FGSV-Nr. FGSV A 46
Ort Aachen
Datum 03.05.2023
Titel Es darf nicht wärmer werden – Klimaschutz und Klimaresilienz im Straßenbau
Autoren Ulf Zander
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Steigende Temperaturen und längere Hitzeperioden beeinflussen das Asphaltverhalten und beeinträchtigen die Nutzungsdauer der Befestigung. Obwohl aktuell noch keine Hinweise auf flächenhaft verfrüht auftretende Spurrinnenbildungen bekannt sind, bedarf es eines vorausschauenden Agierens, um das Straßennetz auch in Zukunft resilient gegenüber dem Klimawandel auszugestalten. Neben kurzfristigen Maßnahmen wie die Herstellung von helleren Fahrbahnoberflächen sind mittelfristig Verfahren zu entwickeln, mit denen Prognosen des Materialverhaltens nicht auf der Basis bestehender Erfahrungen ermittelt werden können.

Gleichzeitig sind auch Maßnahmen zum Klimaschutz zu ergreifen, um den Klimawandel in einem noch verträglichen Rahmen zu halten. Hier steht die Reduzierung der Treibhausgasemissionen im Vordergrund. Es ist erforderlich, den Einsatz der sie verursachenden fossilen Energieträger im großen Umfang zu minimieren, wozu sich die Überlegungen in erster Linie auf die Herstellung der Asphalte konzentriert. Die Umrüstung von Mischwerken hinsichtlich der einzusetzenden Energien, aber auch technische Erweiterung, mit denen die Herstellung von Warm- und Kaltasphalten unterstützt wird, sind hier wichtige Beiträge. Derweil wird in umfangreichen Untersuchungen ermittelt, wie die Dauerhaftigkeit solcher Asphalte auf einem hohen Niveau sichergestellt werden kann.

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1 Es wird warm…

Die Sommer der letzten Jahre brachten weltweit und auch in Deutschland außergewöhnliche Hitze- und Trockenperioden, die nicht mehr nur als Vorboten eines Klimawandels verstanden werden können. Tatsächlich werden nach der Statistik des Deutschen Wetterdienstes ausnahmslos alle Sommer der letzten 25 Jahre als Temperaturanomalie mit zu hohen Werten – konkret mehrfach bis zu 3 Kelvin über dem langjährigen Durchschnitt – angegeben (Bild 1). In gleicher Weise treten die Winterperioden zunehmend mit mäßigeren Temperaturen auf. Der Deutsche Wetterdienst zeigt in seinen Zukunftsszenarien „Weiter-wie-bisher“ und „Klimaschutz“ darüber hinaus auf, dass sich der Trend selbst in dem ambitionierten Klimaschutzszenario bis ins Jahr 2100 fortsetzen wird. Das heißt aber nicht nur, dass die Temperaturen weiterhin ansteigen werden, sondern auch, dass beispielsweise die Hitzeperioden und die Tropennächte häufiger auftreten werden. Die Szenarien unterstreichen darüber hinaus, dass ein entschiedenes Handeln zum Klimaschutz angeraten ist, denn nur dadurch lassen sich extreme Entwicklungen mit sehr deutlichen Erwärmungen auf ein Maß reduzieren, das eine Anpassung in allen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereichen ermöglicht.

Höhere Temperaturen und Globalstrahlungen heizen Straßenbefestigungen nicht nur an der Straßenoberfläche auf, sondern erwirken auch eine stärkere Weiterleitung der Wärmestrahlung in die tieferen Bereiche des Aufbaus. Wenn zusätzlich Tropennächte eine Abkühlung der Schichten verhindern und Hitzeperioden über mehrere Tage hinweg zu einer immer stärkeren Erhitzung der Baustoffe führen, werden also Asphaltschichten höhere Temperaturen als bisher üblich erreichen und verbleiben über einen langen Zeitraum in einem verformungsanfälligeren Bereich. Gleichzeitig führen die höheren Temperaturen in der Asphalttragschicht dort zu einer Veränderung des Ermüdungsverhaltens und damit zu einer Beeinflussung der Nutzungsdauer der gesamten Straßenbefestigung.

