FGSV-Nr. FGSV B 32
Ort Ulm
Datum 24.09.2015
Titel Lärmoptimiertes Grinding – Erfahrungen aus bisherigen Erprobungsstrecken
Autoren Dipl.-Ing. Jens Skarabis
Kategorien Betonstraßen
Einleitung

Zur Herstellung von Grindingtexturen werden Sägeblätter, die sich im geringen Abstand auf einer rotierenden Welle befinden, über die Betonoberfläche geführt. Die Sägeblätter schneiden wenige Millimeter tief in die Betonoberfläche und erzeugen so eine neue Textur, deren Geometrie zum einen von der Anordnung der Sägeblätter und zum anderen von den Eigenschaften des Betons (z. B. Festigkeit, Art der Gesteinskörnung) abhängig ist. In Deutschland wurde das Grinding bisher hauptsächlich eingesetzt, um die Griffigkeit sowie die Ebenheit von Betonfahrbahndecken zu verbessern. In diesem Zusammenhang wurde festgestellt, dass Grindingtexturen auch lärmmindernd sein können. Derzeit wird in einem Forschungsvorhaben untersucht, welches die wesentlichen Einflussfaktoren auf die Geräuschemission von Grindingtexturen sind. Dazu werden im Labor Betonprobekörper hergestellt und mit einer Laborgrindingmaschine texturiert. Es werden die Betonzusammensetzung sowie die Texturgeometrie variiert und im Anschluss an den Oberflächen Texturmessungen durchgeführt sowie der texturinduzierte Strömungswiderstand gemessen. Die Ergebnisse dienen als Eingabeparameter in das Simulationsprogramm SPERoN, um die Lärmminderungseigenschaften der Oberflächen zu beurteilen. Es zeigt sich, dass für eine hohe Lärmminderung feine, homogene Texturen mit geringer Texturtiefe besonders geeignet sind. Auf Grundlage der Laborversuche kamen auf zwei Erprobungsstrecken verschiedene Texturgeometrien und Betonzusammensetzungen zum Einsatz. Erste Ergebnisse zeigen ein Lärmminderungspotenzial von bis zu - 4 dB(A).

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1 Einleitung

Die Textur einer Fahrbahndecke spielt eine wesentliche Rolle für die Entstehung des Reifen/ Fahrbahngeräuschs. Sie beeinflusst sowohl die Reifenschwingungen als auch aerodynamische Prozesse zwischen Reifen und Fahrbahn, die zur Geräuschemission führen. Das Grinding wird in Deutschland seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt, um die Griffigkeit bzw. die Ebenheit von Betonfahrbahndecken zu verbessern. Als positiver Nebeneffekt wurde festgestellt, dass Grindingtexturen auch lärmmindernd sein können. Bisher ist jedoch nicht bekannt, mit welchen Grindingtexturen zielsicher dauerhaft lärmmindernde Fahrbahndecken hergestellt werden können bzw. welche Lärmminderung maximal möglich ist. In einem abgeschlossenen Forschungsvorhaben (Villaret 2011) wurde der Einfluss verschiedener Parameter auf die Textureigenschaften von Betonfahrbahndecken mit Grindingtextur und auf die daraus resultierende Geräuschemission untersucht. Aufbauend auf diesen Erkenntnissen werden in einem aktuellen Forschungsvorhaben (Villaret 2015) Texturgeometrien und Betonzusammensetzungen zur Herstellung dauerhaft griffiger und lärmmindernder Betonfahrbahndecken optimiert. Die Erkenntnisse der Laborversuche fließen in mehrere Erprobungsstrecken ein.

2 Herstellung von Grinding- und Groovingtexturen

Beim Grinding werden Sägeblätter, die sich auf einer rotierenden Welle befinden, über die Betonoberfläche geführt. Am Rand der Sägeblätter befinden sich diamantbesetzte Segmente, die verschiedene Breiten haben können. Der Abstand der Sägeblätter zueinander wird über Distanzscheiben, die sich zwischen den Blättern befinden, gesteuert (Bild 1). Die Schneidtiefe in die Betonoberfläche beträgt zwischen 3 und 5 mm.

