FGSV-Nr. FGSV 001/21
Ort Karlsruhe
Datum 11.10.2006
Titel Erhaltungsmanagement zur Umsetzung der Vorgabe aus dem Bundesverkehrswegeplan
Autoren TRDir. Dipl.-Ing. Gregor Schröder, Dipl.-Ing. Anita Künkel-Henker
Kategorien Kongress
Einleitung

Eine Grundvoraussetzung für wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten ist eine intakte Infrastruktur. Die Straße ist ein wichtiger Teil dieser Infrastruktur. Wirklich wahrgenommen wird sie allerdings oft erst dann, wenn Zeit-, Personen- oder Sachschäden entstanden sind.

Die Erhaltung der sicheren Leistungsfähigkeit der Straßeninfrastruktur und damit die Sicherung der inzwischen unverzichtbaren Mobilität unserer Gesellschaft wird durch zunehmende Verkehrsbelastungen – insbesondere des Schwerverkehrs, die ungünstige Verteilung der Altersstruktur sowie knappe finanzielle Ressourcen zu einer immer schwierigeren Aufgabe.

Mit der Entwicklung und Einführung der Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen (RPE-Stra 01) [1], der koordinierten Erhaltungsplanung (KEP) von Fahrbahnen und Bauwerken [2] sowie der regelmäßigen bundesweiten Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) sind bereits wesentliche Voraussetzungen und Grundlagen für eine systematische Straßenerhaltung geschaffen worden. Ein weiterer Schritt hin zu einer netzweit optimierten Erhaltungsplanung ist die Entwicklung und Anwendung der Management Systeme PMS und BMS. Mit dem für die Fahrbahnen entwickelten Pavement Management System (PMS) kann bereits die Erhaltungsplanung der Bundesländer wesentlich erleichtert und der Bedarf notwendiger Erhaltungsmittel objektiv abgeschätzt und sehr anschaulich verdeutlicht werden.

Neben der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Verbesserung der bereits vorhandenen Instrumentarien sind zukünftig jedoch noch weitere Strategien erforderlich, um einerseits insbesondere auf verkehrlich hoch belasteten Strecken die baustellenbedingten Verkehrsbehinderungen möglichst gering zu halten und um andererseits trotzdem die durch den Bundesverkehrswegeplan (BVWP) [3] vorgegebene substanzorientierte Erhaltung der Straßen zu erreichen.

Auf dem Weg zu einer netzweit optimierten Erhaltungsplanung ist die Forschung im Bereich Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur entsprechend praxisorientiert an aktuellen Fragestellungen ausgerichtet. Schwerpunkte sind zurzeit unter anderem die Entwicklung eines koordinierten Gesamt-Erhaltungsmanagements, Untersuchungen zu baubetrieblichen Aspekten und deren Einbindung in die Managementsysteme, die Entwicklung von Instrumentarien und Strategien, um die Erhaltung steuern und die vorgegebenen Ziele entsprechend dem Bundesverkehrswegeplan erreichen zu können.

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1  Einführung

Das Bundesfernstraßennetz der Bundesrepublik Deutschland umfasst über 12 000 km Bundesautobahnen und ca. 41 000 km Bundesstraßen mit einem Bruttoanlagevermögen von über 175 Mrd. Euro.

Entsprechend der wirtschaftlichen Entwicklung Deutschlands stammt ein erheblicher Anteil des Bestandes in den alten Bundesländern aus den 60er und 70er Jahren. Daher ist der Ausbaustandard hinsichtlich Trassierung, Breite, Frostsicherheit, Tragfähigkeit der Fahrbahnbefestigungen sowie Konstruktion und Tragfähigkeit der Bauwerke sehr unterschiedlich. Um den Verkehrsanforderungen weiterhin zu genügen ist bei den Fahrbahnbefestigungen absehbar, dass für einen großen Teil des Bestandes in den nächsten Jahren eine Grunderneuerung (Ersatz der Deck-, Binder- und zum Teil auch der Tragschicht) ansteht und an Bauwerken oft größere Instandsetzungsarbeiten notwendig werden. In den neuen Bundesländern werden bei den Bundesstraßen Erneuerungsmaßnahmen notwendig, die teilweise mit kostenintensiven Um- und Ausbaumaßnahmen (z. B. Gradientenverbesserung, Trassierungsanpassung) kombiniert werden müssen, um den verkehrlichen Standard der alten Bundesländer sukzessive zu erreichen.

