FGSV-Nr. FGSV 001/20
Ort Berlin
Datum 13.10.2004
Titel Systematik eines Qualitätscontrolling
Autoren Prof. Dr.-Ing. Markus Stöckner
Kategorien Kongress
Einleitung

In diesem Beitrag werden die Teilergebnisse eines von der Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) geförderten Forschungsvorhabens (AIF-Nr. 12499 N/1) zum Einsatz von QM-Plänen im Straßenbau vorgestellt. Eine Teilaufgabe bestand in der Entwicklung eines Ansatzes zum Qualitätscontrolling bei Straßenbaumaßnahmen. Zielsetzung des Qualitätscontrolling ist, ein Steuerungselement zur Verfügung zu stellen, das eine quantitative Bewertung des Erfolgs einzelner oder mehrerer qualitätsverbessernder Maßnahmen sowie die Steuerung der Bauausführung einzelner Straßenbauprojekte erlaubt. Der Verfahrensansatz beruht auf einem umfassenden und offenen Kennzahlenmodell, das alle relevanten Qualitätsinformationen erfasst, auswertet und als weitere Entscheidungsgrundlage aufbereitet. In einem ersten Schritt werden dazu Qualitätsziele durch aussagekräftige Qualitätskennzahlen beschrieben. Zum Bewerten der übergeordneten Qualitätsziele lassen sich diese einzelnen Qualitätskennzahlen mit Hilfe einer Kennwertsynthese zu Teilwerten aggregieren. Diese Teilwerte werden analog einer Balanced Scorecard gewichtet und für weitere Aussagen zu den Unternehmenszielen bewertet.

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1 Einleitung

In den vergangenen Jahren haben insbesondere kleine und mittlere Straßenbauunternehmen erhebliche Anstrengungen unternommen, Qualitätsmanagementsysteme (QM-Systeme) nach DIN EN ISO 9000 ff. [1] einzuführen. Die Gründe zur Einführung wurden in möglichen Wettbewerbsvorteilen bei Erteilung eines Zertifikates sowie einer verbesserten Unternehmensphilosophie gesehen. Mit der zunehmenden Publikation verschiedener QM-Methoden und Hilfsmittel stellte sich dabei aber auch die Frage nach deren Eignung und Nutzen für den Straßenbau. Aus diesem Grund erstellte die damalige Kommission KB 3 „Qualitätssicherung im Straßenbau“ der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) mehrere Teile eines „Leitfadens für das Qualitätsmanagement im Straßenbau“, der Straßenbauunternehmen die Anwendung von QM-Systemen erleichtern soll. Die wesentlichen Grundlagen für die Einführung eines QM-Systems in Straßenbauunternehmen sind im Teil „Kompendium; Praxisnahe Einführung von QM-Systemen nach DIN EN ISO 9000 im Straßenbau“ beschrieben [2]. Das Kompendium beruht auf einem AiF-Forschungsprojekt (AiF-Nr. 11205) „Einsatz von Qualitätsmanagementsystemen im Straßenbau; Analyse, Praxiserprobung, Durchführung und Leitfaden zur Implementierung für kleine und mittelständische Unternehmen“ [3]. Zielsetzung der damaligen Arbeit war es, anhand einer Schwachstellenanalyse straßenbauspezifische Ansätze zur Fehlervorbeugung und damit zur permanenten Verbesserung aufzuzeigen.

Der herausragende Unterschied des Straßenbaus im Vergleich zu den meisten anderen Branchen liegt dabei, ähnlich wie beim Anlagenbau, in der Herstellung eines Unikates. Keine Baumaßnahme gleicht der anderen, weder von der projektspezifischen Ausführungsplanung noch von den örtlichen Randbedingungen her. Insofern besteht eine der Hauptaufgaben der Bauausführung in der flexiblen Steuerung des Baustellenmanagements. Ein QM-System für die Bauausführung im Straßenbau muss daher zunächst sich wiederholende Arbeitsabläufe abbilden und steuern und dabei gleichzeitig ein flexibles Steuerungsinstrument für unterschiedlich erforderliche Arbeitsvorgänge und Randbedingungen der Bauausführung sein. Folgerichtig liegt der Schwerpunkt des Einsatzes von QM-Systemen im Straßenbau neben den rein unternehmensorganisatorischen Tätigkeiten im Einsatz geeigneter projektspezifischer QM-Pläne. Im Rahmen der KB 3 wurden dabei schon früh Hilfestellungen entwickelt, wie QM-Pläne für bestimmte Straßenbaugewerke gestaltet werden können [4]. In einem unlängst vorgelegten AiF-Forschungsbericht „Untersuchung zum Routineeinsatz von Qualitätsmanagementplänen im Straßenbau“ (AiF-Vorhaben Nr. 12499 N/1) wurden die verschiedenen Ansätze zusammengeführt und anhand von konkreten Straßenbaumaßnahmen erprobt [5]. Aufgrund der projektspezifisch unterschiedlich auszuführenden Gewerke und Bauweisen wurde ein QM-Plan-Modell entwickelt, das die notwendige Flexibilität beim Einsatz von QM-Plänen erlaubt. Dabei wird nach Grund- und Zusatzbausteinen für einen QM-Plan unterschieden. Grundbausteine umfassen Abläufe, die bei jeder Maßnahme zur Anwendung kommen, Zusatzbausteine ergeben sich projektspezifisch und sind daher nach Erfordernis einzusetzen. Diese Ergebnisse werden zurzeit in einem weiteren Teil des Leitfadens der KB 3 umgesetzt [6].

