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1 Heißrecycling - Stand der Technik
Asphaltrecycling ist eine der wichtigsten technologischen Errungenschaften im modernen Asphaltstraßenbau. Die heutigen Recyclingstrategien zielen ab auf die Verwendung von Ausbauasphalt in möglichst großen Mengen, möglichst auf der gleichen Qualitätsstufe und möglichst so, dass der Asphalt mehrfach wiederverwendbar bleibt. In Deutschland ist das Heißrecycling die bevorzugte Variante, das ist die Herstellung von Heißmischgut in der Asphaltmischanlage unter Mitverwendung von Ausbauasphalt. Jährlich werden etwa 13 Millionen Tonnen Ausbauasphalt gewonnen, wovon 84 % der Asphaltproduktion im Heißmischverfahren zugeführt werden (DAV, 2018).
Die Konzeption eines neuen Heißmischgutes unter Mitverwendung von Ausbauasphalt erfolgt unter der Voraussetzung, dass seine Qualität im Vergleich zu einem Asphaltmischgut ohne Asphaltgranulat mindestens gleichwertig ist (Willis et al., 2012; Seeberger & Hugener, 2014; Wistuba et al., 2015). Daher werden gemäß dem deutschen Technischen Regelwerk an Asphalte immer dieselben Anforderungen gestellt, egal ob mit oder ohne Mitverwendung von Ausbauasphalt.
1.1 Asphaltgranulat
Zum Zwecke des Heißrecyclings wird der Ausbauasphalt zu Asphaltgranulat zerkleinert, d. h. granuliert. Asphaltgranulat gilt als ein hochwertiger Baustoff, seine Eigenschaften werden bestimmt von (Wistuba, 2019)
– der Zusammensetzung (Bindemittelviskosität; Bindemittelmodifikation(en); Sieblinie; Anteil an gerundeten Oberflächen),
– der Gleichmäßigkeit der Zusammensetzung (heute beurteilt anhand der ermittelten Spannweiten und Mittelwerte der Merkmalsgrößen Bindemittelgehalt, Erweichungspunkt Ring und Kugel, Füllergehalt, Sandgehalt und Kornanteil über 2 mm; Einzelwerte werden auf Normalverteilung und Homogenität überprüft),
– dem Alter (Grad der Bindemittelalterung),
– der Gewinnung (Fräsbreite) und Aufbereitung (Granulieren, Sieben)
– und von den Lagerungsbedingungen (Dauer, Nass-/Trockenlagerung; mehrmaliges Umsetzen der Halde).
Zur Wiederverwendung ist die Rezeptur des neuen Asphalts abzustimmen auf
– den Einsatzzweck (z. B. Asphalttrag-, Asphaltbinder- oder Asphaltdeckschicht),
– die angestrebte Zugaberate an Asphaltgranulat unter Berücksichtigung der Anlagentechnik der Asphaltmischanlage (Zugabevorrichtung für Asphaltgranulat),
– die Verarbeitungstechnik (Mischdauer) zur Aufschließung des Asphaltgranulats (zur Vermeidung von Doppelumhüllung von unvollständig aufgeschlossenen Kornaggregaten),
– und die realisierbare Verjüngung (zur Kompensation der Bindemittelalterung) durch die Zugabe von Frischbindemittel und/oder Verjüngungsmittel.
Zur Findung der Rezeptur kommen idealerweise gebrauchsverhaltensorientierte Bindemittelprüfungen (zur Findung der optimalen Bindemittelzusammensetzung) und gebrauchsverhaltensorientierte Asphaltprüfungen (am werksgemischten und laborverdichteten Asphaltmischgut) zum Einsatz. Wichtig dabei ist, eine möglichst umfassende Bewertung des Gebrauchsverhaltens im gesamten Temperatur- und Beanspruchungsbereich (beispielsweise sind auch die nachhaltige Beeinflussung der Gebrauchseigenschaften durch Umwelteinwirkungen zu berücksichtigen).
Bei regelwerkskonformer Zusammensetzung des Asphaltmischguts zu einer bestimmten Asphaltmischgutart und -sorte kann ein Recyclinganteil von maximal etwa 90 M.-% erreicht werden, weil infolge der Fräs-, Brech- und Siebvorgänge Anteile an grober Gesteinskörnung verloren gehen und daher zur Korrektur der Sieblinie und zum Ausgleich des geringfügigen Bindemittelüberschusses grobe Gesteinskörnung zugegeben werden muss.
