Volltext |
Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.
1 Einleitung
Die Begriffe Qualität, Qualitätssicherung oder Qualitätssteigerung sind langläufig positiv besetzte Begriffe. Diese werden in vielen gesellschaftlichen Lebensbereichen, in denen aktuelle Fragestellungen diskutiert werden, wie z. B. im Gesundheitswesen oder der Bildungspolitik verwendet. Auch im Bereich des Straßen- und Wegebaus wird die Qualitätssicherung derzeit in verschiedenen Gremien und Organisationen diskutiert.
Vielfach wird in diesem Zusammenhang z. B. auch eine nachlassende Dauerhaftigkeit von Asphaltstraßen thematisiert. Mit dem Allgemeinen Rundschreiben Straßenbau Nr. 11/2012 [1] hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung hierauf reagiert. Unabhängig von dieser Entwicklung wird insgesamt ein Absinken der Ausführungsqualität bei der Abwicklung von Straßenbaumaßnahmen kritisiert.
2 Derzeitige Situation im kommunalen Straßenbau
Im Bereich der kommunalen Straßen, das heißt der Gemeinde-, Stadt- und Kreisstraßen hat die Qualitätssicherung einen besonderen Stellenwert. Dies soll anhand einiger Beispiele aus der Praxis aufgezeigt werden. Die Situation im kommunalen Straßenbau ist schon seit geraumer Zeit durch eine abnehmende Substanz der Straßeninfrastruktur, insbesondere im Bereich des Oberbaus gekennzeichnet. Diese abnehmende Substanz, die im Bild 1 exemplarisch aufgezeigt wird, geht mit unzureichenden und stark reduzierten Bau- und Erhaltungsetats der kommunalen Baulastträger einher und wird von der Bevölkerung zunehmend kritisch wahrgenommen. Die Vielzahl von Veröffentlichungen und Tagungsveranstaltungen zu diesem Themenbereich macht dies ebenfalls deutlich [2, 3].
Bild 1: Exemplarische Darstellung der abnehmenden Substanz der kommunalen Straßeninfrastruktur
Bild 2: Exemplarische Darstellung innerstädtischer Verkehrsführungen beim Bauen unter Verkehr
Aus Sicht der ausführenden Unternehmen müssen entsprechende Baumaßnahmen häufig unter hohem Zeitdruck ausgeführt werden. Hierzu gehören zunehmend auch Maßnahmen, die in Nachtarbeit durchgeführt werden. In der Regel sind die Arbeiten im vorhandenen Bestand und unter Verkehr auszuführen. Im innerstädtischen Bereich sind die Abstimmung und Koordinierung von verschiedenen Verkehrsträgern kennzeichnend. Das Bild 2 belegt dies exemplarisch. Maßnahmen, die im Bestand und unter Aufrechterhaltung des Verkehrs abzuwickeln sind, finden in beengten Verhältnissen statt und erfordern eine kleinteilige Vorgehensweise. Die Arbeitsbereiche für die ausführenden Unternehmen, die noch zur Verfügung stehenden Fahrbahnen und Fußwege grenzen unmittelbar aneinander. Bedingt durch die städtische Infrastruktur gibt es Schnittstellen zu verschiedensten Ver- und Entsorgungsträgern (Gas, Wasser, Energie, Telekommunikation, usw.) sowie dem örtlichen Einzelhandel, dem produzierenden Gewerbe bzw. den Anwohnern.
Derartige Bedingungen, sind aus Sicht der Umsetzung vor Ort sicher als sehr ungünstig zu bezeichnen sind.
Zusätzlich gibt es unabhängig von den aufgezeigten Zwängen weitere Randbedingungen, die die Umsetzung von Baumaßnahmen im kommunalen Bereich erschweren. Hierzu zählen unter anderem die Verringerung der Personalbestände, ein „Generationswechsel“ innerhalb der Belegschaften, die Konzentration und Ausweitung von Zuständigkeiten sowie die Zunahme von nicht bauspezifischen administrativen Aufgaben. Von diesen Punkten sind alle Beteiligten, das heißt sowohl Auftraggeber als auch Auftragnehmer betroffen.
Insgesamt ist festzustellen, dass die Ausgangs- und Randbedingungen für eine hohe Qualität im kommunalen Straßenbau eher als ungünstig zu bezeichnen sind.
In diesem Zusammenhang taucht zwangsläufig die Frage auf, wie hierbei eine Qualitätssicherung gelingen soll und was diese umfassen soll. Kann eine hohe Qualität dadurch erreicht werden, dass lediglich ein Vergleich von Soll- und Ist-Werten erfolgt (Werden alle Grenzwerte eingehalten?) oder ist es vor dem Hintergrund der vielfach beklagten schlechten Ausführungsqualität nicht erforderlich, zur Erreichung einer hohen Qualität gar ein neues Regelwerk zu erarbeiten?
Vor dem dargelegten Hintergrund soll im Folgenden genauer betrachtet werden, was im Ergebniss zu einer mangelnden Ausführungsqualität beiträgt bzw. diese fördert.
3 Klage über Ausführungsqualität
In Gesprächen mit Vertretern öffentlicher, insbesondere kommunaler Straßenbaulastträger, in Zusammenhang mit der sinkenden bzw. mangelnden Ausführungsqualität werden eine Vielzahl von Gründen für die dargelegte Entwicklung genannt. Interessant ist hierbei, dass die vorgebrachten Beschwerden nicht neu sind. Sie lassen sich in einige Kritikpunkte zusammenfassen, die im Grundsatz schon vor vielen Jahren für den Bereich des Konstruktiven Ingenieurbaus benannt wurden. In [4] wird dargelegt, dass die Ursachen für das Nichterreichen des regelwerksgerechten Zustandes von konstruktiven Bauwerken vielfach im Verantwortungsbereich des Auftragnehmers liegen. Hier werden eine mangelnde Qualität der Arbeitsvorbereitung, z. B. durch fehlende Arbeitsanweisungen auf der Baustelle und ein mangelndes Qualitätsbewusstsein bei der Bauausführung genannt. Neben dem allgemeinen Zeit- und Kostendruck wird eine geringe bis keine fachliche Kompetenz beklagt. Darüber hinaus wird ausgeführt, dass die Qualität der Ausführung häufig vom ausführenden Personal abhängt. Hierbei wird festgestellt, dass die Qualität „kolonnenabhängig“ ist, und, dass es Unterschiede in der Qualität zwischen den Niederlassungen einzelner Konzerne gibt. Neben zum Teil nicht ausreichendem und ausreichend qualifiziertem Personal wird auf die Bedeutung der örtlichen Bauleitung für eine ausreichende Ausführungsqualität hingewiesen.
