Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.
1 Einleitung
Seit dem Jahr 2002 sind auf Bundesfernstraßen nunmehr 5 Pilotprojekte als Funktionsbauverträge fertiggestellt worden, 4 weitere befinden sich zurzeit in der Ausführungsphase. Darüber hinaus haben die Freistaaten Bayern und Thüringen sowie die Länder Hessen, Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein in eigener Baulast insgesamt 10 Projekte im Bereich ihrer Staats- und Landesstraßen durchgeführt bzw. in Angriff genommen. Weitere Pilotprojekte – auch im Zusammenhang mit PPP-Modellen – befinden sich in Vorbereitung.
Die Abwicklung der Verträge folgt dabei dem im Bild 2 vereinfacht dargestellten Ablauf.
In einem Teil A werden alle Bauleistungen, die nicht funktional ausgeschrieben werden sollen, zusammengefasst. Die Vergütung erfolgt hier in der Regel über Einheitspreise; Abschlagszahlungen werden geleistet und es erfolgt letztlich wie üblich die Schlusszahlung.
Im Teil B erfolgt die eigentliche Funktionsbauleistung mit der abschließenden Übergabeinspektion. Hier erfolgt die Vergütung pauschal nach der Übergabeinspektion.
Der Teil C beinhaltet die Funktionserhaltung mit den Funktionsinspektionen in der Regel alle 3 Jahre. Gegebenenfalls müssen bauliche Unterhaltungsmaßnahmen vom Auftragnehmer durchgeführt werden. Der Nachweis der Funktionseigenschaften erfolgt durch die Überprüfung der Zustandsmerkmale. In diesem Teil wird die Vergütung auf der Basis der verzinsten Annuitäten ausgezahlt.
Die Erfassung von Zustandsmerkmalen wird messtechnisch durchgeführt, diejenige von Schadensmerkmalen visuell.
Für die unterschiedlichen Inspektionen sind jeweils Zustandsgrößen definiert, denen Zustandswerte zugeordnet wurden.
Werden diese Werte überschritten, z. B. bei der Funktionsinspektion der Schwellenwert von 4,5, so müssen Erhaltungsmaßnahmen durchgeführt werden
Bild 1: Ausgeführte Funktionsbauverträge [1]
Bild 2: Vereinfachte Darstellung FBV
Bild 3: Nachweis der Funktionseigenschaften (Vereinfachte Darstellung der bisherigen Ansätze)
2 Allgemeines
Die positiven Erfahrungen bei den bisher durchgeführten Pilotprojekten, bei denen in der Regel lediglich die Erneuerung des Oberbaus in Form eines Funktionsbauvertrages abgewickelt wurde, haben ermutigt, auch weitere Teile des Straßenkörpers in den Funktionsbauvertrag einzubeziehen.
Erdbauwerke wurden bislang wegen ihrer Bedeutung für das Straßenbauwerk, ihrer längeren Nutzungsdauer und ihres überwiegenden Wertanteils am Bauwerk vorsorglich konventionell ausgeschrieben. Auch die Entwässerungseinrichtungen galten zunächst ebenfalls als ungeeignet für eine funktionale Ausschreibung. Die enge Verzahnung mit Verkehrssicherheitsbelangen, die Abhängigkeit vom Straßenbetriebsdienst, die schwer kalkulierbare Lebensdauer und die rechtlichen Risiken waren wesentliche Gründe für diese Einschätzung.
Aufgabe war es nun, funktionale Anforderungen zu definieren, die eine Einbeziehung des Untergrundes bzw. Unterbaus, der Erdbauwerke und der Entwässerung in die Funktionsbauverträge ermöglichen.
Hierzu ist erneut ein Forschungsauftrag vom BMVBS vergeben worden.
Bild 4: Auftragnehmer [3]
Als Ergebnis liegen nunmehr erste Entwürfe für eine ZTV Funktion-Erdbau und eine ZTV Funktion-Entwässerung vor.
