Für Netzanalysen der Bundesfernstraßen führt die Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) verschiedene Datenquellen zusammen und ebnet damit den Weg für eine datenbasierte Entscheidungsfindung in der Straßenbauforschung.
Die Grundlage bilden die Netzdaten. Sie bilden das Straßennetz in einem vorgegebenen Ordnungssystem ab und umfassen unter anderem Angaben zur Straßenklasse, geographischen Lage, Fahrbahnbreite sowie Anzahl der Fahrstreifen. Die Netzdaten werden je nach Forschungsaufgabe mit diversen Daten anderer Quellen verschnitten. In erster Linie sind dies die Zustandsdaten, welche im Rahmen des Prozesses der Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) von Bundesfernstraßen erfasst werden. Diese Daten zum Oberflächenzustand aller Bundesfernstraßen werden im Abstand von vier Jahren mit schnellfahrenden Messsystemen erfasst und aufgearbeitet. Im Einzelnen handelt es sich um Zustandswerte für die Ebenheit im Längs- und Querprofil, die Griffigkeit sowie das Vorhandensein von Oberflächenschäden (z. B. Risse).
Darüber hinaus stehen fast durchweg Aufbaudaten zur Verfügung und können der Netzgrundlage hinzugefügt werden. Die Aufbaudaten entstammen den Straßeninformationsdatenbanken (SIB) der Straßenbauverwaltungen und umfassen Angaben zum Straßenaufbau sowie zum verwendeten Material (Asphalt/Beton). Weiterhin sind häufig zusätzliche Materialangaben vorhanden, die beispielsweise bei Asphalt die Angabe der Mischgutsorte, des Bindemittels, weiterer Details sowie das Einbaujahr der jeweiligen Schicht beinhalten. Sind diese Informationen für jede Schicht über die gesamte Fahrbahnbreite verfügbar, können diese folglich unter Berücksichtigung der Fahrbahnbreite und Fahrstreifenanzahl auch auf die einzelnen Fahrstreifen projiziert werden.
Darüber hinaus können die Daten mit den Resultaten der manuellen Straßenverkehrszählungen (MSVZ) kombiniert werden. Die Resultate der MSVZ beinhalten die Angabe der durchschnittlichen täglichen Verkehrsstärke (DTV) sowie des Anteils des Schwerverkehrs (SVA) für jeden Straßenabschnitt. Häufig können auch detailliertere Angaben zur Schwerverkehrszusammensetzung genutzt werden, wodurch sich eine hinreichend präzise Ableitung der Anzahl an überfahrenden 10-t-Achsübergängen vollziehen lässt.
Die Kombination der genannten Daten ermöglicht statistische Auswertungen zum Bundesfernstraßennetz, die einfache Identifikation potenzieller Strecken für Forschungsprojekte und weitere Untersuchungen. Beispielsweise können Aussagen zu den Deckschichtarten von Bundesautobahnen (s. Bild 1) oder zur Verwendung von Recycling-Asphalt in Asphalttragschichten (s. Bild 2) getroffen werden. Die im Bild 2 dargestellte Datenbasis (Bezugslänge) umfasst alle zwischen 2000 und 2020 eingebauten Asphalttragschichten mit vollständigen Angaben zum Asphaltgranulat.
Bild 1: Deckschichtarten auf Bundesfernstraßen gegliedert nach a) Bundesautobahnen und b) Bundesstraßen
Bild 2: Mittlerer Anteil an Asphaltgranulat in Asphalttragschichten auf Bundesfernstraßen nach Baujahr
Für ein Forschungsprojekt der BASt sollten neuere Bundesstraßen mit einem Baujahr ab 2012 und einer Asphaltdeckschicht aus Splittmastixasphalt oder Gussasphalt mit überdurchschnittlicher, schnell zunehmender Rissbildung ermittelt werden. Dazu wurden zunächst mögliche Abschnitte mit entsprechendem Material lokalisiert und die ZEB-Messungen aus unterschiedlichen Jahren miteinander verglichen. Unter Berücksichtigung einer Mindestlänge wurden anschließend passende Straßenabschnitte ermittelt (s. Bild 3). An diesen Straßenabschnitten können dann gezielt bautechnische Untersuchungen durchgeführt werden.
Bild 3: Streckenabschnitte von Bundesstraßen mit einer Asphaltdeckschicht aus SMA oder MA (Baujahr > 2012) mit überdurchschnittlicher Rissbildung auf einer Mindestlänge von 400 m |