Alle regelwerkskonformen Asphaltarten und -sorten können mit Zugaberaten an (auch stark verhärtetem) Asphaltgranulat bis zu 30 M.-% durch chargenweise Zugabe des Asphaltgranulats in den Mischer ohne Weiteres realisiert werden, bis etwa 40 M.-% unter kontinuierlicher Zugabe durch gemeinsame Erwärmung der frischen Gesteinskörnungen und des Asphaltgranulats.
Bei Zugaberaten über 40 M.-% ist wegen des notwendigen Aufheizens des Asphaltgranulats mit Austreiben der Feuchte die Verwendung einer Paralleltrommel zusätzlich zur Trockentrommel erforderlich. Die Paralleltrommel sorgt als zweite Heizvorrichtung für ein schonendes Aufheizen des Asphaltgranulats (möglichst unter 130 °C zur Minimierung von Bindemittelalterung), bevor dieses anschließend in heißem Zustand dem frischen Gestein beigemengt wird.
Installation und Betrieb einer Paralleltrommel sind teuer und betrieblich aufwendig, erfordern mitunter eine neue Betriebsstätten-Genehmigung (mit entsprechenden Auflagen), rechnen sich erst bei großen Mengen und sind daher nicht immer eine Option. Mitunter wird daher eine Zugaberate von unter 30 M.-% Asphaltgranulat als die mittelfristig wirtschaftlichste Lösung gesehen.
1.2 Verjüngung des verhärteten Bindemittels
Das im Ausbauasphalt enthaltene Bindemittel ist aufgrund der fortgeschrittenen Bindemittelalterung nicht ohne Weiteres zur Herstellung eines neuen Asphaltmischgutes einsetzbar. Es ist spröde und rissanfällig. Klebkraft, Haftvermögen an der Gesteinskörnung sowie Widerstand gegen Kälterissbildung sind herabgesetzt. Die Bindemittelalterung ist daher durch Maßnahmen der Verjüngung zu kompensieren, in dem die durch die Alterung verloren gegangenen Bindemittelkomponenten ergänzt werden und das gealterte Bindemittel durch gezieltes Herabsetzen der Viskosität weitgehend wieder in den Zustand eines lieferfrischen, ungealterten Bindemittels versetzt wird (Wistuba, 2019).
Grundsätzlich kann das Verjüngen durch die Zugabe von frischem, weichem Bindemittel erfolgen. Je viskoser das gealterte Bindemittel bzw. je höher die Zugaberate an Ausbauasphalt ist, umso mehr frisches, weiches Bindemittel muss zugegeben werden. Allerdings ist die mögliche Zugabemenge an frischem Bindemittel begrenzt. Wenn der Ausbauasphalt extrem gealtert ist oder in großer Menge zugegeben werden soll, überschreitet die zur Kompensation theoretisch notwendige Menge an frischem Bindemittel den maximal möglichen Bindemittelgehalt, und das Asphaltmischgut würde zu weich.
Bei hohen Recyclingraten muss daher (zusätzlich) ein Verjüngungsmittel (Rejuvenator; lateinisch aus Vorsilbe re für wieder, und juvenalis für jung) verwendet werden. Das Verjüngungsmittel wird entweder dem Asphaltgranulat zugegeben oder im Mischer zugemischt und dient der Viskositätsabsenkung des gealterten Bindemittels im Ausbauasphalt. Verjüngungsmittel verringern die Viskosität des gealterten Bindemittels stärker als frische Bindemittel, bei deutlich geringerer Zugabemenge.
Grundsätzlich sollten Verjüngungsmittel eine bitumenähnliche Zusammensetzung haben bzw. ein Bindemittel nicht so verändern, dass die Eigenschaften des verjüngten Bindemittels im Vergleich zu herkömmlichen Bindemitteln untypisch sind. Verjüngungsmittel sollten sich im Asphaltmischgut vollständig auflösen und sich mit dem Bindemittel vollständig vermischen.
Es ist davon auszugehen, dass Verjüngungsmittel auf Basis von Kohlenwasserstoffverbindungen so wirken, dass sie bei geringstmöglicher Dosierung die im gealterten Bindemittel verlorengegangenen Komponenten gut ergänzen. Vermutlich funktioniert ein Verjüngungsmittel optimal, wenn die ursprünglichen Polaritätsverhältnisse zwischen der unpolaren Malten-Matrix und dem hochpolaren Mizellen-Kern wiederhergestellt sind und die Konzentration an Asphaltenen im stabilisierenden Schutzmantel der Mizelle dem Ausgangszustand entspricht (siehe Wistuba, 2019).