Die Bundesautobahnen tragen die Hauptlast des Personen- und Güterverkehrs in Deutschland. Bereits geringe Störungen im Netz durch Verkehrsbeschränkungen oder durch den Ausfall einzelner Streckenabschnitte führen zu starken Verkehrsbehinderungen mit erheblichen Folgekosten für den Straßennutzer und die Volkswirtschaft sowie zu negativen Auswirkungen auf die Umwelt. Zusätzliche Beanspruchungen für das Straßennetz haben sich unter anderem auch durch die Erweiterung des Europäischen Binnenmarktes ergeben.

Die Belastung der Straßeninfrastruktur wird allerdings noch weiter zunehmen. Nach der dem Bundesverkehrswegeplan zugrunde liegenden Prognose für das Jahr 2015, soll der Personenverkehr um 20 % und der Güterverkehr sogar um 60 % ansteigen. Insbesondere mit der Zunahme des schweren Verkehrs und der hiermit einhergehenden Schädigung der Fahrbahnen und Brücken durch hohe Achslasten und Gesamtgewichte – von Schäden durch Überladung ganz zu schweigen –, werden auch auf Grund der laufend ungünstiger werdenden Altersstruktur Schäden im Straßennetz und bei den Bauwerken immer häufiger. Der Investitionsschwerpunkt wurde daher im Bundesverkehrswegeplan für die kommenden Jahre auf die Erhaltung der Straßeninfrastruktur gelegt. Ziel des Bundesverkehrswegeplans ist es, die sichere Leistungsfähigkeit der Straßeninfrastruktur zur langfristigen Sicherung der inzwischen unverzichtbaren Mobilität unserer Gesellschaft zu gewährleisten.

 

2   Erhaltungsmanagement

Eine ausreichende Qualität der Bundesfernstraßen ist langfristig aber nur mit einer verstärkt substanzorientierten Erhaltung möglich. Dabei kommt einer technisch, wirtschaftlich und baubetrieblich optimierten Erhaltungsplanung eine wesentliche Bedeutung zu. Zur Unterstützung dieser netzweiten Optimierung der Erhaltungsplanung wurde in den letzten Jahren ein bundesweites Erhaltungsmanagement vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (BMVBS), zusammen mit der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt), der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (FGSV) und den Straßen- und Verkehrsverwaltungen der Bundesländer entwickelt und sukzessive eingeführt.

Das Erhaltungsmanagement soll Bund und Länder in die Lage versetzen, die gestiegenen Anforderungen an eine bedarfsgerechte Erhaltung der Straßeninfrastruktur erfüllen zu können. Es gilt einen in finanzieller, personeller und baubetrieblicher Hinsicht nicht mehr zu beherrschenden Erhaltungsnachholbedarf zu vermeiden, um so dem Verkehrsteilnehmer eine leistungsfähige und sichere Straßeninfrastruktur langfristig zur Verfügung stellen zu können.

Mit der Einführung der „Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen“ (RPE-Stra 01) wurden alle wesentlichen verwaltungstechnischen Planungsstufen und der Ablauf des Erhaltungsmanagements erstmalig bundesweit für die Erhaltungspraxis zugänglich gemacht. Erfahrungen und Verbesserungsansätze aus der praktischen Anwendung werden als ein Teil der kontinuierlichen Weiterentwicklung und Verbesserung des Erhaltungsmanagements bei der Fortschreibung der RPE-Stra eingearbeitet. Ein entsprechendes Regelwerk für die Bauwerke wurde mit der „Richtlinie zur Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Ingenieurbauwerken“ (RPE-ING) erarbeitet.

Voraussetzung für ein effizientes Erhaltungsmanagement sind netzweit vollständig vorliegende und aktuelle Daten. Bereits bei der Erstanwendung des rechnergestützten Pavement Management Systems PMS wurde die Notwendigkeit einer guten Datenhaltung deutlich. Seither wurde die Datenpflege in allen Bundesländern stetig verbessert. Die Datengrundlage für das Erhaltungsmanagement setzt sich aus Zustands-, Aufbau-, Netz-, Unfalldaten und Daten zur Erhaltungsgeschichte zusammen.

