstellung aus mehreren unterschiedlichen geometrischen Grundformen bestehen.
Grafik Objekt-Klasse im PDF
Beispiel Radweg:
Bisher werden von einem Radweg lediglich Begrenzungslinien erfasst und verwaltet, so dass das Objekt Radweg die geometrische Grundform Linie hatte. Künftig soll zusätzlich auch die flächenhafte Ausprägung eines Radwegs zugelassen werden, so dass das Objekt Radweg neben der geometrischen Grundform Linie alternativ auch die geometrische Grundform Fläche besitzen kann.
Grafik Objekt-Radweg im PDF
In Abhängigkeit der Aufgabenstellung ist festzulegen, welche geometrische Ausprägung die Objekte haben sollen. Vor dem Hintergrund der BIM-Anforderung nach 3D-Modellierung wird künftig die Forderung nach den geometrischen Grundformen „Volumen“ bzw. „Fläche“ zunehmen.
Durch die Zulässigkeit von unterschiedlichen geometrischen Grundformen der Objekte, ist eine rationelle, aufgabengerechte Arbeitsweise möglich.
5.2 Komplexe Objekte
Um das Datenmodell einfach zu gestalten, werden keine beliebigen Relationen zugelassen. Es werden aber sogenannte komplexe Objekt-Klassen definiert damit umfangreiche Gebilde, die aus mehreren Einzelbestandteilen bestehen, wie Brücken, Wälle, Gebäude usw. abgebildet werden können.
Beispiel Gebäude:
Das komplexe Objekt Gebäude besteht aus den Objekten
- Gebäude-Bauteil,
- Besonderes Gebäude-Element,
- Ein- bzw. Ausgang.
Grafik Komplexe Objekt-Klasse-Gebäude im PDF
Ein komplexes Objekt kann selber wiederum aus komplexen Objekten bestehen.
5.3 Attribute
Zu jeder Objekt-Klasse oder komplexen Objekt-Klasse können Attribute definiert werden. Im Abschnitt 7 werden die verschiedenen Attribut-Typen vorgestellt.
5.4 Objektbeschreibung
Zu jeder Objektklasse wird eine Objektbeschreibung erstellt. In ihr wird die Objekt-Definition in übersichtlicher Form beschrieben und die Art der vermessungstechnischen Erfassung geregelt. Auch die Beschreibung und Erfassung der Attribute wird hier beschrieben. Gegebenenfalls werden durch ergänzende Skizzen die Definitionen veranschaulicht. Siehe Beispiel zur Mauer in der Anlage 1.
6 Geometrische Grundformen
6.1 Punkt-Ort
Punkt-Orte werden vermessungstechnisch erfasst oder konstruiert. Ein Punkt-Ort ist das kleinstes Geometrieelement. Punkt-Orten werden spezielle Attribute zugeordnet (siehe Abschnitt 7.3):
Ein Punkt-Ort kann mehreren geometrischen Grundformen und damit mehreren fachlichen Objekten zugeordnet sein.
Beispiel:
Ein Punkt-Ort gehört zu zwei Linien, die am gleichen Ort ihren Ursprung haben. Die eine Linie möge die geometrische Grundform für eine Flurstücksgrenze sein, die zweite Linie soll die geometrische Grundform für einen Zaun sein. Beide Linien beginnen an einem gemeinsamen Punkt-Ort, auf den dann referenziert wird.
Die geometrischen Grundformen Linie, Fläche und Volumen basieren auf Punktorten. Ein Punkt-Ort besteht aus Lagekoordinatenpaar und Höhenkoordinate. Eine Höhenkoordinate muss nicht zwingend vorhanden sein.
6.2 Linie
Eine Linie besitzt mindestens 2 Punkt-Orte (Linienanfangs-Punkt, Linienend-Punkt). Es können weitere Linienpunkte (Stützpunkte) existieren.
Ein Punkt-Ort kann gleichzeitig Linien-Stützpunkt als auch Punkt-Ort für eine punktförmige fachliche Objekt-Klasse sein.
Die Verbindung zwischen Linien-Stützpunkten kann als Gerade oder Kreisbogen ausgebildet sein. Splines sind nicht vorgesehen, da sie mathematisch nicht eindeutig definiert sind und deshalb immer zu Problemen bei der Interpretation führen.
6.3 Fläche
Eine Fläche besteht aus einer geschlossenen Linie (Polygon) oder aus aneinander stoßenden Linien.
Flächen können Inselflächen (Aussparungsflächen) beinhalten. Eine Inselfläche besteht ebenfalls aus einer geschlossenen Linie (Polygon), deren Laufrichtung entgegengesetzt zur äußeren Begrenzungslinie ist. Es existiert eine Verknüpfung zwischen äußerer Randlinie und der Aussparungsfläche. Flächenhafte Objekte sind in der Regel Grundrissflächen.
Es sind nur ebene Flächen zulässig. Flächen im Raum sind zulässig.
6.4 Volumen
Volumen-Körper werden durch ebene Flächen definiert.
