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1 Einleitung
Die Überarbeitung der derzeit gültigen Fassung des Merkblatts für die Herstellung von Oberflächentexturen auf Verkehrsflächen aus Beton aus dem Jahre 2009 ist noch nicht vollständig abgeschlossen, befindet sich aber in ihrer Endphase, sodass mit tiefgreifenden Änderungen, Ergänzungen oder Korrekturen nicht mehr zu rechnen ist. Die Überarbeitungsphase begann im Jahre 2016, als bereits abzusehen war, dass mit den zu dieser Zeit beschriebenen und in der Praxis ausgeführten Texturierungsvarianten zukünftig zeitgemäße Anforderungen an Oberflächen nicht mehr zu erfüllen sind.
Eine Überarbeitung war notwendig, um neue Erkenntnisse aus Forschung und Entwicklung für den Anwender aufzubereiten und in ein Regelwerk für die Praxis zu überführen. Seit Jahren praktizierte Texturierungsvarianten wurden einer Überprüfung hinsichtlich ihrer Ausführung unterzogen. Neue bereits praxistaugliche Texturierungsvarianten wurden ins Merkblatt aufgenommen. Außerdem wird der Blick in die Zukunft gerichtet und ein Ausblick gestattet auf mögliche zukünftige Texturierungsvarianten, die bisher nur erprobt wurden, aber Potenzial für Oberflächen mit dauerhaft anforderungsgerechten Gebrauchseigenschaften bieten. Praxisuntaugliche Texturierungsvarianten wurden aus dem Regelwerk verbannt, dies aber unter Hinweis auf Alternativen. Theoretische Grundlagen zum Texturbegriff und zu den wichtigsten Gebrauchseigenschaften von Oberflächen sowie zu Messmethoden der Textur- und Oberflächeneigenschaften wurden ins Merkblatt aufgenommen, um dem Anwender ein kompaktes und alle Aspekte der Oberfläche auf Betonflächen aller Art zusammenfassendes Werk an die Hand geben zu können. Anwendungsbereiche der Texturierungsvarianten werden empfohlen und eine Beurteilung der zeitlichen Entwicklung ihrer Gebrauchseigenschaften vorgenommen. Ausdrücklich werden im Merkblatt grundsätzlich nur Gebrauchseigenschaften der Oberfläche betrachtet, Substanzeigenschaften des Betons aber außer Acht gelassen, da dies Sache Technischer Lieferbedingungen ist. Bei der Auswahl der Texturierungsvariante im praktischen Anwendungsfall sind, außer den zu erzielenden Gebrauchseigenschaften die Dauerhaftigkeit der Texturierungsvariante in Abhängigkeit von der prognostizierten oder restlichen Lebensdauer der Betonfläche ins Kalkül zu ziehen.
2 Verkehrsflächen aus Beton
Verkehrsflächen aus Beton sind außer in den ZTV Beton-StB in einschlägigen Merkblättern geregelt:
- Bundesfernstraßen in den ZTV Beton-StB,
- Kreisverkehre, Busverkehrsflächen und Rastanlagen im M VaB Teil 1,
- Land- und Stadtstraßen im M VaB Teil 2,
- Industrieflächen im M VaB Teil 3 und
- Flugbetriebsflächen im MB
Für kommunale Verkehrsflächen wie Radverkehrsflächen, Fußgängerzonen, Wirtschaftswege, befahrbare Gleisbereiche und sonstige Nebenflächen existiert kein vergleichbares Regelwerk.
Gleichwohl fanden sämtliche Verkehrsflächen im M OB Berücksichtigung.
Somit bietet das neue M OB die Möglichkeit, für jegliche Verkehrsfläche aus Beton die passende Texturierungsvariante zu finden.
3 Theoretische Überlegungen
3.1 Textur
Nach DIN EN ISO 13473-1 ist die Textur die Abweichung einer Fahrbahnoberfläche von einer ideal ebenen Oberfläche mit Texturwellenlängen bis 0,5 m. Sie beeinflusst als primäre (geometrische) Größe in Verbindung mit dem Fahrzeugreifen wesentlich die sekundären (abgeleiteten) Gebrauchseigenschaften wie zum Beispiel Griffigkeit, Reifen-Fahrbahn-Geräusch, Dränagevermögen und Rollwiderstand (Bild 1).
