FGSV-Nr. FGSV 001/25
Ort Stuttgart
Datum 30.09.2014
Titel Die Arbeitsstättenregel ASR A5.2 – Auswirkungen auf die „Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen“ (RSA)
Autoren RDir. Dipl.-Phys. Uwe Ellmers
Kategorien Kongress
Einleitung

Die Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) legen fest, welche Verkehrseinrichtungen und -anordnungen für einen sicheren Verkehrsfluss in der Arbeitstelle zu wählen bzw. treffen sind. Wird das erreicht, ist implizit auch der Schutz der dort Beschäftigten vor den Gefahren aus dem Verkehr gegeben. Trotzdem verbleibt ein Restrisiko. Daher wurde im Zuge der Überarbeitung der RSA erwogen, die Aspekte der Arbeitssicherheit deutlich stärker zu integrieren. Aus heutiger Sicht hätten die RSA dann ein Gemeinschaftswerk des BMVI und des BMAS werden müssen. Vergleicht man jedoch die stark unterschiedlichen Ansätze dieser Ressorts, ist kaum vorstellbar, dass es möglich gewesen wäre, die mehrheitliche Zustimmung für ein so breit aufgestelltes Werk zu erhalten. Im Ergebnis sind nun der Verkehrsraum (RSA) und der Arbeitsbereich (Arbeitsstättenregel ASR A5.2) und damit die Zuständigkeiten klar voneinander getrennt worden. Damit ergeben sich nun Schnittstellenprobleme. Der Grundkonflikt besteht darin, die vorhandene befestigte Fläche (im Querschnitt) zwischen den Belangen des Verkehrs (Aufrechterhaltung der Fahrstreifenanzahl und der Verkehrssicherheit) und des Arbeitsschutzes (Platz für Bewegung und Schutzmaßnahmen) aufzuteilen. Dieser Konflikt existiert bereits heute schon. Er wird durch die konkreten Festlegungen der ASR A5.2 jedoch verschärft, weil hier mehr Platz für den Baustellenbereich gefordert wird, als bislang zur Verfügung stand. Der erarbeitete Entwurf der RSA (Teile A und D) enthält nun keine Regelungen mehr, die sich auf den Arbeitsschutz beziehen. Daher hat das ASR A5.2 zunächst keine direkten Auswirkungen auf diese zukünftigen Teile der RSA. Widersprüche zum gültigen Regelwerk ergeben sich bezüglich des Sicherheitsabstands in Längsrichtung (Abstand vom Beginn der Absperrung bis zur Arbeitsstelle) und dem Einsatz von transportablen Schutzeinrichtungen. Außerdem sind einige Unstimmigkeiten enthalten. Nichtsdestotrotz wird die ASR A5.2 erhebliche Auswirkungen für den Verkehrsbereich auf die Abwicklung zukünftiger Arbeitsstellen haben. Hier geht es in erster Linie um die Themen Fahrstreifensperrungen und Geschwindigkeitsreduzierungen auf BAB sowie Vollsperrungen außerorts. Ein Blick auf die aktuelle Verkehrslage zeigt bereits jetzt schon deutlich, welchen starken Einfluss Behinderungen auf Straßen, wie z. B. Arbeitsstellen, haben. Eine Verschärfung ist volkswirtschaftlich kaum zu rechtfertigen, daher sollten schnellstmöglich Lösungen, die die Belange des Arbeitsschutzes und des Verkehrs in gebührendem Maße berücksichtigen, erarbeitet werden. Dies leisten weder die ASR A5.2 noch die RSA. Der Auftrag dazu kann nur im Einvernehmen der Entscheidungsträger der betroffenen Ministerien an die Fachebene erteilt werden.

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1 Allgemeines

Die „Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen“ (RSA) regeln den Verkehr in Arbeitsstellen. Sie legen fest, welche Ausstattungen und Verkehrsanordnungen für einen sicheren Verkehrsfluss durch die Arbeitstelle zu treffen sind. Ihr Geltungsbereich bezieht sich in erster Linie auf die „Verkehrsseite“, nicht auf die „Baustellenseite“. Solange der Verkehr sicher fließt, ist implizit auch die Sicherheit der Beschäftigten in der Arbeitsstelle (zumindest gegen die Gefahr des Unfalls mit einem Fahrzeug) gegeben. Die noch gültigen Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA) stammen aus dem Jahr 1995 [BMV RSA95]. Eine Überarbeitung war aus verschiedenen Gründen dringend erforderlich.

Aus der Erfahrung weiß man, dass die Überarbeitung von Regelwerken, insbesondere Richtlinien, sehr lange dauern kann. Die RSA decken einen weiten Anwendungsbereich ab, sprechen Verkehrs- und Baubehörden an und müssen von vielen sehr verschiedenartigen (in Bezug auf das Gewerk) „Nutzern“ umgesetzt werden. Das bedeutet, der Abstimmungsprozess ist schwierig und langwierig. Diese Erfahrungen wurden bereits bei den RSA-95 gemacht. Dies führte zu der Entscheidung, eine grundlegende Überarbeitung der kompletten Richtlinie hinten anzustellen – ohne sie aus den Augen zu verlieren- und zunächst nur die Überarbeitung des Teils D (Autobahnen) in Angriff zu nehmen. Notwendig war dann auch die Überarbeitung des Teils A (Allgemeines). Insbesondere der Teil B (Innerorts) lässt eine sehr aufwendige Abstimmungsphase erwarten und wurde daher zunächst nicht mit berücksichtigt.

Mittlerweile ist die Teilfortschreibung der Teile A (Allgemeines) und D (Autobahnen) der RSA [FGSV RSA 2014] inhaltlich abgeschlossen und auch in den Gremien der FGSV verabschiedet worden.

Im Zuge der Überarbeitung der RSA wurde erwogen, die Aspekte der Arbeitssicherheit deutlich stärker in die RSA zu integrieren. Der Gedanke ist insofern richtig, als dass die RSA ein gut bekanntes und akzeptiertes Regelwerk für Arbeitsstellen sind. Dieses als ein zentrales Werk zu verfassen, das diesen Themenbereich umfassend abdeckt, wäre in der Sache sinnvoll. Aus heutiger Sicht wäre das jedoch nur möglich, wenn die RSA ein Gemeinschaftswerk des Bundesverkehrs- und des Arbeitsministeriums geworden wären. Vergleicht man jedoch die stark unterschiedlichen Ansätze und Rechtsrahmen dieser Ressorts, ist kaum vorstellbar, dass es möglich gewesen wäre, die mehrheitliche Zustimmung für ein so breit aufgestelltes Werk zu erhalten. Bis heute ist es ja nicht einmal gelungen, die Zustimmung für den vorliegenden Entwurf der RSA-Teilfortschreibung im Bereich der Straßenbau- und Verkehrsbehörden zu erhalten. Im Ergebnis ist in den RSA nun der Verkehrsbereich (RSA) und der Arbeitsbereich (ASR) klar voneinander getrennt worden (Bild 1).

Bild 1: Trennung des Verkehrsbereich (RSA) von Arbeitsbereich (ASR)

2 Aktueller RSA-Entwurf

Als die Arbeit an der Teilfortschreibung der RSA 2005 begann, war das Ziel die Integration von neuen Elementen in die RSA und eine Anpassung an den aktuellen Stand der Technik. Nachdem dann später die im Bild 1 dargestellte Festlegung des Anwendungsbereiches erfolgte, konnten das ursprüngliche Ziel wieder verfolgt werden.

Aufgrund aktueller Entwicklungen damals, rückte zunächst ein Thema in den Vordergrund, das einen positiven Beitrag zur Staubekämpfung liefern könnte, da diese Thematik im besonderen Interesses des Bundesverkehrsministeriums und der Länder liegt, die Nachtbaustellen.

Nachtbaustellen

Die Baustellentätigkeit, insbesondere der Arbeitsstellen kürzerer Dauer, sollte in die Nacht verlegt werden, da Nachtbaustellen ein wirksames Mittel zur Stauvermeidung bzw. -reduzierung sein können. Sie werden auch heute schon betrieben, jedoch ohne, dass es bislang in den Richtlinien dazu Festlegungen gibt. Dies soll mit der Teilfortschreibung der RSA geändert werden.

Zunächst musste eine treffende Definition für die „Nachtbaustelle“ gefunden werden. Ziel ist es, Arbeitsstellen kürzerer Dauer in die verkehrsarmen Zeiten nach dem abendlichen und vor dem morgendlichen Berufsverkehr zu legen. Abhängig von der Jahreszeit ist es in der Zeit aber nicht zwingend dunkel. Die jetzt getroffenen Regelungen für Nachtbaustellen beziehen sich also nur auf die Arbeitsstellen kürzerer Dauer, die auch bei Dunkelheit betrieben werden, weil nur dann auch die jetzt festgelegten, zum Teil aufwändigen Maßnahmen sinnvoll und gerechtfertigt sind (Bild 2). Schwierig wird es, wenn die Arbeiten in der Helligkeitsphase beginnen und in die Dunkelheit hinein dauern. Ab dem Zeitpunkt gelten dann die Regelungen für Nachtbaustellen. Darauf muss sich ein Unternehmer gegebenenfalls einstellen. Dies sind zum einen die Beleuchtung der Arbeitsstelle in einem für die Verkehrsteilnehmer verträglichem Maß, die Längsabsicherung mit 3/4 Baken – also nicht mit Leitkegeln – und die Aufstellung einer zusätzlichen Vorwarneinrichtung möglichst mit aktivem lichttechnischen Informationsteil. Außerdem soll die zulässige Höchstgeschwindigkeit geringer angeordnet werden als bei einer vergleichbaren Arbeitsstelle am Tag. Das Bundesverkehrsministerium hat die Regelungen mit ARS Nr. 17/2009 bekanntgegeben [BMVBS Nachtbaustellen 2009].

Bild 2: Aufwändige Maßnahmen bei der Einrichtung von Nachtbaustellen

Ein weiteres Thema waren Unfälle, bei denen insbesondere Lkw aufgrund mangelnder Aufmerksamkeit der Fahrer in Arbeitsstellen kürzerer Dauer fahren. Abhilfe können hierbei Warnschwellen, die als Vorwarneinrichtung eingesetzt werden, schaffen.

Warnschwellen

Im Zuge von Unfällen an Tagesbaustellen, bei denen in erster Linie Lkw mehr oder weniger ungebremst in die fahrbaren Absperrtafeln gefahren und schwerste Folgen für die dort Arbeitenden verursacht haben, wurden transportable Warnschwellen (Bild 3) als ein wirksames Mittel zur Abhilfe identifiziert. Eine Untersuchung im Auftrag des Bundes hat dies bestätigt [Steinauer 2004]. Warnschwellen sind daraufhin in den Entwurf zur Teilfortschreibung der RSA mit aufgenommen worden, vielmehr waren sie mit ein auslösendes Element für diese Teilfortschreibung. Das Land Nordrhein-Westfalen setzt Warnschwellen mittlerweile standardmäßig ein (Bild 4).

Bild 3: Transportable Warnschwellen

Bild 4: Einsatz von Warnschwellen in NRW

Inzwischen wurden die „Technischen Liefer- und Prüfbedingungen für transportable Warnschwellen“ (TLP Warnschwellen 2014) fertiggestellt [FGSV Warnschwellen 2014]. Sie wurden mit dem Allgemeinen Rundschreiben Nr. 6/2014 des Bundesverkehrsministeriums 2014 bekanntgegeben [BMVI Warnschwellen 2014]. Darin sind auch die  Einsatzregelungen aus dem RSA-Entwurf enthalten, so dass eine rechtsichere Grundlage für den Einsatz geschaffen worden ist. Empfohlen wird der Einsatz auf dem Seiten- und dem Hauptfahrstreifen.

3 RSA und ASR A5.2

Aufgrund der Trennung der Zuständigkeitsbereiche enthält der erarbeitete Entwurf der RSA Teile A und D nun keine Regelungen mehr, die sich auf den Arbeitsschutz beziehen. Daraus könnte der Schluss gezogen werden, dass dann auch keine Probleme zwischen diesen Regelwerken existieren dürften. Leider ergeben sich trotzdem Schnittstellenprobleme zwischen den RSA (sowohl RSA-95 als auch Entwurf Teilfortschreibung RSA) auf der einen und der ASR A5.2 (Entwurf) [ASTA 2013] auf der anderen Seite. In den ASR A5.2 (Entwurf) sind Regelungen getroffen worden – gegen die Stimmen des Bundes und der Länder –, die erhebliche Auswirkungen auf den für den Verkehrsbereich zur Verfügung stehenden Platz haben. Das heißt viele Arbeitsstellen können in Zukunft nicht mehr so abgewickelt werden, wie in der Vergangenheit. Hier geht es in erster Linie um Vollsperrungen und Fahrstreifensperrungen auf Autobahnen.

Der Grundkonflikt besteht darin, die vorhandene befestigte Fläche im Querschnitt zwischen den Belangen des Verkehrs (Aufrechterhaltung der Fahrstreifenanzahl und der Verkehrssicherheit) und des Arbeitsschutzes (Platz für Bewegung und Schutzmaßnahmen) aufzuteilen. Dieser Konflikt existiert bereits heute schon und wird durch die ASR A5.2 (Entwurf) verschärft, weil hier mehr Platz als bisher angesetzt für den Baustellenbereich gefordert wird.

Nachdem die Geltungsbereiche der beiden Regelwerke abgesteckt wurden und eine Grenzlinie definiert worden ist, stellt sich die Frage, ob RSA und ASR A5.2 (Entwurf) im Widerspruch stehen? Auf den ersten Blick müsste man aufgrund der Trennung zu dem Schluss kommen, dass dies nicht der Fall ist. Tatsächlich gibt es an zwei Stellen Widersprüche.

  • In den alten RSA-95 wie auch im neuen Entwurf soll der Abstand zwischen dem Arbeitsbereich und dem Verkehrsbereich z. B. bei Aufgrabungen außerorts 50 cm betragen. Im ASR A5.2 (Entwurf) wird bei vergleichbarer vzul ein seitlicher Mindestabstand SQ von 60 cm
  • 110 cm gefordert, also mindestens 10 cm mehr.
  • Nach Teil C der RSA-95 (vgl. Regelplan C II/2) darf die gesamte Länge einer Arbeitsstelle kürzerer Dauer außerorts nur 50 m lang sein. Dies ist so vorgesehen, um eine sichere Vorbeifahrt ohne verkehrstechnische Maßnahmen, das heißt Lichtsignalanlagen, zu ermöglichen. Nach ASR A5.2 (Entwurf) Tabelle 3 muss bereits der Sicherheitsabstand in Längsrichtung SL bei vzul ≥ 50 km/h 10, 30, 50 oder 100 m lang sein, ohne den Arbeitsbereich selber mit einzubeziehen. Dies ist abhängig von vzul und der Art der Absicherung bezogen auf die fahrbare Absperrtafel. Übertragen heißt das, diese Arbeitsstellen dürfen in Zukunft nur noch mit einer zulässigen Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h betrieben werden, bei einer Absicherung mit einem Zugfahrzeug für die fahrbare Absperrtafel mit einem zul. Gesamtgewicht von mindestens 3,5 t, oder alternativ einer vzul von 30 km/h.

Diese inhaltlichen Punkte sollten sich mit einer gewissen Kompromissbereitschaft auf beiden Seiten jedoch relativ einfach lösen lassen.

Es gibt aber auch zwei bedeutende Sachverhalte, die zwar keinen direkten Widerspruch der Regelwerke ergeben sich aber in der Praxis stark auswirken können.

Bereits die RSA-95 fordern die Aufrechterhaltung der Anzahl der Fahrstreifen auch im Baustellenbetrieb. Dies ist auch beim neuen RSA-Entwurf eine zentrale Forderung, um durch die Baustelle nicht noch größere Verkehrsbehinderungen als sowieso durch sie verursacht zu erzeugen. Festlegungen zu der Anzahl der Fahrstreifen werden in der ASR A5.2 (Entwurf) nicht getroffen aber durch die dort festgelegten seitlichen Abstände, wird es an vielen Stellen nicht möglich sein, die Anzahl der Fahrstreifen aufrecht zu erhalten. Die Konsequenzen auf Autobahnen werden dann mindestens Fahrstreifensperrungen sein.

Ein weiterer Punkt sind die zul. Höchstgeschwindigkeiten in Arbeitsstellen. Bereits durch die RSA 95 ist in Arbeitsstellen auf Autobahnen eine zul. Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h die Regel. Insbesondere in Hessen hat man sich von Seiten der Verwaltung im Rahmen des Programms „Staufreies Hessen“ [Hessen Mobil 2014] zum Ziel gesetzt, diese mindestens anzuordnen und wenn möglich, sogar auf 100 km/h zu erhöhen – ohne Einbußen bei der Verkehrssicherheit zu akzeptieren.

In der ASR A5.2 (Entwurf) sind nun Maße für die seitlichen Sicherheitsabstände festgelegt worden, die deutlich über den heute in der Praxis angewendeten Maßen liegen. Hier kommt es zu Konflikten. Das wird insbesondere deutlich, wenn man die Maße betrachtet, die nach der ASR A5.2 (Entwurf) für eine zul. Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h umgesetzt werden müssen. Es ergeben sich Abstände für den seitlichen Sicherheitsbereich von 80 bis 110 cm.

4 Konsequenzen

Auf der Internetseite www.rsa-95.de [Korsch RSA 2014] werden die Sachverhalte zu dem Thema recht sachlich und anschaulich dargestellt. Dort findet man unter anderem folgende
Aussagen:

  • „Ganz pauschal lässt sich hierzu sagen, dass künftig jeweils ein weiterer (Behelfs-)Fahrstreifen entfällt.“
  • „Dort wo bisher ein Fahrstreifen zwecks Sanierung gesperrt wurde, sind es künftig zwei.“
  • „Wo heute zwei Fahrstreifen saniert werden und unter Mitbenutzung des Standstreifens zwei Behelfsfahrstreifen verbleiben, wird künftig nur noch ein Fahrstreifen zur Verfügung
    stehen.“
  • „Dies ergibt sich aus dem deutlich erhöhten Platzbedarf für Arbeitsplatz (BM) und Sicherheitsabstand (SQ).“

Dies zeigt, dass die Einführung der ASR A5.2 (Entwurf) erhebliche Auswirkungen auf die Abwicklung von Arbeitsstellen haben wird.

Unter der Annahme, dass die RSA (Teilfortschreibung) und die ASR A5.2, so wie sie heute vorliegen, veröffentlicht und eingeführt werden, ergeben sich bei heutigen Bauweisen einige vorhersehbare Konsequenzen. Hierbei muss in Abhängigkeit von der Örtlichkeit unterschieden werden. Die ASR A5.2 (Entwurf) gilt für alle Arbeitsstellen, unabhängig, wo sie eingerichtet werden. Sie unterscheidet in ihren grundlegenden Aussagen nicht nach der Lage. Im Gegensatz dazu unterscheidet die RSA zwischen Arbeitsstellen innerorts, auf Landstraßen und auf Autobahnen.

Die Situation innerorts ist sehr heterogen und schwer einzuschätzen. Hier bestehen bei durch die ASR A5.2 (Entwurf) bedingten Vollsperrungen unter Umständen, Möglichkeiten, Alternativlösungen für den Verkehr zu erarbeiten, die die Umsetzung der ASR A5.2 (Entwurf) ermöglichen. Auf Landstraßen wird das deutlich schwieriger. Hier sind viele vorhandene Fahrbahnquerschnitte so klein, dass unter Beachtung der ASR A5.2 (Entwurf) Vollsperrungen und Umleitungen unvermeidbar sein werden. Allerdings sei an dieser Stelle auch gesagt, dass bereits die heutigen Regelungen der RSA-95 – wenn sie denn konsequent beachtet würden – zu einem hohen Prozentsatz diese Folgen haben würden. Ernst zu nehmen sind die Auswirkungen der ASR A5.2 (Entwurf) auf Autobahnen. Hier wird zumindest eine Reduzierung der Fahrstreifenanzahl in vielen Fällen nötig werden, zumindest wenn weiter die Regelgeschwindigkeit von 80 km/h beibehalten werden soll. Wird diese nicht als Maßstab genommen, wäre nach ASR A5.2 (Entwurf) unter Beibehaltung der heutigen Abstandsmaße der RSA (50 cm außerorts) eine zul. Höchstgeschwindigkeit von 50 km/h möglich. Die Kapazität der Arbeitsstelle würde damit aber deutlich geringer werden. Hier bleibt abzuwarten, für welchen Weg sich dann die jeweils zuständigen Stellen entscheiden werden. Auf Autobahnen besteht oft die Möglichkeit eine zu „0“ Verkehrsführung einzurichten. Das heißt alle Fahrstreifen mit dem gesamten Verkehr werden auf eine Richtungsfahrbahn verlagert. Aber gerade hierzu gibt es seit längerem viele Diskussionen über die Frage, welche der häufigsten Verkehrsführungen bei einem vierstreifigen Querschnitt grundsätzlich sicherer ist, die 4+0 oder die 3+1. Eine Tendenz aus Gründen der Sicherheit geht eher zu einer 3+1 Führung, weil hier die Möglichkeit der breiteren Fahrstreifen besteht. Zu enge Fahrstreifen haben negative Auswirkungen auf die Verkehrssicherheit, wie zahlreiche Unfälle beim Ausbau der BAB A 1 zwischen Bremen und Hamburg gezeigt haben.

Eine sichere Prognose abzugeben, welche Auswirkungen die Einführung der ASR A5.2 haben wird, ist jedoch schwierig. Erfahrungsgemäß wird sich die Praxis auf die Gegebenheiten einstellen und einige Dinge regeln, die jetzt in der theoretischen Abschätzung anders ausgelegt werden. Es ist aber davon auszugehen, dass es in Zukunft mehr Vollsperrungen geben wird. Sollte es auf Autobahnen zu mehr zu „0“ Verkehrsführungen kommen, muss sich zeigen, ob die Verkehrssicherheit absinkt. Dies muss gut beobachtet werden. Das könnte dann auch zu einer Veränderung im Umgang mit dem ASR A5.2 (Entwurf) führen. In keinem Fall sollten jedoch die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer und die Sicherheit der Beschäftigten gegeneinander aufgerechnet werden. Beide Anliegen müssen ausreichend berücksichtigt werden. Leider wurden in der ganzen fachlichen  Auseinandersetzung nie wirklich belastbare Zahlen vorgelegt, die eine fundierte Aussage über das Maß der Gefährdung von Beschäftigten in Arbeitsstellen durch abkommende Fahrzeuge erlauben würden.

In den Diskussionen hat sich gezeigt, dass eine Vermittlung zwischen den Belangen des Arbeitsschutzes und den verkehrlichen Aspekten bislang kaum möglich war. Es scheint, dass die Positionen beider Seiten verhärtet sind. Ein Grund hierfür ist sicherlich auch, dass jeder sein klar umrissenes Aufgabengebiet zu verantworten hat und es nur sehr wenige Personen in Deutschland gibt, die für beide Aufgabenfelder verantwortlich sind. Es wird sich zeigen, wie durchgreifend die ASR A5.2 (Entwurf) umgesetzt wird. Sollte auf Seiten des Arbeitsschutzes keine Kompromissbereitschaft zu finden sein, kann man davon ausgehen, dass die Straßenbauverwaltungen der Länder Handlungskonsequenzen aufzeigen und umsetzen werden. Dann wird es zu gravierenden Veränderungen gegenüber der heute gelebten Praxis kommen. Möglichkeiten können hier sein: eine Prioritätenverschiebung bei den Baubetriebsformen, das heißt z. B. mehr Arbeiten in die verkehrsarmen Zeiten wie Wochenenden zu verlegen und eine Zunahme der Nachtbaustellen. Denkbar sind auch Veränderungen bei den Bauabläufen, wie z. B. die Unterbrechung der Arbeiten und die temporäre (Wieder-)Herstellung von provisorischen Fahrstreifen oder Ähnliches. Das hiermit ein Mehraufwand an Zeit und Kosten einhergeht, ist naheliegend. Auch temporäre Fahrstreifensperrungen können ein Mittel sein, um bei bestimmten Bausituationen die Anforderungen von beiden Seiten zu erfüllen.

Für die Verwaltung besteht die Möglichkeit, bereits bei der Ausschreibung einer Maßnahme striktere Vorgaben für die Bauausführung zu formulieren und damit die Umsetzung des Konflikts Platz für die Arbeitsstelle oder Platz für den Verkehr auf die Auftragnehmerseite zu verlagern.

Bezüglich der Kosten von Baumaßnahmen können unter den hier dargestellten Szenarien zukünftig unterschiedliche Einflüsse in die Bilanz eingehen. Die im oberen Absatz beschriebenen Handlungskonsequenzen der Verwaltung werden eher kostensteigernd sein. Kostensenkend können sich Verbesserungen bei der Bauqualität auswirken. Seit langem wird immer wieder die Frage aufgeworfen, ob eine ohne Zwischenfuge hergestellte oder erneuerte Fahrbahndecke länger hält. Bauzeitverkürzungen sind wahrscheinlich, auch hier lassen sich sowohl betriebswirtschaftliche als auch volkswirtschaftliche Kosten einsparen. Ob allerdings Kosteneinsparungen – wenn sie denn eintreten – eher der Industrie oder den Verwaltungen zu Gute kommen werden, ist eine spannende Frage.

Ein Außenstehender, der nicht von der Thematik betroffen ist, wird sich fragen, ob es nicht einen Kompromiss zwischen den gegenläufigen Anliegen geben kann. Dieser wäre dringend geboten. Schwierig ist die Erarbeitung von Lösungsansätzen auch deswegen, weil die ASR A5.2 (Entwurf) auf der Grundlage von Gesetzen erarbeitet worden ist. Sie setzt die festgelegten Regeln und Verfahrensweisen im Arbeitsschutz konsequent um. Mit anderen Worten, die Ersteller der Regelung haben vom Grundsatz her ihre im Bereich des Arbeitsschutzes geltenden Regeln befolgt, davon ist schlecht abzuweichen. In anderen Gebieten würde man an solchen Stellen Schlichter einsetzen, hier ist das eher als unwahrscheinlich anzusehen.

Inhaltlich wäre sehr viel geholfen, wenn sich beide Seiten auf einen Mittelweg zwischen der Forderung der ASR A5.2 (Entwurf), dass Arbeitsstellen so zu planen und einzurichten sind, dass für Beschäftigte Gefährdungen durch den fließenden Verkehr möglichst vermieden (z. B. durch vollständige Umleitung des Verkehrs) und die verbleibenden Gefährdungen möglichst gering gehalten werden und dem Ansatz der RSA, nach einem möglichst uneingeschränkt und sicher fließenden Verkehr einigen könnten. Diese könnte z. B. so aussehen, dass ein erhöhter und vermehrter mechanischer Schutz in Form von transportablen Schutzeinrichtungen in beiden Werken als erste zu treffende Maßnahme umgesetzt würde.

Notwendig ist in jedem Fall, alle Belange unter Einbindung der Beteiligten bereits bei der Planung einer Maßnahme gebührend zu berücksichtigen. Dabei sollten dann alle mit dem nötigen Augenmaß agieren. Hilfreich wäre es sicher, wenn alle ein gewisses Maß an Verständnis für die „andere Seite“ mitbringen würden. Hier kann ein wesentlicher Schlüssel zum Erfolg liegen. Am Ende werden die beteiligten Personen und ihr Umgang miteinander entscheiden, ob man zu tragfähigen Lösungen, die auch die sowohl die Belange der Arbeiter als auch die der Verkehrsteilnehmer berücksichtigen, kommt.

5 Fazit

Beide Regelwerke, sowohl die RSA als auch die ASR A5.2 (Entwurf) haben ihre Berechtigung für den jeweiligen Regelungsbereich, den sie ansprechen. Beide haben relevante Aufgaben wahrzunehmen, die zunächst nicht zusammenpassen: Verkehrssicherheit und Mobilität auf der einen Seite und Arbeitsschutz auf der anderen Seite.

Dadurch stehen sich hier zwei Fachbereiche gegenüber, deren Fronten verhärtet scheinen. Abhilfe kann dann nur ein übergeordnetes Papier (Merkblatt o. Ä.) schaffen, das die Belange beider Seiten aufgreift und vermittelt. Es sollte nicht aus Allgemeinplätzen bestehen, die würden an dieser Stelle keinem helfen. Es sollte konkret die üblichen Bausituationen und Verkehrsführungen behandeln und dafür Lösungen anbieten. Es muss zwischen den örtlichen Bereichen BAB – Landstraßen – Innerorts unterscheiden.

Es liegt jetzt eher an den „höheren“ Stellen der Ministerien, einen gangbaren Weg zu finden und vorzugeben, der möglichst alle Belange ausreichend berücksichtigt und für die Praxis umsetzbar ist, das heißt die Forderungen des Arbeitsschutzes mit den Belangen der Straßenbauverwaltungen verbunden werden können.

Literaturverzeichnis

Ausschuss für Arbeitsstätten (2013): Technische Regeln für Arbeitsstätten, ASR A5.2 „Straßenbaustellen“, Entwurf (Stand 2013) [ASTA, 2013]

Bundesministerium für Verkehr (1995): Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen (RSA-95), 5. überarbeitete Auflage Stand November 2014, Kirschbaum Verlag, Bonn [BMV RSA-95]

Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung (2009): Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 17/2009, „Nachtbaustellen auf Autobahnen“, Bonn [BMVS Nachtbaustellen 2009]

Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2014): Allgemeines Rundschreiben Straßenbau Nr. 6/2014, „Technische Liefer- und Prüfbedingungen für transportable Warnschwellen (TLP Warnschwellen 2014)“, Bonn [BMVI Warnschwellen 2014]

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2014): Technische Liefer- und Prüfbedingungen für transportable Warnschwellen (TLP Warnschwellen 2014), Ausgabe 2014, Köln (FGSV 392)

Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2014): Richtlinien für die verkehrsrechtliche Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen, Teilfortschreibung der Teile A (Allgemeines) und D (Autobahnen) der RSA (Entwurf im AA 3.5.4)

Hessen Mobil Straßen- und Verkehrsmanagement: www.staufreieshessen.de, URL: http://www.mobil.hessen.de/irj/HSVV_Internet?cid=2e7f6e46544120b319e0a5c58cb8dc8c, Stand 31.9.2014 [Hessen Mobil 2014]

K o r s c h, U.: www.rsa-95.de, URL: http://www.rsa-95.de/13/ASR52/ASRA52.htm, Stand 31.9.2014 [Korsch RSA 2014]

S t e i n a u e r, B.; B a i e r, M.; K e m p e r, D.; B a u r, O.; M e y e r, A. (2004): Einsatz neuer Methoden zur Sicherung von Arbeitsstellen kürzerer Dauer, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Wirtschaftsverlag NW Verlag für neue Wissenschaft, Bremerhaven [Steinauer 2004]