Bild 1: Anordnung von Sägeblättern und Distanzscheiben

Eine Grindingtextur besteht aus Rillen und Stegen. Die Form der Rillen ergibt sich aus der Form der Segmente. Die Stege entstehen beim Grinding durch das in der Regel undefinierte Brechen des Betons zwischen den einzelnen Segmenten. Die Breite der Stege wird vom Abstand der Segmente (t) bestimmt. Die Höhe und die Form der Stege sind sowohl vom Beton (Festigkeit, Art der groben Gesteinskörnung) als auch vom Abstand der Segmente (t) abhängig. Zur Verbesserung der Griffigkeit wird in der Praxis häufig mit einer Segmentbreite (s) von 3,2 mm und einem Abstand der Segmente (t) von 2,2 mm gearbeitet. Im Bild 2 sind eine Grindingwelle sowie eine typische Grindingtextur dargestellt.

Bild 2: links: Grindingwelle (Länge: 1,40 m), Mitte: Nahaufnahme einer Grindingwelle, rechts: Grindingtextur

Auch beim Grooving werden Sägeblätter, die sich auf einer rotierenden Welle befinden, über die Oberfläche geführt. Im Unterschied zum Grinding beträgt hier der Abstand der Sägeblätter mehr als 10 mm, wodurch kein Brechen des Betons zwischen den Segmenten mehr stattfindet. Die Textur ist durch in den Beton geschnittene Rillen gekennzeichnet. Das Verfahren wird hauptsächlich eingesetzt, um den Wasserabfluss auf Oberflächen zu verbessern (Bild 3).

Bild 3: Groovingtextur (Quelle: OAT)

3 Eigenschaften von Grindingtexturen

Zur Beurteilung der Textureigenschaften und deren Dauerhaftigkeit wurden die Griffigkeit sowie die Lärmminderungseigenschaften von Grindingtexturen untersucht (Villaret 2010). Im Bild 4 sind die Griffigkeiten von sieben Grindingstrecken in Deutschland dargestellt.

Bild 4: Griffigkeit der untersuchten Grindingstrecken (SKM-Verfahren)

Es zeigt sich, dass unabhängig von ihrem Alter die Griffigkeit aller untersuchten Strecken deutlich über dem Anforderungswert für Neubaustrecken von 0,46 (bei 80 km/h) liegt. Die Lärmminderungseigenschaften der untersuchten Strecken sind im Bild 5 dargestellt.

Bild 5: Lärmminderungseigenschaften der untersuchten Grindingstrecken (SPB-Messung)

Als lärmmindernd gelten Oberflächen, bei denen bei der SPB-Messung der Geräuschpegel unterhalb des Referenzwerts von 85,2 dB(A) bei 120 km/h liegen. Bei den hier dargestellten Ergebnissen liegen vier der fünf untersuchten Strecken unterhalb dieses Referenzwerts. Der geringste Geräuschpegel von 82,2 dB(A) wurde bei der Grindingtextur ermittelt, die zum Zeitpunkt der Messung mit zehn Jahren am ältesten war.

Die Untersuchungen der Praxisstrecken haben gezeigt, dass konventionelle Grindingtexturen dauerhaft griffig sind und auch lärmmindernd sein können. Bisher ist jedoch nicht bekannt, mit welchen Texturgeometrien zielsicher eine dauerhaft hohe Lärmminderung bei gleichzeitiger Sicherstellung der Griffigkeit erreicht werden kann.

4 Laborversuche

In Laborversuchen wurden zunächst Parameterstudien durchgeführt, um die wesentlichen Einflüsse auf die Lärmminderung herauszuarbeiten. Dazu wurde eine Laborgrindingmaschine (Bild 6) entwickelt, mit der praxisübliche Sägeblätter und Distanzscheiben verwendet werden können.