Bild 1: Temperaturanomalien der Sommerperioden seit dem Jahr 1881 (Deutscher Wetterdienst, 2023)

2 Es kann uns nicht kalt lassen

Die Bundesanstalt für Straßenwesen beobachtet die Entwicklung des Straßenzustands der Bundesfernstraßen über die Zustandserfassung und -bewertung und wertet diese auch im Hinblick auf die Auswirkungen des Klimawandels aus. Basierend auf der jüngsten ausgewerteten Kampagne auf Bundesautobahnen aus dem Jahr 2018 zeigt sich das beruhigende Bild, dass sich nur rund 1,6 % der Streckenlänge in einem bezüglich der Spurrinnenbildung erhaltungsbedürftigen Zustand befinden. Dies kann zwar nicht als Nachweis dafür gewertet werden, dass die Asphaltdeckschichten nicht verstärkt unter den gestiegenen Temperaturen leiden – schließlich können ausgeprägte Spurrinnenbildungen auch rechtzeitig beseitigt worden sein – aber zumindest kann ausgeschlossen werden, dass es sich derzeit bereits um ein großflächiges Problem handelt. Es muss jedoch vermerkt werden, dass wiederholt über eine verstärkte Spurrinnenbildung in den zurückliegenden Jahren geklagt wurde. Insbesondere wurde darüber auf Brücken berichtet (Schäfer; Rosauer, 2021). Da Brückenbeläge infolge des fehlenden Unterbaus auch besonderen Klimaeinwirkungen ausgesetzt sind, gelten sie als Frühindikatoren für diesbezügliche Schadensentwicklungen, wobei jedoch auch die steifere Unterlage insbesondere bei Betonbrücken zu berücksichtigen ist.

In einer an der TU Dresden durchgeführten Dissertation (Clauß, 2021) werden die zukünftigen Auswirkungen der weiteren Klimaveränderungen auf die Straßenbefestigungen anhand von Simulationsrechnungen abgeschätzt. Demnach beeinflussen die erhöhten und verlängerten Temperatureinwirkungen die Nutzungsdauer der Asphaltstraßen derzeit noch in geringer Weise, allerdings ist ab dem Jahr 2030 mit einer erheblichen Abnahme der Nutzungsdauer zu rechnen, die sich insbesondere in der Südhälfte Deutschlands zeigen wird. Hier könnten sich die bisherigen Nutzungsdauern halbieren.

Aufgrund dieser und weiterer Erkenntnisse (Wellner; Kayser; Clauß, 2014) wurde bereits im Jahr 2021 durch die Bundesanstalt für Straßenwesen ein Forschungsprojekt (FE 4.0332/2020/ OGB: Anpassung der Dimensionierung an den Klimawandel, 2021) beauftragt, in dem die für die Dimensionierung von Straßenbefestigungen bedeutsamen Forsteinwirkungszonenkarte sowie die Klimainduzierte-Straßentemperaturen-Karten (KiST-Zonen-Karten) so für die Zukunft entwickelt werden, dass der Klimawandel innerhalb der Nutzungsdauer der Straßen bereits mit angesetzt werden kann. Hierbei muss aber darauf hingewiesen werden, dass die alleinige Nutzung den in den RStO verankerten und demnächst überarbeiteten Karte der Frosteinwirkungszonen keine Klimaresilienz der Bauweisen sicherstellen kann. Hierzu ist die Anwendung der rechnerischen Dimensionierung erforderlich, so dass es voraussichtlich notwendig sein wird, die Befestigungsdicken der RStO auf der Grundlage von RDO-Dimensionierungen anzupassen.

Für die Asphaltdeckschichten zeigen die Simulationen in der Dissertation von Clauß, dass sich die Sonnenstunden in der Südhälfte Deutschlands innerhalb der nächsten 40 bis 50 Jahre um etwa 50 % erhöhen können und dass sich dadurch bei unveränderter Rezeptierung der Asphalte eine um etwa 30 % stärkere Spurrinnenentwicklung einstellen würde. Auch für diesen Aspekt läuft bereits Forschung (FE 7.0305/2020/CRB: Entwicklung von Asphaltschichten für Straßen und Brückenbelägen unter extremen Klimaeinwirkungen, 2022), die darauf abzielt, zum einen den Zeitpunkt für eine Beeinträchtigung der Nutzungsdauer abzuschätzen und zum anderen Konzepte für klimaoptimierte Asphalte zu entwickeln. Grundsätzlich ist sicherlich davon auszugehen, dass eher härtere Bitumen zur Steigerung der Verformungsbeständigkeit der Asphalte in den Fokus rücken, allerdings müssen diese auch noch zuverlässig einbaufähig sein. Zudem zeigte sich in letzter Zeit, dass es für die Auswahl des geeigneten Bitumens nicht hinreichend ist, die klassischen Kennwerte wie Erweichungspunkt Ring und Kugel sowie die Penetration als maßgebliche Größen zugrunde-zulegen. Untersuchungen mit den neueren Prüfverfahren wie beispielsweise dem dynamischen Scherrheometer an einer Reihe von Bitumen – auch gleicher Klassifikation – zeigten, dass bei Einhaltung aller definierten Anforderungen deutlich unterschiedliche Charakteristika vorliegen können (Bild 2) und dass ein auf dieser Grundlage auf die Randbedingungen vor Ort abgestimmte Bitumenwahl erfolgversprechend ist.