Bild 1: Zerlegung eines Texturprofils in ein Wellenlängen-Amplituden-Spektrum
Die Mikrotextur schließt den kleinsten Wellenlängenbereich bis 0,5 mm ein und wird sowohl durch die flächenhafte Rauheit (Flächenschärfe) des texturierten Oberflächenmörtels als auch durch die Oberflächenrauheit und Kantenschärfe, der sich an der Oberfläche befindenden Gesteinskörnungen bedingt.
Die Makrotextur umfasst Wellenlängen von 0,5 bis 50 mm. Mit diesem Bereich werden die Texturgeometrien erfasst, die in den frischen Oberflächenmörtel durch ein geeignetes Werkzeug eingebracht oder durch Entfernen des noch nicht erhärteten Oberflächenmörtels erzeugt werden. Bei einer Texturierung des Festbetons entsteht die Makrotextur durch mechanische Bearbeitung der Oberfläche, bei Texturierungsverfahren mit Materialauftrag durch Aufbringen von Material auf die Oberfläche.
Die Megatextur mit Wellenlängen von 50 bis 500 mm bildet einen Texturbereich in der gleichen Größenordnung wie eine typische Reifenaufstandsfläche ab. Sie wird in erster Linie durch das Herstellungsverfahren beeinflusst.
Im Sinne einer durchgängigen Verwendung des Texturbegriffs wird die Ebenheit als Gigatextur verstanden.
Für Verkehrsflächen aus Beton werden ungerichtete (isotrope) und gerichtete (anisotrope) Texturen unterschieden.
Des Weiteren werden Fahrbahnoberflächen verschiedener Gestalt unterschieden. Oberflächen mit Texturen, die Spitzen und Täler mit unterschiedlicher, zufällig entstehender Höhenlage ausbilden, besitzen eine konvexe Gestalt. Eine konkave Gestalt weisen Texturen mit weitgehend plateauartiger Oberfläche und schluchtenartigen Vertiefungen auf. Der Gestaltfaktor ist nur für geräuschmindernde Texturen von Bedeutung.
3.2 Griffigkeit
Die Griffigkeit kennzeichnet die Wirkung der Textur und der stofflichen Beschaffenheit einer Fahrbahnoberfläche hinsichtlich Korngröße, Kornform und mineralspezifischer Eigenschaften auf den Reibungswiderstand (Kraftschlussvermögen) eines Fahrzeugreifens unter festgelegten Bedingungen. Bei Nässe hängt die Größe des Reibungswiderstandes zwischen dem Fahrzeugreifen und der nassen Oberfläche im Wesentlichen von der Mikrotextur, der Makrotextur im Sinne des Dränagevermögens der Oberfläche, der Dicke des Wasserfilms auf der Oberfläche, den Eigenschaften und dem Zustand des Reifens sowie von der Rollgeschwindigkeit ab. Verkehrsflächen müssen zur Gewährleistung der Verkehrssicherheit eine ausreichende Griffigkeit bei Nässe aufweisen.
3.3 Reifen-Fahrbahn-Geräusch
Bei der Entstehung und Ausbreitung des Reifen-Fahrbahn-Geräusches sind auf dem Weg von der Schallquelle bis zum Empfänger maßgeblich:
- Schallanregung,
- Schallabstrahlung,
- Schallausbreitung.
Die mechanische Schallanregung findet im Kontaktbereich zwischen Reifen und Fahrbahn statt. Die aerodynamische Schallanregung entsteht durch Strömung, Kompression und Entspannung der Luft im Kontaktbereich von Reifen und Fahrbahn.
Bei der Schallabstrahlung spielen die geometrischen und akustischen Eigenschaften der Fahrbahn im Bereich der Kontaktfläche eine Rolle. Beläge mit schallabsorbierender Wirkung tragen entscheidend zur Verminderung der Schallabstrahlung bei.
Bezüglich der Schallausbreitung von der Schallquelle, d.h. dem Reifen, zum Empfänger führen schallabsorbierende Oberflächen zur Verminderung des an einem Empfangspunkt ankommenden Reifen-Fahrbahn-Geräusches.
4 Einfluss der Textur auf die Gebrauchseigenschaften
4.1 Allgemeines
Die Textur bestimmt wesentlich die Gebrauchseigenschaften von Oberflächen im Sinne der Gewährleistung einer sicheren und komfortablen Nutzung der Verkehrsfläche.