Bild 6: Laborgrindingmaschine

In der Maschine können maximal sieben Sägeblätter gleichzeitig auf der Welle angeordnet werden. Die Durchmesser der Sägeblätter betragen 350 mm, die Durchmesser der Distanzscheiben 200 mm. Der Sägekopf wird von einem Elektromotor mit einer Leistung von 2200 Watt angetrieben. Bei einer Drehzahl von 2800 min-1 können Schneidtiefen bis zu 10 mm erzielt werden. Unterhalb des Sägekopfes wird der Betonprobekörper auf einem fahrbaren Tisch platziert. Die maximal möglichen Abmessungen der Betonprobekörper betragen L x B x H = 400 x 400 x 90 mm. Zur Texturierung des Probekörpers wird zunächst der Sägekopf manuell auf die gewünschte Schneidtiefe abgesenkt. Über Positionsanzeiger lässt sich die Schneidtiefe zehntelmillimetergenau einstellen. Anschließend wird der Tisch mit dem Probekörper manuell über eine Spindel durch den Sägekopf geführt und so die erste Bahn mit einer Breite von ca. 3 cm texturiert. Durch ebenfalls zehntelmillimetergenaue seitliche Verschiebung des Tisches wird der Probekörper um die Breite der gegrindeten Bahn versetzt und die nächste Bahn gegrindet. Der Vorgang wird wiederholt, bis die gesamte Fläche texturiert ist.

Die Laborversuche wurden in der ersten Versuchsreihe an Probekörpern aus Mörtel durchgeführt. Durch die Verwendung von Mörtel wird zunächst der Einfluss der groben Gesteinskörnung auf die Texturgeometrie ausgeschlossen. Im ersten Teil der Untersuchungen wurde die Dicke der Distanzscheiben variiert, um deren Einfluss auf die Texturgeometrie und damit auf die zu erwartende Geräuschemission zu untersuchen. Die Dicke der Distanzscheiben lag zwischen 1,0 mm und 20,0 mm. Die Breite des verwendeten Segments betrug einheitlich 3,2 mm. Die Schneidtiefe betrug 3,0 mm. Das Bild 5 zeigt die Texturen der hergestellten Mörtelprobekörper.

Bild 7: Bohrkerne der Mörtelprobekörper; Variation der Distanzscheibenbreite d

Aufgrund des sehr geringen Abstands der Segmente sind bei Distanzscheibenbreiten von 1,0 mm bis 2,0 mm die Stege sehr schmal und weisen eine sehr gleichmäßige Form und geringe Höhe auf. Mit zunehmender Distanzscheibenbreite brechen die Stege zunehmend unkontrolliert und die Höhe der Stege nimmt zu, was zu größeren Texturtiefen führt. Bei einer Distanzscheibenbreite von 3,0 mm verbleiben Stege mit einem sehr inhomogenen Bruchbild. Die Höhe dieser Stege entspricht vereinzelt der Schneidtiefe von 3,0 mm. Ab einer Distanzscheibenbreite von 5,0 mm findet kein Brechen der Stege mehr statt. Die Höhe der Stege entspricht somit der Schneidtiefe. Ab dieser Distanzscheibenbreite entsprechen die Texturen reinen Groovingtexturen.

Zur Beurteilung der Texturtiefe wurde der ETD-Wert gemäß EN ISO 13473-1 mit dem Messgerät ELAtextur (SCHMIDT 2014) bestimmt. Der ETD ist mit der aus dem Sandfleckverfahren ermittelten Texturtiefe vergleichbar. Die ermittelten Texturtiefen sind im Bild 6 dargestellt.

