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1 Einleitung
Die Luftverunreinigungen entstammen zumeist anthropogenen Quellen, z. B. industriellen Prozessen wie Verbrennung und mechanischer Zerkleinerung, Hausbrand, Landwirtschaft bei Bestellung der Felder und Massentierhaltung sowie dem Verkehr, wobei zwischen motorbedingten Abgasen und Ruß- sowie Abriebs- und Aufwirbelungspartikeln unterschieden wird. Sie können jedoch auch natürlichen Ursprungs sein, wie z. B. von Vulkanausbrüchen, Sahara- und Agrarstaub-Ereignissen, der Erzeugung von Aerosolen durch Seesalz sowie Pollen- oder Pilzsporenflug. Sie beeinflussen zum einen den Strahlungshaushalt der Erde und damit auch das Klima nachhaltig, zeichnen sich aber ebenso durch ihr gesundheitliches Schadenspotenzial aus. Dieses reicht über Atemwegs- bis hin zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen.
Es muss beachtet werden, dass das Verhalten der Luftschadstoffe stark von meteorologischen Parametern, Tages- oder Jahreszeit sowie dem jeweiligen Wochentag abhängt.
Luftverunreinigungen stellen kein nationales Problem dar, da sie an Landesgrenzen nicht halt machen. Aus diesem Grund wurden von der EU eine Luftqualitätsrahmenrichtlinie [2] sowie vier zugehörige Tochterrichtlinien [3 bis 6] erlassen. Diese enthalten Grenz- und Zielwerte für verschiedene Luftschadstoffe. Während ein Grenzwert nicht überschritten werden darf, gibt ein Zielwert einen meist zu einem bestimmten Zeitpunkt zu erreichenden Höchstwert an.
Es kristallisierte sich mit diesen EU-Richtlinien, die nach und nach insbesondere durch die Novellierung der 22. Bundesimmissionsschutzverordnung [1] (22. BImSchV) in nationales Recht umgesetzt wurden, und den daraus resultierenden Überwachungsmessungen ein Schadstoff heraus, dessen Grenzwerte nur schwer und in einigen Kommunen und Ballungsräumen gar nicht eingehalten werden kann: der Feinstaub PM10. Hierbei handelt es sich um Partikel, die grob beschrieben kleiner 10 µm sind. Seit dem Jahr 2005, als diese Grenzwerte in Kraft traten, wird daher intensiv nach Maßnahmen gesucht, die diese Feinstaubkonzentrationen senken können.
In Bezug auf die ebenfalls in der 22. BImSchV festgelegten Stickoxidgrenzwerte hat sich in den letzten Jahren durch In-situ-Messungen im gesamten Bundesgebiet gezeigt, dass der gemäß 22. BImSchV ab 2010 geltende NO2-Stundenmittelgrenzwert beinahe flächendeckend eingehalten werden kann, wohingegen der zugehörige Jahresmittelgrenzwert insbesondere an verkehrsnahen Standorten zum Teil stark überschritten wird. Dabei kann die durch die abgastechnische Absenkung der Stickoxid-Emissionen von Fahrzeugen erwartete Abnahme der Stickstoffoxid-Immissionen in der NOx -sowie in der NO-Komponente zumeist nachvollzogen werden, jedoch sind die NO2-Immissionsbelastungen weniger stark abgefallen als erwartet, mancherorts stagnieren sie oder sind sogar angestiegen.
Um die Entwicklung dieser Schadstoffe an hoch frequentierten Autobahnen nachvollziehen zu können, führt die Bundesanstalt für Straßenwesen an der vierstreifigen BAB A 4 seit 1987 kontinuierliche Messungen durch. An diesem Standort wird zurzeit ein DTV von 70600 Kfz/24h und ein SV-Anteil von 8,3 % registriert (Stand 2006). Unter anderem werden hier die Stickoxide auf beiden Seiten der Autobahntrasse in unterschiedlichen Entfernungen gemessen. Es werden Messdaten am Mittelstreifen, in 1,5 sowie in 11 und 198 m Entfernung zum Fahrbahnrand ermittelt. Es hat sich gezeigt, dass die NO-Konzentrationen wie erwartet seit Beginn der Messwertaufnahme kontinuierlich abgenommen haben. Bis Mitte der 90er Jahre ist dies auch in der NO2-Komponente zu beobachten. Seitdem jedoch steigt (Mittelstreifen und 1,5 m Entfernung) bzw. stagniert (11 m und 198 m Entfernung) die NO2-Konzentration (Bilder 1 und 2).
Bild 1: Entwicklung der NO-Konzentration am Messquerschnitt an der BAB A 4 in unterschiedlichen Entfernungen zur Autobahn für die Kalenderjahre 1987 bis 2007
Bild 2: Entwicklung der NO2-Konzentration am Messquerschnitt an der BAB A 4 in unterschiedlichen Entfernungen zur Autobahn für die Kalenderjahre 1987 bis 2007
Bild 3: Entwicklung des NO2-Anteils am NOx am Messquerschnitt an der BAB A 4 in den Jahren 1987 bis 2007
Es kann darüber hinaus festgestellt werden, dass der Anteil der NO2- an den NOx-Gesamtimmissionen stetig ansteigt. Er ist mittlerweile dreimal so hoch wie noch vor 20 Jahren (Bild 3). Es stellt sich also die Frage nach den Gründen für diese Entwicklung.
Zum einen wird von einer Zunahme der großflächigen Ozon-Hintergrundkonzentration in den vergangenen Jahren ausgegangen, durch die die NO-Primäremissionen der Fahrzeuge durch chemische Reaktionen mit O3 in NO2 umgewandelt werden gemäß:
NO + O3 <=> NO2 + O2 (1)
Diese Reaktion kann in vermehrtem Maße beobachtet werden, sobald mehr O3 für die beschriebene Umwandlung zur Verfügung steht. Daneben bestehen zum einen die NOx-Emissionen von Fahrzeugen prinzipiell aus einem Gemisch von primären NO und primären NO2, wodurch die NO2-Bilanz weiter erhöht wird, zum anderen hat in den vergangenen Jahren der Anteil von Diesel-Fahrzeugen, von denen insgesamt mehr Stickoxide emittiert werden als von Otto-Fahrzeugen, in der Gesamtflotte zugenommen. Selbst bei den EURO 4-Fahrzeugen dürfen die Diesel-Pkw immer noch ca. dreimal so viel wie die Otto-Pkw ausstoßen.
Darüber hinaus sind Diesel-Pkw seit der Abgasstufe EURO 3 mit Oxidationskatalysatoren ausgestattet. In diesen wird noch im Abgasstrang bis zu 50 % des NO in NO2 umgewandelt. Otto-Pkw emittieren im Vergleich lediglich 5 % der Stickoxide als NO2 [7].
Bei den schweren Nutzfahrzeugen tritt dieses Problem nur bei Fahrzeugen mit kontinuierlich regenerierenden Partikelfiltern (CRT: Continously Regenerating Trap) auf. In diesen Systemen ist dem Partikelfilter ein Oxidationskatalysator vorgeschaltet, der die NO in NO2 umwandelt, da NO2 zum Oxidieren also zum Verbrennen der Partikelteilchen benötigt wird. Damit der Filter jederzeit einwandfrei funktioniert, muss ein NO2-Überschuss gebildet werden, was letztendlich einen erhöhten NO2-Ausstoß zur Folge hat.
2 Maßnahmen
2.1 Luftreinhalteplanung
In der Straßenplanung müssen während des Planfeststellungsverfahrens die Umwelteinwirkungen durch den zu bauenden Verkehrsweg abgeschätzt werden. Es muss dabei sicher gestellt werden, dass eine Einhaltung der Luftschadstoffgrenzwerte möglich ist. Dies kann auch durch den Einsatz geeigneter Maßnahmen der Fall sein. Ein Straßenbauvorhaben ist nur dann unzulässig, wenn allein durch den Schadstoffbeitrag der Straße die Grenzwerte schon nicht eingehalten werden können.
Die zuständigen Immissionsschutzbehörden haben im Falle von festgestellten und/oder drohenden Grenzwertüberschreitungen Luftreinhalte- und Aktionspläne aufzustellen, in denen geeignete Maßnahmen zur Senkung der Luftschadstoffbelastung aufgezeigt werden. Die Maßnahmen müssen dabei dergestalt sein, dass die Grenzwerte überall dort eingehalten werden, wo Menschen längere Zeit den Schadstoffen ausgesetzt sind und sie müssen sich gegen alle beitragenden Emittenten richten.
In den betroffenen Kommunen wurden erste Erfahrungen mit der Effektivität vieler Maßnahmen gesammelt.
2.2 Lkw-Durchfahrverbote
Zu den ersten Maßnahmen, die im Kampf gegen den Feinstaub ergriffen wurden, zählen Durchfahrverbote für Lkw. Dies betrifft zumeist Straßenabschnitte, von denen aus Langzeitmessungen bekannt ist, dass an ihnen die PM10-Grenzwerte der 22. BImSchV nicht eingehalten werden können. Berechnungen, die zum Teil auch von Messungen bestätigt wurden, zeigten Schadstoffminderungen zwischen 0 und 30 % auf je nach Schadstoff und betroffener Straße [8].
2.3 T30-Zonen
Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten aufgrund der Kenntnisse über mit abnehmender Fahrzeug-Geschwindigkeit sinkenden Emissionen als effektive Maßnahme zur Konzentrationsminderung. So konnten im Zuge des EU-Projektes HEAVEN (Healthier Environment through Abatement of Vehicle Emissions and Noise) in der Beusselstraße in Berlin während einer T30-Phase in einem sonst als T50 ausgewiesenen Abschnitt, Reduzierungen der Luftschadstoffkonzentrationen von 2 bis 3 % messtechnisch nachgewiesen werden [9].
2.4 Straßenspülungen
Da die Wiederaufwirbelung von schon auf der Straße deponierten Material einen großen Beitrag zur PM10-Gesamtbelastung an hoch belasteten Innerorts-Straßen liefert, wurde das Abspülen von Verkehrswegen schon früh als eine effektive Minderungsmaßnahme vermutet. In der Frankfurter Allee in Berlin und in der Neuenlander Straße in Bremen wurden daher Versuche durchgeführt, bei denen ein Abspülen der Fahrbahnoberfläche veranlasst und messtechnisch begleitet wurde. Die Auswertungen ergaben jedoch, dass ein potenzieller Minderungseffekt durch Straßenspülungen im Bereich der natürlichen Variationen der PM10-Konzentrationen bzw. im Bereich der Unsicherheiten der Untersuchungsmethodik liegt und somit nicht die erhoffte Minderung der Feinstaubbelastung hervorruft [10, 11].
2.5 Winterdienst
Im Winterdienst wurde der sogenannte „Feinstaubkleber“ Calcium-Magnesium-Acetat (CMA), ein Mischsalz der Essigsäure, als Ersatzstoff für herkömmliche Streumittel zur Minderung der Partikel PM10 eingesetzt. In Klagenfurt/Österreich wurden dabei beachtliche Minderungen der Feinstaubbelastung erzielt (Bild 4). So wurden bei den durch den Verkehr hervorgerufenen Zusatzbelastungen Minderung von 20 bis 50 % beobachtet. In Bezug auf die PM10-Gesamtbelastung durch alle Hauptemittenten betrug die immissionsseitige Reduktion 17 % [12]. Auch in den skandinavischen Ländern wird dieser Stoff schon jahrelang eingesetzt. Hier werden neben CMA jedoch auch die ebenfalls hygroskopischen und damit theoretisch „feinstaubklebenden“ Magnesium- und Calcium-Chloride verwendet. Diese sind kostengünstiger als CMA, da sie nicht industriell hergestellt werden müssen, sondern als Neben- bzw. Abfallprodukte bei industriellen Prozessen anfallen [13]. Eine durch den fehlenden Salzeintrag in den Straßenseitenraum scheinbar umweltfreundlichere Alternative zu Feuchtsalz, die abstumpfenden Streumittel Kies, Granulat, Splitt oder Sand, erweist sich bei näherer Betrachtung nicht unbedingt als geeigneter, da der genannte Vorteil durch die mechanische Zerreibung beim Überfahren der Streumittel und damit Erzeugung von zusätzlichen Feinstaubpartikeln wettgemacht wird. Die Höhe dieser Beiträge durch Verwitterungsvorgänge kann jedoch stark von dem verwendeten Material abhängen. Als Splittmaterial eingesetzter Basalt sollte z. B. deutlich weniger Verwitterungsprodukte hervorbringen als Dolomit [14].
Bild 4: Sichtbare Minderung von Staubaufwirbelung auf einem Feldweg durch den Einsatz von CMA in Klagenfurt/Österreich (Foto: Magistrat der Landeshauptstadt Klagenfurt am Wörthersee, Abteilung Umweltschutz)
2.6 Straßenrandbegrünung
Von Straßenrandbegrünungen wird eine Minderungswirkung auf die Feinstaubbelastung an Verkehrswegen erwartet, da Pflanzen zum einen als Kollektoren dienen könnten, an denen Partikel nach dem Auftreffen entweder anhaften oder sedimentieren. Zum anderen könnten Partikel zusätzlich zu dieser Adsorption von Pflanzenoberflächen auch absorbiert werden [15]. Das mögliche Potenzial zur Feinstaubsenkung ist jedoch noch nicht abschließend untersucht worden. Mehrere Projekte werden hierzu zurzeit von unterschiedlichen Arbeitsgruppen durchgeführt.
2.7 Straßenzustand
Der Einfluss des Straßenzustandes konnte in einem Projekt der Bundesanstalt für Straßenwesen an drei Standorten untersucht werden. Daten von Messstationen in der Lützner Straße in Leipzig, in der Berliner Straße in Nauen und in der Bergstraße in Erfurt wurden vor und nach einer Straßensanierung ausgewertet.
Dabei wurden Effekte durch die Arbeitsstelle festgestellt, die sich durch die verminderten Verkehrsmengen sowohl auf die PM10- als auch auf die NOx-Belastung schadstoffsenkend auswirkten. Durch einzelne staubintensive Arbeiten wurden allerdings während der Bauphase auch Ereignisse mit erhöhter Feinstaubbelastung hervorgerufen. Insgesamt wurde eine Minderung der PM10-Zusatzbelastung beim Vergleich vor/nach Bauphase je nach Standort zwischen 8 und 60 % festgestellt [16].
2.8 TiO2 als DeNOxer
Die meisten in den vergangenen Jahren untersuchten Maßnahmen zur Luftreinhaltung waren auf den Feinstaub PM10 fokussiert. Jedoch zeigen Messungen immer deutlicher, dass sich Stickstoffdioxid ebenfalls zu einem Problemkind in Bezug auf die Einhaltung der Grenzwerte der 22. BImSchV entwickelt (s. hierzu auch Abschnitt 1). Aus diesem Grund werden vermehrt Möglichkeiten eruiert, die die NO2-Konzentrationen absenken können.
Bild 5: Wirkungsweise des TiO2-Photokatalysators in einer Betonmatrix
Nanopartikel aus Titandioxid beispielsweise sollen die Stickoxidkonzentrationen an hoch belasteten Standorten durch photokatalytische Reaktionen verringern können. Denkbar ist hier die Beschichtung von geeigneten Oberflächen oder auch der Bau von horizontalen oder vertikalen Bauwerken mit Titandioxid-versetztem Beton. Bei letzterer Anordnung sind folgende Reaktionen zu beobachten (Bild 5):
- unter Einwirkung von UV-Strahlung setzt das TiO2 ein Elektron frei, das den Sauerstoff der Luft aktiviert
- der aktivierte Sauerstoff verbindet sich daraufhin mit dem Stickoxid in der Luft und bildet Nitrit-Ionen
- die Nitrit-Ionen werden durch den Kalk im Beton zu Nitrat umgewandelt
- durch Regenwasser wird das Nitrat von der Oberfläche gewaschen.
Wird das Titandioxid Kohlenstoff-dotiert, kann die oben beschriebene photokatalytische Reaktion an Stelle von UV-Licht auch mit sichtbarem Licht erreicht werden.
Nachdem unter Laborbedingungen ein hohes Potential zur Stickoxidminderung – sowohl durch TiO2-Beschichtung als auch als Beimischung in Bauzement – zu erkennen war [17 bis 19], wird derzeit von der Bundesanstalt für Straßenwesen ein Projekt initiiert, in dem die Effektivität dieser Halbleiteroberflächen in situ an einem hoch belasteten Verkehrsweg untersucht werden soll.
2.9 Umweltzonen
Um Verkehrsbeschränkungen, die aufgrund von Luftreinhalteplänen beschlossen wurden, durchführen und überwachen zu können, wurde mit der 35. Bundesimmissionsschutzverordnung [20] eine schadstofforientierte Kennzeichnung von Fahrzeugen mittels Plaketten realisiert. Fahrzeugen mit hohem Schadstoffausstoß kann damit die Zufahrt zu so genannten Umweltzonen untersagt werden.
Die Ausdehnungen der Umweltzonen werden von den Kommunen festgelegt und können einzelne Straßen, ganze Innenstadtbereiche, aber auch das gesamte Stadtgebiet umfassen. Sie dürfen jedoch nur eingerichtet werden, wenn ein Luftreinhalte- oder Aktionsplan Verkehrsverbote vorsieht und nur in solchen Gebieten, die einen relevanten Beitrag zur Grenzwertüberschreitung leisten.
Bild 6: Eingeführte und noch in der Planung befindliche Umweltzonen in Deutschland (Stand: Oktober 2008)
Über diese Verkehrsbeschränkungen hinaus besteht jedoch auch weiterhin die Möglichkeit, innerhalb der Umweltzonen gesonderte Verkehrsverbote und -beschränkungen im Zuge der Luftreinhalteplanung anzuordnen. Hierunter fallen etwa Sperrungen von Straßen oder Straßenabschnitten sowie Lkw-Durchfahrverbote. Die ersten Umweltzonen wurden zu Beginn des Jahres 2008 eingerichtet. Weitere folgten oder sollen in den kommenden Jahren noch eingerichtet werden (Bild 6).
2.10 Abgasnachbehandlung
Als direkte Maßnahmen gegen verkehrsbezogene motorbedingte Luftschadstoffe können jedoch nur solche am Fahrzeug selber angesehen werden, die die Schadstoffe an der Quelle ihrer Entstehung mindern. Hierzu zählen neben den innermotorischen Maßnahmen und den Katalysatoren auch die Abgasnachbehandlung in Form von Partikelfiltern. In diesem Zusammenhang erwägen viele Städte eine Umrüstung ihrer kommunalen Fuhrparks auf schadstoffarme Fahrzeuge bzw. eine Nachrüstung der schon im Bestand befindlichen. Hierzu sind in den letzten Jahren verschiedene öffentliche Förderprogramme ins Leben gerufen worden.
Hierbei bleibt anzumerken, dass die nicht-motorbedingten Schadstoffe wie Abrieb von Reifen, Kupplung, Bremsen und Fahrbahn sowie die Wiederaufwirbelung von bereits deponiertem Feinstaub hierdurch nicht gemindert werden können. Dazu bedarf es weiterer Innovationen bei der Herstellung dieser Materialien.
2.11 Datenbank MARLIS
Einen Überblick über die Fülle an bisher geplanten und ergriffenen Maßnahmen gibt die Datenbank MARLIS („Maßnahmen zur Reinhaltung der Luft in Bezug auf Immissionen an Straßen“), die den zuständigen Immissionsschutzbehörden und Kommunen als Entscheidungshilfe bei der Aufstellung von Luftreinhalteplänen an Verkehrswegen und der Auswahl geeigneter Schritte dienen soll. Die unterschiedlichen verkehrsbezogenen Maßnahmen aus MARLIS reichen von öffentlichkeitswirksamen Informationen über Maßnahmen im Straßenbetriebsdienst bis zu Verkehrsbeschränkungen wie z. B. Fahrverboten für ausgesuchte Fahrzeuge oder Durchfahrtsverbote für bestimmte Straßen oder Straßenabschnitte.
Die Datenbank kann auf der Internetseite der BASt kostenfrei heruntergeladen werden und wird ab 2008 einer jährlichen Aktualisierung unterworfen.
3 Neue Grenzwerte und neue Aufgaben
Im April 2008 wurde von der EU eine neue Luftqualitäts-Richtlinie [21] beschlossen, die die alte Rahmenrichtlinie von 1996 sowie ihre ersten drei Tochterrichtlinien aus den Jahren 1999, 2000 und 2002 zusammenfasst und mit überarbeiteten sowie neuen Regelungen an ihre Stelle treten wird.
Wichtigste Neuerungen der novellierten Richtlinie sind Regelungen zur Partikelfraktion PM2,5 (< 2,5 µm) sowie eine größere Flexibilität bei der Ahndung von Grenzwertüberschreitungen. So werden z. B. nachgewiesene Ereignisse aus natürlichen Quellen oder der Einsatz von Winterstreumitteln, die zu einer Überschreitung der Grenzwerte führen, ausgeklammert bleiben können. Auch wird unter strengen Auflagen eine Fristverlängerung für die Grenzwerteinhaltung gewährt werden können. Gleichzeitig wird die Qualitätssicherung der Messungen zur Überwachung der Grenzwerteinhaltung betont. Für Partikel PM2,5 wird zunächst ein Zielwert eingeführt, der ab 2015 auch als verbindlicher Grenzwert einzuhalten ist [22].
In Bezug auf diese neuen und die schon bestehenden Grenzwerte werden auch weiterhin intensive Untersuchungen benötigt, um alle physikalischen und chemischen Zusammenhänge der Luftschadstoffbelastung zu verstehen und daraus geeignete Minderungsmaßnahmen abzuleiten, die einen effektiven Schutz der menschlichen Gesundheit und der Umwelt gewährleisten können.
Es scheint aber kurz- bis mittelfristig sicher zu sein, dass einzelne Maßnahmen alleine nicht greifen werden, sondern nur an allen beitragenden Quellen ansetzende Maßnahmenbündel dazu führen können, die Schadstoffkonzentrationen in der Luft nachhaltig zu senken.
Literaturverzeichnis
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