Die Produktpalette an Verjüngungsmitteln ist riesig. Heute am Markt sind beispielweise Verjüngungsmittel in Form von Naturbitumen, Mineralölen oder Fluxölen (tw. aus aufbereiteten Altölen), biogenen Produkten (Pflanzenöle, Fettsäuren, Harze, organische Lösungsmittel) und chemischen Erzeugnissen (Bsp. Siloxane). Teilweise sind die Verjüngungsmittel gleich oder ähnlich den viskositätsverändernden Mitteln. Heute in Deutschland gut bekannte Produktnamen(-sbestandteile) sind beispielweise Storflux, Storbit, RheoFalt, Regemac, Regefalt, RapBond, Tego, Vestenamer und Stardope (siehe Radenberg et al., 2016).
Die Hersteller beschränken die Anwendung bestimmter Produkte teilweise auf eine maximale Verwendungsrate an Asphaltgranulat und bieten oft unterschiedliche Produkte an, je nachdem ob im Asphaltgranulat Straßenbaubitumen oder Polymermodifiziertes Bitumen enthalten ist. Die Dosierung wird vom Hersteller „eingestellt“ oder empfohlen, meist in Abhängigkeit vom Erweichungspunkt Ring und Kugel, von der Nadelpenetration und der Menge des im Asphaltgranulat enthaltenen Bindemittels.
Das Technische Regelwerk bevorzugt zur Verjüngung die Zugabe von frischem Bitumen, andere Verjüngungsmittel sind im Bauvertrag gesondert zu vereinbaren. Gemäß TL Asphalt- StB 2007/2013 darf entweder ein Bitumen zugegeben werden mit der derselben Spezifikation wie das geforderte Bitumen oder ein Bitumen, das höchstens eine Sorte weicher als das geforderte Bitumen ist. Die Zugabemenge gilt als optimal, wenn der Erweichungspunkt Ring und Kugel des resultierenden Bitumens innerhalb der Sortenspanne des geforderten Zielbitumens liegt.
Die Bestimmung der optimalen Zugabemenge anhand der Kontrolle des Erweichungspunktes Ring und Kugel entspricht heute nicht mehr dem Stand des Wissens. Das Prüfverfahren Erweichungspunkt Ring und Kugel stößt mit zunehmender Komplexität von bitumenhaltigen Bindemitteln (z. B. Polymermodifiziertes und/oder viskositätsverändertes Bindemittel) an seine Grenzen und liefert teilweise widersprüchliche und nicht plausible Ergebnisse (siehe Alisov, 2017). Damit sind die Bewertung der tatsächlichen Bindemitteleigenschaften und eine zielsichere Bestimmung der optimalen Zugabemenge im Rahmen des Asphaltrecyclings nicht möglich.
An einer alternativen Methodik, die auf rheologischen und/oder chemischen Bindemittelkenngrößen basiert und auch den Anforderungen der Praxis genügt, wird geforscht. Neue Ansätze zur Ansprache der rheologischen Eigenschaften werden in der Folge vorgestellt.
2. Bestimmung der optimalen Zugabemenge an Verjüngungsmittel anhand von rheologischen Bindemittelkenngrößen - Stand der Forschung
Welches und wie viel Verjüngungsmittel in Abhängigkeit von den Asphaltgranulateigenschaften idealerweise zugegeben werden soll, ist eine zentrale Frage beim Asphaltrecycling. Sie ist in jedem Einzelfall zu beantworten, damit eine ausreichend gute Asphaltperformance resultieren kann. Eine geeignete Methodik dafür ist im Technischen Regelwerk noch nicht abgebildet und ist Gegenstand der Forschung am Institut für Straßenwesen der Technischen Universität Braunschweig. Während die Untersuchungen zur Bindemittelchemie bisher kaum Lösungsansätze boten, scheint die Beurteilung von rheologischen Bindemittelkenngrößen heute am vielversprechendsten.
In Anlehnung an das Prüfverfahren Erweichungspunkt Ring und Kugel ermöglicht das Bitumen-Typisierungs-Schnellverfahren (BTSV) eine rheologisch-basierte Asphaltmischgutkonzeption im oberen Gebrauchstemperaturbereich.