In Bezug auf die Ausführungsplanung wird in [4] festgestellt, dass die für die Ausführung freigegebenen Planunterlagen in sogenannte Teilgewerken korrekt waren, bei einer ganzheitlichen Betrachtung jedoch Widersprüche auftraten und die Lösungen auf der Baustelle kaum bzw. gar nicht umsetzbar waren. Hierbei ist zu beachten, dass die Ausführungsplanung im Bereich des Konstruktiven Ingenieurbaus im Gegensatz zum Straßenbau im Zuständigkeitsbereich des Auftragnehmers liegt. Gerade wegen der veränderten Zuständigkeit, ist in Zusammenhang mit den Fragen zur Ausführungsqualität im kommunalen Straßenbau die Problematik der Ausführungsplanung zu betrachten.
Die Verfasser stellen auch heraus, dass als Voraussetzung für eine gut organisierte Baustelle, gute Arbeitsergebnisse und eine gute Ausführungsqualität ein reibungsloses Zusammenspiel der Bauleitung des Auftraggebers und der Bauüberwachung des Auftraggebers notwendig ist. Sie führen aus, dass insbesondere eine nicht ausreichend besetzte Bauüberwachung zu Qualitätseinbußen führt und, dass bei einer lückenhaften Bauüberwachung das Risiko einer verminderten Ausführungsqualität steigt. In diesem Zusammenhang weisen Sie daraufhin, dass der Einsatz von „eigenem erfahrenden“ Überwachungspersonal von Bedeutung ist.
Aus Sicht des Autors dieses Beitrages ist die oft beklagte schlechte Ausführungsqualität im kommunalen Stadtstraßenbau auch eine Folge einer unzureichenden Bauüberwachung. Ob diese zwangsläufig immer mit eigenem Personal durchzuführen ist, ist eine andere Frage und wird zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal aufgegriffen.
Aus den dargelegten Punkten ergibt sich zwingend, dass die Verantwortung für eine gute Ausführungsqualität eben nicht alleine beim Auftragnehmer liegt, sondern, dass der Auftraggeber in seinem Zuständigkeitsbereich eine erhebliche Verantwortung für diese Fragestellung hat. Gerade in Zusammenhang mit der Planung bzw. Ausführungsplanung ist der Straßenbaulastträger gefordert. Die von ihm zu verantwortende Planung muss (auch unter den schwierigen Rangbedingungen des Stadtstraßenbaus) bautechnisch umsetzbar sein. Hierbei gilt es, die Forderung nach der Einheit von Planung, Bau und Betrieb sicherzustellen. Hierauf wird in den Regelwerken der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) immer wieder verwiesen. Wesentlicher aber noch ist die Erkenntnis, dass ein Straßenbaulastträger die entsprechenden Aufgabenstellungen ohne eigene (übergreifende) Fachkompetenz nicht sach- und fachgerecht umsetzen kann.
Es bleibt festzuhalten, dass Qualitätssicherung mit der Planung beginnt. Der öffentliche Auftraggeber muss hierbei wissen, was er will und was er braucht. Um diese Fragen beantworten zu können, ist entsprechendes Fachpersonal zwingend erforderlich. Hier geht es darum, ein „übergreifendes fachtechnisches Arbeiten“ sicherzustellen (Wie wirken sich angedachte Planungen in der Praxis aus? Wie lassen sich die Planungen in Ausschreibungen und in der Praxis bautechnisch umsetzen?)
In Zusammenhang mit dem Thema Qualitätsmanagement bzw. Qualitätssicherung gibt es eine Vielzahl von grafischen Darstellungen, die die Thematik im Sinne eines Kreislaufes beschreiben (Bild 3). In Zusammenhang mit dem hier behandelten Thema soll im Folgenden auf den Umfang und die „Erwartete Qualität“ der Leistung eingegangen werden. Vielfach wird nicht berücksichtigt, dass diese durch den öffentlichen Auftraggeber ausreichend und erschöpfend zu definieren ist. Die „Erbrachte bzw. wahrgenommene Qualität“ wird später ebenfalls betrachtet.
Bild 3: Exemplarische Darstellung eines Kreislaufes zum Qualitätsmanagement [5]
4 Was sind die wichtigsten Aufgaben des Auftraggebers?
Aus Sicht des Verfassers lassen sich die für die Ausführungsqualität wichtigsten Aufgaben des öffentlichen Auftraggebers mit drei Punkten bzw. Stichworten zusammenfassen. Hierbei handelt es sich, um
- die Erstellung der Ausführungsplanung der Leistungsbeschreibung,
- die Durchführung der Bauüberwachung sowie
- die Abnahme der Bauleistung.
Die Abnahme der Bauleistung wurde bisher noch nicht angesprochen. Da der Umfang bzw. die Bedeutung der Abnahme vielfach jedoch unzureichend beachtet wird, wird am Ende des Abschnittes hierauf besonders eingegangen.
– Erstellung der Leistungsbeschreibung
Mit der Erstellung der Leistungsbeschreibung sind letztlich Fragen der Planung der Baumaßnahme verbunden. Planung, vor allem im Bereich des vorhandenen Bestandes, bezeichnet in diesem Zusammenhang in der Regel jedoch nicht mit der Wahl der „richtigen“ Entwurfsparameter, sondern umfasst die angedachte straßenbautechnische Planung. Hierbei geht es übergreifend um die Wahl der „richtigen“ Bauweisen und Bauverfahren sowie um eine „praktikable“ Bauabwicklung.
Vor dem Hintergrund der eingangs beschriebenen allgemeinen Randbedingungen für den Stadtstraßenbau geht es bei der Wahl des Oberbaus und der Bauweise darum, eine fehlerunanfällige und langlebige Konstruktion auszuschreiben. In den Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO) werden in Abhängigkeit von den Belastungsklassen (bisher Bauklassen) verschiedene Konstruktionen gleichwertig gegenübergestellt [6]. Wegen der beengten Verhältnisse und dem in der Regel vorhandenen Zeitdruck, bietet es sich im Stadtstraßenbau an, eine Bauweise mit möglichst wenigen Schichten zu wählen.