Mittels praxisorientierter Forschung wird das Erhaltungsmanagement immer besser an den Erfordernissen der Erhaltungsplanung ausgerichtet. Für Bund und Länder werden die Instrumentarien und Verfahren für eine netzweit optimierte Erhaltungsplanung entwickelt, um in Deutschland die Straßeninfrastruktur langfristig leistungsfähig und verkehrssicher zu erhalten und um die dafür notwendigen finanziellen Mittel möglichst objektiv begründen und einwerben zu können.

 

3  Zustandserfassung und -bewertung ZEB

Die Zustandserfassung und -bewertung ZEB liefert die wichtigste Datengrundlage für das Erhaltungsmanagement der Bundesfernstraßen und ermöglicht netzweit einen guten Überblick über die Zustandsverteilungen und Zustandsausprägungen der Fahrbahnoberfläche. Auf Objektebene geben die unterschiedlichen Merkmalsausprägungen einen ersten Hinweis für die Ursachen eines unzureichenden Straßenzustandes.

Die ZEB erfolgt in vier Teilprojekten (TP): Längs- und Querebenheit (TP 1a & 1b), Griffigkeit (TP 2), Substanzmerkmale Oberfläche (TP 3) und daran anschließend die Bewertung, Qualitätssicherung und Ergebnisdarstellung der erfassten Daten (TP 4).

Die Ergebnisse aus der ZEB können in verschiedenen Varianten dargestellt werden. Es ist eine Darstellung getrennt nach den einzelnen Merkmalen oder aber auch in nach festen Verknüpfungsregeln zusammengefassten mehr nutzerorientierten Gebrauchswerten, mehr baulastträgerorientierten Substanzwerten Oberfläche oder Gesamtwerten möglich (Bild 1).

Beim Gebrauchswert liegt der Schwerpunkt auf der Beurteilung der Verkehrssicherheit und des Fahrkomforts. Der Substanzwert Oberfläche ermöglicht durch Analyse der an der Fahrbahnoberfläche erkennbaren Schäden erste Rückschlüsse auf die strukturelle Beschaffenheit der Fahrbahnsubstanz [4].

Die Ergebnisse der ZEB werden länderweise aufbereitet und in Zustandsprofilen und Übersichtskarten (Bild 2) dargestellt. Durch zusätzliche statische Auswertungen ist eine Aussage über den Zustand der Fahrbahnoberfläche sowie Vergleiche der momentanen Angebotsqualität der Bundesfernstraßen in den einzelnen Regionen möglich. Defizite der Fahrbahnoberflächen können im Netz lokalisiert (Bild 2) und die Erhaltungsplanung entsprechend den jeweiligen Erfordernissen (Bild 3) netzweit optimiert werden.

Bild 1: Zustandsbewertung der ZEB

Bild 2: Übersichtsplan der ZEB

Seit 1992 werden die Zustandsdaten auf den Bundesfernstraßen in jeweils vier Jahre umfassenden Messkampagnen aufgenommen (Bild 4). In den ersten beiden Jahren einer Messkampagne werden alle Fahrstreifen der Bundesautobahnen messtechnisch erfasst. In den darauffolgenden beiden Jahren wird die ZEB der Bundesstraßen in jeweils einer Fahrtrichtung durchgeführt. Die Jahresmessleistung liegt hierbei bei 24 000 bis 28 000 Fahrstreifenkilometern. Die gewonnenen Ergebnisse aus der ZEB dienen als Grundlage für die Erhaltungsplanungen der Länder, für die Prognose unter anderem im Rahmen der Bundesverkehrswegeplanung, für die Bewertung von Bauweisen sowie als eine wichtige Grundlage für die Forschung. Die inzwischen seit der Ersterfassung gesammelten Erfahrungen liefern immer wieder neue Ansätze für eine kontinuierliche Weiterentwicklung sowohl des Gesamtsystems als auch einzelner Bereiche einschließlich der Messtechnik oder der Bewertung einzelner Merkmalsausprägungen. So wurden unter anderem mit der Einführung der Rohdatenformate, der georeferenzierten Zuordnung der Zustandsmessdaten im Straßennetz und einer gesonderten Bewertung der Ortsdurchfahrten die Aussagekraft und Ergebnisqualität der ZEB sukzessive weiter gesteigert. Der inzwischen erreichte Standard der ZEB wird in den „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien zur Zustandserfassung und -bewertung von Straßen“ (ZTV ZEB-StB), Ausgabe 2006, dokumentiert.