Bild 2: Beispiel eines Performance Diagramms zur Darstellung der Gebrauchseigenschaften unterschiedlicher Bitumen 50/70 (Rochlani, 2021)

Aber auch die Berücksichtigung einer erhöhten Anzahl dieser Baustoffparameter für das Ermüdungs- und Tieftemperaturverhalten sowie die Steifigkeit usw. liefert letztlich nur eine Widerstandsfähigkeit gegenüber einer Schädigung bei einer einzigen Prüftemperatur. Dass ein solch begrenzter Ansatz offenbar nicht zielführend ist, um die tatsächliche Schadensentwicklung zu prognostizieren, ist leicht nachzuvollziehen, er könnte aber ausreichend sein, um hohe Nutzungsdauern zu gewährleisten und den Trend der vergangenen zehn Jahre, in denen immer häufiger Erhaltungsmaßnahmen durchzuführen waren, aufhalten oder gar ins Positive umkehren.

Die Vorstellung, die Asphalteigenschaften gezielt auf das Wettergeschehen in einer Region abzustellen, wird sich aufgrund des Klimawandels mit den konventionellen empirischen Ansätzen noch schwieriger als bisher verwirklichen lassen, schließlich lassen sich Erfahrungen nur auf die Zukunft übertragen, wenn die Randbedingungen unverändert Bestand haben. Ein solches Verfahren könnte sich aber in Anlehnung an die rechnerische Dimensionierung die dort ermittelten und prognosefähigen Temperaturverteilungen im Straßenaufbau inklusive deren Häufigkeiten sowie die dort angesetzten Achslasten entlehnen, um anhand des Verformungswiderstands des Asphalts bei unterschiedlichen Temperaturen Schädigungsanteile, das heißt sehr kleine Vertikalverformungen, je Achsüberrollung zu ermitteln und über die warmen Jahreszeiten aufzusummieren. Hierzu ist ein geeignetes zyklisch wirkendes Prüfverfahren festzulegen und eine das Verfahren abwickelnde Software zu programmieren. Der Versuch, auf diese Weise eine einfach handhabbare Systematik zur Festlegung geeigneter Performanceeigenschaften des Asphalts zu erschaffen, wird aktuell in einem Forschungsprojekt (FE 4.0339/2021/MGB: Rechnerische Potenzialermittlung bezüglich der Ermüdungs- und Verformungsresistenz von Decken aus Asphalt, 2021) unternommen.

Es sind somit eine ganze Reihe von Forschungsprojekten in der Bearbeitung, von denen Beiträge zur Steigerung der Resilienz der Asphaltbauweise gegenüber dem Klimawandel erwartet werden. Bereits heute sollten jedoch Maßnahmen ergriffen werden, die darauf abzielen, dass sich Verformungsschäden, wie sie in den vergangenen Jahren an besonders exponierten Stellen wiederholt aufgetreten sind, nicht wiederholen. Der bekannte Ansatz der Verwendung eines helleren Gesteins oder einer Beschichtung ist sicherlich geeignet, die Temperaturen im Asphalt zu reduzieren (Bild 3).

Bild 3: Temperaturgradienten nach 1, 8 und 27 Stunden Bestrahlung mit einer an die Globalstrahlung angepassten Leistung von ca. 600 W/m² (Beckedahl; Schrödter; Koppers; Mansura, 2020)

 

Geeignet scheint im Standardfall aber vor allem die Auswahl eines geeigneten Bitumens anhand von Parametern der Gebrauchstauglichkeit (z. B. Steifigkeit) mit einer anschließenden Prüfung des Asphalts in einem zyklischen Versuch bei höheren Temperaturen (z. B. 50 und 60 °C). Bei Verwendung von Gussasphalt auf Strecken mit einer erhöhten Staugefahr sollte zusätzlich ein statischer Belastungsversuch zur Ansprache der viskosen Eigenschaften vorgesehen werden.

