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1 Einleitung
Für die bei der Feuchtsalzstreuung FS 30 und bei der reinen Flüssigstreuung FS 100 verwendeten Tausalzlösungen (Solen) werden im Straßenwinterdienst 3 verschiedene Arten von Taustoffen verwendet.
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Es handelt sich hierbei um:
– Kalziumchloridlösung
– Magnesiumchloridlösung
– Natriumchloridlösung
Letztgenannte wird häufig in Eigenherstellung mit hierfür vorhandenen Salzlöseanlagen produziert.
Bereits heute wird in Teilen Deutschlands die reine Flüssigstreuung FS 100 bei Präventiv- bzw. leichten Streueinsätzen als Standardverfahren eingesetzt. Es ist abzusehen, dass sich dieser Trend zukünftig verstärken wird und die Versorgungssicherheit von Tausalzlösungen nahezu die gleiche Bedeutsamkeit erhalten wird, wie die Versorgungssicherheit von Streusalzen.
2 Arten der Versorgungssicherheit
Bei der Realisierung einer Versorgungssicherheit von Tausalzlösungen muss immer ein sinnvoller Kompromiss zwischen einer absoluten Versorgungssicherheit und einer wirtschaftlichen Lösung gefunden werden.
Hierbei ist hervorzuheben, dass eine stetige Versorgung der Meistereien und Betriebshöfe mit Tausalzlösungen einen effizienten Winterdienst ermöglicht und somit auch einen Anteil zur Wirtschaftlichkeit beiträgt.
Tausalzlösungen können entweder direkt vom Lieferanten bezogen oder von der Meisterei bzw. Betriebshof mittels Salzlöseanlage selbst hergestellt werden.
Bei der Bezugsvariante ist es üblich, insbesondere bei Magnesium- oder Kalziumchloridlösung, die Tausalzlösung in einer höheren Konzentration zu beziehen und vor Ort mit einer Sole-Mix-Station auf die gewünschte Gebrauchslösung zu mischen.
Bei der Variante der Eigenherstellung wird zusätzliches Salz benötigt, um in Salzlöseanlagen Natriumchloridlösung herzustellen.
Häufig werden Eigenherstellung und die Bezugsvariante in Kombination eingesetzt.
Es muss bei einer anzustrebenden Versorgungssicherheit immer zwischen einer langfristigen Versorgungssicherheit, also über eine komplette Winterperiode und einer kurzfristigen Versorgungssicherheit, die für ein kurzzeitiges, aber sehr intensives Winterereignis gewährleistet sein muss, unterschieden werden.
3 Langfristige Versorgungssicherheit
Bei der langfristigen Versorgungssicherheit sollten bei der Lieferung von fertiger Sole, Lieferverträge so ausgestaltet sein, dass witterungsbedingte Schwankungen berücksichtigt werden, jedoch die benötigte Menge an Tausalzlösungen für einen Maximalwinter definitiv gedeckt wird.
Bei der Eigenherstellung von Tausalzlösungen ist der für die Herstellung benötigte Salzbedarf bei der Ausschreibung von Salzlieferverträgen zu berücksichtigen.
Generell kann sich bei der Ermittlung bzw. Festlegung der jeweiligen langfristigen Versorgungssicherheit an historischen Maximalwerten orientiert werden. Bei der Umstellung der Winterdienststrategie von einer reinen Feuchtsalzstreuung auf eine Kombination von Feuchtsalzstreuung und Flüssigstreuung, ergeben sich bei der langfristigen Versorgungssicherheit wesentliche Änderungen, die im Folgenden näher erläutert werden.
Wie bereits zuvor erwähnt, wird die Flüssigstreuung bei Präventiv- sowie leichten Streueinsätzen eingesetzt. Wobei die Anzahl dieser Art von Winterdiensteinsätzen jährlich relativ konstant ist. Maximalwinter sind dadurch geprägt, dass der Anteil der Räumeinsätze gegenüber den Streueinsätzen überproportional ansteigt, die Anzahl der Präventiveinsätze bleibt hiervon nahezu unberührt.
Man kann davon ausgehen, dass in einem Maximalwinter, der wiederum für die langfristige Versorgungssicherheit bemessungsrelevant ist, sich der Verbrauch an Tausalzlösung bei einem reinen Einsatz der Feuchtsalzstreuung FS 30 folgendermaßen aufteilt:
– Räumeinsätze: 60 %
– Streueinsätze (mittelstark – stark) 20 %
– Streueinsätze (präventiv und leicht) 20 %.