Für den Bereich des Asphaltstraßenbaus stellt sich in der Folge die Frage der Ausschreibung einer zweckmäßigen Asphaltmischgutart und -sorte. In den Zusätzlichen Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Fahrbahndecken aus Asphalt (ZTV Asphalt-StB) sind in den Tabellen 1 und 2 (Bilder 4 und 5) in Abhängigkeit von der Verkehrsbelastung zweckmäßige Asphaltmischgutarten und -sorten angegeben [7]. Hier hat der Ausschreibende eine dem Verwendungszweck (Stadtstraßenbau) entsprechende Kombination festzulegen. In der Praxis steht an dieser Stelle häufig die Entscheidung zwischen einer Walzasphaltdeckschicht aus Splittmastixasphalt oder Asphaltbeton an. Anhand des folgenden Beispiels soll deutlich werden, dass hier fehlerhafte Entscheidungen zu gravierenden Fehlentwicklungen führen können.
Bild 4: Zweckmäßige Asphaltmischgutart und Asphaltmischgutsorte in Abhängigkeit von der zu erwartenden Beanspruchung (Darstellung der Tabelle 1 aus den ZTV Asphalt-StB 07)
In einer Kleinstadt sollte zum Abschluss von Bauarbeiten in der Innenstadt (Fußgängerzone) zur Herstellung des Oberbaus eine Asphaltdeckschicht aus Splittmastixasphalt mit einem polymermodifizierten Bindemittelverwendet eingebaut werden. Wegen der hohen Belastung durch den Lieferverkehr wurde die Fahrbahn (Bauklasse III bzw. IV) mit dem „Asphalt für alle Fälle“ hergestellt. Zu den weiteren Randbedingungen ist zu anzumerken, dass wegen der beengten Verhältnisse und wechselnder Bauweisen (zusätzlicher Einbau von Pflasterfeldern) sowie verschiedener Einbauten für Bepflanzungen ein Walzeneinsatz nur schwer möglich war.
Bild 5: Zweckmäßige Bindemittelart und Bindemittelsorte in Abhängigkeit von der zu erwartenden Beanspruchung (Darstellung der Tabelle 2 aus den ZTV Asphalt-StB 07)
Daher waren erhebliche Bereiche im Handeinbau zu erstellen. Außerdem wurde die Maßnahme (planmäßig) im November umgesetzt.
Kurz nach der Fertigstellung traten Schäden an der Asphaltdeckschicht auf (Ausbrüche, raue Oberflächen, zu hohe Hohlraumgehalte, unzureichender Verdichtungsgrad). Aus straßenbautechnischer Sicht wäre hier der Einbau einer Asphaltdeckschicht aus Asphaltbeton vor dem Hintergrund der örtlichen Randbedingungen sehr viel zweckmäßiger gewesen. An dieser Stelle sei auch erwähnt, dass die ausführende Firma bei den vorliegenden Bedingungen gegen die Ausschreibung hätte aus bauvertraglicher Sicht Bedenken anmelden müssen. Festzuhalten bleibt jedoch, dass hier eine für diesen konkreten Anwendungsfall unzweckmäßige Bauweise gewählt wurde.
Hierzu sei noch einmal darauf hingewiesen, dass nicht die Bauweise Splittmastixasphalt im Stadtstraßenbau allgemein ungeeignet ist, sondern, dass sie unter den gegebenen Randbedingungen nicht zweckmäßig war. Häufig wird in derartigen Fällen der „Bauweise“ die „Schuld“ für die eingetretene Situation gegeben. Diese ist jedoch nicht für den fehlerhaften Einsatz verantwortlich. Das straßenbautechnische Regelwerk stellt dem Anwender eine Vielzahl von Bauweisen und Bauverfahren zur Verfügung. Die richtige Anwendung setzt jedoch technisches Fachwissen und Fachpersonal voraus.
Widersprüche in der Leistungsbeschreibung sind eine weitere Ursache für eine unzureichende Ausführungsqualität. In [8] wurde eine Auswertung von Kontrollprüfungen an wiederherstellten Fahrbahnbefestigungen vorgenommen. Insgesamt wurden für verschiedene Untersuchungszeiträume über 350 Kontrollprüfungen ausgewertet. Im Bild 6 ist ein zusammenfassendes Ergebnis angegeben. Es zeigt sich, dass im 1. Untersuchungszeitraum knapp 90 % der untersuchten Wiederherstellungen einen oder mehrere Mängel aufwiesen. Im 2. Untersuchungszeitraum reduzierte sich der mangelbehaftete Anteil auf 62 %. Vor dem Hintergrund der hier geführten Diskussion ist zu beachten, dass bei 66 % bzw. 41 % der Flächen falsche Baumaterialien verwendet wurden. Der Einsatz bzw. die Auswahl der unzulässigen Baumaterialien ergab sich unter anderem aufgrund von Widersprüchen im Bauvertrag.
Bild 6: Darstellung der prozentualen Anteile mangelfreier bzw. mangelbehafteter wiederhergestellter Verkehrsflächen in Abhängigkeit vom Untersuchungszeitraum [8]
– Durchführung der Bauüberwachung
Eine fachkundige und angemessene Bauüberwachung leistet nach Auffassung des Verfassers einen wesentlichen Beitrag zur Qualitätssicherung im Bauwesen. Wegen der besonderen Randbedingungen hat die Bauüberwachung im kommunalen Straßenbau eine besondere Bedeutung. Was ist an dieser Stelle für die Qualitätssicherung wichtig? In den ZTV Asphalt-StB 07 finden sich eine Reihe von Hinweisen hierzu. Für die Qualitätssicherung ist es z. B. von Bedeutung, ob die erforderlichen Eignungsnachweise vorliegen, mit welchen Temperaturen das Asphaltmischgut angeliefert und eingebaut wird, welche Einbaubedingungen insgesamt vorliegen und ähnliches mehr. Wesentlich ist dabei, dass die Bauüberwachung zum richtigen Zeitpunkt auf der Baustelle anwesend ist. Vor dem Hintergrund der angespannten personellen Situation der Straßenbaulastträger ist sich der Verfasser bewusst darüber, dass eine vollständige und lückenlose Bauüberwachung gerade im kommunalen Bereich heute eher der Ausnahmefall ist. Gerade vor diesem Hintergrund sollten Bauüberwacher sich auf das „Kerngeschäft“ (Anwesenheit auf der Baustelle, Erfassung und Dokumentation von qualitätsrelevanten Daten) konzentrieren. Wesentlich ist dabei zum richtigen Zeitpunkt, das heißt bei den wesentlichen Gewerken vor Ort zu sein. Selbstverständlich ist auch der Einbau einer Asphalttragschicht wichtig. Aber bedeutender für den Auftraggeber ist der Einbau der Asphaltdeckschicht, da diese sowohl den Substanz- als auch den Gebrauchswert einer Straße beeinflusst und damit für die Dauerhaftigkeit von Bedeutung ist. Hinzu kommt, dass die Eigenschaften der Fahrbahnoberfläche (z. B. Ebenheit und Griffigkeit) in der Folge von den Kunden des Baulastträgers (das heißt den Bürger) genutzt (und im Zweifel auch hinterfragt) werden und daher von besonderem Interesse sind.