Bild 8: Links: Messgerät ELAtextur, rechts: ETD-Werte der Mörtelprobekörper

Die Texturtiefen nehmen mit zunehmender Distanzscheibenbreite zunächst zu, da die Höhe der Stege zunimmt. Ab einer Distanzscheibenbreite von 5,0 mm sind die ETD-Werte deutlich höher, da hier kein Brechen der Stege mehr stattfindet und die Steghöhe maximal ist (entspricht der Schneidtiefe). Bei weiterer Zunahme der Distanzscheibenbreite (> 5,0 mm) nehmen die ETD-Werte wieder ab, da der Abstand der Rillen zunimmt.

Zur Beurteilung der Lärmminderungseigenschaften der Oberflächen wurden weitere geräuschemissionsrelevante Textureigenschaften der Oberfläche mit einem Laserprofilometer sowie der texturinduzierte Strömungswiderstand der Oberflächen bestimmt (Bild 9). Die Bestimmung des texturinduzierten Strömungswiderstands erfolgte in Anlehnung an DIN EN 29053.

Bild 9: Texturmessungen (links) und Messungen des texturinduzierten Strömungswiderstands (rechts)

Auf Grundlage dieser Messungen wurde der zu erwartende Vorbeirollpegel mit dem Simulationsprogramm SPERoN® berechnet. Das mit dem Akronym SPERoN (Statistical Physical Explanation of Rolling Noise) bezeichnete Rechenmodell wurde im Rahmen der Forschungsprojekte ,,Leiser Straßenverkehr ­ Reduzierte Reifen-Fahrbahn-Geräusche" (Bundesministerium für Bildung und Forschung, seit 2002) und ,,ITARI ­ Integrated Tyre And Road Interaction" (EU, 2005 bis 2007) von Müller-BBM in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Angewandte Akustik der Chalmers University of Technology in Göteborg (Schweden) entwickelt. Mit dem Modell kann der Schalldruckpegel des Vorbeirollgeräuschs von Fahrzeugen in 7,5 m Entfernung zur Fahrbahnmitte in einer Höhe von 1,2 m in Abhängigkeit von der Geschwindigkeit, den Eigenschaften der Reifen und der Fahrbahnoberfläche prognostiziert werden. Die Vorbeirollpegel LCPB, calc. wurden für den Reifentyp Michelin Energy 3A mit einer Breite von 195 mm und einer Geschwindigkeit von 120 km/h ermittelt. Im Bild 10 sind die Strömungswiderstände sowie die berechneten Vorbeirollpegel der Probekörper dargestellt.

Bild 10: Strömungswiederstand (links) und berechneter Vorbeirollpegel (rechts) der Probekörper

Die Strömungswiderstände korrelieren mit den ermittelten Texturtiefen und nehmen bei zunehmender Distanzscheibenbreite bis 5,0 mm zunächst ab, da bei zunehmender Distanzscheibenbreite die Texturtiefe zunimmt, wodurch Luft besser entweichen kann. Der geringste Strömungswiderstand liegt bei der Distanzscheibenbreite von 5,0 mm vor. Bei darüber hinausgehenden Distanzscheibenbreiten nehmen die Strömungswiderstände wieder zu, da der Abstand der Rillen zunimmt und folglich weniger ,,Kanäle" vorhanden sind, durch die Luft entweichen kann. Auch hinsichtlich des Vorbeirollpegels ist ein signifikanter Einfluss der Distanzscheibenbreite festzustellen. Die berechneten Vorbeirollpegel korrelieren mit den gemessenen Strömungswiderständen bzw. Texturtiefen. Die Oberfläche, die mit einer Distanzscheibenbreite von 1,0 mm hergestellt wurde, ist die aus akustischer Sicht beste Oberfläche. Mit zunehmender Distanzscheibenbreite nehmen die Pegel deutlich zu, da aufgrund des gleichzeitig abnehmenden Strömungswiderstands die aerodynamische Geräuschanteil ansteigt. Je größer die Texturtiefe ist, umso geringer ist der Strömungswiderstand bzw. desto höher wird der aerodynamische Geräuschanteil, da der Luft mehr Raum zum Durchströmen gegeben ist. Ab einer Distanzscheibenbreite von 5 mm nehmen die Pegel erneut ab, da der Strömungswiderstand zunimmt und somit der aerodynamische Geräuschanteil abnimmt.

