FGSV-Nr. FGSV 001/20
Ort Berlin
Datum 13.10.2004
Titel Die neuen Richtlinien für Autobahnen – Notwendigkeit und Stand der Bearbeitung
Autoren Prof. Dr.-Ing. Dr. e. h. Christian Lippold
Kategorien Kongress
Einleitung

Das Regelwerk für Außerortsstraßen ist derzeit sektoral in Einzelrichtlinien gegliedert. Für die Planungs- und Entwurfsebenen Netzgestaltung, Querschnittsgestaltung, Linienführung und Knotenpunktgestaltung steht jeweils eine Richtlinie zur Verfügung, deren Regelungen im Allgemeinen alle fahrdynamisch zu trassierenden Außerortsstraßen umfassen.

Nach mehr als zehnjähriger Anwendung dieser Richtlinien war eine umfassende Neubearbeitung notwendig. Als wesentliche Änderung wurde die Neustrukturierung des Regelwerkes und die Trennung nach Straßenarten (BAB, Landstraßen – Neubau/Um- und Ausbau) beschlossen. Damit werden für Autobahnen in der Baulast des Bundes und für Stadtautobahnen eigenständige Richtlinien (RAA) vorliegen, die den Entwurfsstandard für diese Hochleistungsstraßen festschreiben.

Grundgedanke des Vorschlags für die neuen Autobahnrichtlinien wird es sein, den Entwurfsstandard für unterschiedliche Autobahntypen differenziert in (voraussichtlich) drei Entwurfsklassen zusammenzufassen. Dadurch lässt sich die angestrebte Einheit von Netzfunktion, Planungsvorgabe und Entwurfsergebnis stärker betonen und letzteres für den Kraftfahrer wahrnehmbar und unterscheidbar gestalten.

Es wird angestrebt, der Arbeitsgruppe 2 einen Entwurf für die neue RAA in der zweiten Jahreshälfte 2005 vorzulegen.

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Warum neue Richtlinien?

Das Kernregelwerk für den geometrischen Entwurf von Außerortsstraßen ist sektoral gegliedert. Für die Querschnittsgestaltung, für die Linienführung und für die Knotenpunktgestaltung stehen jeweils eine oder mehrere Richtlinien zur Verfügung. Damit liegen jeweils umfassende, aber dennoch kurze und verbindliche Regelungen vor.

Die einzelnen Teile der Richtlinien gelten meist für alle fahrdynamisch zu trassierenden Außerortsstraßen – von der Gemeindeverbindungsstraße bis zur Autobahn. Sie sind inzwischen etwa zehn, einzelne Abschnitte für zweibahnige Straßen und Knotenpunkte sogar mehr als zwanzig Jahre alt.

Aus der o.g. Gliederung ergaben sich auch Nachteile, denen letztlich mit einer Neustrukturierung des Regelwerkes begegnet werden soll.

Zum einen sind in einer Planungsphase immer mehrere Richtlinien zu verwenden. Es liegt kein umfassendes Regelwerk in einer Ausgabe vor, das den geometrischen Entwurf, z. B. für eine Autobahn, in allen Planungs- und Entwurfsstufen abdeckt.

Weiterhin ließen sich durch die zeitlich versetzte Einführung der verschiedenen Richtlinien und den dadurch bedingten Wissensstand Doppelregelungen und Widersprüche nicht vermeiden.

Hinzu kommt: Die RAS-Q, -L, -K haben sich in ihren Inhalten bisher vornehmlich auf die Ebene der Entwurfsplanung und nur eingeschränkt auf die Linienplanung bezogen. Aus der Entwurfspraxis wird zunehmend eine ausführliche Darstellung des Planungsprozesses mit seinem iterativen Entwurfsablauf, den Abwägungsbelangen und den Wechselbeziehungen zu anderen Regelwerken gefordert. Entwurfsrichtlinien sollen daher künftig auch den Planungs- und Entwurfsablauf darstellen.

Weiterhin liegen die Ergebnisse vieler wissenschaftlicher Untersuchungen aus den vergangenen zehn Jahren vor, die sich maßgebend auf die Modellbildung für die Entwurfsrichtlinien auswirken.

Die Richtlinien enthalten derzeit überwiegend Regelungen für den Straßenneubau. Belange des Um- und Ausbaus von Straßen – der den größeren Teil der künftigen Arbeit einnimmt und oftmals höhere Anforderungen stellt (z. B. „Antistauprogramm“) – sind zur Zeit nur unzureichend berücksichtigt.

Wichtig ist auch die Darstellung des Abwägungsspielraumes beim Abweichen von den festgeschriebenen Entwurfsparametern. Wegen der äußeren Zwänge ist es häufig nötig, Grenz- oder Richtwerte zu unterschreiten. In solchen Fällen ist der Entwurf auf ggf. entstehende Planungsdefizite – ganz besonders auf Sicherheitsdefizite – zu prüfen, zu bilanzieren und Maßnahmen zum Ausgleich der Defizite – bis hin zur Geschwindigkeitsbegrenzung – vorzusehen.