Die immense Bedeutung der Bauüberwachung für den Straßenbaulastträger wird leider zunehmend unterschätzt bzw. wird fataler Weise von den entsprechenden Entscheidungsträgern (das heißt von den Personalverantwortlichen bzw. von den für die Bewirtschaftung von Personal verantwortlichen) vollkommen falsch eingeschätzt.
Das in der Praxis im Zuge von Umstrukturierungen zum Teil leider übliche vollständige
„outsourcen“ der Bauüberwachung ist aus Sicht des Verfassers eine fehlerhafte Entwicklung mit erheblichen negativen Folgen für den Straßenbaulastträger.
Selbstverständlich ist es, wie schon dargelegt, heute kaum noch möglich die erforderliche Ausführungsplanung und Bauüberwachung komplett mit eigenen (beim Straßenbaulastträger) beschäftigten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern abzuwickeln. In der Regel wird es zur Erarbeitung von Ausführungsplanungen notwendig sein, entsprechende fachkundigen Ingenieurbüros zu beauftragen. Zur Abdeckung von Arbeitsspitzen ist es selbstverständlich auch erforderlich, Ingenieurbüros mit der Übernahme von Bauüberwachungsaufgaben zu beauftragen. Bei den in den kommenden Jahren anstehenden Bauaufgaben müssen sich die entsprechenden Ingenieurgesellschaften sicher auch keine Sorgen um entsprechende Beauftragungen machen. Eine vollständige Vergabe der Bauüberwachung wird jedoch zwangsläufig zu einem Verlust von fachtechnischen Kenntnissen innerhalb des Straßenbaulastträgers führen. In der Folge wird der Eigentümer der Straße deren Zustand und Qualität nicht mehr bewerten und beurteilen können. Der Eigentümer der Straße weiß irgendwann nicht mehr, was er braucht und was er will. Außerdem wird er nicht mehr bewerten können, was er bekommen hat. Er wird jedoch als Eigentümer der Straße (und der Eigentümer wird immer eine öffentliche Institution sein) „lebenslang“ für die Straße verantwortlich bleiben. In diesem Zusammenhang sei noch einmal auf das Bild 3 verwiesen. Ob die „erbrachte“ und „wahrgenommene“ Qualität wirklich dem entspricht, was der Eigentümer wollte, muss von diesem auch beurteilt werden können.
Zu beachten ist außerdem, dass die Vergabe von entsprechenden Ingenieurverträgen für die Bauüberwachung nicht „personalneutral“ möglich ist. Erfahrungsgemäß erfordert die Vergabe von Ingenieurleistungen an Ingenieurbüros eine begleitende zusätzliche verwaltende Tätigkeit in einem Umfang von mindestens 30 % der vergebenden Leistung. Hierunter sind unter anderem die Ausschreibung, Vergabe und Abwicklung des Ingenieurvertrages zu verstehen. Hinzu kommen selbstverständlich die notwendige Beurteilung und Kontrolle der erbrachten Leistungen. In Zusammenhang mit möglichen Personalreduzierungen, ist dieser Aspekt unbedingt zu beachten. Gerade die Beurteilung und Kontrolle der ausgeführten Leistungen erfordern eigenes fachkundiges Personal.
Nach Auffassung des Verfassers ist ein Mix aus überwiegend bauherreneigener und zugekaufter Bauüberwachung zur Wahrung der Aufgaben des Straßenbaulastträgers eine sinnvolle Aufgabenteilung. Ein Bauherr der wesentliche Teile seiner bauüberwachenden Funktion nicht mehr selber erbringt, wird seiner Aufgabe letztlich nicht mehr gerecht und verliert auf Dauer den fachlichen Bezug zu seinem Bauwerk. Die Einheit von Planung, Bau und Betrieb die vielfach vehement gefordert wird, wäre so nicht mehr gewährleistet. Rückschlüsse für zukünftige Planungen und Ausschreibungen bleiben dem Straßenbaulastträger zwangsläufig verwehrt.
Vor diesem Hintergrund ist festzustellen, dass die Bauüberwachung eine zentrale Aufgabe des Bauherren ist und vor den dargelegten Überlegungen auch eine „hoheitliche Aufgabe“ ist.
– Abnahme der Bauleistung
Die Abnahme der Bauleistung ist gemäß den Festlegungen der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB) [9] für beide Vertragspartner von grundlegender Bedeutung (siehe § 12 VOB/B). Daraus folgt, dass auch alle Regelungen, die in Zusammenhang mit der Abnahme stehen zu beachten sind. Das Bild 7 enthält einen entsprechenden Auszug aus den ZTV Asphalt-StB. Hieraus ergibt sich, dass Kontrollprüfungen Prüfungen des Auftraggebers sind, um festzustellen, ob die Güteeigenschaften der Baustoffe, Baustoffgemische und der fertigen Leistung den vertraglichen Anforderungen entsprechen. Art, Umfang und Probenahme der Kontrollprüfung regeln die ZTV Asphalt-StB. Wesentlich ist dabei die Festlegung, dass die Ergebnisse der Kontrollprüfungen der Abnahme zu Grunde zu legen sind. Das heißt die Ergebnisse sind wesentliche Grundlage (bzw. Voraussetzung) für die Abnahme und die Abrechnung.
