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1 Einleitung
Eine differenzierte Betrachtung nutzerorientierter Straßenoberflächen setzt voraus, dass Straßen so gebaut und betrieben werden, dass sie homogen vorhanden sind und ihre Merkmale müssen systematisch erhalten werden. Dabei sind Wünsche und Anforderungen an verschie-dene Merkmale der Oberfläche bei verschiedenen Gruppen (z. B. Verkehrsteilnehmer, Anwohner) unterschiedlich ausgeprägt. Es ist hervorzuheben, dass die Wirkung insbesondere Lärm verursachender Merkmale über den Straßenquerschnitt und die klassischen Straßennutzer hinaus feststellbar ist. Damit steigt die Anzahl der Interessenten an bedarfsgerechten Straßenoberflächen erheblich gegenüber den bisherigen Betrachtungen. Zur Vermeidung von Zielkonfl ikten sollten Gegebenheiten und Wünsche rechtzeitig erkannt und aufgegriffen werden.
2 Merkmale von Straßenoberflächen
Die jeweiligen Merkmale der Straßenoberfläche können aktuell gut gemessen und ausgewertet werden.
2.1 Griffigkeit
Griffigkeit ist definiert als die Wirkung der Textur und der stofflichen Beschaffenheit der Farbenoberfläche auf den Reibungs-Widerstand eines Fahrzeugreifens unter festgelegten Bedingungen. Der dimensionslose Wert wird je nach Messverfahren punktuell mittels SRT – Pendel [1] oder im fließenden Verkehr mittels Seitenkraft Messverfahren [2] ermittelt. Zusätzlich steht für letztgenanntes der Griptester zur Verfügung. Bauvertragliche Anforderungswerte werden nach Optimierung von Messverfahren, Bauverfahren und Materialauswahl heute arbeitsalltäglich erreicht. Das Merkblatt für die Bewertung der Griffigkeit [3] regelt den Umgang mit den im Bestand ermittelten Kennwerten.
Aktuelle Forschungen versuchen u. a. die mit Gummireibung verbundenen messtechnischen Nachteile zu umgehen [4]. Dabei wird mittels Laser ein Texturprofil von Fahrbahn- und Gesteinsoberfläche ermittelt. Ein Reibungsmodell beschreibt die Kraftwirkung zwischen Reifen und Fahrbahn wodurch die Ermittlung eines Reibwertes möglich wird. Im Laboratoriumsmaßstab konnten so bereits sehr gute Korrelationen zwischen den Reibwerten μWS,60 ermittelt am Gestein mit dem Prüfverfahren Wehner-Schulze und der berührungslosen Texturmessung μcalcermittelt werden (dargestellt im Bild 1).
Bild 1: Im Laboratorium an Gesteinen erzielter Zusammenhang zwischen berührungsloser Texturmessung und Prüfverfahren Wehner-Schulze [4]
2.2 Ebenheit
Ebenheit ist definiert als die Übereinstimmung der Form der tatsächlichen Schichtoberfläche(Ist-Oberfläche) mit der Form der projektierten oder aus Bestandsdaten definierten Oberfläche (Soll-Oberfläche). Der Messwert wird klassisch mittels Richtlatte, Planograf oder Profilograf [5] berührend ermittelt. Bei längeren Strecken für höhere Geschwindigkeiten empfiehlt sich der Einsatz schnell fahrender Fahrzeuge mit Mehrfachabtastung mittels Laser [6].Bild 1: Im Laboratorium an Gesteinen erzielter Zusammenhang zwischen berührungsloser Texturmessung und Prüfverfahren Wehner-Schulze [4]
Die bauvertraglichen Anforderungswerte werden in der Straßenbaupraxis üblicherweise gut erreicht. Interessante Entwicklungen wie Laserabtastung beim Fräsen, Übergabefertiger oder neue Fertigernivellierungen stellen dies auch beim Bauen im Bestand sicher [7] und ermöglichen zudem das Erreichen weitergehender Anforderungen.
Für den Bestand des überregionalen Straßennetzes werden seit längerem die Kennwerte AUN und LWI ermittelt [8]. Damit wird die Auswirkung von Ebenheit auf Fahrzeug und Fahrbahn erkennbar.
Aktuelle Entwicklungen beschäftigen sich insbesondere mit der Verknüpfung von in Längs- und Querrichtung ermittelten Profilen. Damit wird ein dreidimensionales Straßenoberflächenprofil herleitbar, wie im Bild 2 dargestellt.