Grundsätzlich stellt sich aber nicht nur die Frage, wie bei der speziellen Maßnahme die Qualität kontrolliert werden kann. Dies darf mit den vorliegenden Hilfsmitteln des Technischen Regelwerks zunächst als gelöst angesehen werden. Vielmehr ist zu klären, ob und wie die einzelnen Bausteine eine qualitätsverbessernde Wirkung aufweisen. Derzeit bestehen offenkundig Unsicherheiten zur Effizienz und Effektivität der einsetzbaren Qualitätswerkzeuge und -maßnahmen, weil geeignete Maßnahmen zur Kontrolle deren Wirksamkeit fehlen. Dies führt zu der Notwendigkeit, ein Qualitätscontrolling für die Abwicklung von Straßenbaumaßnahmen zu entwickeln, das alle relevanten Qualitätsinformationen erfasst, aufbereitet und an die wesentlichen Stellen weiterleitet. Damit kann dann die Erfolgswirksamkeit oder auch Unwirksamkeit von QM-Maßnahmen und auch der „Gesamterfolg“ eines Straßenbauprojektes ermittelt werden. Die bereits verfügbaren Grundlagen aus dem AiF-Projekt 12499 N/1 sowie der vorgesehene Lösungsweg sind nachfolgend beschrieben.

2 Kennzahlen im QM-System

2.1 Anforderungen an ein Kennzahlensystem

Grundsätzlich fordert der Abschnitt 8 der DIN EN ISO 9001:2000 „geeignete Methoden zur Überwachung und Messung der Wirksamkeit des QM-Systems und der Prozesse“. Die Norm liefert keine Vorgaben zur Umsetzung, macht jedoch deutlich, dass „die Organisation geeignete Daten ermitteln, erfassen und analysieren muss, um die Eignung und Wirksamkeit des QM-Systems darzulegen und beurteilen“ zu können. Diese Forderungen werden mit QMKennzahlen oder QM-Kennzahlensystemen erfüllt. Welche und wie viele Kennzahlen sinnvoll sind, richtet sich ausschließlich nach den jeweiligen Gegebenheiten des Unternehmens. Dieser notwendige Spielraum wird auch in der Norm berücksichtigt, das System muss „in angemessener und geeigneter Weise, mit den erforderlichen (notwendigen) und wirksamen Methoden ….“ funktionieren. Die bisherige Vorgehensweise, lediglich Bilanzzahlen zur wirtschaftlichen Bewertung sowie die Ergebnisse der Qualitätskontrolle auf der Baustelle auszuwerten, wird der Gesamtaufgabe nicht gerecht.

Allgemeine Anforderungen an ein Kennzahlensystem lassen sich nach [7] in der Abbildung geeigneter Handlungsfelder (z.B. Geschäftsergebnisse, Prozesse, Kunden, Mitarbeiter) und deren Verbindung zu Erfolgsfaktoren finden. Dabei ist es erforderlich, sich auf wenige und aussagekräftige Kennzahlen zu beschränken. Diese Kennzahlen sollen zudem durchgängig sein, was bedeutet, dass auf der Baustelle erfasste Kennzahlen in Zusammenhang mit den übergeordneten Unternehmenszielen stehen müssen.