7 Attribute
Es werden folgende Attribut-Typen festgelegt:
- Metadaten,
- Globale Attribute (Attribute zu jeder Objekt-Klasse),
- Punkt-Ort-Attribute (zu jedem geometrischen Punkt-Ort),
- Individuelle Attribute zu jeder Objekt-Klasse (siehe generische Tabelle).
Die Attribut-Werte werden zwecks Vereinheitlichung weitgehend durch vordefinierte Wertetabellen repräsentiert. Wertetabellen aus vorhandenen Modellen (z. B. ALKIS) werden genutzt, wenn es fachlich sinnvoll ist.
Pflicht- und optionale Attribute sind zu unterscheiden. Softwareseitig sind alle Attribute vorzuhalten.
Die Definition der verschiedenen Attribute ist der generischen Tabelle zu entnehmen.
7.1 Metadaten
Metadaten im Sinne der RAS-Verm sind Attribute zu einem Projekt. Sie beschreiben einen Datenpool (Datenbank, Daten-Austauschdatei, …), so dass ein Nutzer die Voraussetzungen und Einschränkungen verstehen und die Eignung der Daten für die von ihm beabsichtigte Verwendung beurteilen kann. (PAS 1071, 2007)
Für den Datenaustausch sind mindestens folgende produktbeschreibende Metadaten anzugeben:
- Geodätischer Raumbezug Lage,
- Geodätischer Raumbezug Höhe,
- Projektausdehnung (Koord. l.u. und r.o.),
- Version der RAS-Verm-Objekte,
- Generische Tabelle,
- Abgebende Stelle,
- Datum der Abgabe
7.2 Globale Attribute
Globale Attribute existieren zu jeder Objekt-Klasse.
Da im Vermessungsbereich Projektdaten regelmäßig aus Datenbeständen bestehen, die aus verschiedenen Quellen stammen (z. B. Daten von Leitungsbetreibern, ALKIS-Daten, photogrammetrisch und tachymetrisch erfasste Daten), können die Qualitäten und die Quellen der Projekt-Daten sehr unterschiedlich sein. Sie werden deshalb nicht pauschal für ein Projekt als Metadaten vorgegeben.
Folgende Attribute existieren zu jeder Objekt-Klasse:
- GUID (Globally Unique Identifier),
- DGM-Relevanz (neben den Punkten sind auch Linien [Bruchlinien] oder Flächen [Aussparungsflächen] DGM-relevant),
- Erfassungs-Zeitpunkt,
- Letzte Änderung,
- Herkunft-Quelle,
- Herkunft-Quelle – Text (nähere Information zur Herkunft, z. B. Name des Ing.-Büros),
- Status,
- Dokument.
7.3 Punkt-Ort-Attribute
Neben den eher beschreibenden Merkmalen der Geodaten (siehe Abschnitte 7.1 Meta-Daten und 7.2 Globale Attribute) werden weitere meist qualitative Merkmale (siehe PAS 1071, Abschnitt 3) definiert, die dem geometrischen Punkt-Ort zuzuordnen sind. Der Punkt-Ort hat für den Vermessungsbereich eine hohe Bedeutung, denn es werden messtechnisch regelmäßig 3D-Punkt-Orte erfasst.
Zu jedem geometrischen Punkt-Ort existieren nachfolgende Attribute:
- GUID (Globally Unique Identifier),
- Lage-Genauigkeit (Positionierungs- bzw. Wiederholgenauigkeit),
- Höhen-Genauigkeit (Positionierungs- bzw. Wiederholgenauigkeit),
- Punktnummer,
- Erfassungs-Methode,
- Erfassungs-Zeitpunkt,
- Letzte Änderung,
- Herkunft/Quelle,
- Herkunft/Quelle – Text (nähere Information zur Herkunft, z. B. Name des Ing.-Büros),
- DGM-Relevanz.
Einschub zur Genauigkeit: Mit der Lage und Höhengenauigkeit nach (DIN 18710-1, 2010) wird die Messgenauigkeit σ angegeben, bei der von einem eindeutig definierten Messpunkt ausgegangen wird.
In der Praxis der topografischen Geländeaufnahme spielt die Positionierungs- bzw. Wiederholungsgenauigkeit jedoch die entscheidende Rolle, denn diese definiert mit welcher Genauigkeit ein Objekt erfasst wird. So wird vor Ort der Mittelpunkt eines Schachtes in der Regel nach „Gefühl“ ermittelt und beim Schilderpfahl wird bestenfalls die Kante des Pfahles (und nicht der Mittelpunkt) gemessen.
Deshalb ist es sinnvoll eine Positionierungs- bzw. Wiederholungsgenauigkeit anzugeben, die die Abweichung zwischen dem Messwert und dem (angenommenen) wahren Wert darstellt (siehe PAS 1071, 2007). In der Praxis ist dies deutlich einfacher handhabbar.
Die Lage- und Höhengenauigkeit bezieht sich auf die Punkt-Orte. Genauigkeiten von Linien, Flächen und Volumen weichen davon ab, da hier weitere Generalisierungen eingehen. Eine gerade Linie zwischen zwei gemessenen Stützpunkten stellt gegenüber der Örtlichkeit oftmals bereits eine Generalisierung dar. Die Abweichungen der einzelnen Linienpunkte vom Ist-Wert können im Regelfall nicht dokumentiert werden.