Räumeinsätze und mittelstarke bis starke Streueinsätze werden heute mit der Streutechnik FS 30 absolviert und können derzeit nicht durch den Einsatz von Flüssigstreuern ersetzt werden. Der Solebedarf für diese Einsätze bleibt somit auch nach einer flächendeckenden Einführung der Flüssigstreuung konstant.
Anders verhält es sich bei Präventiv- und leichten Streueinsätzen. Diese ehemaligen FS 30-Einsätze können wirtschaftlich sinnvoll durch die Flüssigstreuung FS 100 ersetzt werden.
Hierbei gilt gemäß „Praktische Empfehlung für ein effektives Räumen und Streuen im Straßenwinterdienst (FGSV)“, dass bei dem Verfahren FS 100 eine Sprühdichte von 15 g Sole pro m² Fahrbahnfläche einer Streudichte von 10 g/m² bei dem Verfahren FS 30 gleichzusetzen ist.
Bei einer Streudichte von 10 g/m² Fahrbahnfläche werden 7 g/m² Streusalz und 3 g/m² Sole aufgebracht. Vergleicht man den hierbei anfallenden Verbrauch an Tausalzlösung (3 g/m²) mit dem Verbrauch im Verfahren FS 100 (15 g/m²), so verfünffacht sich der Verbrauch an Tausalzlösung in dem zuvor genannten Einsatzbereich. In einem späteren Abschnitt wird erläutert, dass der Einsatz der Flüssigstreuung dennoch wirtschaftlich ist, da die Mehrkosten für Tausalzlösungen durch die Einsparungen an Streusalzen überkompensiert werden.
Die sich hieraus ergebende Entwicklung bezüglich des Jahresbedarfs an Tausalzlösungen wird in folgender Gegenüberstellung veranschaulicht:
Tabelle 1
Das bedeutet, dass sich der Bedarf an Tausalzlösungen durch die flächendeckende Einführung der Flüssigstreuung in einem Jahr bzw. einer Winterperiode rechnerisch um ca. 80 % erhöhen wird. Es kann also mit hoher Sicherheit davon ausgegangen werden, dass sich der Bedarf definitiv nicht mehr als verdoppeln wird, sofern im Präventiv- und leichten Streueinsatz 10 g/m² FS 30 durch 15 g/m² FS 100 kompensiert wird.
Folgendes Diagramm zeigt die zu erwartende Entwicklung des maximalen Soleverbrauchs am Beispiel der in Rheinland-Pfalz zu betreuenden BAB.
Bild 3
Darüber hinaus muss bei einer beabsichtigten Umstellung auf Eigenherstellung von Tausalzlösungen beachtet werden, dass der hierfür benötigte Salzbedarf einkalkuliert wird. Wird die reine FS 30-Streutechnik beibehalten, so erhöht sich der maximale Salzbedarf um knapp 9 % (rechnerisch 8,57 %) und kann über folgende Formel hergeleitet werden:
Formel in PDF
Wird darüber hinaus auch das Verfahren FS 100 eingeführt, erhöht sich der Maximalbedarf um ca. 16 % (9 % ● 180 %).
4 Kurzfristige Versorgungssicherheit
Die kurzfristige Versorgungssicherheit muss innerhalb eines relativ kurzen, aber über mehrere Tage andauernden, intensiven Winterereignisses gewährleistet sein. Die hierbei benötigte Lagerkapazität ist grundsätzlich davon abhängig, wie viel Fahrbahnfläche im Winterdienst zu bedienen ist und welche Versorgungssicherheit angestrebt wird.
Es ist zu empfehlen, dass eine Versorgungssicherheit für ein 3-tägiges intensives Winterereignis gegeben ist, da innerhalb dieser Zeitspanne eine Nachlieferung von Tausalzlösung bzw. eine Reparatur einer defekten Salzlöseanlage zu erfolgen ist.
Dementsprechend muss die Dimensionierung von Lagervolumen und Löseleistung erfolgen.
Der Solebedarf ist auch abhängig von der zu betreuenden Fahrbahnfläche bzw. Netzlänge. Es ist bei der Ermittlung der kurzfristigen Versorgungssicherheit von durchgängigen Räum- und Streueinsätzen auszugehen, die mit einer mittleren Streudichte von 20 g/m² durchgeführt werden. Die anzusetzende Einsatzhäufigkeit ist von der Straßenklasse abhängig.
Die FGSV hat hierfür folgende Orientierungswerte definiert, die für die Berechnung einer kurzfristigen Versorgungssicherheit in Abhängigkeit zur Straßenklasse herangezogen werden können:
Tabelle 2
Am Beispiel der Bundesautobahnen wird folgend die Herleitung der Tabellenwerte aufgezeigt:
15 Einsätze ● 20 g/m² = 300 g/m² FS 30
300 g/m² ● 30 % = 90 g Sole pro m².
Gemäß den Berechnungsansätzen sollte für eine durchschnittliche Autobahnmeisterei mit ca. 1,25 Mio. m² Fahrbahnfläche sollte eine kurzfristige Versorgungssicherheit von 112,5 t (1,25 Mio. m² ● 90 g/m²) Tausalzlösung vorhanden sein. 112,5 t entsprechen ungefähr 94.000 Liter Tausalzlösung als Gebrauchslösung.
Das erforderliche Volumen der Lagertanks ist bei einem planmäßigen Heruntermischen von Tausalzlösungen von der Art und Konzentration der Tausalzlösung abhängig und in der Regel ca. 30 bis 40 % geringer als der errechnete Bedarf an Gebrauchslösung.
Das Mindestlagervolumen von Einzeltanks (Stützpunkten) sollte wegen erforderlicher Nachlieferungen durch Tankzüge 30.000 Liter nicht unterschreiten.
Bei der Eigenherstellung von Tausalzlösungen mittels Salzlöseanlage muss die Löseleistung der Anlage entsprechend der kurzfristigen Versorgungssicherheit dimensioniert sein.
Die sich hieraus ergebende erforderliche Löseleistung sollte den Maximalbedarf eines Volleinsatztages decken.
Hierbei wird von folgenden Einsätzen bei der Berechnung eines möglichen Bedarfs auf BAB ausgegangen:
1 x Präventiveinsatz FS 100 (15 g/m²)
6 x Räum- und Streueinsatz FS 30 (6 g Sole /m²) bei 20 g/m² Streudichte.
Dementsprechend müssen 51 g Sole pro m² für einen maximalen Einsatztag zur Verfügung stehen.
Geht man anschließend wieder von einer zu bedienenden Fahrbahnfläche von 1,25 Mio. m² aus, so ergibt sich folgende erforderliche Löseleistung:
1.250.00 m2 ● 51 g Sole /m2 = 63,75 t pro Tag → 53.125 Liter
erforderliche Löseleistung = 53.125 Liter
erforderliche Löseleistung pro h = 2.700 Liter/h (bei 20h Lösezeit pro Tag).
5 Wirtschaftlichkeit
Die Eigenproduktion und die hiermit verbundene Ausstattung des Meistereigehöfts mit einer Salzlöseanlage, kann in den meisten Fällen als die wirtschaftlichste Variante betrachtet werden.
Zur Berechnung der Kosten selbst hergestellter NaCl-Tausalzlösung können folgende Annahmen getroffen werden.
Tabelle 3
Eine durchschnittliche Salzlöseanlage verursacht jährlich Strukturkosten bzw. fixe Kosten in Höhe von 5.075 Euro. Dieser Betrag ist abhängig von der Art der zu beschaffenden Salzlöseanlage. Bei Schnelllöseanlagen ist dieser Betrag, bedingt durch höhere Anschaffungskosten entsprechend größer anzusetzen.
Tabelle 4
Die variablen Kosten je m³ Gebrauchslösung liegen in diesem Rechenbeispiel bei 29,40 Euro. Je automatisierter ein Löseprozess ablaufen kann, desto geringer werden die hierbei anfallenden variablen Kosten.
Eine gut ausgelastete Salzlöseanlage eines Meistereigehöfts produziert bei dem Arbeitsverfahren FS 30 (bei Einsatz von FS 100 sind 80 % höhere Verbräuche zu erwarten) jährlich ca. 800 m³ Tausalzlösung. Berücksichtigt man diesen Durchschnittswert, so ergeben sich Gesamtkosten von 35,75 Euro für selbst hergestellte NaCl-Tausalzlösung.
Dieser im Beispiel errechnete Kostensatz ist von folgenden Faktoren abhängig:
– Bezugspreis Salz,
– Art der Salzlöseanlage,
– Umsatz der Salzlöseanlage (Streustoffverbrauch).
Daher kann der Kostensatz im Einzelfall variieren und unterliegt jährlichen Schwankungen. Gekaufte Sole ist in den meisten Fällen nicht günstiger zu erwerben.