Einen Überblick über zu erwartende Auswirkungen der einzelnen Texturbereiche auf die Gebrauchseigenschaften gibt das Bild 4. Ein heller Hintergrund bedeutet eine günstige Auswirkung, ein dunklerer Hintergrund eine unerwünschte.
Bild 2: Bereiche der Textur, ausgedrückt als Texturwellenlänge und Wellenzahl, und die zu erwartenden Auswirkungen
Unter Verkehrs-, Straßenbetriebs- und Witterungseinfluss werden sich infolge des Verschleißes der mit dem Reifen in Kontakt stehenden Texturelemente die Textur und damit die Gebrauchseigenschaften verändern. Diesen Veränderungen ist bereits bei der Herstellung der Textur Rechnung zu tragen.
Eine beständige Makro- und Mikrotextur kann durch substanzbasierte baustoffliche Maßnahmen sichergestellt und durch die Auswahl der Texturierungsvariante beeinflusst werden.
4.2 Einfluss der Textur auf die Griffigkeit
Die Makrotextur weist Wellenlängen in derselben Größenordnung wie die Reifenprofilelemente auf und unterstützt den Reifen beim Abführen des Wassers aus der Kontaktfläche Reifen/Fahrbahn.
Die Mikrotextur ermöglicht das Durchbrechen des dünnen Wasserfilms, der nach dem Verdrängen der Wassermenge über die Makrotextur auf der Oberfläche verbleibt.
4.3 Einfluss der Textur auf das Reifen-Fahrbahn-Geräusch
Auf Verkehrsflächen aus Beton mit dichter Oberfläche kann eine Geräuschminderung, durch die in einem gesonderten Arbeitsgang durchgeführte Texturierung erreicht werden. Bedeutsam für die Ausprägung des Reifen-Fahrbahn-Geräusches sind Texturwellenlängen zwischen ca. 2 mm und 200 mm. Sie befinden sich damit innerhalb des der Makrotextur zugeordneten Wellenlängenbereiches zwischen 0,5 und 500 mm, der ungefähr mit den Abmessungen der Gesamtfläche des Reifen-Fahrbahn-Kontaktes übereinstimmt. Die Gestalt der Oberflächentextur hat einen starken Einfluss auf die Schwingungsanregung des Reifens, die zur Abstrahlung von Schall führt. Ideal ist eine plateauartige Oberfläche mit ebenen Texturelementen auf gleichem Höhenniveau und Vertiefungen zwischen den Texturelementen zur Ableitung von Wasser und Luft.
4.4 Einfluss der Textur auf das Dränagevermögen
Für ein gutes Dränagevermögen einer dichten Oberfläche ist die Makrotextur maßgebend. Eine stabile Makrotextur garantiert ein dauerhaftes Wasserableitvermögen in der Kontaktfläche zwischen Reifen und Fahrbahn. Gerichtete Texturen leiten das Wasser vorzugsweise längs der Textur ab.
Die Anordnung von Groovingrillen sorgt für eine gute Dränage und damit für eine Verringerung der Sprühfahnenbildung und der Aquaplaninggefahr.
Offenporige Oberflächen leiten das Wasser über ihren hohen Hohlraumgehalt ab.
4.5 Rollwiderstand
Der Rollwiderstand einer Fahrbahnoberfläche unterliegt einer Vielzahl von Einflüssen, die hauptsächlich im Bereich des Fahrzeugs und der Umgebungsbedingungen liegen. Untersuchungen ergaben, dass der Temperatureinfluss bei Weitem den Einfluss der Fahrbahn übertrifft. Um dennoch den Beitrag der Fahrbahn nicht ganz zu vernachlässigen, sind die Makrotextur zu begrenzen und die Längsebenheit zu optimieren. Ein Zielkonflikt zur Griffigkeit und zur Dränagefähigkeit der Oberfläche ist zu vermeiden.