Bild 3: Netzweite Zustandsverteilung aller Merkmale

Bild 4: Messkampagnen der ZEB

Aufgrund der Bedeutung der ZEB-Ergebnisse hinsichtlich der Prognose des Erhaltungsbedarfs, der Bilanzierung des Straßennetzes und einer optimierten Erhaltungsplanung kommt der Qualitätssicherung der ZEB eine immer größere Bedeutung zu. Aus diesem Grund wurde die Bundesanstalt für Straßenwesen mit der Sicherung des notwendigen hohen Qualitätsniveaus der zu erfassenden Daten beauftragt. Diese Qualitätssicherung beinhaltet neben Kontroll-, Eignungs- und Funktionsprüfungen auch Fahrerschulungen, einen regelmäßigen Erfahrungsaustausch sowie die kontinuierliche Weiterentwicklung und Optimierung der Messverfahren einschließlich der Messtechnik.

Gezielte praxisorientierte Forschungsprojekte ermöglichen es, den vielfältigen Anforderungen durch die unterschiedlichen Einsatzbereiche gerecht zu werden und die ZEB entsprechend zu ergänzen beziehungsweise weiterzuentwickeln. In den Forschungsprojekten FA 29.147 „Zustandserfassung und -bewertung der Fahrbahnoberflächen der Bundesfernstraßen 1999 bis 2004 – Dokumentation und bundesstatistische Analyse“ und FA 9.132 „Verbesserung der praxisnahen Bewertung des Straßenzustandes“ wurden durch vergleichende Auswertungen mehrerer Messkampagnen Vorschläge für Modifizierungen der Zustandsbewertung erarbeitet. Eine mögliche Berücksichtigung von Anschlussstellen in der ZEB wird derzeit untersucht.

Beim Teilprojekt 1a „Längsebenheit“ wird seit 2000 neben dem bisher üblichen AUN-Wert zusätzlich der Längsebenheitswirkindex LWI ausgewertet und im Streckenband ergänzend dargestellt. Aktuelle Forschungsergebnisse zum „Bewerteten Längsprofil“ zeigen zudem viel versprechende Ansätze für eine verbesserte Längsebenheitsbewertung.

 

4  Rechnergestütztes Pavement Management System (PMS)

Das Pavement Management System (PMS) ermöglicht die rechnergestützte netzweite Verknüpfung von einer Fülle an erhaltungsrelevanten Daten und Informationen. Die Wirksamkeit ausgewählter Strategien und Maßnahmen können mittels PMS über Jahre abgeschätzt und die Auswirkungen im Netz dargestellt werden. Der Einsatz des PMS führt zu technisch und ökonomisch optimierten Strategien.

In langjährigen Forschungen wurden die Algorithmen für ein auf deutsche Bundesfernstraßenverhältnisse angepasstes rechnergestütztes PMS entwickelt. Das PMS wurde als offenes System mit modulartigem Aufbau konzipiert (Bild 5).

Dieser modulartige Aufbau ermöglicht die gezielte Weiterentwicklung und kontinuierliche Verbesserung jeden einzelnen Moduls. Erfahrungen aus der Erhaltungsplanung und aus Forschungsergebnissen werden der Praxis durch ein entsprechend überarbeitetes und ergänztes System direkt wieder zur Verfügung gestellt. Die Aktualisierung, das heißt der Austausch der einzelnen Module, erfolgt hierbei ohne Beeinträchtigung des Gesamtsystems.

Bild 5: Module des deutschen PMS

Bereits bei der Erstanwendung des PMS mit allen Bundesländern [5] zeigte sich, dass das Instrumentarium für Bundesfernstraßen gute Ergebnisse erzielt. Um das PMS aber noch besser den Bedürfnissen der Erhaltungspraxis anzupassen und die Basis für eine kontinuierliche Weiterentwicklung zu schaffen wurden zahlreiche Forschungsprojekte angestoßen.

Mit dem Forschungsprojekt FA 9.127 „Kostenermittlung für Erhaltungsmaßnahmen zur Bestimmung der Kosteneingangsgrößen für das PMS“ wurden entsprechend den unterschiedlichen Regionen aktuelle Kosten von Erhaltungsmaßnahmen unter Variation der Bauloslänge für das PMS und die Erhaltungsbedarfsprognose entwickelt.