2.1 Bitumen-Typisierungs-Schnell-Verfahren für den Bereich der oberen Gebrauchstemperatur
Das Bitumen-Typisierungs-Schnellverfahren (BTSV) gemäß DIN 52050 bzw. AL DSR-Prüfung (BTSV) ist ein praxistaugliches Verfahren unter Verwendung eines Dynamischen Scherrheometers (DSR) und kann zur Einstellung der resultierenden Bitumeneigenschaften im Asphaltmischgut im Bereich der oberen Gebrauchstemperatur (ca. 60 °C) herangezogen werden. Es ist somit ein adäquater Ersatz für das Prüfverfahren Erweichungspunkt Ring und Kugel, mit dem entscheidenden Unterschied, dass es sowohl für alle Straßenbaubitumen als auch (nicht so der Erweichungspunkt) für alle modifizierten Bindemittel zur Bestimmung der rheologischen Bindemitteleigenschaften funktioniert (Alisov, 2017; Alisov und Wistuba, 2016; Wistuba et al., 2018a, 2018b).
Mit dem BTSV werden mit hoher Aussagekraft bei sehr geringem Materialbedarf die interessierenden rheologischen Kennwerte zuverlässig und praxistauglich ermittelt: die Temperatur TBTSV, bei der der komplexe Schermodul 15 kPa beträgt und der korrespondieren Phasenwinkel δBTSV. Diese Kennwerte für den Bereich der oberen Gebrauchstemperatur sind sehr aussagekräftig und können gut herangezogen werden (siehe Alisov et al., 2018; Büchler et al., 2018; Schrader & Wistuba, 2018, 2019; Schrader et al., 2019; Walther et al., 2019)
– zur rheologischen Bewertung der Bindemitteleigenschaften (anstelle des Erweichungspunktes Ring und Kugel),
– zur rheologischen Bewertung des Alterungszustands eines Bindemittels aus einem Asphaltgranulat,
– zur rheologischen Bewertung der Wirkungsweise eines Verjüngungsmittels,
– und zur Bestimmung der optimalen Zugabemenge eines Verjüngungsmittels zur Erzielung der gewünschten rheologischen Eigenschaften.
2.2 Für niedrige Gebrauchstemperaturen - Stand der Forschung am ISBS
Mit dem BTSV kann auch die maximale Zugabemenge eines Verjüngungsmittels zielsicher gefunden werden, allerdings gilt diese – so wie der Erweichungspunkt Ring und Kugel auch – nur für den Bereich der oberen Gebrauchstemperatur. Die mit BSTV ermittelte Zugabemenge ist daher als Maximalwert bei Gebrauchstemperaturen im Bereich um 60 °C zu verstehen. Bei Überschreitung dieses Maximalwertes droht die Gefahr von plastischen Verformungen (Spurrinnenbildung) im Asphalt.
Für niedrigere Gebrauchstemperaturen gilt das BTSV nicht. Allerdings darf die Konzeption eines Asphalts unter Mitverwendung von Asphaltgranulat nicht allein für den Bereich der oberen Gebrauchstemperaturen erfolgen. Daher ist für den Bereich niedriger Gebrauchstemperaturen die notwendige Zugabemenge durch ein anderes Verfahren zu bestimmen. An der Entwicklung eines solchen, geeigneten rheologischen Prüfverfahrens wird zurzeit am Institut für Straßenwesen der Technischen Universität Braunschweig geforscht. Diese Entwicklungen zielen ab auf ein mit dem DSR durchführbares Prüfverfahren, das ähnlich einfach und aussagekräftig wie das BTSV funktioniert. Als Ergebnis sollte die mindestens erforderliche Zugabemenge ermittelt werden können. Bei Unterschreitung des Minimalwertes droht die Gefahr von Kälterissen im Asphalt. Schließlich sollte die optimale Zugabemenge an Verjüngungsmittel zwischen dem Maximalwert aus dem BTSV und dem Minimalwert aus dem neuen Prüfverfahren im Bereich niedriger Gebrauchstemperaturen definierbar sein.
Ein rheologisches Prüfverfahren ist derzeit in Erprobung und Validierung, mit dem die Einstellung der Bindemitteleigenschaften im Bereich von Gebrauchstemperaturen um 15 °C mit ausreichender Zuverlässigkeit möglich sein sollte (Gossen, 2018; Lütche, 2018; Nullmeyer, 2019; Kollmus, 2019). Die (noch nicht ausreichend validierte) Prüfmethodik beruht – in Anlehnung an das BTSV – auf der Bestimmung der rheologischen Kenngrößen komplexer Schermodul und Phasenwinkel mittels Oszillationsmessungen im DSR. Analog zum BTSV wird anhand der temperaturabhängigen Verläufe der rheologischen Kenngrößen als Ergebnis die Äqui-Modul-Temperatur T15MPa und der zu dieser Temperatur korrespondierende Phasenwinkel δ15MPa abgelesen.