5 Texturierungsvarianten
5.1 Entfernung des Oberflächenmörtels
Die Entfernung des Oberflächenmörtels kann durch Ausbürsten des noch nicht erhärteten Oberflächenmörtels oder durch Hochdruckwasserstrahlen des bereits erhärteten Oberflächenmörtels erfolgen. Während das Ausbürsten als Standardvariante bereits seit vielen Jahren ausgeführt wird und im M OB von 2009 enthalten ist, wurde das Hochdruckwasserstrahlen bisher nicht beschrieben, hat sich aber in den vergangenen Jahren als gut geeignet zur „Rettung“ einer Waschbetonoberfläche erwiesen, deren Oberflächenmörtel nur unzureichend ausgebürstet werden konnte (Bild 3). Diese Vorgehensweise wurde nun im M OB legitimiert. Darüber hinaus kann Hochdruckwasserstrahlen angewendet werden, wenn bei kühlen Temperaturen die Wirkung des Oberflächenverzögerers bereits nachlässt, der Beton unterhalb der Oberfläche aber noch nicht so weit erhärtet ist, dass er ein schadloses Ausbürsten zur Erzielung einer anforderungsgemäßen Texturtiefe zulässt.
Bild 3: Waschbetonoberfläche vor und nach dem Hochdruckwasserstrahlen (Quelle: T. Beckenbauer)
Vor Ausführung der Arbeiten sollte ein Probefeld mit verschiedenen Einstellungen angelegt werden, um die optimale Konfiguration (Druck, Arbeitsgeschwindigkeit) in Abhängigkeit folgender Kennwerte vornehmen zu können:
- Alter des Betons,
- Festigkeit des Oberflächenmörtels,
- zu erzielende Hochdruckwasserstrahltiefe.
Je nach Ausgangssituation (Dicke und Festigkeit des Oberflächenmörtels, zu erreichende Hochdruckwasserstrahltiefe) sind ein oder mehrere Bearbeitungszyklen notwendig.
Gemäß den TP KoSD-19 wird die Bestimmung eines DSD-Wertes empfohlen, sofern es die Messbedingungen zulassen.
5.2 Texturgrinding
Texturgrinding ist ein spezielles Grindingverfahren zur gesteuerten, definierten Herstellung einer längsgerichteten Textur im Festbeton mit dem Ziel homogener und dauerhaft vorhandener Gebrauchseigenschaften. Es geht über das hinaus, was im M OB oder auch in den ZTV BEB-StB zur Ausführung von Grinding zur Wiederherstellung der Griffigkeit oder Korrektur der Ebenheit ausgesagt wird.
Texturgrinding soll nun im Neubau als Texturierungsvariante angewendet werden, die abgesehen von einer anforderungsgemäßen Griffigkeit auch eine Geräuschminderung hervorruft, die mindestens der einer Waschbetontextur entspricht oder sogar darüber hinausgeht.
Texturgrinding kann in verschiedenen Typvariationen ausgeführt werden:
- Typ 0, Typ 0+ Texturgrinding 0 (ohne Lärmanforderungen),
- Typ S, Typ S+ Standardtexturgrinding oder,
- Typ A+ akustisches Texturgrinding.
Ein dem Buchstaben des Texturgrindings nachgestelltes + weist auf die Kombination von Texturgrinding und Grooving hin (Bild 4).
Durch die prozesssichere Herstellung des Texturgrindings entsteht eine Oberfläche mit definierten Gebrauchseigenschaften, die grundsätzlich eine dauerhafte Charakteristik aufweisen, aber bei Bedarf unkompliziert rekonstruiert werden kann.
Bild 4: Texturgrinding Typ 0+ (Kombination von Texturgrinding und Grooving)
Während Texturgrinding Typ 0 und 0+ zur Herstellung einer griffigen Oberfläche ohne geräuschmindernden Effekt angewendet werden kann, erzielt Texturgrinding Typ S und S+ eine Geräuschminderung, die mit der einer Waschbetontextur vergleichbar ist. Dies geht aus der Auswertung zahlreicher Erprobungsstrecken hervor. Ein Korrekturwert gemäß RLS-19 wurde dem Texturgrinding Typ S und S+ noch nicht zugesprochen, das Herstellungsverfahren, die Konfiguration der Grindingmaschine, die Überprüfung der Texturgeometrie während des Herstellprozesses usw. sind aber seit April 2023 im Merkblatt Texturgrinding M TG nachzulesen. Die geräuschmindernden Eigenschaften des Texturgrindings A+ sollen über die des Texturgrinding Typ S+ hinausgehen, jedoch befindet sich diese Art der Texturierung noch in einem eher frühen Erprobungsstadium. Aufgrund des Potenzials als sehr leise Betonoberfläche wurde dem Texturgrinding A+ im neuen M OB ein Platz eingeräumt, um erste Informationen in einem offiziellen Regelwerk zu verhaften und ein Bewusstsein in der Fachwelt dafür zu schaffen.