Damit waren bei der Bearbeitung neuer Richtlinien folgende Forderungen zu beachten:

  • Trennung nach Straßenarten (Bundesautobahnen, Stadtautobahnen, Landstraßen, Stadtstraßen – Neubau/Um- und Ausbau),
  • Darstellung von Planungs- und Entwurfsablauf (Iterativer Entwurf),
  • Berücksichtigung neuer Modelle aufgrund von Forschungsergebnissen,
  • Darstellung der Entwurfselemente mit Parameterangaben,
  • Räumliche Linienführung (Quantifizierung),
  • Bewertung der Verkehrssicherheit (z. B. Audit),
  • Beschreibung von Abwägungs- und Handlungsspielraum

Deshalb wurde in der FGSV in den vergangenen Jahren eine Neustrukturierung der zuständigen Arbeitsausschüsse und die Erarbeitung einer neuen Richtliniengeneration beschlossen. Diese soll sich jeweils auf Autobahnen (RAA), auf Landstraßen (RAL) oder auf Stadtstraßen (RASt) beziehen.

Mit der Arbeit an den neuen Richtlinien für die Anlage von Autobahnen RAA wurde etwa im Jahre 2000 begonnen. Zuständig ist der Arbeitsausschuss 2.21 Autobahnen und Stadtautobahnen (Leiter: Rohloff). Die ihm zugeordneten Arbeitskreise 2.21.1 Autobahnen (Leiter: Lippold) und 2.21.2 Stadtautobahnen (Leiter: Wirth) tagen aus sachlichen Gründen überwiegend gemeinsam.

Grundlage für einen ersten Richtlinienentwurf war die Zusammenfassung der bisherigen Einzelrichtlinien RAS-L, -Q und -K zu einer umfassenden Autobahnrichtlinie [1]. Dabei hat sich gezeigt, dass die Besonderheiten von Stadtautobahnen einer ergänzenden Untersuchung bedürfen [2]. Die redaktionelle Zusammenführung aller Beiträge bis zur Schlussfassung erfolgt in einer noch laufenden Arbeit [3].

Derzeit liegt ein umfassender Entwurf für die neuen RAA vor. Noch im ersten Halbjahr 2005 zu diskutieren und abzustimmen sind die Parameter für die Entwurfselemente der Linienführung (Lageplan, Höhenplan, Sicht). Danach soll der Entwurf auf breiter Ebene mit den Referaten des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen und mit den Straßenbauverwaltungen der Bundesländer beraten werden.

Der vorliegende Beitrag zum Entwurf der RAA entspricht dem Diskussionsstand vom Oktober 2004. Deshalb sei hier stellvertretend für alle weiteren Ausführungen darauf hingewiesen, dass dieser Entwurf fortlaufend Änderungen und Ergänzungen erfährt. Aus diesem Grunde sind nur diejenigen Neuerungen aufgeführt, die innerhalb der Arbeitskreise und in der Diskussion mit Dritten bereits ausdrückliche Zustimmung erfahren haben.

1 Inhalt und Geltungsbereich

Die RAA behandeln den Entwurf und die Gestaltung von Autobahnen einschließlich Stadtautobahnen. Dazu gehören alle anbaufreien, zweibahnig mehrstreifigen und durchgehend planfrei geführten Straßen, die nur für den schnellen Kraftfahrzeugverkehr bestimmt sind, unabhängig von der Beschilderung nach StVO und der Widmung nach Straßenrecht.

Die RAA enthalten Grundsätze, Methoden, Entwurfselemente und Ausstattungsmerkmale für den Neu-, Um- und Ausbau von Autobahnen.

Ihre Entwurfsgrundsätze orientieren sich an der Netzfunktion und an der Straßenkategorie nach der Rahmenrichtlinie für die integrierte Netzgestaltung (RIN). Ziel sind einheitliche Standards für alle Autobahnen derselben Straßenkategorie.

Die RAA gelten gemäß der RIN (Bild 1) für

  • Kategorie AA I –        Fernautobahnen,
  • Kategorie AA II –        Überregionalautobahnen und
  • Kategorie AA III –       Stadtautobahnen

In der Praxis können sich die jeweiligen verkehrlichen Funktionen überlagern, so dass eine klare Abgrenzung der Kategorien nicht in jedem Einzelfall möglich ist. In solchen Fällen gelten die Festlegungen gemäß den RIN.

Die Arbeitsgliederung der RAA umfasst vorläufig folgende Abschnitte:

  • Einführung
  • Planungs- und Entwurfsgrundlagen
  • Nutzungsansprüche und Zielfelder
  • Querschnitte
  • Linienführung
  • Knotenpunkte
  • Ausstattung
  • Gestalterische und Betriebliche Besonderheiten
  • Zusammenfassung der Entwurfs- und Betriebsmerkmale.

In Anhängen sollen spezielle Details, Verfahren und Bemessungsgrundlagen zusammengefasst werden.

Bild 1: Straßenkategorien nach RIN (Entwurf Stand 10/2004) und Geltungsbereich der RAA

2 Planungs- und Entwurfsgrundlagen

An Autobahnen werden verschiedene Anforderungen gestellt. Sie müssen so gestaltet und ausgestattet sein, dass

  • ein sicherer Verkehrsablauf gewährleistet werden kann,
  • die Kapazität der einzelnen Teilbereiche ausreicht, um die angestrebte Qualität des Verkehrsablaufes für die Gesamtanlage zu erreichen,
  • die Umfeld- und Umweltbelange beachtet werden,
  • der wirtschaftliche Aufwand für Sicherheit und Qualität des Verkehrsablaufes bei Abwägung von Nutzen und Kosten zu rechtfertigen ist und
  • die Belange des Betriebs- und Unterhaltungsdienstes berücksichtigt sind.

Um diesen unterschiedlichen Anforderungen entsprechen zu können, unterscheiden die RAA verschiedene erforderliche Entwurfsstandards, die durch Entwurfsklassen bestimmt werden. Die Entwurfsklassen sollen die Entwurfsgeschwindigkeit als eine bisherige Leitgröße für den Straßenentwurf ersetzen [4].

Der Grund für diese Änderung ist, dass nach der Zusammenführung von Querschnitten, Linienführung und Knotenpunkten viele Festlegungen wie z. B. die Wahl eines Regelquerschnittes und damit die Wahl der Fahrstreifenbreite, die Wahl eines Knotenpunkttyps oder die Begrenzung von Elementen der Linienführung (z. B. Längsneigung, Wannenhalbmesser) nicht hinreichend fahrdynamisch begründet werden können. Insoweit erweckt eine Geschwindigkeit als Leitgröße den Anschein fahrdynamischer Grundlagen, den sie in dieser Form nicht umfassend einlösen kann, zumal die Ve mit dem tatsächlichen Geschwindigkeitsverhalten nicht übereinstimmt [4].

Der Ersatz der Entwurfsgeschwindigkeit durch eine neue Leitgröße soll in der Praxis zu einheitlicheren Straßenentwürfen in Abhängigkeit von der Straßenkategorie führen. Hierdurch sollen die Funktion der Straße verdeutlicht und die Fahrer bei der Wahl einer angepassten Fahrweise unterstützt werden. Es wird angenommen, dass hierdurch ein Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit geleistet werden kann.

Autobahnen weisen in ihrer Charakteristik weniger typ-bildende Unterschiede auf als Landstraßen. Sie unterscheiden sich am auffälligsten im Querschnitt durch die Anzahl der Fahrstreifen und in der Linienführung (Flachland, Bergland). Typbildende wesentliche Unterscheidungsmerkmale, wie z. B. Mittelstreifen, Seitenstreifen, planfreie Knotenpunkte haben sie jedoch alle gleichermaßen. Aus diesem Grunde enthalten die RAA voraussichtlich nur drei Entwurfsklassen (Bild 2).

Eingangsgröße zur Bestimmung der Entwurfsklasse ist dabei die Straßenkategorie. Dadurch werden die raumordnerische und die verkehrliche Bedeutung der Autobahn berücksichtigt.

Bild 2: Straßenkategorien und Entwurfsklassen

Autobahnen der Kategorie AA I (Fernautobahnen) werden nach der Entwurfsklasse EKA 1 entworfen. Bei hohen Restriktionen aus dem Umfeld ist eine bessere Anpassung der Trasse durch die Wahl abgeminderter Entwurfselemente (Ausnahmewerte) möglich. Die Restriktionen beziehen sich im Wesentlichen auf die Topographie sowie auf Anzahl und Umfang der betroffenen Schutzgüter.

Autobahnen der Kategorie AA II (Regionalautobahnen) sind der Entwurfsklasse EKA 2 zugeordnet. Sie erlaubt eine flexiblere Trassierung. Damit ist grundsätzlich eine leichtere Anpassung an Restriktionen aus dem Umfeld möglich.

Autobahnen der Kategorie AA III (Stadtautobahnen) führen weitgehend durch bebautes, städtisches Gebiet. Sie sind in der Regel Bestandteil des städtischen Hauptstraßennetzes und können in das Netz der Fern- oder Regionalautobahnen integriert sein. Stadtautobahnen haben meist kürzere Abstände zwischen den Anschlussstellen und eine begrenzte zulässige Höchstgeschwindigkeit. Auf Grund des städtebaulichen Umfeldes unterliegen sie fast immer Restriktionen und sollen daher eine angepasste Trassierung ermöglichen. Sie werden nach der Entwurfsklasse EKA 3 entworfen.

Die Entwurfsklasse legt die Merkmale und die Mindest- oder Richtwerte für die Entwurfs- und Betriebselemente fest. Von der Entwurfsklasse werden unmittelbar bestimmt:

  • Regelquerschnitte,
  • sicherheitstechnisch, fahrdynamisch und wirtschaftlich begründete bzw. abgesicherte Grenz- und Richtwerte der Entwurfselemente,
  • Grundformen und Abstände der Knotenpunkte,
  • erforderliche Beschränkungen der zulässigen Höchstgeschwindigkeit auf Werte unterhalb der Richtgeschwindigkeit.

Bild 3: Entwurfsklassen und Gestaltungsmerkmale

3 Querschnitte

3.1 Allgemeines

Maßgebend für die Wahl der Bestandteile und für die Festlegung der Abmessungen von Autobahnquerschnitten sind

  • die Verkehrssicherheit,
  • die Qualität des Verkehrsablaufes sowie
  • die Anforderungen aus Bau, Betrieb und Unterhalt.

Die Ermittlung des Regelquerschnitts erfolgt wie bisher in einem mehrstufigen Abwägungsverfahren: Zuerst leiten sich aus dem Bundesverkehrswegeplan oder entsprechenden Rahmenplänen (für Stadtautobahnen) wesentliche Vorgaben für die Anzahl der Fahrstreifen ab. Diese werden in der Regel während der Vorplanung mit einer Vorauswahl des Regelquerschnittes umgesetzt. Maßgebenden Einfluss haben die Entwurfsklasse und die prognostizierte Verkehrsstärke.

Danach erfolgt in der Entwurfsplanung der Nachweis der erreichbaren Qualität des Verkehrsablaufes bei den gegebenen Strecken- und Verkehrsverhältnissen auf der Grundlage des Handbuches für die Bemessung von Straßen (HBS) und der Qualitätsvorgaben der RIN. Dadurch können sich Veränderungen, wie z. B. die abschnittsweise Anordnung von Zusatzfahrstreifen an Steigungsstrecken ergeben. In Einzelfällen wird auch die Wahl zwischen zwei Regelquerschnitten möglich sein, wobei dann die Abwägung nach den Kriterien Verkehrssicherheit, Qualität des Verkehrsablaufes und Baukosten erfolgen sollte.

Wichtige Änderungen in der Querschnittgestaltung im Vergleich zur RAS-Q von 1996 sind:

  • Aufnahme eines achtstreifigen Regelquerschnittes RQ 43,5 (Abschnitt 3.3),
  • Verbreiterung des Mittelstreifens (Abschnitte 7.2 und 7.3),
  • Verbreiterung der befestigten Fläche für den 4+0-Verkehr (Abschnitt 7.4).

3.2 Bestandteile der Regelquerschnitte

Die Querschnitte von Autobahnen setzen sich aus einzelnen Bestandteilen mit unterschiedlichen Abmessungen zusammen (Bild 4).

Bild 4: Bestandteile der Regelquerschnitte für Autobahnen

Bei den 3,50 m breiten Mittelstreifen ist es in der Vergangenheit häufig zu Konflikten gekommen (siehe z. B. Abschnitt 7.2). Die auf der Suche nach sinnvollen Einsparungsmaßnahmen in den RAS-Q 1986 vorgeschlagenen schmalen Mittelstreifen haben sich in der Praxis nicht bewährt. Daher wird für den Mittelstreifen künftig wieder eine Breite von 4,0 m vorgeschlagen. In ihm sind die Fahrzeugrückhalteeinrichtungen, die Entwässerungseinrichtungen, die Bepflanzung und die Mittelstützen von Brückenbauwerken unterzubringen.

Der RQ 31,5 als künftiger vierstreifiger Standardquerschnitt hat einen Seitenstreifen (Standstreifen) von 3,0 m. Die Breite ergibt sich aus der notwendigen Verbreiterung der befestigten Fläche von 11,50 m auf 12,00 m für den 4+0-Verkehr in Arbeitsstellen (Abschnitt 7.4). Andere Markierungsvarianten des RQ 31,5 sind ebenfalls denkbar und werden derzeit noch diskutiert.

Stadtautobahnen (RQ 31,5 und RQ 25,5) haben auf Grund des eingeschränkten Platzangebotes und der beschränkten Flächenverfügbarkeit in bebauten Gebieten überwiegend schmalere Querschnittsbestandteile

3.3 Regelquerschnitte

Regelquerschnitte werden für alle Entwurfsklassen festgelegt, um die Einheit von Entwurf und Betrieb von Autobahnen zu erreichen. Sie sind im Bild 5 dargestellt.

Die Regelquerschnitte RQ 43,5, RQ 36 und RQ 31 sollen für Autobahnen der Entwurfsklasse EKA 1 und EKA 2 zur Anwendung kommen.

Bild 5: Regelquerschnitte von Autobahnen der EKA 1 und EKA 2

Zusätzlich steht für die EKA 2 der RQ 28 zur Verfügung. Er bleibt jedoch auf Ausnahmefälle bei der EKA 2 beschränkt, da er keine 4+0-Verkehrsführung im Bereich von Arbeitsstellen ermöglicht (Abschnitt 7.4).

Die schmaleren Querschnitte für Stadtautobahnen gelten nur für die EKA 3.

Bild 6: Regelquerschnitte von Autobahnen der EKA 3

4 Linienführung

4.1 Allgemeines

Die Dimensionierung der Entwurfselemente für die Linienführung erfolgt auf der Grundlage von Sicherheitsuntersuchungen, von fahrdynamischen Berechnungen und von Erfahrungen.

Eine Entwurfsgeschwindigkeit ist nicht mehr vorgesehen (Abschnitt 2). Ebenso soll die Bemessung mit der Geschwindigkeit V85 entfallen. Bereits in den RAS-L konnte die V85 bei zweibahnigen Straßen nicht mehr ihre ursprüngliche Aufgabe – die Berücksichtigung des tatsächlichen Geschwindigkeitsverhaltens – erfüllen, so dass der Verzicht auf die V85 für Autobahnen leichter möglich ist.

Dennoch ist eine Geschwindigkeit für die Bemessung von Entwurfselementen erforderlich. Für Autobahnen sollte das die Richtgeschwindigkeit nach StVO von V = 130 km/h sein.

Situations- und streckenabhängig erlassene Geschwindigkeitsbeschränkungen betragen meist V = 100 km/h oder V = 120 km/h. Im Interesse der Verkehrssicherheit wäre es wünschenswert, für Autobahnen mit einem niedrigeren Entwurfsstandard eine verbindliche Geschwindigkeitsbeschränkung zugrunde legen zu können. Dies ist jedoch in den Genehmigungsverfahren in der Praxis nicht umsetzbar

Den Entwurfselementen liegt daher überwiegend die Forderung nach sicherer Fahrt bei nasser Fahrbahn mit der Richtgeschwindigkeit V = 130 km/h zugrunde.

Wenn in besonderen Fällen ein sicheres Fahren mit dieser Geschwindigkeit nicht an jeder Stelle gewährleistet werden kann, ist die örtlich oder situationsabhängig (z. B. bei Nässe) begrenzte Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit zumindest zu erwägen bzw. vorzuschlagen.

Autobahnen der EKA 3 werden immer mit einer Beschränkung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit, im Regelfall von Vzul £ 80 km/h betrieben.

Nach Festlegung von Achse und Gradiente ist die Trasse auf Einhaltung der erforderlichen Haltesichtweite zu prüfen. Der Haltesichtweite sind ebenfalls Werte in Abhängigkeit von der Richtgeschwindigkeit oder der ggf. anzuordnenden zulässigen Geschwindigkeit zugeordnet.

4.2 Lageplan

Geraden sind besonders geeignet

  • bei entsprechenden Landschaftsräumen, z. B. in der Ebene und in weiten Tälern,
  • im Bereich von Ein- und Ausfahrten an Knotenpunkten oder Nebenanlagen,
  • beim Ausbau und bei der Erweiterung bestehender Autobahnen,
  • bei der Anlehnung der Trassierung an örtliche Zwangslinien und
  • in der Möglichkeit zur städtebaulichen Anpassung

Jedoch haben auf Autobahnen lange Geraden – vor allem mit konstanter Längsneigung – den Nachteil, dass sie

  • nur selten eine harmonische und stetige Linienführung ermöglichen,
  • das Abschätzen von Entfernungen und Geschwindigkeiten vorausfahrender und nachfolgender Kraftfahrzeuge erschweren und
  • den Verkehrsteilnehmer zu sehr hohen Geschwindigkeiten verleiten.

Für die Festlegung der Länge von Geraden bei Autobahnen besteht ein verhältnismäßig großer Freiraum. Es wird trotzdem empfohlen, die Länge von Geraden zu begrenzen, und zwar auf

Lmax = 2.000 m.

Der Wert kann überschritten werden, sofern dies gegebenenfalls vorhandene Zwänge erfordern. Das ist überwiegend beim grundhaften Ausbau von älteren Autobahnen der Fall. Beim Neubau werden längere Geraden bereits wegen der ökologischen Zwänge aus dem Umfeld kaum auftreten.

Kreisbogenradien sollen so groß sein, dass sie in Größe und Abfolge mit der Topografie und den umfeldprägenden Elementen in Einklang stehen.

Aus den Untersuchungen zur Überprüfung der Haltesichtweite in engen Linkskurven [5] hat sich gezeigt, dass Kurven mit einem Radius R > 1.000 m ein deutlich niedrigeres Unfallrisiko aufweisen. Das betrifft nicht nur die Unfälle infolge eines auf der Fahrbahn liegenden Hindernisses sondern allgemein alle Fahrunfälle bei Nässe. Aus diesem Grunde wird künftig ein Mindestradius von

Rmin = 1.000 m.

für Autobahnen der EKA 1 vorgeschlagen. Er ist so größer, als dies bei einer ausschließlich fahrdynamischen Bemesung erforderlich wäre. Damit ist auch der sichere Übergang von längeren Geradenabschnitten in Kurven gewährleistet (Relationstrassierung).

5.3 Höhenplan

Die Werte für die zulässigen Längsneigungen haben sich gegenüber den RAS-L 1995 nicht geändert.

Bei Steigungsstrecken mit einer Länge L > 500 m und Längsneigungen s > 2,0 % ist zu prüfen, ob die Anordnung von Zusatzfahrstreifen erforderlich werden kann.

Die Mindestwerte für Kuppen- und Wannenhalbmesser werden nochmals geprüft und vermutlich reduziert werden können. Der Grund dafür sind höhere Griffigkeiten neuzeitlicher Autobahndecken und kürzere Bremswege moderner Kraftfahrzeuge, z. B. durch die Ausrüstung mit ABS [6].

5.4 Haltesichtweite

Verkehrssicherheit und Qualität des Verkehrsablaufs erfordern die Einhaltung der Haltesichtweite. Sie hat die Aufgabe, dem Kraftfahrer jederzeit bei Gefahr ein rechtzeitiges Anhalten zu ermöglichen.

Außerdem soll sie als regelndes Element im Straßenentwurf die frühzeitige Fahrerinformation und -orientierung sicherstellen. Daher ist sie eine wichtige Kontrollgröße für den Straßenentwurf.

Die Haltesichtweite setzt sich aus dem Weg während der Reaktions- und Auswirkzeit und dem reinen Bremsweg zusammen. Moderne Kraftfahrzeuge erlauben erheblich kürzere Bremswege als sie in den noch geltenden RAS-L angenommen werden. Für die Bemessung in den neuen RAA werden jedoch die Besonderheiten des Fahrverhaltens und der Aufmerksamkeit von Kraftfahrern auf Autobahnen berücksichtigt. Deshalb sind für die Haltesichtweite größere Werte als die physiologisch begründeten Mindestwerte für die Reaktionszeit oder fahrdynamisch mögliche Bremswege bei Gefahrenbremsungen vorgesehen [6].

6 Knotenpunkte

Neben grundsätzlichen Ausführungen zur Knotenpunktplanung (z. B. Knotenpunktabstände) gehen die RAA ausführlich auf die gebräuchlichen Knotenpunktsysteme und auf die einzelnen Knotenpunktelemente ein.

Die Knotenpunktsysteme sind in Text und Bild erläutert sowie ihre Vor- und Nachteile zusammengestellt. Bild 7 zeigt als Beispiel das Kleeblatt als Regelfall für ein Autobahnkreuz und mögliche Varianten zur Führung der Rampen.

Bild 7: Kleeblatt (Grundform) und Varianten der Rampenführung [2]

Neue Formen, wie z. B. ein abgewandeltes Kleeblatt mit planfreier Führung der sich kreuzenden Verflechtungsströme wurden ebenfalls aufgenommen. Diese Lösung hat sich u. a. beim Umbau des Frankfurter Kreuzes (A 3/A 5) in Hessen bewährt (Bild 8). Die planfreie Verschränkung der Rampen in allen Quadranten erhöht die Sicherheit und Leistungsfähigkeit, ohne dass ein nennenswerter zusätzlicher Flächenverbrauch erforderlich wird. Damit bietet sich die Lösung für den Um- und Ausbau überlasteter Autobahnkreuze an.

Bild 8: Frankfurter Kreuz (Foto: LSV Frankfurt/M.)

Es ist beabsichtigt, die Einsatzempfehlungen für Anschlussstellensysteme tabellarisch in übersichtlicher Form zusammenzufassen (Bild 9).

Bild 9: Einsatzempfehlungen für Anschlussstellensysteme [2] Malteserkreuz

7 Gestalterische und Betriebliche Besonderheiten

7.1 Allgemeines

Über die Belange der Querschnittsgestaltung, Linienführung und Knotenpunktgestaltung hinaus, sollen die RAA zwei vollständig neue Abschnitte zur Straßenausstattung sowie zu gestalterischen und betrieblichen Besonderheiten enthalten. Damit entsprechen sie der Forderung nach einem umfassenden Regelwerk für Autobahnen.

Die Ausführungen zur Straßenausstattung umfassen folgende Punkte:

  • Markierung und Beschilderung,
  • Leiteinrichtungen,
  • Fahrzeug-Rückhaltesysteme,
  • Bepflanzung,
  • Immissionsschutzeinrichtungen,
  • Fernmeldeeinrichtungen.

Einige Themen, wie z. B. Markierung oder Fahrzeug-Rückhaltesysteme, sind bereits durch eigenständige Richtlinien abgedeckt (RMS, RPS u. a.). Hier liegt der Schwerpunkt auf der Darstellung von Schnittstellen zu den RAA und auf Hinweisen, die bereits während der Entwurfsplanung zu berücksichtigen sind.

Ausführlicher ist der Abschnitt zu gestalterischen und betrieblichen Besonderheiten mit den nachstehenden Inhalten:

  • Zusatzfahrstreifen,
  • Fahrstreifenreduktionen,
  • Verkehrsführung in Baustellen,
  • Umnutzung von Seitenstreifen (Standstreifen),
  • Betriebsumfahrten,
  • Besonderheiten bei Brückenbauwerken,
  • Entwässerung,
  • Mittelstreifenüberfahrten,
  • Rastanlagen,
  • Belange der Baudurchführung.

In den folgenden Abschnitten 7.2 bis 7.5 sind beispielhaft und auszugsweise vier Themenbereiche diskutiert, die direkten Einfluss auf die Querschnittgestaltung haben (Abschnitt 3). Sie stehen daher stellvertretend für die weiteren o.g. Punkte, die an dieser Stelle aus Platzgründen nicht aufgeführt werden können.

7.2 Fahrzeug-Rückhaltesysteme

Fahrzeug-Rückhaltesysteme sollen die Folgen von Unfällen so gering wie möglich halten.

Für den Einsatz von Fahrzeug-Rückhaltesystemen gelten die Richtlinien für passive Schutzeinrichtungen an Straßen (RPS). Alle verwendeten Systeme müssen außerdem die Anforderungen der Europäischen Norm 1317 erfüllen.

Unterschiede zwischen den Systemen gibt es in ihrer Wirkungsweise: Starre Systeme (z. B. Betonschutzwände) weisen anprallende Fahrzeuge ab. Dagegen fangen flexible Systeme (z. B. Stahlschutzplanken) anprallende Fahrzeuge überwiegend auf und bremsen sie ab.

Starre Systeme (z. B. Betonschutzwände) sind bei der Neuausstattung von vierstreifigen Autobahnen ab etwa 60.000 Kfz/24h und bei sechsstreifigen Autobahnen ab ca. 70.000 Kfz/24h offensichtlich gesamtwirtschaftlich vorteilhaft.

Darüber hinaus können neue Fahrzeug-Rückhaltesysteme grundsätzlich auch andere Funktionsweisen und wirtschaftliche Einsatzbereiche haben. Bei der Wahl solcher Systeme sind jeweils die Durchbruchsicherheit und die Reparaturfreundlichkeit im Falle eines Anpralls mit zu berücksichtigen.

Fahrzeug-Rückhaltesysteme werden heute in der Regel europaweit ausgeschrieben. Da dabei in Zukunft voraussichtlich nur die erforderliche Aufhaltestufe bzw. die Wirkungsbereichsklasse maßgebende Kriterien sind, kann das Rückhaltesystem während der Entwurfs- und Ausführungsplanung im Detail noch nicht umfassend berücksichtigt werden.

Das wirkt sich z. B. auf die Gestaltung des Mittelstreifens aus. Schmale Mittelstreifen haben in den vergangenen Jahren häufig zu aufwendigen und kostenintensiven Lösungen, z. B. im Bereich von Ingenieurbauwerken, geführt (Bild 10).

Bild 10: Kombination von Schutzplanken und Betonschutzwand am Brückenpfeiler (Foto: Autobahnamt Sachsen)

Bei schwierigen Randbedingungen und örtlichen Zwängen sind solche aufwendigen Lösungen nicht immer umsetzbar. Dann wird sogar die Wirkung der Schutzeinrichtung beeinträchtigt. So kann sich z. B. die Zugbandwirkung der Schutzplanke nicht mehr einstellen (Bild 11).

Bild 11: Befestigung der Schutzplanke am Brückenpfeiler (Foto: LSV Frankfurt/M.)

Der Entwurf der RAA schlägt daher wieder einen Mittelstreifen mit einer Breite von 4,00 m als Regellösung vor (Abschnitt 3.2).

7.3 Bepflanzung

Bei Pflanzungen entlang von Autobahnen sind die Aspekte der Verkehrssicherheit zu berücksichtigen.

Das Bundesnaturschutzgesetz verlangt jedoch die Erhaltung der Eigenart, Vielfalt und Schönheit der Landschaft sowie historischer Kulturlandschaften und verpflichtet dazu, das Landschaftsbild bei Eingriffen landschaftsgerecht wieder herzustellen oder neu zu gestalten. Diese Verpflichtung kann bei straßenbaubedingten Eingriffen in der Regel durch eine dem Landschaftscharakter angepasste Bepflanzung mit Bäumen und Sträuchern erfüllt werden. Auf Gehölzpflanzungen im Straßenseitenraum kann deshalb aus naturschutzrechtlichen Gründen grundsätzlich nicht ganz verzichtet werden.

Bei Pflanzungen ist generell darauf zu achten, dass die erforderlichen Sichtweiten nicht eingeschränkt werden. Vor allem im Mittelstreifen von Autobahnen kann die Bepflanzung besonders in den Vegetationsperioden zu erheblichen Einschränkungen der Sichtverhältnisse führen.

Außerdem erfordert die Bepflanzung einen erheblichen Aufwand für Unterhaltung und Pflege und führt damit zu Störungen des Verkehrsablaufs durch hierfür erforderliche Sperrungen der linken Fahrstreifen. Sie hat keine nennenswerte ökologische Funktion und dient so allenfalls der optischen Auflockerung des Verkehrsbauwerks Straße. Blendschutz wird üblicherweise nur während der Vegetationsperiode oder bei dichter und hoher Bepflanzung erreicht. Er ist jedoch aufgrund der Sichtbeziehungen mit dem Verkehr der Gegenfahrbahn nur in seltenen Fällen erforderlich (z. B. lange Geraden).

In der Regel sollten Mittelstreifen deshalb nur mit niedrigen Arten bepflanzt werden, die möglichst nur selten eines Rückschnitts oder anderer Pflege bedürfen (z. B. Magerrasen oder niedrig und langsam wachsende Gehölze). In Bereichen, in denen Bewuchs, der die Höhe der Fahrzeugrückhalteeinrichtungen überschreitet, zu Beeinträchtigungen der Sichtweite führen kann, sollen Bepflanzungen zu Gunsten einer Befestigung vollständig vermieden werden. Dies gilt auch für die Verwendung von beidseitigen Betonschutzwänden im Mittelstreifen, die als Pflanztrog ausgeführt sind. Hier kann bereits ohne Bepflanzung die Fahrzeug-Rückhalteeinrichtung schon unter dem Sichtstrahl liegen, mit Bepflanzung wird der Sichtstrahl in der Regel unterbrochen.

7.4 Verkehrsführung in Baustellen

Bei Instandsetzungsarbeiten oder dem Um- und Ausbau von Autobahnen kann die Sperrung von einzelnen Fahrstreifen oder von Richtungsfahrbahnen erforderlichen werden.

Im Interesse der Verkehrssicherheit, der Sicherheit der Arbeitsstelle und eines ungehinderten Bauablaufs wird die vollständige Umlegung des Verkehrs nach dem 4+0-Prinzip angestrebt. Die RAA berücksichtigen diesen Aspekt durch

  • die Festlegung der Breite des Verkehrsraumes auf Autobahnen mit einem RQ 31,
  • die Beschränkung des RQ 28 auf Autobahnen der Entwurfsklasse EKA 2 sowie
  • die Festlegung der Breite des Verkehrsraumes auf Brückenbauwerken mit einem RQ 31 oder einem RQ 28.

Die heute erforderliche bauliche Richtungstrennung mit mobilen Stahl- oder Betonschutzsystemen (Bild 12) erfordert eine Mehrbreite von 0,50 m gegenüber den nur noch selten gebräuchlichen „Bischofsmützen“. Die befestigte Breite der Richtungsfahrbahnen des RQ 31 beträgt daher 12,00 m (statt bisher 11,50 m beim RQ 29,5) und erlaubt die 4+0-Verkehrsführung bei verbesserter Verkehrssicherheit.

Bild 12: Temporäres Stahlschutzsystem im Bereich von Arbeitsstellen (Foto: DEGES)

7.5    Umnutzung von Seitenstreifen (Standstreifen)

Seitenstreifen (Standstreifen) haben eine große Bedeutung für die Verkehrssicherheit sowie für den Verkehrsablauf. Sie sind unverzichtbarer Bestandteil von Autobahnen.

Bei überlasteten Autobahnen kann jedoch in Ausnahmefällen eine Kapazitätserhöhung durch die Umnutzung des Seitenstreifens erwogen werden. Das ist z. B. der Fall, wenn ständig Staus oder schwere Verkehrsstörungen auftreten, die häufig Auffahrunfälle nach sich ziehen.

Bild 13: Umnutzung von Seitenstreifen (Foto: LSV Frankfurt/M.)

Eine Seitenstreifenumnutzung kommt aber nur im Vorgriff auf den regelgerechten Ausbau von überlasteten Autobahnen in Betracht. Hierzu ist es unabdingbar, dass der Ausbau der betroffenen Strecke im Bedarfsplan vorgesehen ist. Aus diesem Grunde wird die Seitenstreifenumnutzung in den RAA als betriebliche Besonderheit behandelt und nicht in den Abschnitt zur Querschnittsgestaltung integriert. Der neue RQ 31,5 ist jedoch bereits so ausgelegt, dass er eine Seitenstreifenumnutzung im Bedarfsfall zulässt.

Über Seitenstreifenumnutzungen ist schon vielfach berichtet worden [7, 8]. Das Allgemeine Rundschreiben (ARS) Nr. 20/2002 des BMVBW enthält Hinweise zu betrieblichen sowie verkehrs- und genehmigungsrechtlichen Besonderheiten. Es ergänzt die RAA.

8 Ausblick

Das Regelwerk hat fortlaufend Änderungen und Entwicklungen erfahren. Stand zu Beginn – etwa nach dem ersten Weltstraßenkongress 1908 – noch das Einzelfahrzeug mit seinen fahrgeometrischen Eigenschaften im Mittelpunkt (Langholzfuhrwerk, Kraftfahrzeug), so hat sich in den 20er und 30er Jahren das (nun schneller fahrende) Kraftfahrzeug mit seinen fahrdynamischen Anforderungen endgültig seinen Platz erobert.

Inzwischen befinden wir uns in einem Abschnitt, in dem wir den Auswirkungen des Straßenbaus auf die Natur und den Lebensraum der Menschen kritischer gegenüberstehen. Die ökologische Einbindung der Straße in ihr Umfeld wurde in den vergangenen Jahren sehr umfangreich im Regelwerk berücksichtigt. Nunmehr haben wir die Aufgabe, die psychophysiologischen Bedingungen des Menschen so zu erforschen und zu quantifizieren, dass sie sich in die Modellbildung umsetzen lassen und künftig maßgeblich zur sicheren Gestaltung der Straßenverkehrsanlage beitragen (Weise u. a. 1997). Die RAA werden dazu einen Beitrag leisten.

Mit den RAA sollen neue Entwurfsmethoden eingeführt werden, um den Entwurfsvorgang zu erleichtern und zu verbessern. Ebenso tragen umfangreiche Neuregelungen zur Verbesserung der Verkehrssicherheit und zur Gewährleistung der Qualität des Verkehrsablaufes bei. Kostengünstige und wirtschaftliche Lösungen sind machbar.

Letztlich müssen sich aber aus- und neugebaute Abschnitte immer in das bestehende Netz einpassen. Autobahnen werden daher auch in Zukunft sicher nicht grundsätzlich anders aussehen, um den Kraftfahrer in seiner Fahrerfahrung und Erwartungshaltung nicht zu überfordern.

Es wird angestrebt, die neuen Richtlinien für Autobahnen RAA bis zum Jahr 2006 fertig zu stellen. Hinweise und Vorschläge aus der Entwurfspraxis sind dafür sehr willkommen.

9 Literatur

  1. SCHNÜLL, R.; DAMMANN, W.; HOFFMANN, S.; ENGEL, W.: “Überführung der bisherigen sektoralen Entwurfsrichtlinien RAS-L, RAS-Q, RAL-K-2 und RAS-K-2-B zu ganzheitlichen Richtlinien für die Anlage von Autobahnen (RAA)", Forschungsauftrag 02.199/2000 der BASt, Hannover 2002
  2. WIRTH, W.; STROH, S.; ALTE-TEIGELER, T.; SPRENGER, S.: "Entwurfsgrundsätze für Stadtautobahnen", Forschungsauftrag 02/227/2002 der BASt, München 2004
  3. LIPPOLD, CH.; KLEINSCHMIDT, P. : “Entwurfsrichtlinien für Autobahnen auf der Basis des Konzeptes der Entwurfsklassen“, Forschungsauftrag 02.228/2002 der BASt, Dresden 2003 (laufende Arbeit)
  4. HARTKOPF, G. : “Die neuen Richtlinien für Landstraßen – Ein Schritt zu selbsterklärenden Straßen“, Vortrag auf dem Deutschen Straßen- und Verkehrskongress, Berlin 2004
  5. WEISER, F.; WEINERT, R.; KRÜGER, D. : “Sichtweiten in Linkskurven zweibahniger Straßen“, Forschungsauftrag 02.211/2001 der BASt, Bochum 2003
  6. ROOS, R.; ZIMMERMANN, M.; V. LOEBEN, W. : “Mögliche Bremsverzögerung in Abhängigkeit von der Straßengriffigkeit“, Forschungsauftrag 02.209 / 2001 der BASt, Karlsruhe 2004
  7. ROHLOFF, M.: “Umnutzung von Standstreifen an Bundesautobahnen“, in: Straßenverkehrstechnik, Heft 5/2000
  8. LEMKE, K.: Temporäre Umnutzung von Seitenstreifen an Bundesautobahnen, Straßenverkehrstechnik Heft 8/2003