FGSV-Nr. FGSV C 12
Ort Bamberg
Datum 05.03.2013
Titel Mischbindemittel: Anwendungen, Erfahrungen und Regelwerk
Autoren Dipl.-Ing. Ulrich Estermann
Kategorien Erd- und Grundbau
Einleitung

Mischbindemittel, das heißt werkseitig hergestellte Kombinationen aus genormten hydraulischen Bindemitteln oder deren hydraulischen Hauptbestandteilen und Baukalk werden seit einigen Jahren erfolgreich für Bodenverbesserungen und qualifizierte Bodenverbesserungen bei Erdarbeiten im Unterbau oder Untergrund und für Bodenverfestigungen in der oberen Zone des Unterbaus von Verkehrsflächen eingesetzt. Zwischenzeitlich liegen aufgrund des zunehmenden Einsatzes von Mischbindemittel Erfahrungen in der Planung und Ausführung von Bodenbehandlungen mit verschiedenen Mischbindemittel-Kombinationen vor, die im Jahr 2012 im ,,Merkblatt zur Herstellung, Wirkungsweise und Anwendung von Mischbindemitteln" (FGSV 564) veröffentlicht wurden. Damit liegt erstmalig ein abgestimmtes Regelwerk zu Mischbindemitteln vor, welches den derzeitigen Stand der Technik umfassend darstellt. Im Folgenden wird auf die Besonderheiten in der Anwendung von Mischbindemitteln bei der Bodenbehandlung eingegangen. Zunächst wird die werkseitige Herstellung der verschiedenen Mischbindemittel betrachtet, da sich neben der Kombination von genormten hydraulischen Bindemitteln und Kalk inzwischen auch Gemische aus Kalk und hydraulischen Bestandteilen etabliert haben. Weiterhin werden die bodenmechanischen Veränderungen der Böden durch die Zugabe von Mischbindemitteln behandelt, die oftmals die Wahl der jeweiligen Bindemittelzusammensetzung beeinflussen. In diesem Zusammenhang werden auch die nach derzeitigem Kenntnisstand möglichen Anwendungen und Anwendungsgrenzen von Mischbindemitteln aufgezeigt. Abschließend wird auf Besonderheiten bei der Ausführung von Bodenbehandlung vor Ort und bei der Qualitätssicherung der angelieferten Mischbindemittel einerseits und der fertigen Bodenbehandlung mit Mischbindemitteln andererseits eingegangen.

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

1.1 Begriffsbestimmungen

Unter Bodenbehandlungen im Erdbau werden Verfahren verstanden, bei denen die Böden so verändert werden, dass die geforderten Eigenschaften erreicht werden. Sie umfassen Bodenverfestigungen und Bodenverbesserungen.

Bodenverfestigungen sind Verfahren, bei denen die Widerstandsfähigkeit des Bodens gegen Beanspruchung durch Verkehr und Klima durch die Zugabe von Bindemitteln so erhöht wird, dass der Boden dauerhaft tragfähig und frostsicher wird.

Bodenverbesserungen sind Verfahren zur Verbesserung der Einbaufähigkeit und Verdichtbarkeit von Böden und zur Erleichterung der Ausführung von Bauarbeiten. Bodenverbesserungen können durch die Zugabe von Bindemitteln, durch die Einbringung anderer geeigneter Baustoffe oder durch andere Maßnahmen erzielt werden. Im Folgenden werden nur Bodenverbesserungen mit Bindemitteln behandelt.

Qualifizierte Bodenverbesserungen sind Bodenverbesserungen mit Bindemitteln, die erhöhte Anforderungen erfüllen. Geeignete Böden der Frostempfindlichkeitsklasse F3 können hierdurch z. B. die Eigenschaften eines Bodens der Frostempfindlichkeitsklasse F2 erreichen.

Bild 1: Übersicht Bodenbehandlungen mit Bindemitteln

1.2 Bindemittel für Bodenbehandlungen

Für die Bodenbehandlung mit Bindemitteln können nach den ZTV E-StB 09 sowohl Baukalke als auch hydraulische Bindemittel angewandt werden. Eine Übersicht mit den derzeit gebräuchlichen Bindemitteln, den entsprechenden Normen sowie deren Wirkungsweise und Anwendungsbereich ist aus der Tabelle 1 zu ersehen.