Durch die Forschungsprojekte FA 9.125 „Katalogisierung von beschreibenden Größen für das Gebrauchsverhalten von Fahrbahnbefestigungen und die Wirkung von Erhaltungsmaßnahmen“ für die Bundesautobahnen und FA 9.128 „Empirische Absicherung der Verhaltensfunktionen für Wirtschaftlichkeitsrechnungen und für PMS-Anwendungen“ für die Bundesstraßen, wurden die Verhaltensfunktionen im PMS auf der Grundlage aufeinander folgender Messkampagnen der ZEB aktualisiert (Bild 6).

Im Forschungsprojekt FA 9.130 „Erarbeitung eines Verfahrens zur Bildung von Erhaltungsabschnitten für das Erhaltungsmanagement (PMS) auf Basis von Zustands- und Aufbaudaten“ wurde die Abschnittsbildung noch einmal genauer betrachtet. Die bisherige Abschnittsbildung auf Grundlage zustandshomogener Bereiche wurde in Richtung sinnvoller Baulosbildung weiterentwickelt. Beim Forschungsprojekt FA 9.131 „Einbindung der baulichen Unterhaltung in Verfahren für das Erhaltungsmanagement“ sollen die Aufwendungen für bauliche Unterhaltung beim Verzögern von notwendigen Erhaltungsmaßnahmen für den jeweiligen Abschnitt abgeschätzt und die Möglichkeit einer entsprechenden Berücksichtigung bei der netzweiten Optimierung der Maßnahmen geschaffen werden. Das Forschungsprojekt FA 9.131 ist eines der vielen Projekte deren Ziel es ist, das PMS Stück für Stück immer weiter und besser an die Realität anzunähern.

Die Bewertung im PMS soll mit dem Forschungsprojekt FA 9.141 „Erarbeitung eines Prototypen eines technisch-wirtschaftlichen Kostenminimierungsmoduls für das Erhaltungsmanagement“ ergänzt und weiterentwickelt werden.

Die im Rahmen der ZEB erfassten Substanzmerkmale der Fahrbahnoberfläche werden mit dem aus den Aufbaudaten gebildeten Substanzwert Bestand (Einbeziehen von Schichtart, -alter und -dicke) zum Substanzwert-Gesamt (Bild 7) zusammengefasst.

Bild 6: Aktualisierte Verhaltensfunktionen auf Grundlage von ZEB-Ergebnissen

Bild 7: Substanzwert Gesamt

Für das Erhaltungsmanagement ist die Weiterentwicklung der Substanzbewertung mit einer realen Abschätzung des Substanzwertes eine sehr wichtige und schwierige Aufgabe der nächsten Jahre.

Ein Forschungsprojekt zur Abschätzung des Restwerts der Fahrbahnsubstanz am Ende des Bewertungszeitraums im PMS ist in Vorbereitung. Die Integration von Messungen der Fahrbahnsubstanz ins PMS sind jederzeit möglich; allerdings zurzeit hinsichtlich der Messtechnik bei einer netzweiten Betrachtung noch eher schwierig. Tragfähigkeitsmessungen unterstützt durch Georadarmessungen zeigen jedoch schon vielversprechende Ansätze.

 

5  Erhaltungsplanung

Im aktuellen Bundesverkehrswegeplan hat die Erhaltung wesentlich an Bedeutung gewonnen. Bis 2015 sollen bundeseinheitlich stabile Substanzverhältnisse bei den Bundesfernstraßen erreicht werden. Dies bedeutet, dass in den nächsten Jahren verstärkt grundhafte Erneuerungen und damit zwangsläufig auch längerfristige Baumaßnahmen durchgeführt werden müssen. Gleichzeitig wird aber die Verkehrsbelastung vor allem im Straßengüterverkehr noch erheblich zunehmen. Aus diesen Gründen muss die Planung von Erhaltungsmaßnahmen das Baustellenmanagement noch stärker mit einbeziehen. Es wird bei den steigenden Verkehrsbelastungen immer mehr darauf ankommen, bei der Erhaltungsplanung den verkehrlichen Erfordernissen besonders Rechnung zu tragen und baustellenbedingte Verkehrsbehinderungen möglichst gering zu halten. Aus diesem Grund ist die Integration einer optimierten Baustellenfolge ein wichtiges Forschungsgebiet im Erhaltungsmanagement. Erste Grundlagen wurden diesbezüglich für das Erhaltungsmanagement im Forschungsprojekt FA 9.133 „Erarbeitung eines Verfahrens zur Minimierung der baustellenbedingten Nutzerkosten für das Erhaltungsmanagement (PMS)“ geschaffen und für die Integration ins Erhaltungsmanagement vorbereitet. Im Nachfolgeprojekt FA 9.135 „Entwicklung von Verfahrenshilfen für ein netzorientiertes Baustellenmanagement von Instandsetzung- und Erneuerungsmaßnahmen“ wurden dann in einem weiteren Schritt Verfahren für eine netzweite Optimierung der Erhaltungsmaßnahmen unter Berücksichtigung baubetrieblicher Aspekte entwickelt, die direkt in das PMS integriert werden können.