Bild 7: Auszug aus den ZTV Asphalt-StB 07
Der Verfasser stellt zunehmend fest, dass die dargelegte Bedeutung der Kontrollprüfungen im bauvertraglichen Kontext vielen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des öffentlichen Auftraggebers nicht bewusst ist. Diese Erfahrung ergibt sich aus einer Vielzahl von Seminarveranstaltungen (Teilnehmerinnen und Teilnehmer kamen aus dem Bereich von Bauunternehmen und öffentlichen Bauverwaltungen), die der Verfasser in den letzten Jahren durchgeführt hat. Von den dort befragten kommunalen Vertretern der Straßenbaulastträger führen ca. 2/3 (!!!) keine Kontrollprüfungen durch. Der Mehrzahl der Befragten sind die beschriebenen bauvertraglichen Zusammenhänge nicht bekannt und bewusst. Als weitere Gründe dafür Kontrollprüfungen nicht durchzuführen, werden häufig folgenden Punkte genannt:
- „... fehlende Haushaltsmittel …“
- „… neue Asphaltdeckschichten sollen auf Wunsch der politischen Entscheidungsträger nicht beschädigt werden …“
- „… da nur gute Firmen beauftragt würden, seien Kontrollprüfungen nicht notwendig … „
- „… fachliche Vorgesetzte legen keinen Wert darauf …“
- „… Umfang der in den ZTV aufgeführten Prüfungen ist für den Stadtstraßenbau ungeeignet …“
- „… Schwierigkeiten mit Anliegern, die eine gegebenenfalls erforderliche Mangelbeseitigung kurz nach Abschluss einer Baumaßnahme nicht nachvollziehen können …“
Seltener (aber kein Einzelfall) wird als Begründung für den Verzicht auf Kontrollprüfungen ausgeführt, dass man durch eine derartige Prüfung den Auftragnehmer ja kontrollieren würde. Dies würde ein Misstrauen gegenüber dem Auftraggeber zum Ausdruck bringen und daher die vertrauensvolle Zusammenarbeit belasten.
Der Verfasser hat lange überlegt, ob er diese innerhalb der Seminare genannten Beweggründe veröffentlicht. Er legt Wert auf die Feststellung, dass es ihm nicht darum geht, die fehlenden Kenntnisse, um die Bedeutung von Kontrollprüfungen bzw. die aufgeführten Gründe für deren Verzicht ins Lächerliche zu ziehen. Es geht ihm vielmehr darum, auf diesen Missstand, der für den Straßenbaulastträger von erheblicher Bedeutung ist, hinzuweisen.
Im Folgenden soll die Bedeutung der Kontrollprüfungen für die Qualitätssicherung noch einmal herausgearbeitet werden.
Die Kontrollprüfungen bilden in Verbindung mit der Bauüberwachung einen entscheidenden Beitrag zur Erfüllung der Pflichten, die der Straßenbauverwaltung entsprechend den gesetzlichen Grundlagen und den technischen Regelwerken obliegen. Die Verpflichtung des Auftraggebers zur Durchführung ergibt sich nach Auffassung des Verfassers aus dem Haushaltsrecht. In der Regel führt ein Versäumnis zur entsprechenden Prüfungsbeanstandung der vorgesetzten Dienststellen bzw. der Rechnungsprüfungsämter. Die in den technischen Regelwerken (im Richtlinienteil) empfohlene Anzahl an Prüfungen stellt einen Umfang dar, der gegebenenfalls im Stadtstraßenbau modifiziert werden muss.
Bei den angeblich oder auch tatsächlich knappen finanziellen Mittel für Kontrollprüfungen wird jedoch nicht beachtet, dass diese Mittel, die angeblich „eingespart“ werden, im Vergleich zu den Ansprüchen, die dem Auftraggeber verloren gehen, falls er auf die Kontrollprüfungen verzichtet, in keinem Verhältnis stehen.
Die folgende Aufzählung zeigt beispielhaft, welche Konsequenzen sich ergeben, wenn ein Auftraggeber eine Abnahme ohne Kontrollprüfung durchführen würde:
- Umkehr der Beweispflicht für den Auftraggeber bei auftretenden Mängeln,
- Gefahrenübergang auf den Auftraggeber ist erfolgt,
- nicht vorbehaltene Ansprüche gehen verloren,
- volle Vergütung für Leistung unbekannter Qualität,
- Verzicht auf eine erforderliche Nachbesserung mögliche Abzüge.
Daher sind in den einschlägigen Regelwerken konsequenterweise Kontrollprüfungen in Verbindung zur Abnahme zu sehen. Während die „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau“ (ZTV E-StB) [10] Fragen des Erdbaus (z. B. Anforderungen an das Planum) behandeln, werden in den „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau“ (ZTV SoB-StB) [11] Anforderungen an Frostschutzschichten sowie Kies- und Schottertragschichten geregelt. Da sehr viele Bau- oder Sanierungsmaßnahmen im Stadtstraßenbau nicht in den „ungebundenen“ Bereich eingreifen, ist die Bedeutung der Qualitätsmerkmale (Verdichtungsgrad, Verformungsmodul) im Bereich des Erdbaus und der Schichten ohne Bindemittel nicht ausreichend bekannt. Aber gerade hier ergeben sich bei Nichtbeachtung (z. B. unzureichende Tragfähigkeit des Untergrundes) erhebliche Risiken für den Auftraggeber. Umfangreiche und sehr häufig berechtigte Nachtragsforderungen von Seiten des Auftragnehmers sind die Folge. Derartige Nachtragforderungen sind nur durch eine konsequente Qualitätssicherung von Anfang an zu vermeiden. Hier sind vor allem die entsprechenden Kontrollprüfungen (z. B. Plattendruckversuche) durchzuführen.