Für die Ausführung von Bodenbehandlungen sind gemäß den ZTV E-StB 09 neben den oben genannten Bindemitteln auch Mischbindemittel geeignet. Mischbindemittel sind werkseitig hergestellte Kombinationen aus genormten hydraulischen Bindemitteln oder deren hydraulischen Hauptbestandteilen und Baukalk. Sie werden durch elektronisch gesteuertes Mischen der feingemahlenen Ausgangsstoffe hergestellt. Die stoffliche Zusammensetzung ist in einem Produktdatenblatt anzugeben.

Tabelle 1: Bindemittel für die Bodenbehandlung gemäß den ZTV E-StB 09

2 Herstellung von Mischbindemitteln

Der derzeitige Kenntnisstand bei der Planung und Ausführung von Bodenbehandlungen mit Mischbindemitteln wurde im September 2012 im ,,Merkblatt zur Herstellung, Wirkungsweise und Anwendung von Mischbindemitteln" von der FGSV veröffentlich.

Mischbindemittel werden aus unterschiedlichen, genormten Ausgangstoffen zusammengesetzt. In der Baupraxis gebräuchliche und bautechnisch sinnvolle Zusammensetzungen für Mischbindemittel aus Kalk und Zement sind:

Tabelle 2: Gebräuliche Zusammensetzungen von Mischbindemitteln

Unterschieden werden gemäß dem Merkblatt unter Berücksichtigung des Herstellprozesses

– ­ ­ Kalk-Zement-Gemische und

– Gemische aus Kalk und hydraulischen Bestandteilen.

Geeignete Kalk-Zement-Gemische sind Kombinationen aus genormten hydraulischen Bindemitteln mindestens der Festigkeitsklasse 32,5 (nach DIN EN 197-1 bzw. 197-4 oder DIN 1164-10 oder DIN 18506 bzw. DIN EN 13282) oder deren hydraulischen Hauptbestandteilen und Kalk nach DIN EN 459-1, mindestens des Typs CL 80-Q oder DL 80-Q. Die Tabelle 3 enthält Beispiele der oben genannten gebräuchlichen Massenanteilkombinationen.

Tabelle 3: Beispielhafte Zusammensetzung von Mischbindemitteln Bezeichnung Mischbindemittel 30/70 50/50 70/30

Ebenfalls geeignet kann auch eine Kombination aus genormten hydraulischen Bindemitteln mindestens der Festigkeitsklasse 32,5 (nach DIN EN 197-1 bzw. 197-4 oder DIN 1164-10 oder DIN 18506 bzw. DIN EN 13282) mit den in diesen Normen aufgeführten weiteren Bestandteilen sowie den dort angegebenen Massenanteilen und Kalk nach DIN EN 459-1, mindestens des Typs CL 80-Q oder DL 80-Q sein. Mögliche Kombinationen sind aus der Tabelle 4 zu entnehmen.

Tabelle 4: Beispielhafte Zusammensetzung von Gemischen aus Kalk und hydraulischen Bestandteilen Bezeichnung Mischbindemittel 30/70 50/50 70/30

Wie die Herstellung eines Bindemittelgemisches aus Kalk und hydraulischen Bestandteilen erfolgen kann, soll an einem Beispiel gezeigt werden.

Herzustellen sei ein Mischbindemittel mit der Bezeichnung 30/70. Hierzu steht ein genormter Kalk des Typs CL-80-Q und ein Portlandkalksteinzement CEM II/A-LL gemäß DIN EN 197-1, Tabelle 1 mit den Hauptbestandteilen

–­ ­ ­ Portlandzementklinker K von 80 – ­ 94 %

– Kalkstein (LL) von 6 ­ 20 % und

– Nebenbestandteilen von 0 ­ 5 %

zur Verfügung.

Unter Berücksichtigung der oben genannten Tabelle 4, Zeile 1 ergibt sich folgende mögliche Mischung:

Damit entspricht die gewählte Mischung den Vorgaben der Tabelle 4 bzw. des Merkblattes.

Die Herstellung der Mischbindemittel erfolgt werksseitig durch Mischen der fein gemahlenen Ausgangsstoffe in Chargenmischern (z. B. Doppelwellen-Zwangsmischer oder PflugscharMischer). Die Ausgangsstoffe werden über gravimetrische Dosiereinrichtungen in den Mischer gegeben. Das gemischte Gut wird aus dem Mischer vollständig ausgetragen und entweder in Silos bevorratet oder direkt in das Silofahrzeug gefördert. Der Mischprozess selber ist weitgehend automatisiert und elektronisch gesteuert.