2.3 Laborprobe versus Vermischung in der Asphaltmischanlage
Obwohl die rheologisch-basierten Prüfverfahren zur Bestimmung von Bindemitteleigenschaften mit dem DSR mit einer sehr hohen Präzision arbeiten, ist zu beachten, dass sich Unterschiede in den Bindemitteleigenschaften von Proben ergeben können, die einerseits im Labor gemischt wurden und andererseits aus dem Mischprozess in der Asphaltmischanlage resultieren.
Die Vermischung im Labor erfolgt unter kontrollierten Laborbedingungen – u. a. definierte Mischmengen, schonende Mischtemperaturen, definierte Mischzeiten (siehe Isailović et al., 2018; Tapken, 2018) – und unter der Annahme, dass sich das gesamte Bindemittel aus dem Asphaltgranulat mit dem Verjüngungsmittel vollständig vermischt. In der Asphaltmischanlage kann der Vermischungsgrad deutlich vom Vermischungsgrad unter Laborbedingungen abweichen (Shen et al., 2007; Walther & Wistuba, 2014). Bei nicht ausreichend langen Mischzeiten kann es beispielweise zur Doppelumhüllung kommen, d. h. das Asphaltgranulat wird nicht vollständig aufgeschlossen und harte Kornaggregate werden von weichen Bindemittelanteilen umhüllt. Insgesamt ist dann zu viel weiches Bindemittel enthalten und es resultiert ein (zu) weiches Asphaltmischgut.
Im Zweifelsfall ist zur Überprüfung des Aktivierungsgrades eine Probenahme empfehlenswert, und schließlich die Überprüfung des Gebrauchsverhaltens des resultierenden Asphalts anhand von Performanceprüfungen.
3 Zusammenfassung und Ausblick
Beim Asphaltrecycling spielt zur Erzielung von guten Gebrauchseigenschaften des Asphalts unter Verwendung von Asphaltgranulat die Konzeption des Asphaltmischguts eine entscheidende Rolle. Sie ist u. a. beeinflusst von den Eigenschaften des Asphaltgranulats (Zusammensetzung, Gleichmäßigkeit, Grad der Bindemittelalterung, Gewinnung und Aufbereitung, Lagerungsbedingungen) und von der bei der Wiederverwendung angestrebten Rezeptur des neuen Asphalts (Einsatzzweck, angestrebte Zugaberate, Mischanlagentechnik und Mischdauer, Art und Vorgehen der Verjüngung).
Gemäß deutschem Regelwerk darf die Ermittlung der Zugabemenge eines Verjüngungsmittels allein auf der Grundlage des konventionellen Prüfverfahrens Erweichungspunkt Ring und Kugel erfolgen. Erwiesenermaßen kann dieses Vorgehen aber widersprüchliche und unplausible Ergebnisse liefern. Als zuverlässige Alternative zum Erweichungspunkt Ring und Kugel steht das Bitumen-Typisierungs-Schnell-Verfahren (BTSV) zur Ermittlung von rheologischen Kenngrößen im Bereich der oberen Gebrauchstemperatur (ca. 60 °C) zur Verfügung (gemäß DIN 52050 bzw. AL DSR-Prüfung BTSV).
Mittlerweile gibt es für das BTSV auch Erfahrungen bei der Anwendung im Rahmen des Asphaltrecyclings. Durch die hohe Aussagekraft und Prüfpräzision des BTSV können geeignete Verjüngungsmittel und deren maximale Zugabemengen identifiziert und die resultierenden Bindemitteleigenschaften plausibel bewertet werden. Die Anwendung des BTSV ist – wie auch der Erweichungspunkt Ring und Kugel – auf den Bereich der oberen Gebrauchstemperatur beschränkt. Die Bestimmung der optimalen Zugabemenge für eine gute Asphaltperformance bei allen Gebrauchstemperaturen ist daher allein mit dem BTSV nicht möglich.
Aus diesem Grund wird am Institut für Straßenwesen der Technischen Universität Braunschweig das rheologische Vorgehen zum Asphaltrecycling weiterentwickelt. Dabei wird wieder auf ein mit dem DSR durchführbares Prüfverfahren abgezielt, das ähnlich einfach und aussagekräftig wie das BTSV funktioniert. Zurzeit wird ein rheologisches Prüfverfahren erprobt, mit dem die Einstellung der Bindemitteleigenschaften im Bereich von Gebrauchstemperaturen um 15 °C mit ausreichender Zuverlässigkeit möglich sein sollte. Als Ergebnis soll mit dem neuen Prüfverfahren in Kombination mit dem BTSV eine materialspezifische Spannweite der optimalen Zugabemenge definiert werden können.
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