In weiterführenden Laborversuchen wird der Einfluss der Betonzusammensetzung auf die Dauerhaftigkeit von Grinding- und Groovingtexturen untersucht.

5 Erprobungsstrecken

Basierend auf den Erkenntnissen aus den Laborversuchen werden auf mehreren Erprobungsstrecken Fahrbahndecken mit unterschiedlichen Betonzusammensetzungen bzw. Grindingvarianten texturiert. Auf der A 13 bei Mittenwalde (km 7,800 bis km 16,000) wurde aufgrund von Griffigkeitsmängeln einer 12 Jahre alten Betonfahrbahndecke die Lastspur in beiden Fahrtrichtungen mittels Grinding bzw. Grooving texturiert. Die wesentlichen Erkenntnisse aus den Untersuchungen sind nachfolgend dargestellt. Zur Untersuchung des Einflusses zusätzlicher Groovingrillen auf die Textureigenschaften von wurde der Abstand der Groovingrillen (Segmentabstand) variiert (Tabelle 1).

Tabelle 1: Texturen auf der A 13

Das Bild 11 zeigt exemplarisch eine Kombination aus Grinding und Grooving mit einem Abstand der Groovingrillen von 20 mm.

Bild 11: Kombination aus Grinding und Grooving: Abstand der Groovingrillen: 20 mm (Quelle: VKI)

Die Griffigkeiten der Texturen liegen unabhängig vom Abstand der Groovingrillen deutlich über dem Anforderungswert von 0,46 für Neubaustrecken (Bild 12).

Bild 12: Griffigkeit der untersuchten Grindingstrecken (SKM-Verfahren) auf der A 13

Die höchste Griffigkeit weist die Textur mit einem Segmentabstand von 10 mm auf. Hier scheint der geringe Abstand der Groovingrillen die Wasserdrainage zu verbessern und somit die höhere Griffigkeit zu bewirken. Hinsichtlich der Lärmminderungseigenschaften wurden zunächst sogenannte CPB-Messungen (controlled pass-by) durchgeführt. Diese kontrollierten Vorbeifahrtmessungen werden nach der Vorgehensweise einer SPB-Messung durchgeführt allerdings werden die CPB-Messungen mit einem definierten Fahrzeug bei vorgegebenen Geschwindigkeitsstufen durchgeführt. Die Bereifung erfolgt mit Reifen, deren 3-D-Textur (Reifenprofil) und strukturdynamische Eigenschaften messtechnisch ermittelt wurden und für die Vorbeifahrtmessungen mit einem definierten Reifeninnendruck verwendet werden. CPB-Messungen sind daher nicht direkt auf SPB-Messungen übertragbar, sie zeigen jedoch in welcher Größenordnung die Ergebnisse einer SPB-Messungen liegen können. Die Ergebnisse der Kontrollierten Vorbeifahrt sind im Bild 13 dargestellt.

Bild 13: Lärmminderungseigenschaften der untersuchten Grindingstrecken (kontrollierte Vorbeifahrt mit v = 120 km/h, Reifentyp: Continental PremiumContact 2)