Die Herstellung durch werksseitiges Mischen hat folgende Vorteile:

– Ausgangsstoffe können gezielt nach Art, Zusammensetzung, Qualität und Mahlfeinheit ausgewählt werden. Dadurch kann die Korngrößenverteilung der Komponenten aufeinander abgestimmt werden. ­

– Insbesondere Chargenmischer erlauben eine sehr genaue Dosierung der Ausgangsstoffe und gleichbleibende Qualitäten.

–­ Ein hohes Maß an Flexibilität ist möglich. Es kann bezüglich der Rezeptureinstellung unmittelbar auf spezielle Anforderungen z. B. durch Baustellenbedingungen eingegangen werden.

Zur Sicherung der Produktqualität ist es bei werksmäßiger Herstellung sinnvoll, ein Qualitätsmanagementsystem gemäß DIN EN ISO 9001 anzuwenden. In der werkseigenen Produktionskontrolle sind Anforderungen (Annahmekriterien) an die eingesetzten Ausgangsstoffe definiert. Deren Qualität wird anhand von Probenahme- und Prüfplänen regelmäßig kontrolliert und dokumentiert. Dazu gehört auch eine regelmäßige Überprüfung und Kalibrierung der Dosiereinrichtungen. Die Zusammensetzung der einzelnen Mischerchargen wird anhand eines Mischprotokolls dokumentiert und kann bei Bedarf abgerufen werden.

3 Anwendung von Mischbindemitteln

3.1 Auswahl der Mischbindemittel

Die Auswahl geeigneter Mischbindemittel wird im Wesentlichen durch die zu behandelnden Böden und die Anforderungen an die behandelte Bodenschicht bestimmt. Grundsätzlich empfiehlt sich die Durchführung einer Eignungsprüfung vor Beginn der Baumaßnahme. Wird ein Mischbindemittel für eine Bodenverfestigung eingesetzt, ist die Eignungsprüfung nach den TP BF-StB, Teil B 11.1 durchzuführen. Die Eignungsprüfungen für Bodenverbesserungen und qualifizierte Bodenverbesserungen mit Mischbindemitteln sind gemäß TP BF-StB, Teil B 11.3 durchzuführen.

Tabelle 5: Auswahl der Mischbindemittel in Abhängigkeit von der Bodengruppe

Bild 2: Körnungsband mit dem Anwendungsbereich von Mischbindemitteln

3.2 Verbesserung der Einbaubarkeit und Verdichtbarkeit

Durch Zugabe von geeigneten Mischbindemitteln können zu nasse feinkörnige oder gemischtkörnige Böden soweit aufbereitet werden, dass sie einbaubar sind. Die Verdichtungseigenschaften der verschiedenen Bodengruppen unterscheiden sich grundsätzlich. Sie werden neben der Korngrößenverteilung durch die Verdichtungsarbeit und den Wassergehalt beeinflusst. In Abhängigkeit von der Zusammensetzung und der Zugabemenge des gewählten Mischbindemittels wird der Wassergehalt eines Bodens mehr oder weniger stark reduziert. Bei Böden, die aufgrund eines zu hohen natürlichen Wassergehaltes nicht oder nicht ausreichend verdichtbar sind, kann durch Zugabe von geeigneten Mischbindemitteln (das heißt Mischbindemittel mit entsprechendem Kalkanteil) der für die geforderte Verdichtung erforderliche Wassergehalt eingestellt werden.

Die grundsätzliche Wirkung von Mischbindemitteln auf die Verdichtbarkeit eines gemischtkörnigen Bodens (hier: Kies-Schluff-Gemisch GU) und eines feinkörnigen Bodens (hier: leicht plastischer Ton, TL) im Vergleich zu einem Kalk CL 90 und einem Zement CEM I kann aus den nachfolgend dargestellten Proctorkurven entnommen werden. Es handelt sich hierbei um Ergebnisse aus einem Forschungsvorhaben des BMVBS zur ,,Untersuchung der Eignung von Mischbindemitteln für Bodenverfestigungen" (2012). Dargestellt sind jeweils die Proctorkurven für den Ausgangsboden (dunkelblau), einen Boden mit 4 M.-% Kalk CL 90 (hellbraun), mit 4 M.-% eines Mischbindemittels 70/30 (dunkelbraun), mit 4 M.-% eines Mischbindemittels 50/50 (hellgrün), 4 M.-% eines Mischbindemittels 30/70 (dunkelgrün) und für einen Boden mit 4 M.-% CEM I (hellblau). Deutlich ist die Veränderung des Wassergehaltes mit zunehmendem Kalkanteil bei gleichzeitiger Verringerung der Trockendichte zu erkennen.