3  Kälter produzieren, damit es nicht heißer wird

Das Erfordernis, die Straßeninfrastruktur an den Klimawandel anpassen zu müssen, ist Resultat einer globalen gesellschaftlichen Entwicklung, die den Anstieg der Temperaturen und der übrigen klimatischen Veränderungen nicht hinreichend verhindern konnte. Diese Erkenntnis zwingt umso mehr zum Handeln, das auf eine Verringerung insbesondere der Treibhausgasemissionen abzielt.

Bekanntermaßen sind im Zuge der Arbeitsplatzgrenzwerte bereits erhebliche Bemühungen unternommen worden, die zuvor schon für Gussasphalte grundsätzlich angewendete Temperaturabsenkung auf die Walzasphalte zu übertragen, wodurch ein Beitrag zur Reduzierung des Energieeinsatzes und der damit verbundenen Emissionen geleistet werden wird. Angesichts der Herausforderungen, die das Klimaschutzgesetz für den Sektor der Industrie ausweist, reichen diese Bemühungen jedoch bei Weitem nicht aus. Der Druck auf die politischen Akteure ist bereits groß und wird voraussichtlich noch an Stärke gewinnen und sich somit auf die Wirtschaft erhöhen. Ein Verweis auf die Vorzüge der Asphaltbauweise durch die hohen Wiederverwendungsraten wird dabei in der aktuellen Diskussion, ob nicht gar von sämtlichen Neu- und Ausbaumaßnahmen Abstand genommen werden sollte – wie dies andernorts bereits beschlossen wurde und auch einer repräsentativen Umfrage in Deutschland aus dem Jahr 2021 zufolge von über alle Kriterien 81 % der Befragten befürwortet wird (Bild 4) – eher als eine Randnotiz erscheinen.

Bild 4: Teilergebnisse einer repräsentativen Kantar-Umfrage in Deutschland zum Ausbau des Straßennetzes in Anbetracht der ökologischen Nachhaltigkeit (NABU, 2021)

Erwartet wird von der Asphaltindustrie und der Straßenbauverwaltung eine merkliche Umstellung der Herstellungs- und Errichtungsprozesse auf ein emissionsärmeres Niveau. In allererster Linie ist hiermit die Asphaltproduktion selbst angesprochen, bei der nach wie vor nicht umweltfreundliche Energieträger zum Einsatz kommen. Eine diesbezügliche Umstellung gestaltet sich aktuell in Anbetracht der globalen politischen Lagen schwierig und nicht langfristig verlässlich planbar, so dass man sich voraussichtlich auf eine hohe Variabilität eines Energiemixes einstellen werden muss. Entsprechende Entwicklungen sind bereits fortgeschritten (Mac Nelly, 2023), es fehlt aber sicherlich noch die zwingende Weichenstellung dafür, dass sich die dafür erforderlichen Investitionen auch amortisieren werden. Aber auch die Lagerung der Baustoffe ist entscheidend für die ökologische Bilanz der Mischanlage, schließlich ist der Energieeinsatz für die Trocknung der Baustoffe durch eine Überdachung weitgehend entbehrlich.

Die bereits angesprochene Temperaturabsenkung beim Asphalt selbst wird mit Blick auf die Dauerhaftigkeit der Straßen eingehend diskutiert. Die Walzasphalt-Versuchsstrecken, die mit Temperaturabgesenkten Asphalten hergestellt wurden, liegen nach einer Nutzungsdauer von bis zu 25 Jahren insgesamt unauffällig (Rosauer; Gerke; Radenberg, 2021), für eine weitere Absenkung sind aber grundsätzlich andere Konzepte in Betracht zu ziehen. So werden Warm- und Kaltasphalte, die in anderen Ländern bereits deutlich häufiger als hierzulande angewendet werden, eingehender untersucht, um ihr Potenzial für eine Reduktion der Treibhausgasemissionen und ihre Dauerhaftigkeit abschätzen können (z. B. FE 7.0304/2020/FRB: Untersuchungen zur Verwendung von Asphaltbeton mit Bitumenemulsion in Asphalttragschichten, FE 7.0320/2022/EGB: Untersuchungen zum Verformungsverhalten von Walzasphaltdeckschichten mit Schaumbitumen). Aufgrund des in diesen Asphalten enthaltenen Wassers und der damit verbundenen Notwendigkeit der zwischenzeitlichen Trocknung sind hier die Einbauprozesse womöglich anders als bisher zu konzipieren. So könnte es erforderlich sein, die dickeren Asphalttragschichten dreilagig einzubauen und vor der Überbauung jeweils eine Zeitlang liegen zu lassen. Vor allem sind jedoch die Regelwerke für diese Bauweisen so zu überarbeiten, dass bestehende Widersprüche eliminiert und neuere Erkenntnisse zur Optimierung der Qualität umgesetzt werden (FE 7.0321/2022/EGB: Weiterentwicklung der Erstprüfung von Emulsionsgebundenen Asphaltmischgut). So zeigt sich, dass sich Schaumbitumengebundene Asphalte vom Bitumen-dominanten Bindungstyp mit einem geringen Zementgehalt von etwa 1 M.-% und einem Bitumenanteil von mindestens 3 M.-% für einen Einsatz in Tragschichten (Kalantari, 2022) gut eignen. Demgegenüber wurden emulsionsgebundene Schichten bislang nach dem Konzept der eher Zement-dominanten Varianten mit Zementgehalten von rund 4 M.-% erstellt. In einem Forschungsprojekt (Radenberg; Staschkiewicz; Vienenkötter; Mollenhauer, 2022) wurden Streckenabschnitte beider Bindungstypen näher untersucht und im Ergebnis erbrachte dies an den zehn rund fünf bis fünfzehn Jahre beanspruchten Straßenbefestigungen mit Tragschichten aus KRC-Gemischen keine Anhaltspunkte dafür, dass diese ungewöhnlich früh eintretenden Schädigungen erfahren hätten oder werden.

Parallel zu diesen Forschungsarbeiten wurde auf dem duraBASt-Gelände der Bundesanstalt für Straßenwesen eine 100 m lange Versuchsstrecke angelegt, auf/in der die einen einem Referenzaufbau in klassischer Heißasphalt-Bauweise einer Bauweise mit einer Asphalttragschicht in Kaltrecyclingbauweise gegenübergestellt wurde (Bild 5). Um eine Aufbaudicke entsprechend der Belastungsklasse Bk1,0 zu erstellen, wurde der Referenzabschnitt mit der üblichen Dicke von 18 cm und der KRC-Abschnitt mit einer von 24 cm versehen. Beide Abschnitte erfuhren durch die zeitraffende Belastungseinrichtung MLS30 eine Million 10 t-Achsübergänge, ohne dass sich bei beiden Aufbauten nennenswerte Verformungen einstellten. Mit einer auf beiden Abschnitten gleichen Spurrinnentiefe von 2 mm blieben sie deutlich unter einer nennenswerten Schädigung. Allerdings zeigten später entnommene Bohrkerne (Bild 6) und angelegte Schürfe, dass die KRC-Befestigung hinsichtlich der Verdichtung und der Bindung in unterschiedliche Bereiche unterteilt werden konnte und somit ein über die Streckenlänge inhomogenes Material vorlag, das sich auch mit Tragfähigkeitsmessung mit dem Falling Weight Deflectometer nachvollziehen ließ.

Bild 5: Aus dem KRC-Abschnitt der Versuchsstrecke auf dem duraBASt entnommene Bohrkerne

Bild 6: Einbau der KRC-Versuchsstrecke auf dem duraBASt

Aus diesen Untersuchungen wurde abgeleitet, dass der Einsatz von KRC-Gemischen als Ersatz für eine Asphalttragschicht durch einen Schichtdickenzuschlag von 50 % als gleichwertig angesehen werden kann, wobei jedoch dringend auf eine hinreichende Gleichmäßigkeit der KRC-Schicht zu achten ist. In der neuen Fassung der RStO 12, die aktuell im Arbeitskreis 4.5.5 der FGSV erstellt wurde, wurde zur weiteren Erfahrungssammlung (als „Öffnungsklausel“ zur Anwendung) zunächst folgende Regelung, die keinen Ersatz der heiß hergestellten Asphalttragschicht vorsieht, aufgenommen:

„Mit dem Ziel der Einsparung von Materialtransporten, Erhöhung der Verwertungsmenge von Straßenausbaustoffen sowie zur Schonung der natürlichen Ressourcen können bei Belastungsklassen bis Bk1,8 Befestigungen mit bitumendominant gebundenen Schichten in Kaltbauweise gemäß den Regelungen des M KRC zur vollständigen Verwertung von Straßenausbaustoffen auf der Baustelle in Kaltbauweise oder gemäß M VB-K zur Verwertung von Asphaltgranulat durch Kaltaufbereitung in Mischanlagen eingesetzt werden. Bei Verwendung von Asphaltgranulat durch Kaltaufbereitung nach M VB-K gemäß RStO Tafel 1, Zeile 2.2 wird mit der KRC-Schicht die Verfestigung bei einer Erhöhung der Einbaudicke um 20 % ersetzt. Länderspezifische Vorgaben bezüglich der Verwertung in Kaltbauweise sind zu beachten.“

Mit dieser Regelung wird der Einsatz von kaltgebundenen Asphalten im nachgeordneten Netz unterstützt. Eine weiterreichende Regelung wird in der nun startenden Erarbeitung einer neuen Ausgabe der RStO diskutiert und gefunden werden.

Die dargestellten Überlegungen, umfangreichen Forschungsaktivitäten sowie die bereits Implementierung von Formulierungen in Regelwerken zeigen, wie ernst die Herausforderungen des Klimaschutzes und der fortwährenden Sicherstellung der Resilienz der Straßeninfrastruktur gegenüber dem Klimawandel genommen werden. Alle an diesem Prozess beteiligten Partner sehen die stärkere Ausrichtung des Straßenbaus in Richtung der ökologischen Nachhaltigkeit als notwendig und zielführend an und bringen sich konstruktiv in diese Entwicklung ein.

Literaturverzeichnis

  1. Beckedahl, J.; Schrödter, T.; Koppers, S.; Mansura, D. (2020): Asphaltoberbau und extreme Temperaturen, Wuppertal
  2. Clauß, M. (2021): Erweiterte Analyse der thermischen Zustände in Straßenbefestigungen unter besonderer Berücksichtigung klimatischer Einflüsse und stoffspezifischer Materialparameter, Dresden
  3. Deutscher Wetterdienst (2023): Abgerufen am 23. März 2023 von https://www.dwd.de/DE/leistungen/ zeitreihen/zeitreihen.html#buehneTop
  4. (2021): FE 4.0332/2020/OGB: Anpassung der Dimensionierung an den Klimawandel
  5. (2021): FE 4.0339/2021/MGB: Rechnerische Potenzialermittlung bezüglich der Ermüdungs- und Verformungsresistenz von Decken aus Asphalt
  6. (2022): FE 7.0305/2020/CRB: Entwicklung von Asphaltschichten für Straßen und Brückenbelägen unter extremen Klimaeinwirkungen
  7. Kalantari, M. (2022): Assessing the effect of binding agents’ content on resulted mechanical and fatigue characteristics of foamed bitumen and cement stabilized mixes as the foundation for an analytical pavement design approach, Siegen
  8. Mac Nelly, S. (2023): Moderne Technologie in der Asphaltmischanlage. Berchtesgaden
  9. NABU (2021): Abgerufen am 24. März 2023 von https://www.nabu.de/news/2021/06/30095.html
  10. Radenberg, M.; Staschkiewicz, M.; Vienenkötter, L.; Mollenhauer, K. (2022): Verifizierung der Mischgutkonzeptionierung kaltgebundener bitumen-dominanter Tragschichten und Ableitung von Dimensionierungsgrundsätzen, Bochum
  11. Rochlani, M. R. (2021): Perrformance-based characterisation of Bitumen and Mastic using the DSR, Dresden
  12. Rosauer, V.; Gerke, M.; Radenberg, M. (2021): Erhebung über den Zustand von Strecken mit temperaturabgesenktem und viskositätsverändertem Asphalt nach langer Nutzungsdauer, Essen
  13. Schäfer, V.; Rosauer, V. (2021): Spurrinnenbildung in Asphaltbefestigungen, Oldenburg
  14. Wellner, F.; Kayser, S.; Clauß, M. (2014): Projizierter Klimawandel und Dimensionierung von Straßenbefestigungen, Dresden