Wie auch in den Laborversuchen (Bild 10 rechts: Segmentabstand von 5 mm bis 20 mm) zeigt sich eine Verbesserung der Lärmminderung mit zunehmendem Abstand der Groovingrillen. Der niedrigste Geräuschpegel liegt mit 80,9 dB(A) bei einem Abstand der Groovingrillen von 20 mm vor, da infolge der größeren Abstände der Groovingrillen der Luft weniger Kanäle zum Durchströmen zur Verfügung stehen und somit der aerodynamische Geräuschanteil sinkt. Bezogen auf einen Referenzwert von 85,2 dB(A) (für SPB-Messungen) würde hier eine Pegelminderung von 85,2 dB(A) ­ 80,9 dB(A) = 4,3 dB(A) vorliegen. Da der hier verwendete Reifentyp als repräsentativ für das Fahrzeugkollektiv einer SPB-Messung angesehen wird, wird zunächst davon ausgegangen, dass mit der beschriebenen Textur eine Pegelminderung von bis zu - 4 dB(A) möglich ist. SPB-Messungen sind an diesem Streckenabschnitt bereits durchgeführt, jedoch noch nicht ausgewertet worden.

Im Rahmen der baulichen Erhaltung von Verkehrsflächen war im Bereich der A 12 auf der linken Richtungsfahrbahn zwischen km 34,100 und km 36,500 auf einer Länge von 2,400 km die vollständige Erneuerung des Oberbaus im Tiefeinbau in Betonbauweise vorgesehen. Innerhalb der Erneuerungsmaßnahme wurde der Abschnitt von km 34,100 bis km 35,000 als Erprobungsstrecke hergestellt. Auf dem Abschnitt wurden drei Oberbetone sowie drei Texturen kombiniert (Bild 14).

Bild 14: Aufteilung der Erprobungsstrecke in neun unterschiedliche Abschnitte

Die für die Oberbetone verwendete Gesteinskörnung hatte dieselbe Herkunft und unterschied sich nur im Größtkorn bzw. der Sieblinie. Als Oberbetone wurden ein konventioneller Oberbeton mit einem Größtkorn von 22 mm (Beton 1) sowie zwei Betone mit Waschbetonzusammensetzung mit einem Größtkorn von 8 mm verwendet. Bei einer Waschbetonzusammensetzung wurde eine Ausfallkörnung (Beton 2) und bei der anderen eine stetige Sieblinie verwendet (Beton 3). Sieben Tage nach der Betonherstellung erfolgte das Grinding mit den in der Tabelle 2 aufgeführten Texturen.

Tabelle 2: Texturen auf der A 12

Im Bild 15 sind Fotos der Texturen am Beispiel des Betons 3 dargestellt.

Bild 15: Foto der Texturen am Beispiel von Beton 3: Links: Textur 1, Mitte: Textur 2, Rechts: Textur 3

Die Griffigkeiten der einzelnen Abschnitte sind im Bild 16 dargestellt.

Bild 16: Griffigkeiten auf der Erprobungsstrecke der A 12 (SKM-Verfahren)

Auch hier zeigt sich, dass bei allen Abschnitten die Griffigkeiten deutlich über dem Anforderungswert für Neubaustrecken (0,46) liegen.

Zur Beurteilung der Dauerhaftigkeitseigenschaften der Grindingtexturen wurden den Abschnitten Bohrkerne für Laborversuche entnommen, an denen zur Zeit der Frost-TausalzWiderstand in Anlehnung an den CDF-Test sowie der Verschleiß-/Polierwiderstand mit der Prüfanlage ARTe (Aachener Ravelling-Tester) untersucht werden. Die Untersuchungen sollen Aufschluss über die Texturdauerhaftigkeit in Abhängigkeit der Betonzusammensetzung bzw. der Texturgeometrie geben. Die SPB-Messungen sind bereits durchgeführt, jedoch noch nicht ausgewertet worden.