Von Seiten des Auftraggebers werden Kontrollprüfungen auch mit der Begründung unterlassen, dass das straßenbautechnische Regelwerk in Bezug auf die bauvertraglichen Anforderungen sich eher am überörtlichen Straßenbau orientiert. Als Begründung wird die Festlegung angeführt, dass zum Beispiel im Asphaltstraßenbau nur eine Probe je 6.000 m² angefangene Fahrbahnfläche, pro Schicht vorgesehen ist. Hierbei wird aber nicht berücksichtigt, dass der Auftraggeber immer das Recht hat, Kontrollprüfungen nach seinem Ermessen zu veranlassen. Innerorts ist es in der Regel sinnvoll, Ergebnisse von Kontrollprüfungen kleineren Flächen zuzuordnen. Denkbar ist folgendes Vorgehen:
- eine Kontrollprüfung je Tagesleistung,
- Anzahl der Kontrollprüfungen abhängig von der Geometrie und Lage,
- bei Maßnahmen der Instandhaltung oder Instandsetzung (häufig über „Jahresverträge“ geregelt) Festlegung einer eigenen Prüfsystematik, B. jede x. Maßnahme eine unangekündigte Kontrollprüfung.
Die Aufstellung zeigt, dass für den Stadtstraßenbau losgelöst von den Festlegungen der ZTV Asphalt-StB durchaus sinnvolle Regelungen zur Durchführung von Kontrollprüfungen getroffen werden können.
Die Übertragung der Durchführung der Kontrollprüfung auf den Auftragnehmer (wie von Kommunen immer wieder praktiziert) ist als sehr problematisch anzusehen (Auswahl der Prüfstelle, Unabhängigkeit, bauvertragliche Auswirkungen (Kontrollprüfung ist Voraussetzung für Abnahme)). Prüfstellen, die Kontrollprüfungen durchführen, müssen nach den „Richtlinien für die Anerkennung von Prüfstellen für Baustoffe und Baustoffgemische im Straßenbau“ (RAP Stra) [12] zugelassen sein.
Häufig wird, wie schon erwähnt, die Tatsache, dass die Festlegungen im technischen Regelwerk den Fokus nicht direkt auf den Stadtstraßenbau liegen von Fachkolleginnen und -kollegen aus dem kommunalen Bereich kritisiert. Aus den Ausführungen wird jedoch deutlich, dass im Stadtstraßenbau nicht alle klassischen Prüfungen durchgeführt werden müssen. Anpassungen und alternative Vorgehensweisen sind möglich und werden vom FGSV-Regelwerk ausdrücklich zugelassen.
In Bezug auf das Bild 3 sei darauf hingewiesen, dass der Kreislauf im Zuge des Qualitätsmanagements die Betrachtung und Beurteilung der „erbrachten bzw. wahrgenommenen Qualität“ vorsieht. Kontrollprüfungen leisten hierzu einen wesentlichen Beitrag. Die Verpflichtung zur Durchführung von Kontrollprüfungen ist seit Jahrzehnten im straßenbautechnischen Regelwerk verankert. Bei Überlegungen zur Einführung von Systemen zum Qualitätsmanagement muss also nicht alles neu erfunden werden. Ergänzend sei auf weitere Veröffentlichungen zu dem beschriebenen Themengebiet hingewiesen [13, 14].
5 Projektarbeit der FH Münster
An der FH Münster wurde im Jahr 2010 in Zusammenarbeit mit dem Tiefbauamt der Stadt Münster im Rahmen einer Projektarbeit von Studierenden die Problematik der Kontrollprüfungen im Stadtstraßenbau aufgegriffen.
Im Ergebnis wurde als studentische Arbeit ein „Leitfaden zur Anwendung von Kontrollprüfungen im kommunalen Straßenbau“ erarbeitet [15].
Hierbei wurden zunächst alle denkbaren Kontrollprüfungen der häufig verwendeten technischen Regelwerke getrennt nach den entsprechenden Bauweisen in tabellarischer Form zusammengefasst. Anschließend wurden Möglichkeiten zur sinnvollen und zweckmäßigen Komprimierung und Reduzierung des Prüfumfangs diskutiert. Innerhalb der Diskussion wurden unter anderem folgende Kriterien behandelt:
- eine Kontrollprüfung je Tagesleistung,
- Kontrollprüfungen je Bauloslänge,
- Kontrollprüfungen je Einbaufläche,
- Umgang mit Jahresverträgen usw.
Im Bild 8 ist das Ergebnis dieser Diskussion zusammenfassend dargestellt. Die gegebenenfalls durchzuführenden Kontrollprüfungen sind in Abhängigkeit von den gängigen Bauweisen und der Größe verschiedener Prüfflächen angegeben.
Bild 8: Zusammenfassung zweckmäßiger Kontrollprüfungen
Bei der Ausarbeitung der Studierenden wurde außerdem der Grundsatz verfolgt, im Zuge der praktischen Anwendung die Kontrollprüfungen auf besondere Schwachstellen bzw. auf das Wesentliche zu konzentrieren. Die ZTV Asphalt-StB sehen neben der Untersuchung der fertigen Leistung (Asphaltschichten) auch Asphaltmischgutuntersuchungen zur konzeptionellen Zusammensetzung des Asphaltes vor. Vor dem Hintergrund der beschriebenen Randbedingungen im Stadtstraßenbau ist dieses Vorgehen jedoch zu hinterfragen. Dies gilt vor allem, da sich einige Auftraggeber bei Kontrollprüfungen auf die Überprüfung der Zusammensetzung des Asphaltes konzentrieren. Die Qualität der fertigen Leistung (z. B. Verdichtungsgrad, Hohlraumgehalt), die anhand von Bohrkernen überprüft wird, wird dagegen in vielen Fällen nicht untersucht. Dieses Vorgehen wird damit begründet, dass man eine neue Asphaltdeckschicht nicht durch die erforderliche Bohrkernentnahme schädigen möchte. Hierzu ist anzumerken, dass aus den Untersuchungen zur Asphaltmischgutzusammensetzung sich sicher interessante Rückschlüsse auf die Qualität des Asphaltmischgutes ziehen lassen. Zur Beurteilung der Qualität einer Asphaltdeckschicht sind Informationen über die Raumdichten, den Hohlraumgehalt und den erreichten Verdichtungsgrad jedoch wichtiger und aussagekräftiger.
Im Bereich der ungebundenen Schichten bzw. der Wiederherstellung von Fahrbahnoberflächen infolge von Aufgrabungen bzw. im Zuge der Verlegung von Versorgungsleitungen liegt ein wesentlicher Aspekt sicher in der Ermittlung der Verformungsmodule.