Das Qualitätscontrolling wird aus dem Kennzahlensystem durch Verfolgen einzelner oder mehrerer Kennzahlen entwickelt. Die zentrale Aufgabe des Qualitätscontrolling besteht dabei im vorbeugenden Erkennen von Fehlern und im Einleiten von Verbesserungsmaßnahmen im Hinblick auf die kontinuierliche Verbesserung gemäß den Forderungen des Kapitels 8 „Messung, Analyse und Verbesserung“ der DIN EN ISO 9001:2000.

Die Verknüpfung mehrerer Kennzahlen in einem QM-Controlling zeigt folgendes Beispiel: Ein hoher Anteil an Nacharbeit kann als einzelne Kennzahl erfasst werden. Dieser kann u.a. durch mangelnde Mitarbeiterqualifikation verursacht werden. Damit bestände eine Wechselwirkung zwischen der Kennzahl zur Nacharbeit und zur Mitarbeiterqualifikation. Wenn der Anteil an Nacharbeit mit steigender Mitarbeiterqualifikation sinken würde, wäre zunächst der Erfolgsnachweis für damit verbundene qualitätssichernde Maßnahmen erbracht. Die Verantwortlichen in den Unternehmen werden dabei nach den wirtschaftlichen Konsequenzen fragen, also müssen zur tatsächlichen Bewertung auch übergeordnete Kennzahlen zum Unternehmenserfolg oder zum wirtschaftlichen Erfolg einer Maßnahme herangezogen werden.

2.2 Bisherige Lösungsansätze für Kennzahlensysteme

Die Bewertung der Wirtschaftlichkeit und insbesondere der Effizienz von QM-Systemen war in anderen Branchen Gegenstand umfassender Publikationen [8], [9], [10], [11]. Weitere Entwicklungen führen zur ganzheitlichen Unternehmensbewertung der EFQM (European Foundation for Quality Management) [12], [13]. Das EFQM-Modell stellt gegenüber den Forderungen der DIN EN ISO 9001:2000 ein Total Quality Management Modell dar, um die Leistungen aller Managementbereiche des Unternehmens bewerten und dabei Verbesserungsmaßnahmen ableiten zu können. Der inhaltliche Aufbau des Modells besteht aus 5 „Befähiger-Kriterien“ und 4 „Ergebnis-Kriterien“ (Bild 1). Diese werden aus Unterkriterien aggregiert. Mit Ihnen kann ein Unternehmen eine Selbstbewertung durchführen und nach Qualitätspotenzialen sowie -ergebnissen Verbesserungspotenziale ableiten.

Bild 1: EFQM-Modell 2004 [13]

Das „Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich“ schreibt für Aktiengesellschaften und größere GmbHs ein Risikomanagement zur Sicherung der Unternehmensexistenz vor. Wenn Risikomanagement als Weiterentwicklung der Normen und des TQM verstanden wird, kann der Zwang des Gesetzes als Vorteil für die Führung des Unternehmens wirken. Nach [14] ist das Projektcontrolling ein zentraler Bestandteil des Risikomanagements. Es soll sicherstellen, dass die Projektziele erreicht werden. Das Projektcontrolling beinhaltet die Planung, Steuerung und Kontrolle des jeweiligen Projektes. Hier finden sich ebenfalls interessante Ansätze für ein Qualitätscontrolling.

Ein auch für Straßenbauunternehmen nutzbarer Ansatz weist das „Balanced Scorecard“-Verfahren (BSC) auf [15], [16], zu Deutsch „ausgewogener Berichtsbogen“. Die Leistung einer Organisation wird dabei als Gleichgewicht (Balance) zwischen der Finanzwirtschaft, den Kunden, der Geschäftsprozesse und der Mitarbeiterentwicklung gesehen und auf einer übersichtlichen Tafel (Scorecard) dargestellt (Bild 2). Für jedes Element wird ein strategischer Handlungsrahmen entworfen, der dann in Einzelziele, deren Messgrößen und die konkrete Ausprägung aufgesplittet wird. Die Balanced Scorecard wird verwendet, um Strategien in mess- und steuerbare operative Größen auszudrücken. Sie ist ein Instrument zur Gestaltung einer zukunftsorientierten Unternehmensentwicklung. In ihr spiegeln sich die Ziele wider, die von den Führungskräften eines Unternehmens für das gesamte Unternehmen und dessen Aufgaben formuliert werden.