Es würde den Rahmen meiner zur Verfügung stehenden Zeit sprengen, die Inhalte der Entwürfe im Einzelnen zu erläutern. Dennoch sollten einige grundsätzliche Überlegungen angesprochen werden.
3 Erdbauwerke
In seinem Vortrag „Erwartungen des Baulastträgers an einen Funktionsbauvertrag“ im Oktober 1998 hat seinerzeit Herr Baudirektor Wittmann treffend ausgeführt, dass zukünftig nicht mehr der „Weg“ zum Bauwerk Straße – beschrieben durch Technische Bestimmungen und Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen sowie eine Fülle von Prüfverfahren – sondern das Ergebnis, die Funktionsfähigkeit des Produktes „Straße“ Gegenstand des Vertrages sein wird. [2]
Im Rahmen des Forschungsvorhabens hat der Forschungsnehmer daher
- die Funktion der Erdbauwerke nochmals herausgearbeitet,
- allgemeine Anforderungen an die Erdbauwerke zusammengestellt,
- Zustands- und Schadensmerkmale erarbeitet und
- hierzu Erfassungsregeln aufgestellt
sowie
- Regelungen für Planung, Bauvorbereitung und Ausführung von Erdarbeiten in Funktionsbauverträgen zusammengefasst.
Aus der Aufgabe, die der Erdkörper im Bauwerk „Straße“ hat, nämlich die Fahrbahn mit allem Zubehör sicher und ohne ungewollte Verformung zu tragen, ergibt sich unmittelbar die Anforderungen, die an seine Herstellung zu stellen sind.
Sie definieren sich darüber hinaus auch aus den Anforderungen des Oberbaus und der Verkehrssicherheit. So müssen Tragfähigkeit, Ebenheit längs und quer sowie auch die Entwässerung durch ausreichende Quer- und Längsneigung sichergestellt sein.
Aufgabe der Böschungen ist es, angeschnittene oder geschüttete Böden sicher und formstabil zu begrenzen. Als Anforderung ergibt sich hier die standsichere Herstellung und dauerhafte Befestigung.
Ähnliches gilt für Schutzwälle.
Im Forschungsbericht „Funktionsbauverträge“ aus dem Jahre 1999 sind Zustandsmerkmale und Schadensmerkmale für Asphalt- und Betondecken zusammengestellt worden. Der Forschungsnehmer hat diese Tabellen erweitert um Hinweise, welche Zustandsmerkmale durch den Erdkörper beeinflusst werden können und durch zusätzliche Zustandsmerkmale, die aus Verformungen im Erdkörper resultieren können.
Beispielhaft wird im Bild 5 der Zusammenhang zwischen den Funktionsanforderungen an Asphaltdecken und dem darunterliegenden Erdbau verdeutlicht.
Bild 5: Zusammenhang zwischen den Funktionsanforderungen an Asphaltdecken und dem darunterliegenden Erdbau [3]
4 Messverhalten Erdbau
Zur Überwachung der Einhaltung der funktionalen Anforderungen sind geeignete Beobachtungseinrichtungen bereits mit dem Bau zu installieren. Die Lage der Pegel und Inklinometer wird nach den Empfehlungen des Geotechnischen Sachverständigen festgelegt.
Vertikale Verformungen werden über Setzungspegel sowie Horizontalinklinometer erfasst. Sie werden in der Regel im Grenzbereich Untergrund/Unterbau, also auf der Dammsohle und an der Unterkante des Oberbaus, also auf dem Planum angeordnet.
Aus dem Vergleich der Messergebnisse lassen sich die an eventuellen Verformungen auf dem Oberbau beteiligten Bereiche erkennen und das Ausmaß voneinander abgrenzen.
Dort, wo horizontale Verformungen zu erwarten sind, werden Vertikalinklinometer eingebaut, meist bei Einschnittsböschungen und bei Dämmen auf wenig tragfähigem Untergrund.
Für diesen Fall zeigt das Bild 6 ein Beispiel für die Anordnung der Messpegel und Inklinometer.
Bild 6: Anordnung der Pegel und Inklinometer im Dammbereich [3]
5 Baugrunderkundung
Eine besondere Bedeutung kommt bei Funktionsbauverträgen, in die auch Erdbauwerke einbezogen sind, der Baugrunderkundung zu. Sie ist Grundlage des Ausführungskonzeptes des Auftragnehmers und entscheidend für ein technisch sicheres und wirtschaftliches Bauwerk.
Das Baugrundrisiko geht zwar mit Vertragsabschluss auf den Auftragnehmer über, wenn dieser aber nachweisen kann, dass die Baugrundbeschreibung nicht zutreffend ist, fällt es wieder auf den Auftraggeber zurück. Jede Lücke oder Unklarheit in der Baugrundbeschreibung kann somit zum Auslöser von Nachträgen werden. Die Erkundung des Baugrundes muss daher alle zur Verfügung stehenden Verfahren nutzen und weit über das übliche Maß hinausgehen.
6 Entwässerungseinrichtungen
Ebenso wie für Erdbauwerke wurden auch für die Entwässerungsanlagen
- Funktionen und Aufgaben der Entwässerungseinrichtung vergegenwärtigt,
- Anlagen der Straßenentwässerung zusammengestellt,
- Nutzungsdauer dieser Anlagen betrachtet,
- Überlegungen zur Erhaltung diskutiert
sowie
- Zustands- und Schadensmerkmale zusammengetragen.
Die Funktion der Entwässerungseinrichtung einer Straße liegt in der schadlosen Aufnahme und Versickerung oder Ableitung des Straßenoberflächenwassers. Es darf hierdurch nicht zu Beeinträchtigungen der Verkehrssicherheit, des Bodens sowie von ober- oder unterirdischen Gewässern kommen.
Die schnelle Ableitung des auftretenden Oberflächenwassers zu den Entwässerungseinrichtungen ist über Mindestwerte der Quer- und Längsneigung der Straßenoberfläche sicherzustellen. Auf dem Planum anfallendes Wasser muss den Entwässerungsrichtungen ebenfalls zugeführt werden.
Insgesamt muss die Wasserableitung negative Auswirkungen auf
- die Verkehrssicherheit,
- die konstruktive Sicherheit der baulichen Anlagen der Straße,
- die Nutzung von anliegenden Grundstücken und Bauten und
- den Schutz des Bodens und der Gewässer
ausschließen.
7 Ausblick
Im Zusammenhang mit der Erarbeitung der neuen ZTV Funktion-Erdbau und -Entwässerung wurde auch die ZTV Funktion-StB für den Oberbau überarbeitet und in ihrer Systematik den neuen Entwürfen angeglichen. So wird aus der bisherigen ZTV Funktion-StB die ZTV Funktion Oberbau-StB. Auch die Funktionsanforderungen beim Oberbau werden zukünftig nur noch über Zustandsgrößen erfasst; die Zustandswerte entfallen.
Die ZTV Funktion-Oberbau/Erdbau/Entwässerung sind nicht durch ARS des BMVBS ein- geführt. Bei den Pilotprojekten werden sie zurzeit noch jeweils einzelvertraglich vereinbart.
In Bearbeitung befinden sich zurzeit noch die funktionalen Anforderungen für konstruktive Ingenieurbauwerke und für Straßenausstattung.
Literaturverzeichnis
- Altmüller, P.: Uni Kassel
- Wittmann, E.: Erwartungen des Baulastträgers an einen Funktionsbauvertrag, Straße und Autobahn 1/1999
- Schlussbericht Forschungsauftrag: Funktionale Anforderungen an Erdbau und Entwässerung im Funktionsbauvertrag, Villaret Ingenieurgesellschaft mbH, 12/2007
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