5.3 Texturierung des frischen Oberflächenmörtels
Die Texturierung des frischen Oberflächenmörtels war bisher mittels Jutetuch (Bild 5), Kunstrasen oder Besen möglich. Die Variante der Texturierung mit Jutetuch wurde im neuen M OB nicht weitergeführt, da ihre Anwendung im Geltungsbereich der ZTV Beton-StB nicht mehr vorgesehen ist und für weitere Anwendungsbereiche andere Texturierungsvarianten gleichwertig sind bzw. funktionale und/oder technologische Vorteile aufweisen. Anstelle der Jutetuchtexturierung kann die Kunstrasentexturierung erfolgen, die mit vergleichbarem technologischem Aufwand mit maschinellem Arbeitsverfahren (Nachziehen an der Nachlaufbühne oder am Fertiger) ausführbar ist. Die Jutetuchtextur besaß seinerzeit einen Korrekturwert gemäß RLS 90. Da sie aber bezüglich ihrer Griffigkeit eine unwägbare Entwicklung durchläuft und somit der Verkehrssicherheitsaspekt für den Nutzer der Fahrbahn nicht mit hinreichender Sicherheit vorherzusehen ist, wurde sie für den Bereich der Bundesfernstraßen bereits mit den ZTV Beton-StB 2007 durch die Waschbetontextur ersetzt.
Bild 5: Jutetuchtextur, 25 Jahre alt
Praktische Erfahrungen zeigen, dass Jutetuchtexturen über einen langen Zeitraum einerseits anforderungsgemäße Griffigkeiten, andererseits aber auch bereits zur Abnahme ein niedriges Griffigkeitsniveau aufweisen können, das im Laufe weniger Jahre weiter absinkt und so eine verkehrsgefährdende Oberfläche entsteht, die von der Straßenbauverwaltung einer diesbezüglichen Instandhaltung unterzogen werden muss (Bild 6). Das Risiko einer frühzeitigen Intervention durch bauliche Erhaltungsmaßnahmen ist unkalkulierbar. Da die Jutetuchtextur entsteht, ohne dass gezielte Anforderungen an die geometrischen Eigenschaften der Textur oder des Texturierungswerkzeugs gestellt werden, unterliegt das Texturierungsergebnis im Bereich der Makrotextur dem Zufall. Eine Kompensation fehlender Makrotextur durch ein Mehr an Mikrotextur ist eher nicht zu erwarten, da der Natursand, der sich an der Oberfläche befindet, dies nicht hergibt.
Bild 6: Griffigkeitsentwicklung einer Jutetuchtextur
5.4 Weitere Texturierungsvarianten
Um den zukunftsweisenden Charakter des neuen M OB zu untermauern, wurden außer dem Texturgrinding Typ A+ die Texturierungsvarianten Offenporiger Beton (OPB) und Horizontal geschliffener Waschbeton aufgenommen (Bild 7).
Offenporiger Beton wurde bisher nur auf Erprobungsstrecken mit geringer Beanspruchung und ohne längeren Erfahrungshintergrund eingesetzt.
Ziel ist der Einsatz als geräuschmindernde Oberfläche mit einem sehr hohen Geräuschminderungspotenzial. Labortechnische Untersuchungen zeigen, dass der OPB über ein Geräuschminderungspotenzial von ca. Dstro - 5 bis - 8 dB(A) nach RLS 90 verfügt. Eine Einstufung nach RLS-19 liegt nicht vor. Offenporiger Beton erhält seine Oberflächeneigenschaften aus einer optimalen Abstimmung von Betonzusammensetzung und Einbauverfahren/Einbautechnologie. Separate bzw. zusätzliche Arbeitsgänge zur Herstellung einer gezielten Oberflächentextur sind nicht erforderlich.
Bild 7: Offenporiger Beton (Quelle: C. Hofmeister)
Horizontal geschliffener Waschbeton (Bild 8) kommt dort zum Einsatz, wo Waschbeton hinsichtlich des Reifen-Fahrbahn-Geräusches einer Optimierung unterzogen werden soll. Voraussetzungen für die Ausführung des Horizontalschleifens sind:
- eine ausreichende Anzahl an Kornspitzen,
- eine gute Querebenheit und
- eine Texturtiefe (MPD-Wer) vor dem Schleifen von mindestens 0,8 mm.