Bild 2: Balanced Scorecard in Anlehnung an [15]

Zur Beschreibung der damit verbundenen vier Perspektiven werden Kennzahlen verwendet. Es werden die finanzielle Perspektive, die Kundenperspektive, die Innovations- und Lernperspektive und die interne Prozessperspektive unterschieden. In der finanziellen Perspektive werden Kennzahlen geführt, die über den finanziellen Erfolg des Unternehmens Auskunft geben. Die Kundenperspektive beinhaltet Kennzahlen, die Auskunft zur Leistung des Unternehmens aus Kundensicht geben. Diese Kennzahlen sind i.a. schwer zu ermitteln und können gerade bei Straßenbauunternehmen auch zu Fehlinterpretationen führen. Die Entwicklungs- und Lernperspektive gibt Auskunft zur Innovationsfähigkeit und zur Motivation der Mitarbeiter. Die Prozessperspektive bildet Prozesskennzahlen ab, die über Qualität und Leistungsfähigkeit der internen Prozesse bzw. im vorliegenden Fall der Bauausführung Auskunft geben.

3 Anwendung in Straßenbauunternehmen

3.1 Ansatz für ein Qualitätscontrolling in Straßenbauunternehmen

Diemand [17] untersuchte ein strategisches und operatives Controlling in Bauunternehmen vor dem Hintergrund, dass es für deutsche Baufirmen immer schwieriger wird, ihre Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit zu erhalten bzw. zu steigern. Hierzu wurde auf der Basis einer BSC ein Gesamtunternehmens-Controllingsystem mit Kennzahlen entwickelt. Unternehmen sind vielfach in der folgenden Weise aufgebaut: Zu oberst steht die Unternehmensleitung, dieser sind die Niederlassungen untergeordnet, in denen Einzelprojekte bearbeitet werden. Die Niederlassungen teilen sich wieder in einzelne Bereiche und Abteilungen auf. Ein Gesamtunternehmens-Kennzahlensystem zielt darauf ab, dass durch die Berücksichtigung von spezifischen Gegebenheiten und Zusammenhängen auf jeder Unternehmensebene ein Controllingsystem wirkungsvoll realisiert werden kann. In dem o.g. Forschungsprojekt werden diese Ergebnisse aufgegriffen und zu einem theoretischen Ansatz für ein BSC-Verfahren weiterentwickelt. Der hier vorgestellte Ansatz beschränkt sich zunächst auf einen Teilaspekt, und zwar die Bewertung von einzelnen Straßenbaumaßnahmen. Im Rahmen des Forschungsprojekts wurde daher aufgrund der strukturellen Unterschiede von Straßenbaumaßnahmen das eingangs erwähnte QM-Plan-Modell entwickelt. Zur Kontrolle der einzelnen Koordinationstätigkeiten innerhalb des QM-Plans dient ein Qualitätscontrolling, mit dem die Produkt- als auch die Prozessqualität sowie die Erfolgswirksamkeit von QM-Maßnahmen kontrolliert werden soll. Die Verbesserung der Produkt- und Prozessqualität führt dazu, dass das finanzielle Ergebnis der Unternehmung positiv beeinflusst wird. Die Beeinflussung geschieht intern durch die geringere Zahl von Prozessstörungen und der Reduktion der Vergeudung von Material und Zeit; extern werden die Gewährleistungskosten sinken.

Zum Aufbau der BSC stellt sich die Frage, welche Perspektiven und welche Kennzahlen hierfür sinnvoll sind. Um diese Fragen beantworten zu können, wurde an mehreren Straßenbaumaßnahmen zunächst festgestellt, welche Daten ohnehin vorliegen. In Expertengesprächen mit Bauleitern und Vertretern der Unternehmensleitung konnten notwendige Entwicklungsperspektiven für das Aufstellen einer BSC abgeleitet und definiert werden. Aus diesen Entwicklungsperspektiven und in Abgleich mit den ohnehin vorhandenen Daten konnten dann brauchbare Kennzahlen als Eingangsgrößen für die BSC aufgestellt werden. Da dieser Kennzahlenkatalog in Teilbereichen zu einem Mehraufwand bei der Datenerhebung führen kann, wurde dieser in weiteren Expertengesprächen wiederum abgeglichen. Im Ergebnis stehen damit ein Kennzahlenkatalog und ein BSC-Modell zur Verfügung, die für die Anwendung bei Baumaßnahmen ausgearbeitet werden können. Allerdings ist hier aus Sicht des Forschungsnehmers weiterer Entwicklungsbedarf zur Umsetzung in die Praxis notwendig. Ein unternehmensweites Modell ist damit noch nicht verbunden.