Bild 3: Proctorkurven Kies-SchluffGemisch (GU)

Bild 4: Proctorkurven leicht plastischer Ton (TL)

3.3 Erhöhung bzw. Verbesserung der Tragfähigkeit und des Verformungsverhaltens

Die Tragfähigkeit und das Verformungsverhalten von mit Mischbindemitteln behandelten Böden werden in Abhängigkeit von der Bindemittelzugabe erhöht bzw. verbessert. Die Tragfähigkeitsanforderungen und damit die erforderlichen Bindemittelzugaben richten sich dabei nach der jeweiligen Bauaufgabe und sind über erdstatische Berechnungen (z. B. für Dammaufstandsebenen oder Dammschüttungen) festzulegen. Die Erreichbarkeit der Anforderungen wird unter Berücksichtigung des gewählten Mischbindemittels und des zur Verfügung stehenden Bodenmaterials über entsprechende Eignungsprüfungen nachgewiesen. Im Planumsbereich können durch Bodenbehandlung mit Mischbindemitteln höhere Tragfähigkeiten erreicht werden. Zur Verdeutlichung der Veränderung der Tragfähigkeit und des Verformungsverhaltens sind in der Tabelle 6 die Ergebnisse von einaxialen Druckversuchen aus dem oben genannten Forschungsvorhaben zusammengestellt. Untersucht wurde das Kies-Schluff-Gemisch (GU) und der leicht plastische Ton (TL) jeweils nicht verbessert (Ausgangsboden) und mit den bereits im vorherigen Absatz beschriebenen unterschiedlichen Bindemittelzugaben. Deutlich zu erkennen ist, dass (erwartungsgemäß) die Bruchspannung der untersuchten Probekörper mit dem Anteil des Zementes am Bindemittel zunimmt. Auch das Verformungsverhalten verbessert sich mit höherem Zementgehalt des zugegeben Bindemittels.

Tabelle 6: Ergebnisse von einaxialen Druckversuchen (Mittelwerte, jeweils drei Probekörper)

3.4 Veränderung der Frostempfindlichkeit

Die Frostempfindlichkeit mit Mischbindemittel behandelter Böden hängt maßgeblich von der Granulometrie, Plastizität und Tonmineralogie des Ausgangsbodens, von der Zusammensetzung des verwendeten Bindemittels und von der zugegebenen Bindemittelmenge ab. Mit zunehmender Plastizität und mit zunehmendem Feinkorngehalt werden die benötigten Bindemittelmengen sukzessive höher. Ausgeprägt plastische Böden erfordern im Allgemeinen höhere Bindemittelzugaben und einen erhöhten Verarbeitungsaufwand, Böden der Gruppe TA sind für Bodenverfestigungen als kritisch anzusehen.

Zur Verdeutlichung der Veränderung der Frostempfindlichkeit stehen Versuchsergebnisse aus dem bereits mehrfach zitierten Forschungsvorhaben zur Verfügung. Hierbei wurden die mit unterschiedlichen Bindemitteln jedoch gleichen Zugabemengen hergestellten Probekörper nach 28-tägiger Feuchtraumlagerung 12 Frost-Tau-Wechseln unterzogen und dann die Druckfestigkeit geprüft. Die dabei gemessene Bruchspannung (Mittelwert aus jeweils drei Probekörpern) wurde mit der zuvor an den nach 28 Tagen Feuchtraumlagerung gemessenen Bruchspannung verglichen, und der Festigkeitsabfall ermittelt. Bei hohen Kalkgehalten innerhalb des Bindemittelanteils ist ein vergleichsweise hoher Festigkeitsabfall festzustellen, der bei den feinkörnigen Böden bis 100 % liegen kann. Je höher der Zementanteil im Bindemittel ist, umso geringer ist der Festigkeitsabfall. Bei den gemischtkörnigen Böden und überwiegenden Zementanteil im Mischbindemittel ist sogar eine Zunahme der Druckfestigkeit gegenüber der zuvor gemessenen 28-Tages-Festigkeit zu beobachten, was mit dem höheren Prüfalter der Probekörper (40 Tage) zu begründen ist. Die Einzelergebnisse sind in der Tabelle 7 dargestellt.