Die Genauigkeits-Wertebereiche basieren auf verschiedenen Grundlagen (bisherige RAS-Verm 2001, GeoInfoDok 2009) und eigenen Erfahrungen.
Die Positionierungs- bzw. Wiederholungsgenauigkeit ist nicht nur vom Messverfahren abhängig, sondern auch von der Art des Objektes und damit für jedes Objekt unterschiedlich: z. B. ist eine Böschungskante vor Ort schwer zu identifizieren, Grenzpunkte können dagegen aufgrund der meist eindeutigen Vermarkung deutlich sicherer definiert werden.
7.4 Individuelle Attribute
Neben den oben beschriebenen Attributen werden zusätzlich für jede Objekt-Klasse individuell nach Bedarf weitere Attribute definiert. Im Einzelnen sind diese individuellen Attribute in der anliegenden generischen Tabelle zu jeder Objekt-Klasse abgelegt.
8 Generische Tabelle
Um das Datenmodell einfach und flexibel zu gestalten, werden die RAS-Verm-Objekt-Klassen grundsätzlich gleich strukturiert und alle Objekt-Definitionen in einer generischen1) Tabelle abgelegt. Die generische Tabelle kann in einfacher Form ergänzt werden. Sie ist als Metadatum bei Projektübergaben mitzuliefern.
8.1 Objekt-Klasse
In der generischen Tabelle werden die Objekt-Klassen aufgelistet und zu jeder Objekt-Klasse folgende Informationen abgelegt:
- Geometriegrundform,
- Attribute,
- Attributwert(e),
- Minimale Kardinalität (z. B. 0 = Attribut kommt nicht vor),
- Maximale Kardinalität (z. B. 3 = Attribut kommt 3 mal vor).
Bei einer minimalen Kardinalität von 0 handelt es sich um ein optionales Attribut. Bei einer minimalen Kardinalität größer gleich 1 handelt es sich um ein Pflicht-Attribut.
1) Generisch ist die Eigenschaft eines abstrakten Objektes, sich auf eine ganze Klasse, Gattung oder Menge anwenden zu lassen (Quelle: Wikipedia)
Auszug aus der generischen Objektklassen-Tabelle für Objekte
Tabelle in PDF
Zusätzlich gibt es zu jeder Objekt-Klasse die unter Abschnitt 7.2 genannten Globalen Attribute.
8.2 Komlexe Objekt-Klasse
Analog zu den Objekt-Klassen werden auch Komplexe Objekt-Klassen in der generischen Tabelle abgelegt. Wie im Abschnitt 5.2 beschrieben, bestehen komplexe Objekte aus mehreren Objekten bzw. komplexen Objekten.
Auszug aus der generischen Objektklassen-Tabelle für komplexe Objekte
Tabelle in PDF
8.3 Werte-Tabellen
Weiterhin werden die zu Attributen definierten Wertelisten in der generischen Tabelle abgelegt.
Auszug aus der generischen Objektklassen-Tabelle für Wertetabellen
9 Ausblick
Das vorgestellte RAS-Verm-Objekt-Modell befindet sich noch in der Entwurfs-Phase. Die Länder Sachsen-Anhalt, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen haben den bisher genutzten Objekt-Umfang vollständig in der generischen Tabelle abgelegt. Damit ist anzunehmen, dass der überwiegende Anteil der im Vermessungsbereich des Straßenbaus vorkommenden Objekte und Attribute abgedeckt wurde. In den nächsten Wochen erfolgt eine Abstimmung mit den übrigen Bundesländern, so dass sicherlich noch Ergänzungen und Korrekturen vorgenommen werden. Es wird aber eine baldmögliche Einführung mit Veröffentlichung der gesamten RAS-Verm angestrebt.
Parallel hierzu wird ein Antrag an die OKSTRA®-Pflegestelle gestellt mit dem Ziel, die RAS-Verm-Objekte in den OKSTRA® aufzunehmen. Mittelfristiges Ziel ist die Übernahme in den IFC-Standard.
Literaturverzeichnis
Arbeitsgemeinschaft der Vermessungsverwaltungen der Länder der Bundesrepublik Deutschland (2009): GeoInfoDok, ALKIS-Objektartenkatalog (Version 6.0.1), http://www.adv-online.de/AAA-Modell/ Dokumente-der-GeoInfoDok/GeoInfoDok-6.0/, letzter Zugriff: 3. 4. 2018
DDGI-Fachgruppe Geodaten (2007): Qualitätsmodell für die Beschreibung von Geodaten, PAS 1071, Oktober 2007, DIN Deutsches Institut für Normung
Deutsches Institut für Normung (2010): DIN 18710-1, Ingenieurvermessung – Teil 1: Allgemeine Anforderungen, Beuth Verlag, Berlin
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2001): Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil: Vermessung (RAS-Verm), Ausgabe 2001, Köln
Anlage 1: Beispiel einer Objektbeschreibung (in der PDF)
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