Im Oktober 2015 wird im Rahmen des Forschungsvorhabens eine weitere Erprobungsstrekke auf der A 5 zwischen Bruchsal und Karlsruhe gebaut. Wie auch bei der A 12 werden drei unterschiedliche Oberbetone zum Einsatz kommen. Anders als bei der A 12 wird auf der A 5 auch gerundete Gesteinskörnung im Oberbeton eingesetzt. Bei zwei der gewählten Oberbetone besteht die grobe Gesteinskörnung zu 100 % aus gerundetem Material. Da infolge des Grindingvorgangs die Oberflächen der groben Gesteinskörnung angeschnitten und aufgeraut werden, wäre es möglich, dass für Grindingoberflächen auch Betone mit ausschließlich gerundeter Gesteinskörnung eingesetzt werden können, um dauerhaft griffige Oberflächen zu erzielen. Auf diese Weise könnten die Kosten für diese Bauweise gesenkt werden. Wie auch bei der A 12 wird jeder Oberbeton mit drei verschiedenen Grindingvarianten texturiert. Die Texturen, deren endgültige Festlegung noch nicht erfolgt ist, sind Weiterentwicklungen der Laborversuche sowie der Simulationsrechnungen.

6 Zusammenfassung und Ausblick

Das Grinding wird bisher in Deutschland hauptsächlich zur Verbesserung der Griffigkeit und der Ebenheit eingesetzt. Untersuchungen an Praxisstrecken zeigen, dass Grindingtexturen dauerhaft griffig sind und auch lärmmindernde Eigenschaften aufweisen können. In einem aktuellen Forschungsvorhaben wird der Frage nachgegangen, mit welchen Texturgeometrien zielsicher eine dauerhaft hohe Lärmminderung bei gleichzeitiger Sicherstellung der Griffigkeit erreicht werden kann. In den Laborversuchen wurde festgestellt, dass mit eine sehr feinen Textur mit geringer Texturtiefe, die durch einen geringen Segmentabstand hergestellt wird, die aus akustischer Sicht beste Oberfläche erzielt wird. Zur Sicherstellung der dauerhaften Griffigkeit kann es erforderlich sein, zusätzlich Groovingrillen in den Beton zu schneiden, um das Drainagevermögen zu verbessern. Der Abstand der Groovingrillen sollte jedoch nicht geringer als 20 mm sein, da bei geringerem Abstand die lärmmindernden Eigenschaften abnehmen. Die ersten Ergebnisse der Erprobungsstrecken deuten darauf hin, dass ein Lärmminderungspotenzial von - 4 dB(A) möglich ist. Im Rahmen der Überarbeitung der ZTV Beton-StB soll das Grinding auch als Texturierung für Neubaustrecken aufgenommen werden. Es ist geplant, dabei zwei verschiedene Grindingvarianten aufzuführen:

1. Standardgrinding zur Erfüllung der Griffigkeit

2. Optimiertes Grinding zur Erfüllung der Griffigkeit mit gleichzeitig lärmmindernden Eigenschaften.

Literaturverzeichnis

S c h m i d t: ELAtextur® zur Bestimmung der Makrotextur, http://www.iwsmesstechnik.de/elatextur.htm, 2014

V i l l a r e t (2010): V i l l a r e t, S.; S c h m i d t, J.: Forschungsprojekt FE 8.0210/2010/ORB: Untersuchung der lärmtechnischen Eigenschaften von Betonfahrbahndecken mit Grinding-Oberflächen

V i l l a r e t (2011): V i l l a r e t, S.; A l t r e u t h e r, B.; B e c k e n b a u e r, Th.; F r o h b ö s e, B.; S k a r a b i s, J.: Forschungsbericht zu FE 8.0211/2011/OGB ,,Akustische Optimierung von Betonoberflächen durch Texturierung des Festbetons mit verbesserten Grinding-Verfahren". Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung, vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen, Hoppegarten, Deutschland, April 2013

V i l l a r e t (2015): V i l l a r e t, S.; B e c k e n b a u e r, Th.; F r o h b ö s e, B.; S k a r a b i s, J.: 4. Zwischenbericht zu FE 8.0220/2012/ORB ,,Dauerhafte Betondecken ­ Optimierung der Fahrbahnoberfläche durch Texturierung mittels Grinding-Verfahren". Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur, vertreten durch die Bundesanstalt für Straßenwesen, Hoppegarten, Deutschland, Februar 2015