Tabelle 7: Ergebnisse von einaxialen Druckversuchen nach Frost-Tau-Wechsel und Vergleich des Festigkeitsabfalls

3.5 Erhöhung der Scherfestigkeit

Durch die Zugabe von Mischbindemitteln wird auch die Scherfestigkeit der behandelten Böden erhöht. Die Scherfestigkeit setzt sich aus dem inneren Reibungswinkel und der Kohäsion c (sogenannte Scherparameter) zusammen. Infolge des Bindemittels wird überwiegend der kohäsive Anteil der Scherparameter im Boden erhöht, während sich der Reibungswinkel nur geringfügig durch die Veränderung der Korngrößen vergrößert. In der Summe erhöht sich die effektive Scherfestigkeit ('k und c'k) des Boden-Bindemittel-Gemisches gegenüber dem Ausgangsboden. Der Zusammenhang ist aus dem Bild 5 zu ersehen.

Zur Beurteilung der Scherfestigkeit des behandelten Bodens wird der einaxiale Druckversuch aus der Eignungsprüfung verwendet. Die Größe der einaxialen Druckfestigkeit qu eines mit Bindemitteln behandelten Bodens wird durch die Scherparameter aus Reibungswinkel und Kohäsion beeinflusst. Geht man davon aus, dass der Reibungswinkel des mit Bindemittel behandelten Bodens und des Ausgangsbodens annähernd gleich sind, so lässt sich der Anteil der Kohäsion an dem Boden-Bindemittel-Gemisch im Vergleich zum Ausgangsboden mit dem einaxialen Druckversuch ermitteln (siehe Bild 5).

Durch eine Erhöhung der Bindemittelzugabe lässt sich die Scherfestigkeit des Boden-Bindemittel-Gemisches steigern. Es ist allerdings zu beachten, dass die Festigkeitssteigerung des Boden-Bindemittel-Gemisches nicht linear verläuft, sondern bei höheren Bindemittelzugaben unterproportional zunimmt.

Bild 5: Ermittlung der Scherfestigkeit eines unbehandelten und eines mit Bindemittel behandelten Bodens über die einaxiale Druckfestigkeit bei bekanntem Reibungswinkel φ’k

4 Qualitätssicherung

4.1 Prüfung des Bodens

Qualitätssichernde Prüfungen sind am (Ausgangs-)Boden, am Mischbindemittel und am Boden-Bindemittel-Gemisch vorzunehmen.

Die Prüfungen zur Beurteilung der grundsätzlichen Eignung des Bodens sind im Rahmen der Baugrunderkundung durchzuführen. Hierbei sollten die wesentlichen Eigenschaften des Bodens wie Korngrößenverteilung, Wassergehalt, Proctordichte, Zustandsgrenzen (bei feinoder gemischtkörnigen Böden) und organische Bestandteile, gegebenenfalls auch besondere Untersuchungen bei Verdacht auf schädliche Reaktionen, untersucht werden.

4.2 Prüfung des Mischbindemittels

Die Prüfung der Mischbindemittel dagegen ist relativ schwierig. Daher sind die Produktdatenblätter und die Angabe der enthaltenen Mengen hydraulischer Bindemittel oder deren hydraulischer Hauptbestandteile und Kalk besonders wichtig. Eine unmittelbare, direkte Bestimmung der Hauptbestandteile ist derzeit noch nicht möglich, geeignet ist z. B. die Prüfung der Reaktionsfähigkeit des Mischbindemittels beim Löschen (Nasslöschkurve).

Die Wirksamkeit des Mischbindemittels kann indirekt auch über einen Vergleich der Ergebnisse der Eignungsprüfung mit den Ergebnissen einer erneuten Prüfung mit dem angelieferten Mischbindemittel erfolgen. In diesem Fall ist der bei der Eignungsprüfung untersuchte Boden für die erneute Prüfung zu verwenden, um einen möglichen Einfluss des Bodens auszuschließen. Als Vergleichsparameter können z. B. die Wasserreduzierung (geprüft an Hand des Proctorversuches), der CBR-Wert oder die einaxiale Druckfestigkeit dienen.

In besonderen Fällen kann an Rückstellproben die mineralogische Zusammensetzung von Mischbindemitteln mittels RDA (Röntgendiffraktometeranalyse) und die chemische Zusammensetzung mittels RFA (Röntgenfluoreszenzanalyse) überprüft werden.