Nach Abschluss dieser Projektarbeit wurde im Jahr 2011 vom Tiefbauamt der Stadt Münster entsprechende Excel-Arbeitsblätter entwickelt. In dieser wurde für die verschiedenen in Münster relevanten Bauweisen der Prüfumfang für Eigenüberwachungs- und Kontrollprüfungen in Abhängigkeit von der Größe des Bauloses festgelegt. Das Bild 9 zeigt dies exemplarisch für die Pflasterbauweise.
Bild 9: Zusammenfassung zweckmäßiger Eigenüberwachungs- und Kontrollprüfungen
Insgesamt wurden für die Bereiche
- Asphaltoberbau,
- hydraulisch gebundene Schichten,
- ungebundene Pflasterdecken,
- Schichten ohne Bindemittel,
- Erdbau und
- Geotextilien
entsprechende Tabellen erarbeitet. Außerdem wurden für die mit dem Themenbereich befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter Prozessbeschreibungen (liegen derzeit im Entwurf vor) erstellt. Diese enthalten Informationen, die schon im Zuge der Planung und Erstellung der Ausschreibungsunterlagen angewendet werden können. Außerdem wurden entsprechende Verantwortlichkeiten festgeschrieben.
Beispielhaft sei hier der Umgang mit dem Thema „Eigenüberwachungsprüfungen“ genannt. Diese sind entsprechend dem auszuführenden Gewerk zu beschreiben und in das Leistungsverzeichnis aufzunehmen. Dies ist notwendig, da der Prüfumfang für den Auftragnehmer gegenüber den Festlegungen im technischen Regelwerk maßnahmenbezogen angepasst wird und somit der Aufwand in die Einheitspreise einkalkuliert werden muss.
Zusätzlich finden sich dort Arbeitsanweisungen (zum Teil im Entwurf vorliegend/zum Teil schon in die Praxis umgesetzt), die folgenden Themen betreffen:
- Umgang Einforderung von Eignungsnachweisen und Dokumentation in der Bauakte,
- Anforderungen, die über die getroffenen Festlegungen hinausgehen, sind vom Ausschreibenden bzw. der Bauaufsicht in das Leistungsverzeichnis aufzunehmen,
- Umgang mit Eigenüberwachungsprüfungen, die gemeinsam von Auftraggeber und Auftragnehmer durchgeführt und dann als Kontrollprüfung anerkannt werden,
- Festlegungen zur Organisation von Kontrollprüfungen, das heißt z. B. rechtzeitige (entsprechend dem Bauablauf) Durchführung bzw. Beauftragung von Kontrollprüfungen,
- Festlegungen zum Umgang mit unzureichenden Prüfergebnissen (innerhalb der Bauphase):
- Abstimmung der Vorgehensweise von Lösungsvorschlägen mit dem Auftragnehmer
- bei erheblichen finanziellen qualitativen Folgen oder zeitlichen Verzögerungen Vorgesetzte informieren,
- Umgang der Bauaufsicht mit nicht ausreichender Ausführungsqualität in der Bauphase (z. B. gegebenenfalls zusätzliche Prüfungen veranlassen)
- Festlegung zum Umgang mit Prüfergebnissen nach Abschluss und Abrechnung der Maßnahme:
- Bauakte und Prüfergebnisse werden im Sinne der „internen“ Qualitätssicherung aufbereitet und hinterfragt,
- Umgang mit gegebenenfalls am Ende der Verjährungsfrist für Mängelansprüche erforderlichen Prüfungen.
Wesentliche Vorteile der Prozessbeschreibung liegen darin, dass folgende Punkte sichergestellt sind:
- alle betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter handeln gemäß einem „roten Faden“,
- alle Auftragnehmer werden gleich behandelt,
- die Einarbeitung neuer oder bisher mit anderen Aufgaben befassten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter wird vereinfacht,
- schon während der Planung und Ausschreibung bzw. während der Ausführung werden rechtzeitig alle erforderlichen Maßnahmen zur Durchführung von Kontrollprüfungen veranlasst.
Diese Festlegungen wurden von einer internen Arbeitsgruppe des Tiefbauamtes erstellt. Um Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die an diesem Prozess nicht beteiligt waren, den fachtechnischen und bauvertraglichen Hintergrund zu erläutern, wurde ein „Leitfaden“ mit Anweisungen zur Einordnung der Maßnahmen erstellt. Dieser erläutert nachvollziehbar den Umgang der Festlegungen zu den entsprechenden Eigenüberwachungs- und Kontrollprüfungen sowie die Hintergründe für diese Festlegungen. Im Jahr 2012 wurden die erarbeiteten Unterlagen testweise angewandt. Nach den ersten Erfahrungen soll ab dem Jahr 2013 schrittweise die Umsetzung in den Bauverträgen erfolgen. Die beschriebene Vorgehensweise führt dazu, dass das Tiefbauamt der Stadt Münster im Sinne der Qualitätssicherung baustofftechnische Fragestellungen aktiv begleitet. So werden schon vor der Ausführung von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, die mit der Abwicklung/Bauüberwachung der Baumaßnahmen befasst sind, Prüfpläne erarbeitet. Das Bild 10 zeigt exemplarisch einen solchen Prüfplan.
Bild 10: Exemplarische Darstellung eines auf eine Baumaßnahme bezogenen Prüfplans
6 Fazit
Im Rahmen dieses Beitrages wurden Überlegungen zur Qualitätssicherung beim Bau kommunaler Straßen angestellt. Hierbei wurde der Frage nachgegangen, wie eine ausreichende Ausführungsqualität bzw. die Qualitätssicherung beeinflusst werden kann. Neben den Aspekten, die das ausführende Unternehmen in diesem Zusammenhang in einem Zuständigkeitsbereich eigenverantwortlich sicherzustellen hat, liegt beim öffentlichen Auftraggeber eine erhebliche Verantwortung für die Qualitätssicherung. Vor dem Hintergrund der Forderung nach der Einheit von Planung, Bau und Betrieb trägt der Straßenbaulastträger im Zuge seiner Pflicht eine sach- und fachgerechte Planung und vor allem Ausführungsplanung zu erstellen, eine große Verantwortung. Diese Planungen müssen zweckmäßig und vor allem bautechnisch umsetzbar sein. Daher müssen die „richtigen“ Bauweisen, Baustoffe und Bauverfahren ausgeschrieben und realistische Ausführungsfristen angesetzt werden. Im Sinne einer bewusst durch den öffentlichen Auftraggeber gesteuerten Qualitätssicherung ist eine sinnvolle Bauüberwachung notwendig. Diese besteht nicht darin, auf der Baustelle körperlich anwesend zu sein, sondern darin, aktiv den Fokus auf schwierige und für die Qualität wesentliche Gewerke legend, den Bauablauf als Partner der ausführenden Unternehmen zu begleiten. Hierzu gehört neben einer Reihe von notwendigen Aufgaben zur Dokumentation des Baulaufes die Durchführung und Veranlassung von zweckmäßigen, der kommunalen Situation angepassten Kontrollprüfungen. Ein nachlässiger Umgang bzw. nicht durchgeführte Kontrollprüfungen beeinflussen bzw. verzerren letztlich auch den Wettbewerb zwischen den beteiligten Unternehmen. In Bezug auf die Kosten, die für Kontrollprüfungen anfallen, ist davon auszugehen, dass diese lediglich ca. häufig 1 bis 2 % der jeweiligen Baukosten ausmachen. Vor dem Hintergrund dieser Größenordnung erübrigt sich jede weitere Diskussion über die Kosten und den Nutzen von Kontrollprüfungen.