Bei WD-Stützpunkten ist der jährliche Verbrauch geringer als auf dem Meistereigehöft. Bei geringen Verbräuchen stellt generell der Bezug von fertiger Sole die kostengünstigste Variante dar, wobei bei höheren Verbräuchen eine separate Salzlöseanlage auf dem Stützpunkt wirtschaftlich sein kann.
Im Bild 4 ist die Kostenfunktion einer mittels Salzlösestation hergestellten NaCl-Tausalzlösung grafisch dargestellt, aus der zuvor genannte Aussagen abgeleitet werden können.
Bild 4: Kostenfunktion einer mittels Salzlösestation hergestellten NaCl-Tausalzlösung
Bezüglich der Wirtschaftlichkeitsbetrachtung der Flüssigstreuung für den Präventiv- und leichten Streueinsatz kann nun Folgendes für den Fall eines Präventiveinsatzes einer kompletten Autobahnmeisterei mit 1,25 Mio. m² Fahrbahnfläche abgeleitet werden:
a.) Bisheriges Verfahren: FS 30 mit 10 g/m² Streudichte Verbrauch FS 30: 12,5 t FS 30 (1,25 Mio. m² ● 10 g/m²)
hiervon Salz: 8,75 t (12,5 t FS 30 ● 70 %)
hiervon Sole: 3,75 t (12,5 t FS 30 ● 30 %) Kostensatz Salz: 80 Euro/t
Kostensatz Sole: 31 Euro/t (35,75 Euro/m³ / 1,16 t/m³)
Kosten Salz: 700 Euro (8,75 t ● 80 Euro/t)
Kosten Sole: 116,25 Euro (3,75 t ● 31 Euro/t)
Gesamtkosten Präventiveinsatz mit FS 30: 816,25 Euro.
b.) Neues Verfahren: FS 100 mit 15 g/m² Sprühdichte
Verbrauch FS 100: 18,75 t FS 100 (1,25 Mio. m² ● 15 g/m²) hiervon Salz: 0 t
hiervon Sole: 18,75 t Kostensatz Salz: 80 Euro/t
Kostensatz Sole: 31 Euro/t (35,75 Euro/m³ / 1,16 t/m³)
Kosten Salz: 0 Euro (0 t ● 80 Euro/t)
Kosten Sole: 581,25 Euro (18,75 t ● 31 Euro/t)
Gesamtkosten Präventiveinsatz mit FS 100: 581,25 Euro.
Die vorherige Berechnung zeigt, dass die Streustoffkosten des Präventiveinsatzes mit reiner Flüssigstreuung FS 100 ca. 25 bis 30 % niedriger sind, als mit dem Verfahren FS 30.
Je teurer die verwendete Sole ist, desto geringer werden die Einsparungen.
Für die Kosten des Präventiveinsatzes mit FS 30 und mit FS 100 gibt es 2 verschiedene Kostenfunktionen, die mathematisch gleichgesetzt werden können.
FS 30 = FS 100
3,75 t ● x t Lösung + 700 Euro = 18,75 t ● x t Lösung
15 t = 700 Euro
1 t = 46,67 Euro
Ab einem Kostensatz von 46,67 Euro/t der gebrauchsfähigen Tausalzlösung kann die Wirtschaftlichkeit von FS 100 nicht mehr eindeutig nachgewiesen werden, wenn man beide Kostenfunktionen gleichsetzt.
6 Anforderungen an moderne Salzlöseanlagen
Bei der Eigenproduktion von Salzlösungen ist ein hoher Grad der Automatisierung anzustreben, um den Wartungs- und Kontrollaufwand zu minimieren. Folgend aufgeführte allgemeine Anforderungen sollten bereits bei der Beschaffung einer Salzlöseanlage in den Vergabeunterlagen berücksichtigt werden:
– Füllstandsmesser an Soletanks sollen die Soleproduktion ein- und ausschalten,
– vollautomatische Überwachung der gewünschten Solekonzentration,
– automatisierte Entschlammungs- und Reinigungsprozesse,
– Die unlösbaren Bestandteile sind hierbei aus dem Lösebehälter auszutragen und in einem zusätzlichen Behälter, der manuell entleert werden kann, an der Löseanlage aufzufangen.
– Durch Sedimentation oder durch Einsatz eines Hydrozyklons kann der Anteil der unlösbaren Bestandteile in der Sole auf unter 0,03 % reduziert werden. |