4.3 Prüfung des Boden-Bindemittel-Gemisches

Vor der Bauausführung ist eine Eignungsprüfung vorzulegen, mit deren Durchführung eine nach den RAP Stra zugelassene Prüfstelle zu beauftragen ist. Die Eignungsprüfungen sind für Bodenverbesserung nach TP BF-StB, Teil B 11.3 und für Bodenverfestigung nach TP BF-StB, Teil B 11.1 durchzuführen. Für die Eignungsprüfung bei Bodenverfestigungen und qualifizierten Bodenverbesserungen wird im Allgemeinen ein Zeitraum von etwa 7 Wochen benötigt, Eignungsprüfungen für Bodenverbesserungen können in ca. 2 Wochen bearbeitet werden. Der Zeitbedarf kann sich erhöhen, wenn zusätzliche Prüfungen, z. B. Frostwiderstandsprüfungen und Nachweise der wasserwirtschaftlichen Verträglichkeit, erforderlich werden.

Das Ergebnis der Eignungsprüfung wird in einem Bericht zusammengefasst, dieser enthält Angaben zur Zusammensetzung des Mischbindemittels, zur Ermittlung der erforderlichen Zugabemenge in Abhängigkeit vom Ausgangswassergehalt und den Anforderungen an die Druckfestigkeit bzw. den CBR-Wert.

4.4 Prüfung der fertigen Boden-Bindemittel-Schicht

Die Prüfungen sind unter Berücksichtigung der Prüfverfahren und Prüfmethoden nach den ZTV E-StB und den einschlägigen TP BF-StB durchzuführen. Art, Umfang und Häufigkeit der Prüfungen für Bodenverbesserungen und Bodenverfestigungen sind in den ZTV E-StB geregelt und unterscheiden sich nicht von den Prüfungen bei Einsatz von Kalk oder Zement als Bindemittel. Für qualifizierte Bodenverbesserungen gelten die Vorgaben für Bodenverfestigungen.

5 Ausblick

Mischbindemittel haben aufgrund des weiteren Anwendungsspektrums in der Bodenbehandlung neben den klassischen Bindemitteln zwischenzeitlich im Erdbau einen festen Stellenwert gefunden. Mit dem 2012 erschienenen ,,Merkblatt zur Herstellung, Wirkungsweise und Anwendung von Mischbindemitteln" wurde erstmals der derzeitige Kenntnisstand in einer technischen Empfehlung zusammengefasst. Aufgrund der komplexen Wirkungsweise der verschiedenen Mischbindemittel-Kombinationen sind jedoch weitere Erfahrungen in der Anwendung zu sammeln. Da Mischbindemittel erst seit ca. 15 Jahren auf dem Markt verfügbar sind, ist ergänzender Forschungsbedarf, insbesondere im Hinblick auf das Langzeitverhalten, gegeben.

Literaturverzeichnis

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt zur Herstellung, Wirkungsweise und Anwendung von Mischbindemitteln, Ausgabe 2012, Köln, FGSV 564

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau, Ausgabe 2009 (ZTV E-StB 2009), Köln, FGSV 599

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt über Bodenverfestigungen und Bodenverbesserungen mit Bindemitteln, Ausgabe 2004, Köln,

FGSV 551 Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Prüfvorschriften für Boden und Fels im Straßenbau, Köln, FGSV 591

DIN EN 197-1: Zement ­ Teil 1: Zusammensetzung, Anforderungen und Konformitätskriterien von Normal-zement, Beuth Verlag GmbH, Berlin

DIN EN 197-4: Zement ­ Teil 4: Zusammensetzung, Anforderungen und Konformitätskriterien von Hoch-ofenzement mit niedriger Anfangsfestigkeit, Beuth Verlag GmbH, Berlin

DIN EN 459-1: Baukalk ­ Teil 1: Definitionen, Anforderungen und Konformitätskriterien, Beuth Verlag GmbH, Berlin

DIN 18506: Hydraulische Boden- und Tragschichtbinder: Zusammensetzung, Anforderungen und Konformitätskriterien, Beuth Verlag GmbH, Berlin

prEN 13282-1: Hydraulische Tragschichtbinder: Schnell erhärtende hydraulische Tragschichtbinder ­ Zusammensetzung, Anforderungen und Konformitätskriterien, Beuth Verlag GmbH, Berlin

prEN 13282-2: Hydraulische Tragschichtbinder: Normal erhärtende hydraulische Tragschichtbinder ­ Zusammensetzung, Anforderungen und Konformitätskriterien, Beuth Verlag GmbH, Berlin

W i t t, K.J.; K ö d i t z, J.; D a m a s c h k e, A .(2012): Untersuchung der Eignung von Mischbindemitteln für Bodenverfestigungen, Schlussbericht B 50.11.100.02, im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung