Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.
1 Aufgabe und Ziel des Leitfadens
Zertifizierungssysteme wie auch das Qualitätsmanagementsystem nach DIN EN ISO 9001 sind aufgrund ihrer normativen Ausprägung wenig aussagekräftig hinsichtlich der vom Kunden (hier: Auftraggeber) gewünschten Nachweise über die Eignung von Auftragnehmern bei einem Bewerbungsverfahren.
Als Nachweis der Eignung werden gemäß VOB/A, § 8 Nr. 3 Angaben über die Fachkunde, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit eines Unternehmens verlangt. Bei Beschränkter Ausschreibung und Freihändiger Vergabe muss der Bewerber darüber hinaus nachweisen, dass er über ausreichende technische und wirtschaftliche Mittel verfügt, um seine vertraglichen Verpflichtungen zu erfüllen.
Genau hier liegt die Intension der Kommission KB 3, mit dem Leitfaden Fachaudit Straßenbau branchenspezifische Anforderungen an die Zertifizierung und Überwachung zu beschreiben, um die Substanz und nicht die Formalität des QM-Systems zu fördern. Damit erhoffen wir uns eine Erhöhung der Aussagekraft und Glaubwürdigkeit des Zertifikates und somit auch eine bessere Akzeptanz in den Erwartungen der Kunden.
Bild 1: Leitfaden Fachaudit Straßenbau, FGSV 948/5
Im Hinblick auf mögliche Prä-Qualifikationsverfahren im Vergabewesen, wie sie derzeit in der Bundesrepublik diskutiert werden, dient der Leitfaden als Grundlage für eine unternehmerische Selbstbewertung.
2 Auditierung/Qualifizierung von Straßenbauunternehmen
Der Leitfaden erhält als Anlage einen straßenbauspezifischen Fragenkatalog, der bei der Vorbereitung und Durchführung von Audits unterstützend Verwendung finden soll. Insbesondere bildet er auch die Grundlage für die Berichterstellung.
Der Katalog ersetzt an keiner Stelle Forderungen aus der Norm DIN EN ISO 9001. Wo straßenbauspezifische Rahmenbedingungen dies rechtfertigen, ergänzt der Katalog die Forderungen der Norm in Teilbereichen und unterstützt sie für die straßenbauspezifische Anwendung.
Der Fragenkatalog eignet sich nicht als Checkliste. Die Fragen ergeben viel mehr ein Gesamtbild, so dass das Ergebnis der Beurteilung anhand des vorliegenden Fragenkataloges eine zusammenfassende Bewertung im Auditbericht sein sollte.
Bild 2: Aufbau und Struktur des Leitfadens Fachaudit Straßenbau
Der Fragenkatalog beinhaltet vier Bereiche zur Unternehmensdarstellung:
- Unternehmensprofil
- Personal
- Technische Ausstattung
- Prozesse.
Der Bereich Unternehmensprofil enthält u.a. Fragen zu den Unternehmenszielen, der Unternehmensstruktur, zur Mitarbeiter- und Kundenorientierung, zu Referenzen sowie zu den Belangen des Umweltschutzes und der Arbeitssicherheit.
Der Bereich Personal beinhaltet Fragen zur Personalausstattung, zur Qualifikation des Personals und zu deren Sicherstellung beispielsweise durch Schulungen.
Im Bereich Technische Ausstattung sind Fragen enthalten zur Geräteausstattung, zu Kapazitäten und gewerkespezifischer Ausrüstung, zur Pflege und Wartung und auch zur Gerätedisposition. Ebenso sind hier Fragen enthalten zu Kommunikations- und Prüfmitteln.
Der Bereich projektbezogene und unterstützende Prozesse enthält Fragen zur Angebotsbearbeitung und Vertragsprüfung, zu Sondervorschlägen und Nebenangeboten, zur Arbeitsvorbereitung, der eigentlichen Bauausführung und erforderlicher Prüfungen sowie zur Beschaffung, Abrechnung und Fehlermanagement. Insgesamt ist in diesem Bereich der gesamte Bauprozess abgebildet von der Angebotsauswahl bis zur Übergabe an den Bauherrn.
Selbstverständlich kann der Fragenkatalog sinngemäß auch als eigenständige Grundlage für die Selbstbewertung eines Unternehmens herangezogen werden, wenn kein zertifiziertes QM-System verwirklicht ist oder verwirklicht werden soll.
Bild 3: Die Rolle des Leitfadens Fachaudit Straßenbau
3 Fachliche Anforderungen an den Auditor
Aussagekraft und Glaubwürdigkeit eines Zertifikates hängen nicht nur vom Inhalt ab. Beide sind in hohem Maße abhängig von der fachlichen Qualifikation des Auditors.
Deshalb haben wir in einem eigenen Kapitel die fachlichen Anforderungen an den Auditor definiert. Konkret sind dies Kenntnisse:
- der gesetzlichen und bauvertraglichen Rahmenbedingungen im Straßenbau, des Inhalts und der Zielsetzung einschlägiger technischer Regelwerke sowie des Sicherheits-, Gesundheits- und Umweltschutzes
- über baubetriebswirtschaftliche Zusammenhänge
- der gängigen Bauabläufe und Bauverfahren, insbesondere im Erdbau und in der Herstellung des Oberbaus, Herstellung von Ingenieurbauwerken sowie im Projektmanagement komplexer Bauabläufe einschließlich der in den einschlägigen technischen Vorschriften geforderten Verfahren zur Gütesicherung
- in der Herstellung und Verarbeitung von Baustoffen und Baustoffgemischen sowie im zugehörigen Prüfwesen
- in der technischen Ausstattung von Straßenbauunternehmen.
Die Zertifizierungsgesellschaften sollten diese Anforderungen an ihre Auditoren sicherstellen. Ebenso sollte das zertifizierungswillige Unternehmen sich auch die fachliche Qualifikation des Auditors durch die gewählte Zertifizierungsgesellschaft bestätigen lassen. |