Bild 8: Links Waschbetonoberfläche vor dem Horizontalschleifen; rechts horizontal geschliffener Waschbeton (Quelle: T. Beckenbauer)
Die bereits bekannte und im Bereich der Baulichen Erhaltung angewendete Texturierungsvariante der Oberflächenbehandlung mit Reaktionsharz (OB-RH) (Bild 9) wurde im neuen M OB als Variante mit Zukunftschancen beschrieben. Zunächst wurde die im M OB von 2009 aufgeführte Bezeichnung „Oberflächenbehandlung mit Reaktionsharzbeschichtung und Abstreuung“ den ZTV BEB-StB angeglichen und die Bezeichnung „Oberflächenbehandlung mit Reaktionharz“ gewählt. Die in den ZTV BEB-StB ebenfalls enthaltene Oberflächenbeschichtung mit Reaktionsharzmörtel wurde nicht ins M OB übernommen, da es sich dabei um die Wiederherstellung der Substanz mit dabei entstehender Oberfläche vorrangig auf örtlich begrenzten Flächen (z. B. bei Brandschäden, Einzelschadstellen) und nicht um eine echte Texturierung handelt. Das Verfahren eignet sich zur Erzielung einer dauerhaft hohen Griffigkeit. Auf Oberflächen mit hoher Schallemission wird eine Reduzierung des Reifen-Fahrbahn-Geräusches erreicht. Mit der OB-RH liegen erste Erfahrungen im Neubau vor. Ihre Vorteile bestehen in einem geringen Verbrauch an Material, das nicht in Tiefen verschwendet wird, die der Reifen gar nicht erreicht. Eine derartige Oberfläche ist designfähig durch die Auswahl des Gesteins zum Abstreuen in Korngröße, Farbe, Kornform, Festigkeit, Rauheit usw. Außerdem ist diese Texturierungsvariante substanzschonend erneuerbar.
Bild 9: Oberflächenbehandlung mit Reaktionsharz (Quelle: M. Oeser)
6 Anwendungsbereiche für Texturen
Im M OB sind mögliche Anwendungsbereiche von Texturierungsvarianten auf Verkehrsflächen aus Beton zusammengestellt. Die qualitative Einschätzung basiert auf einer funktional sinnvollen und technologisch ausführbaren Anwendung unter Berücksichtigung der Erfüllbarkeit der Anforderungen an die Gebrauchseigenschaften der Oberfläche. Geräuschmindernde Texturierungsvarianten werden grundsätzlich für Anwendungsbereiche mit diesen Anforderungen als geeignet empfohlen.
Wirtschaftlichkeitskriterien werden nicht berücksichtigt. Ein Vergleich der Texturierungsvarianten untereinander bzw. ein Ranking erfolgt nicht.
7 Beurteilung der Gebrauchseigenschaften von Texturen sowie deren zeitlicher Entwicklung
Das M OB gibt eine Übersicht bezüglich der Beurteilung von Gebrauchseigenschaften von Texturen und der zeitlichen Entwicklung dieser Eigenschaften als Einschätzung der Texturbeständigkeit. Die Gebrauchseigenschaft Reifen-Fahrbahn-Geräusch wird durch die daraus abgeleitete Geräuschminderung beschrieben.
Die zeitliche Entwicklung der Gebrauchseigenschaften beschreibt den Zeitraum der Interventionsfreiheit durch erhaltende bauliche Maßnahmen. Eine definierte Aussage zur Länge dieses Zeitraums ist nicht unterstellt. Die Einschätzung der zeitlichen Entwicklung beruht auf der Annahme anforderungsgerechter Substanzeigenschaften des Betons und regelwerkskonformer Gebrauchseigenschaften der Texturen im Ausgangszustand.
Die zeitliche Entwicklung der Gebrauchseigenschaften hängt vorrangig von der Verkehrsbeanspruchung im Nutzungszeitraum ab.
Bei der Wahl der Textur auf der Grundlage gewünschter und/oder geforderter Gebrauchseigenschaften ist die Texturbeständigkeit im Zusammenhang mit der Verkehrsbeanspruchung zu berücksichtigen.