Ein Straßenbaulastträger wird sich z. B. zur Erledigung von Arbeitsspitzen immer externer Fachbüros bedienen. Auch für Bauwerke oder Gewerke, die er nur sehr selten erstellen lässt (z. B. Tunnel), ist eine vorrangige Einbindung von Fachbüros selbstverständlich. Ein Baulastträger, der aber zur sach- und fachgerechten Planung, Ausschreibung und Bauüberwachung über kaum oder kein eigenes Fachpersonal mehr verfügt, wird seiner sich letztlich aus den Festlegungen des Grundgesetztes und den entsprechenden Straßengesetzen der Länder ergebenden Verpflichtungen nicht mehr gerecht.
Nach Auffassung des Verfassers sind sich viele (vor allem politische und fachtechnisch verantwortliche) Entscheidungsträger ihrer diesbezüglichen Verantwortung nicht bewusst. Ein nachlässiger Umgang mit den genannten Punkten und Verantwortlichkeiten wird den weiteren Verfall der straßenbautechnischen Infrastruktur zur Folge haben. Deren erste „spektakuläre“ Auswirkungen, die derzeit, z. B. in Zusammenhang mit verkehrsbeschränkenden Maßnahmen auf Brücken, von der Bevölkerung und der Politik staunend und verärgert zur Kenntnis genommen werden, werden sich auf dramatische Weise fortsetzen.
Vielfach angestellte Überlegungen zur Einführung von „neuen“ Systemen zum Qualitätsmanagement sind bei konsequenter Anwendung der vorhandenen Regelwerke nicht notwendig. Dieses lässt für den Stadtstraßenbau (z. B. für Kontrollprüfungen) sinnvolle Anpassungen und Modifikationen zu.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass beim Straßenbaulastträger eine erhebliche Verantwortung für die Qualitätssicherung liegt. Er muss sich dieser Verantwortung bewusst sein und gerecht werden können. Hierzu benötigt er die entsprechenden Werkzeuge. Dies sind eine ausreichende personelle Ausstattung sowie die finanziellen Mittel zur Umsetzung der erforderlichen Baumaßnahmen.
7 Literaturverzeichnis
- Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 11/2012 des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung ARS 11/2012 vom 8. 8. 2012, Änderungen und Ergänzungen des Technischen Regelwerkes Asphaltstraßen, StB 27/7182.8/3-ARS-12/11/1753016, Bonn
- Großmann, A.; Thormann, W.; Kugele, W.: Erhaltungsmanagement für kommunale Straßen, Herausgeber: ADAC e. V., Ressort Verkehr, 2. Auflage, 2012
- ADAC-Fachveranstaltung „Effizienz im kommunalen Straßenbau“ vom 20. 3. 2012 in Köln
- Gusia, P. J.; Großmann, F.: Ausführungsqualität von Stahlbeton- und Spannbetonbauwerken an Bundesfernstraßen, Beton- und Stahlbetonbau, 96. Jahrgang, 2001, Heft 4, Verlag Ernst & Sohn, Berlin
- Reußwig, A.: Qualitätsmanagement für Lichtsignalanlagen, Dissertation, TU Darmstadt, Januar 2005
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO 12), Ausgabe 2012, Köln, FGSV 499
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Fahrbahndecken aus Asphalt (ZTV Asphalt-StB), Ausgabe 2007, Köln, FGSV 799
- Weßelborg, H.-H.; Hülsbömer, M.: Wissenschaftliche Begleitung der Auswertung von Kontrollprüfungen an wiederhergestellten Straßenbefestigungen, Fachbereich Bauingenieurwesen an der Fachhochschule Münster, beauftragt durch Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf von Berlin (Tiefbauamt), Berliner Wasserbetriebe, Netzgesellschaft Berlin-Brandenburg mbh & Co.KG und Vattenfall Europe Netzservice GmbH, Februar 2013
- Vergabe- und Vertragssordnung für Bauleistungen (VOB), Ausgabe 2012, Deutscher Vergabe- und Vertragsausschuss für Bauleistungen (DVA), Geschäftsstelle beim Referat B 15 des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, Berlin
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau (ZTV E-StB), Ausgabe 2009, Köln, FGSV 599
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau (ZTV SoB-StB), Ausgabe 2004, Fassung 2007, Köln, FGSV 698
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für die Anerkennung von Prüfstellen für Baustoffe und Baustoffgemische im Straßenbau (RAP Stra), Ausgabe 2010, Köln, FGSV 916
- Leitfaden Qualitätssicherung im Straßenbau, Schriftenreihe des Bundesverbandes unabhängiger Prüfinstitute für bautechnische Prüfungen e. V. (bup), Heft 1, Fassung 2005
- Leitfaden für Planung, Bau und Erhaltung kommunaler Straßen und Flächen aus Asphalt (Entwurf), Deutscher Asphaltverband (DAV) e. V., Bonn, unveröffentlicht
- Leitfaden zur Anwendung von Kontrollprüfungen im kommunalen Straßenbau, Projektarbeit an der FH Münster in Zusammenarbeit mit dem Tiefbauamt der Stadt Münster, Sommersemester 2010, unveröffentlicht
|