Das PMS ermöglicht eine netzweite Optimierung der Erhaltungsplanung. Es kann die Zustandsentwicklung der Fahrbahnoberfläche und der Fahrbahnsubstanz auf der Grundlage bekannter Verhaltenskurven und aktueller Zustandsergebnisse in Abhängigkeit vom eingesetzten Budget netzweit abschätzen (Bilder 8 und 9). Für jedes Merkmal und Jahr kann die prozentuale Verteilung der vier Zustandsbereiche in dem betrachteten Straßennetz in Abhängigkeit eines definierten Budgets ermittelt und einem Flächenanteil zugeordnet werden. Auf diese Weise ist eine Abschätzung der Zustandsentwicklung über mehrere Jahre (Prognose) und eine entsprechend ausgerichtete Erhaltungsplanung möglich.

Mit dem Forschungsprojekt FA 9.136 „Weiterentwicklung der Bewertung des Pavement Management Systems (PMS) um ein Verfahren für die Umsetzung von Qualitätszielen“ soll dem PMS-Anwender die Möglichkeit eröffnet werden, durch Vorgabe von Netzqualitäten die Maßnahmenauswahl zu optimieren und das hierfür notwendige Budget zu ermitteln. Dieses im Vergleich zum bisherigen Verfahren "umgedrehte Vorgehen" erleichtert die Umsetzung von Zielvorgaben des Bundesverkehrswegeplans, langfristig ein genügendes Gebrauchs- und Substanzangebot zu sichern.

Die Möglichkeiten, die notwendigen Mittel für die Erhaltung objektiv zu begründen, werden durch das PMS entscheidend verbessert. Es erhöht die Transparenz des gesamten Entscheidungsprozesses und liefert überzeugende Grundlagen für Haushaltsverhandlungen. Dies zeigte auch der Entscheidungsprozess auf Grundlage einer fundierten Erhaltungsbedarfsprognose, der zu den Festlegungen im aktuellen Bundesverkehrswegplan geführt hat.

Das PMS ermöglicht ein iteratives Vorgehen bei der Erhaltungsplanung. Die Erhaltungsstrategien werden durch das Rechnen verschiedener Szenarien optimiert. Durch die Entwicklung und Implementierung der PMS-I/O (Input, Output)-Software zur Visualisierung der Eingabe und Ausgabedaten wird sich zugleich auch die Anwenderfreundlichkeit des PMS weiter erhöhen.

Die Eingabedaten und die auf das Netz bzw. den Streckenabschnitt projizierten Ergebnisse lassen sich visualisieren (Bild 10) und sind für eine verbesserte Öffentlichkeitsarbeit einsetzbar.

Die mit dem PMS erarbeiteten mittelfristigen Erhaltungsprogramme sollen zukünftig ohne großen Aufwand direkt in das Streckenband der koordinierten Erhaltungsplanung übertragen werden können. Die Streckenbänder sind eine der wichtigsten Voraussetzungen für eine koordinierte Erhaltungsplanung der Straßen, der Bauwerke und der sonstigen Anlagenteile. Die wichtigsten Daten der Erhaltungsplanung einschließlich einer Auflistung der Erhaltungsausgaben insgesamt sind in den Streckenbändern dargestellt (Bild 11) und lassen Defizite der Erhaltungsplanung ebenso wie weitere Verbesserungsmöglichkeiten sehr schnell erkennen.

Bild 8: Beispielnetz: PMS-Prognose der Gebrauchswertmerkmale

Bild 9: Beispielnetz: PMS-Prognose der Substanzmerkmale

Die koordinierten Erhaltungsplanungen (KEP) der Länder beinhalten Listen, Streckenbänder und zum Teil auch Karten für eine Netzübersicht über die geplanten Maßnahmen. Das Streckenband ermöglicht eine „einfache Darstellung“ der wichtigsten Informationen und lässt sich durch den ähnlichen Aufbau ohne weiteres mit den Zustandsprofilen oder Streckenbändern der Aufbaudaten vergleichen.