3.2  Qualitätskennzahlenmodell für Straßenbaumaßnahmen

Das Prinzip des Kennzahlenmodells weist folgendes Schema auf (Bild 3): Der QM-Plan regelt die Vorgehensweise zur Steuerung der Bauausführung. Die Prozesse und ihre Ergebnisse werden anhand der erfassten Qualitätskennzahlen analysiert und bewertet. Mit Hilfe einer Kennwertsynthese können die einzelnen Kennzahlen aggregiert und auf einer BSC bewertet werden. Sind die jeweiligen Qualitätsziele erreicht worden, werden die Qualitätsstandards im Hinblick auf mögliche Entwicklungsperspektiven überprüft. Sonst sind entsprechende Verbesserungsmaßnahmen zu ergreifen, die noch bei der betrachteten Maßnahme oder erst bei folgenden eingesetzt werden.

In der Kennwertsynthese wird zwischen vier verschiedenen Teilwerten unterschieden. In Straßenbauunternehmen ist der entscheidende Unternehmensprozess die Durchführung und Abwicklung von Straßenbaumaßnahmen. Ein solcher lässt sich in drei projektinterne Teilbereiche und einen projektexternen Teil unterteilen. Die projektinternen Teilbereiche sind: Produktqualität, Bauzeit/Leistung und Kosten. Ziel der Abwicklung von Straßenbaumaßnahmen ist es, die beauftragte Leistung in der zur Verfügung stehenden Bauzeit mit der geforderten Produktqualität unter Erreichung eines wirtschaftlichen Ergebnisses zu erbringen. Die einzelnen Teilbereiche werden dann durch Qualitätskennzahlen beschrieben und in einer BSC für Baumaßnahmen (Bild 4) dargestellt. Für die im Rahmen dieser Forschungsarbeit betrachteten Baumaßnahmen wurde die hier vorgestellte BSC mit nur drei Teilwerten angewendet.

Bild 3: Ablauf des Qualitätscontrolling für Baumaßnahmen

Bild 4: Balanced Scorecard für Baumaßnahmen

Für den Teilbereich „Projekt extern“ (auch „Projekt allgemein“) konnten bisher nicht umfassend Kennzahlen ermittelt werden.

Die zu erhebenden Qualitätskennzahlen können in Anlehnung an Bruhn/Georgi [1999] in nicht-monetäre, teil-monetäre und monetäre Kennzahlen untergliedert werden. Grundlage für die Aufstellung der Kennzahlen bildet die Baudokumentation (Protokolle zu Prüfungen und Abnahmen, Leistungsverzeichnis, Regelwerke, Prüfplan, Bautagesberichte, Bauzeitenplan u.a.) der jeweils betrachteten Maßnahme. Unter Umständen ist eine Modifikation bzw. Ergänzung der praktizierten Dokumentation notwendig.

Die Erhebung der Kennzahlen wird von den Mitarbeitern vorgenommen, in deren Zuständigkeitsbereich die Kennzahlen anfallen. Diese werden an den Qualitätsmanagementbeauftragten zur weiteren Auswertung weitergeleitet. Ziel ist, den Erhebungsaufwand in einem vernünftigen Umfang zu halten. Die Geschäftsleitung erhält als Endprodukt die Kennzahlen als Einzelaufstellung und eine Auswertung nach der Kennwertsynthese. Diese Ergebnisse müssen von der Geschäftsleitung interpretiert werden, damit sie hieraus Maßnahmen für die Zukunft zur weiteren Verbesserung der Prozesse ableiten und eine Anpassung der Qualitätsziele in Zusammenarbeit mit den qualitätsverantwortlichen Mitarbeitern vornehmen kann.

Eine direkte Auswertung der Kennzahlen kann nur unter gleichartigen Kennwerten vorgenommen werden, denn die Kennzahlen der unterschiedlichen Prozessbereiche beschreiben jeweils verschiedene Sachverhalte und resultieren aus unterschiedlichen Untersuchungsverfahren und Beobachtungen.

Damit eine zusammenfassende und vergleichende Wertung der Kennzahlen möglich ist, sind zunächst die einzelnen Anforderungsniveaus und die Normierungsfunktionen festzulegen. Darin besteht eine besondere Schwierigkeit. Zum einen ist es kaum möglich, einen allgemeinen Bewertungshintergrund anzugeben, dieser wird aufgrund unterschiedlicher Voraussetzungen immer unternehmensspezifisch bleiben. Zum anderen besteht damit das Risiko, dass eigentlich entscheidende Defizite durch eine unternehmensspezifisch zu gut angesetzte Bewertung nicht erkannt werden. Es erscheint daher wichtig, das aktuelle Qualitätsniveau des Unternehmens objektiv einzuschätzen und die weiteren Schlussfolgerungen vor allem aus den Veränderungen der einzelnen Werte über mehrere aufeinander folgende Baumaßnahmen zu ziehen.

Die Normierungsfunktionen sollen für alle Kennwerte dem gleichen Prinzip folgen. Sie kann auf dem Schulnotensystem (1 = sehr gut – 5 = mangelhaft) dargestellt werden, dieses ist jedoch in dieser Form nicht flexibel genug. Alternativ wurde in dem vorliegenden Forschungsprojekt eine Punkteskala von 0 – 10 eingesetzt, wobei 0 Punkte eine sehr schlechte Qualität und 10 Punkte eine sehr gute Qualität bedeuten.

Teilzielwerte der Qualität werden aus den Prozessbereichen Produktqualität, Bauzeit bzw. Leistung und Kosten ermittelt. Auch hier kann es keine allgemein gültigen Vorgaben geben. Den einzelnen Kennzahlen eines Teilbereichs wird eine Wertigkeit entsprechend den Qualitätszielen und des Qualitätsstandard des Unternehmens zugeordnet. In der vorliegenden Forschungsarbeit sind mögliche Normierungseinteilungen als erste Orientierungshilfe gewählt, ein umfassender Praxistest dazu steht aber noch aus. Die Umsetzung der einzelnen Teilwerte bzw. Teilbereiche ist nachfolgend beschrieben.

3.3 Qualitätsmerkmal „Projekt extern“

Unter dem Qualitätsmerkmal „Projekt extern“ können Mitarbeiter- und Kommunikationsperspektive sowie finanzbezogene Tätigkeiten und die Aufrechterhaltung und Erneuerung der Infrastruktur als leistungsunterstützende Prozesse verstanden werden. Im Rahmen der Forschungsarbeit wurden lediglich die Mitarbeiter- und Kommunikationsperspektive exemplarisch angesprochen.

Die Mitarbeiterperspektive lässt sich in die Aspekte Personalqualifikation und Mitarbeiterzufriedenheit unterteilen. Diese Aspekte sind so genannte weiche Faktoren. Die Personalqualifikation lässt sich durch Schulungen sicherstellen. Die Fähigkeiten der Mitarbeiter können durch Mitarbeitergespräche und/oder Beurteilungen durch den jeweiligen Vorgesetzten ermittelt und dokumentiert werden. Grundsätzlich ist dann zu klären, welche Schulungen tatsächlich notwendig sind. Die erforderliche Kolonnenzusammensetzung lässt sich über die dann bekannte Personalqualifikation steuern. Im Rahmen der Erhebungen an Baumaßnahmen konnte hier ein signifikanter Einfluss auf die erreichte Qualität nachgewiesen werden. Die Mitarbeiterzufriedenheit als weiterer wesentlicher Faktor kann über Mitarbeiterbefragungen direkt oder auch indirekt z.B. über Mitarbeiterfluktuation oder Krankheitsmeldungen erfasst werden.

Die Kommunikationsperspektive beschreibt Informationen und Informationsflüsse als wesentliche Voraussetzung für sachbezogene Entscheidungen im Unternehmen. Zur wirksamen Lenkung von Informationen sollten der Informationsbedarf sowie interne und externe Informationsquellen bekannt sein. Foren für den Wissensaustausch sind Bauleiterbesprechungen. Da gleiche Probleme aber oftmals auftreten, können diese samt Lösungsansätzen, wie in einem der betrachteten Unternehmen geschehen, im Intranet des Unternehmens allgemein verfügbar gemacht werden.

Die Bewertung des Informationsflusses kann z.B. durch die Vorlaufzeit von Informationen, Verfügbarkeit von Informationen und die Vollständigkeit von Informationen bewertet werden. Vorlaufzeit und Verfügbarkeit kann durch Eingangsstempel, die Vollständigkeit durch eine regelmäßige qualitative Bewertung durch die Betroffenen erfolgen. Dies unterliegt allerdings subjektiven Einflüssen. Ein mögliches Bewertungsmuster ist in dem nachfolgenden Bild 5 gegeben.

Oft wird in diesem Zusammenhang auch die Kundenzufriedenheit genannt. Auch wenn es ohne zufriedene Kunden wohl kaum geht, wird oft gefragt, welcher direkte Nutzen hinter dem Qualitätsziel einer hohen Kundenzufriedenheit steht. Im Straßenbau werden Baumaßnahmen im Allgemeinen nach der Verdingungsordnung für Bauleistungen [VOB Teil A § 3] vergeben. Eine erneute Beauftragung aufgrund einer hohen Kundenzufriedenheit ist bei den vornehmlich öffentlichen Auftraggebern in Anbetracht des geltenden Vergaberechts nicht zu erwarten. Dieser Umstand entbindet den Auftragnehmer allerdings nicht von dem Qualitätsziel der Kundenzufriedenheit; ein Bauunternehmen profitiert durch eine gute Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber und seiner Bauüberwachung trotzdem von ihr. Diese Art des Nutzens ist ein „weicher Faktor“, der sich durch einen reibungslosen Ablauf einer Baumaßnahme auszeichnet. Eine objektive Bewertung hierfür ist aber schwierig.

Bild 5: Kriterien zur Bewertung des Informationsflusses

3.4 Qualitätsmerkmal „Produktqualität“

Die Produktqualität gemäß den Vorgaben des Technischen Regelwerks und den Vergabeunterlagen ist ein zentraler Punkt der Leistungserbringung. Mit aussagekräftigen Kennzahlen lässt sich zunächst erkennen, ob die geforderte Leistung erbracht wurde. Dies sollte bei Defiziten zu Korrektur- und Vorbeugemaßnahmen führen. Über mehrere Baumaßnahmen hinweg ist aber erkennbar, ob gezielt Fehler bzw. Mängel vermieden wurden und ob Analysen von Fehleraufzeichnungen den gewünschten Nutzen erzielt haben. Neben der vertraglich notwendigen Bewertung durch einen Anforderungswert an die fertige Bauleistung können Kennzahlen zur Produktqualität nicht-monetäre oder auch monetären Charakter aufweisen. Nicht-monetäre Kennzahlen können z.B. der Grad der Erfüllung von Prüfmerkmalen nach dem Leistungsverzeichnis oder dem Technischen Regelwerk sein. Dies kann mit z.B. Fehlersammellisten erfolgen, da für die Bewertung der Ort und Grund der Fehlerentstehung maßgebend ist. Im Forschungsbericht sind hierzu umfangreiche Vorschläge und Möglichkeiten aufgelistet.

Bild 6: Monetäre Qualitätskennzahlen zur Produktqualität (Auszug)

In Zusammenhang mit der Produktqualität ist aber auch die monetäre Bewertung aufgetretener Fehler notwendig, um überhaupt deren wirtschaftliche Bedeutung erkennen zu können. Dies kann z.B. anhand der Ermittlung von Mehrkosten durch Fehlerbeseitigung und Wiederholungsprüfungen im Verhältnis zu den Baukosten erfolgen. Ein Beispiel hierzu ist im Bild 6 enthalten.

3.5 Qualitätsmerkmal „Bauzeit/Leistung“

Das Qualitätsmerkmal „Bauzeit/Leistung“ bildet einen weiteren zentralen Aspekt der Leistungserbringung, da hier in vielfältiger Hinsicht der wesentliche Grundstein für den wirtschaftlichen Erfolg einer Baumaßnahme gelegt wird. Die Grundlage für das Qualitätsmerkmal Bauzeit/Leistung bildet die Bauzeitplanung und ihre Fortschreibung. Zunächst stehen zur Kontrolle der Bauzeit die Größen Baubeginn und Bauende, geplant und tatsächlich, zur Verfügung. Die Dauer von Einzelvorgängen ist aus der Kalkulation einer Baumaßnahme bekannt. Ein Vergleich zwischen der tatsächlichen und geplanten Dauer von Einzelvorgängen bietet den Vorteil Erfahrungswerte der Praxis in die Kalkulation einfließen zu lassen. Die konsequente und detaillierte Bauzeitplanung und deren Überwachung ermöglicht es, den Personal- und Geräteeinsatz unternehmensweit zu planen. Diese Vorgehensweisen werden in vielen Straßenbauunternehmen seit langem praktiziert. Die dabei vorliegenden umfangreichen Erfahrungen sind ebenfalls ausführlich im Forschungsbericht dokumentiert. Als nicht monetäre Kennzahlen werden z.B. der Ist-Soll-Vergleich der Bauzeit in verschiedenen Detaillierungsgraden oder auch das Verhältnis der Zeitdauer erforderlicher Nacharbeiten zur Soll-Bauzeit ermittelt. Monetäre Qualitätskennzahlen beziehen sich i.d.R. auf Leistungsabweichungen.

3.6 Qualitätsmerkmal „Kosten“

Bisher wurden Baumaßnahmen hauptsächlich durch den erwirtschafteten Ertrag als entscheidendes Merkmal für das wirtschaftliche Überleben der Unternehmen bewertet. Im Straßenbau werden die Aufträge in der Regel nach öffentlichen Ausschreibungen an den günstigsten Bieter vergeben. Aus diesem Grund ist der finanzielle Spielraum sehr klein. Die Kosten müssen ständig kontrolliert werden, um bei Bedarf frühzeitig Kosten einsparende Maßnahmen einzuleiten. Gerade weil die Spielräume für Kosten knapp sind, ist die Vermeidung von Fehlern und unstimmiger Bauabläufe besonders wichtig, denn Fehlerbeseitigungskosten können in der Kalkulation von Maßnahmen nicht berücksichtigt werden. Insofern besteht durchaus eine Rückkopplung aus den vorgenannten Qualitätsmerkmalen zu den hier betrachteten Kosten. Daher ist eine scharfe Abgrenzung der einzelnen Qualitätsmerkmale nicht einfach. Die Qualitätskennzahlen zu diesem Qualitätsmerkmal sind bei diesem Qualitätsmerkmal im Gegensatz zu den anderen Merkmalen ausschließlich monetärer Art.

4 Ausblick

Die grundsätzliche Wirksamkeit dieser Vorgehensweise wurde aufgrund von Expertengesprächen, Tests an Baumaßnahmen und auch durch die Diskussion innerhalb der KB 3 der FGSV bestätigt. Grundsätzlich sollte es mit dieser Vorgehensweise möglich sein, einen Prozess der kontinuierlichen Verbesserung in Gang zu setzen. Die Praxistauglichkeit muss aber weiter vorangetrieben werden. Dies liegt darin begründet, dass zunächst der Erhebungsaufwand auf die allgemeinen Bedürfnisse der Bauausführung abgestimmt werden muss. Hier ist das Verfahren so zu entwickeln, dass mit minimalem Aufwand die für das Qualitätscontrolling relevanten Daten erfasst werden können; andernfalls müsste mit Akzeptanzproblemen gerechnet werden. Weiterhin sollte das Q-Controlling anhand mehrerer aufeinander folgender Maßnahmen getestet werden, um die Aussagefähigkeit der Qualitätszahlen im Hinblick auf das Ziel der kontinuierlichen Verbesserung abzusichern. Beides wird zu Modifikationen des bisherigen Modells führen.

Die erstellten Qualitätskennzahlen und die BSC für Straßenbauunternehmen stellen daher einen ersten Vorschlag dar. Weitere Tests im Rahmen der Forschungsarbeit waren nicht möglich, da sich das Verfahren erst im Verlauf der Bearbeitung entwickelte und die vorhandene und praktizierte Dokumentation der untersuchten Baumaßnahmen dazu nicht ausreichend war. Es sollte ein Test des Verfahrens an verschiedenen zunächst parallel und später an nacheinander ablaufenden Baumaßnahmen innerhalb eines Unternehmens stattfinden, um die Entwicklungen durch die Anwendung eines QM-Plans und damit den Nutzen aus dessen Anwendung weiter zu quantifizieren. Zudem besteht noch grundsätzlicher Entwicklungsbedarf hinsichtlich der Beschreibung des Qualitätsmerkmals „Projekt extern“ für das Gesamtunternehmen.

Weiter ist von Interesse, welche Maßstäbe an die ermittelten Qualitätskennzahlen angelegt werden können. Ist es möglich, einen einheitlichen Bewertungsmaßstab für die Bauindustrie zu finden, der ein Bench-Marking zwischen verschiedenen Unternehmen zulässt? Maßnahmen von verschiedenen Unternehmen sind nur mit einem gemeinsamen Bewertungsmaßstab vergleichbar; unterschiedliche Unternehmen verfolgen unterschiedliche Qualitätsphilosophien und besitzen verschiedene Qualitätsstandards.

Mit der Einführung eines Qualitätskennzahlensystems sollten die Straßenbauunternehmen aber in der Lage sein, ihr „QM-System weiter zu optimieren und die anstehenden Managementaufgaben besser unterstützen zu können.

Literaturverzeichnis

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