Die Aussagen im M OB geben eine Expertenmeinung wieder, die nicht immer durch Untersuchungsergebnisse hinterlegt ist.
8 Fazit
Eine Straßenkonstruktion ist in ihrer dauerhaften anforderungsgerechten Verfügbarkeit für den Nutzer und damit ihrer Langlebigkeit nur so gut, wie es die Oberflächeneigenschaften auf der Basis der Substanzeigenschaften zulassen. Infolge der Koabhängigkeit dieser beiden Eigenschaftsbereiche tritt die Notwendigkeit in den Vordergrund, einer auf Dauerhaftigkeit ausgerichteten Konzeption und Herstellung der Substanz eine ebensolche Texturierung folgen zu lassen. Umgekehrt gilt, dass dauerhafte Texturen nur auf dauerhafter Substanz Sinn ergeben.
Vor allem auf hoch beanspruchten Verkehrsflächen gilt die Zukunft Texturierungsvarianten, deren zielgerichtet geplante Gebrauchseigenschaften durch die Herstellung umgesetzt werden können. Das Ziel einer dauerhaften Gesamtkonstruktion Betondecke wird durch die weitgehende Annäherung bzw. die Synchronisation der Lebenszyklen von Oberfläche und Substanz der Konstruktion erreicht. Dies setzt neben einer homogenen, anforderungsgerechten Substanz eine zielsichere Texturierung voraus. Der subjektive Einfluss ist dabei so weit zu minimieren, dass seine Wirkung auf das Produkt unbemerkt bleibt bzw. ganz ausgeschlossen wird. Dies gilt nicht nur für alle Arbeitsprozesse, sondern auch für die messtechnische Begleitung und Bewertung der Ergebnisse dieser Prozesse.
Literaturverzeichnis
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- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt für die Bauliche Erhaltung von Verkehrsflächen aus Beton (M BEB), Ausgabe 2009, Köln (FGSV 823)
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln und Fahrbahndecken aus Beton (ZTV Beton-StB 07), Ausgabe 2007, Köln (FGSV 899)
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Arbeitspapier Textureinfluss auf die akustischen Eigenschaften von Fahrbahndecken, Ausgabe 2013, Köln (FGSV 442)
- Beckenbauer, T.: Physik der Reifen-Fahrbahn-Geräusche, Geräuschentstehung, Wirkungsmechanismen und akustische Wirkung unter dem Einfluss von Bautechnik und Straßenbetrieb; Geräuschmindernde Fahrbahnbeläge in der Praxis-Lärmaktionsplanung, 4. Informationstage 11./12. 6. 2008
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Prüfvorschriften für Gesteinskörnungen im Straßenbau, Teil 5.4.2: Bestimmung des Polierwertes von feinen Gesteinskörnungen mit dem Prüfverfahren Wehner/Schulze (PWS) (TP Gestein-StB), Ausgabe 200, Köln (FGSV 610)
- Bundesministerium für Verkehr: Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-19), Ausgabe 2019, (FGSV 052)
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Prüfvorschriften zur Korrekturwertbestimmung der Geräuschemission von Straßendeckschichten (TP KoSD-19) Ausgabe 2019, Köln (FGSV 053)
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt Texturgrinding (M TG), Ausgabe 2023, Köln (FGSV 828)
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt für Planung, Konstruktion und Bau von Verkehrsflächen aus Beton, Teil 1: Kreisverkehre, Busverkehrsflächen und Rastanlagen (M VaB), Ausgabe 2013, Köln (FGSV 821/1)
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt für Planung, Konstruktion und Bau von Verkehrsflächen aus Beton, Teil 2: Stadt- und Landstraßen sowie plangleiche Knotenpunkte mit Hinweisen zur Baulichen Erhaltung (M VaB), Ausgabe 2015, Köln (FGSV 821/2)
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt für Planung, Konstruktion und Bau von Verkehrsflächen aus Beton, Teil 3: Container- und Logistikflächen (M VaB), Ausgabe 2018, Köln (FGSV 821/3)
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt für Planung und Bau von Flugbetriebsflächen (M PB FBF), Ausgabe 2020, Köln (FGSV 421)
- WIKIPEDIA, Die freie Enzyklopädie: Rollwiderstand; Stand 15.12.2021
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