Eine solche Betrachtung ermöglicht auch die Beschreibung dreidimensionaler Fahrzeugbewegungen. Spätestens dies wird die Aussagefähigkeit der klassischen Richtlattenmessung gem. DIN EN 13036 Teil 7 [5] bei übergeordneten Straßen in Frage stellen.
Bild 2: Beispielhafte Darstellung der Zusammenführung von Längs- und Querebenheitsmessung und von zwei Messfahrzeugen [Quelle: BASt]
2.3 Textur
Die Textur ist definiert als die Abweichung einer Fahrbahnoberfläche von einer ideal ebenen Oberfläche mit einer Texturwellenlänge kleiner als 0,5 m. An einzelnen Bauvorhaben wird der Wert klassisch mit der Sandfleckmethode [9] ermittelt. Das Verfahren wird auch im Brückenbau zur Beschreibung von Betonoberflächen eingesetzt. Neuere berührungslose und flächendeckende Verfahren sind Triangulation und Streifenlichtprojektonsverfahren [10].
Interessant sind Texturmessungen insbesondere dadurch, dass eine Geräuschwirkung der Fahrbahnoberfläche ableitbar wird. Diese Zusammenhänge sind insbesondere im neuen FGSV Arbeitspapier über die akustischen Eigenschaften von Fahrbahnoberflächen dargestellt [11].
Neue Aussagen für die Lärmaktionsplanung sind vorstellbar. Zur Zeit notwendige Zuordnungen von Lärmwirkungen verschiedener Bauweisen gemäß RLS [12] könnten ortsangepasst werden. Eine Übersicht aus NRW zeigt die lokal angepasste Ausführung von Deckschichtbauweisen in der Zuordnungen gemäß RLS (Bild 3).
Bild 3: Übersicht zur Lärmwirkung von ausgeführten Deckschichtbauweisen und Lärmschutzeinrichtungen [Quelle: Straßen.NRW]
Damit ist aber auch das Potenzial insbesondere von innovativen Fahrbahnbelägen, denen keine Lärmwirkung gemäß RLS zugeordnet ist, erkennbar [13]. Diese könnten zukünftig ebenfalls unter Berücksichtigung der örtlichen Gegebenheiten gezielt eingesetzt werden. Die Texturmessung birgt zudem ein theoretisches Potenzial der Zusammenführung von Ebenheits- und Griffigkeitskennwerten.
3 Zusammenhänge zwischen den Farbahnoberflächeneigenschaften
Bisher werden die genannten Eigenschaften meist einzeln betrachtet und optimiert. Modelle für Ursachen und Auswirkungen einzelner Parameter existieren. Eine Optimierung aller Parameter führt jedoch zu Zielkonflikten. Das Forschungsvorhaben InBEF [14] versucht dabei zunächst die mechanisch-physikalischen Zusammenhänge zwischen den Eigenschaften zu beschreiben. Damit wäre eine weitergehende Optimierung der Eigenschaften theoretisch möglich. Entsprechende Ergebnisse sind abzuwarten.
Bezogen auf den Ausführungsalltag ist jedoch zudem festzuhalten, dass die Fahrbahnoberflächeneigenschaften insbesondere durch Materialauswahl und Einbau bestimmt werden. Dabei übliche Schwankungen können zur bestimmenden Größe insbesondere der Lärmeigenschaften werden. Eine Darstellung der an Bohrkernen in NRW ermittelten Verdichtungsgrade verschiedener Asphaltarten und -sorten verdeutlichen dies (Bild 4).
Die so erstellten Texturen und ihre zu erwartenden Veränderungen lassen einen großen Einfluss auf z. B. die Lärmwirkung erwarten, der zurzeit nicht quantifizierbar ist. Stärkere Anforderungen an die Textur lassen einen Konflikt mit der Ausführungspraxis erwarten.
Die von Reifen und Straße verursachten Geräusche werden durch die Ebenheit im Bereich der Texturwellenlänge von 0,5 bis 500 [mm] bestimmt. Insbesondere diese Wellenlängen werden in der Bauausführung beeinflusst durch die Belagsart, das Abstreumaterial und die Ebenheit der Unterlage.
Bild 4: In der Praxis übliche Spannweite von Verdichtungsgrad von Bohrkernen verschiedener Asphaltart und -sorte [Quelle: Straßen.NRW]
Das Bild 5 zeigt beispielhaft die Schwankungsbreite eines BAB-Abschnittes mit großen Variationen dieser Parameter (Brücke GA, Strecke SMA LA).
Es muss daher die These aufgestellt werden, dass die Sicherstellung einer niedrigen, räumlich und zeitlich konstanten Lärmwirkung größer werdende Anforderungen an Planung und Aus-führung einer Baumaßnahme setzt. Hierzu sind rechtzeitig erweiterte und umsetzbare Ziel-werte zu definieren.
Bild 5: Beispielhafte Darstellung von Belagswechseln in einem Streckenzug und Auswirkung auf Längsebenheit und Lärmwirkung [Quelle: Straßen.NRW]
4 Zusammenfassung und Schlussfolgerungen
Eine differenzierte Betrachtung der Oberflächeneigenschaften setzt baulich intakte, homogene Oberflächen voraus. Dann können die Merkmale Griffigkeit, Ebenheit und Textur aktuell verfahrenssicher ermittelt werden.
Die absehbaren messtechnischen Entwicklungen, vor allem die berührungslose Laserabtastung werden die Möglichkeiten für ableitbare Zielwerte erhöhen. Insbesondere der Wunsch nach lärmarmen Oberflächen setzt hohe Anforderungen an Ebenheit und Textur sowie deren Langlebigkeit.
Die Anforderungen an das Planen und Bauen werden auf einem höheren Niveau als derzeit gestellt werden. Dabei können besondere Anforderungen an eine Eigenschaft zur Benachteiligung anderer Eigenschaften führen.
Zur Konfliktvermeidung sind rechtzeitig erweiterte, umsetzbare Zielwerte zu vereinbaren. Leistungsfähiger Straßenbau kann dem Nutzer zunehmend anforderungsgerechte Oberflächen zur Verfügung stellen.
5 Literaturverzeichnis
1 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Prüfvorschriften für Griffigkeitsmessungen im Straßenbau, Teil: Messverfahren SRT – TP Griff-StB (SRT), Ausgabe 2004, Köln, FGSV 408/2
2 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Prüfvorschriften für Griffigkeitsmessungen im Straßenbau, Teil: Seitenkraftmessverfahren (SKM) – TP Griff-StB (SKM), Ausgabe 2007, Köln, FGSV 408/1
3 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt zur Bewertung der Straßengriffigkeit bei Nässe (M BGriff), Ausgabe 2012, Köln, FGSV 401
4 Schulze, C.: Ein Modell der Ableitung der Griffigkeit aus der Textur, Straßenwesen im Wandel der Zeit, Band 56, Aachen, 2011
5 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Prüfvorschriften für Ebenheitsmessungen auf Fahrbahnoberflächen in Längs- und Querrichtung, Teil: Berührende Messungen (TP Eben – Berührende Messungen), Ausgabe 2009, Köln, FGSV 404/1
6 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Prüfvorschriften für Ebenheitsmessungen auf Fahrbahnoberflächen in Längs- und Querrichtung, Teil: Berührungslose Messungen (TP Eben – Berührungslose Messungen), Ausgabe 2009, Köln, FGSV 404/2
7 Dröge, C.: Qualität schnell bauen in NRW, FGSV-Arbeitsgruppentagung Infrastrukturmanagement Bamberg 2008, Köln, 2008
8 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien zur Zustandserfassung und -bewertung von Straßen (ZTV ZEB-StB), Ausgabe 2006, Köln, FGSV 489
9 DIN EN 13036-1: Oberflächeneigenschaften von Straßen und Flugplätzen – Prüfverfahren – Teil 1: Messung dere Makrotexturtiefe der Fahrbahnoberfläche mit Hilfe eines volumetrischen Verfahrens, Beuth Verlag, 2010
10 DIN EN ISO 13473-5, Charakterisierung von Fahrbahnbelägen unter Verwendung von Oberflächenprofilen – Teil 5: Bestimmung der Megatextur, Beuth Verlag, 2009
11 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Textureinfluss auf die akusti-schen Eigenschaften von Fahrbahndecken (Arbeitspapier), Veröffentlichung geplant 2013
12 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS 90), Ausgabe 1990, Köln, FGSV 334
13 Ehlert, S.: Lärmarme Fahrbahnbeläge für den kommunalen Straßenbau, Straßen.NRW, Gelsenkirchen, 2010
14 BASt, InBEF, Forschungsvorhaben, FA 9.170/2011, Beginn 2012 |