In den Streckenbändern der KEP werden die Erhaltungsplanungen für die Fahrbahnen, die Bauwerke und die sonstigen Anlagenteile zusammengeführt. Durch die Darstellungsform können die einzelnen Maßnahmen geographisch, zeitlich und auch finanziell zugeordnet werden.

Bild 10: Kartendarstellung mit ZEB-Ergebnissen und PMS-Maßnahmenvorschlägen

Bild 11: Streckenband aus der koordinierten Erhaltungsplanung (KEP)

Die koordinierte Erhaltungsplanung zeigt die Notwendigkeit, für alle Anlagenteile rechnergestützte Managementsysteme für eine netzweit optimierte Auswahl von Maßnahmen zu entwickeln. Zurzeit wird für die Ingenieurbauwerke ein Bauwerks-Management-System (BMS) programmiert. Für den ständig zunehmenden Bestand der Sonstigen Anlagenteile ist noch ein Erhaltungsmanagementsystem zu entwickeln und entsprechende Forschung zu initiieren.

Zukünftig sollen auch die Um- und Ausbaumaßnahmen und die Erweiterungsmaßnahmen bei der koordinierten Erhaltungsplanung stärker berücksichtigt und in das Gesamterhaltungsmanagement einbezogen werden.

 

6  Schlussbemerkung

Für eine netzweite Optimierung der Erhaltungsplanung und um die bezüglich Umfang und Bedeutung ständig wachsende Aufgabe der Erhaltung der Straßeninfrastruktur bewältigen zu können, wurde das Erhaltungsmanagement entwickelt. Durch praxisnahe Forschung wird das Erhaltungsmanagement kontinuierlich weiterentwickelt und verbessert. Modifizierungen des Systems ermöglichen neue Wege, die Vorgaben aus dem Bundesverkehrswegeplan umsetzen und die für die Erhaltung einer leistungsfähigen und sicheren Straßeninfrastruktur notwendigen finanziellen Mittel objektiv begründen und sichern zu können.

Für die Erhaltung des Bundesfernstraßennetzes und damit die Erhaltung eines wichtigen Teils der Infrastruktur insgesamt, wurden im aktuellen Bundesverkehrswegeplan deutlich erhöhte Erhaltungsinvestitionen festgelegt. Die Ergebnisse der zugrunde gelegten Erhaltungsbedarfsprognose zeigen aber deutlich, dass nur durch eine substanzorientierte Erhaltung ein ausreichend guter Zustand der Bundesfernstraßen gesichert werden kann.

Zugleich ist ein weiteres Ziel des Erhaltungsmanagements, dem Verkehrsteilnehmer langfristig die inzwischen unverzichtbare Mobilität unserer Gesellschaft durch eine angemessene Angebotsqualität zu ermöglichen und trotzdem gleichzeitig die baustellenbedingten Verkehrsbehinderungen möglichst gering zu halten. In Anbetracht der momentanen Qualität unserer Straßeninfrastruktur, den erheblichen Belastungen und der sich hieraus ergebenden großen Anzahl an Baustellen wird das zukünftig noch eine große Herausforderung darstellen, die neben einem möglichst optimalem Erhaltungs- und Baustellenmanagement auch eine gezielte Öffentlichkeitsarbeit erfordern wird.

 

Literaturverzeichnis

  1. Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für die Planung von Erhaltungsmaßnahmen an Straßenbefestigungen (RPE-Stra 01), Köln 2001
  2. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 26/2001: Aufstellung koordinierter Erhaltungsprogramme für Straßenbefestigungen, Bauwerke und sonstige Anlagenteile von Bundesfernstraßen, Bonn 2001
  3. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Bundesverkehrswegeplan 2003, Bonn 2003
  4. Schröder, G.: Erhaltungsmanagement der Bundesfernstraßen, Vortrag zur 2. Europäischen Tagung zum Erhaltungsmanagement für Straßen, Berlin 2004
  5. Maerschalk, G. ; Krause, G.: Erstanwendung der vorliegenden Algorithmen für die Erhaltungsplanung in ausgewählten Bauämtern, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 878, Bonn 2004
  6. Künkel-Henker, A. ; Schröder, G.: Erhaltungsmanagement für das klassifizierte Straßennetz, Vortrag zum Deutschen Straßen- und Verkehrskongress, Berlin 2004