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1 Einführung
Die Autobahn von München nach Salzburg (A 8 Ost) wurde in den Jahren 1934 bis 1939 erbaut. Während der Abschnitt von München bis Rosenheim zwischenzeitlich sechsstreifig mit Seitenstreifen ausgebaut ist und entlang des Chiemsees auf einem kurzen Abschnitt ein vierstreifiger Ausbau mit Seitenstreifen erfolgt ist, befindet sich der größte der Teil der Autobahn noch im ursprünglichen Ausbauzustand aus den 1930er Jahren. Der hier vorhandene Straßenquerschnitt ist mit 17 m Breite für insgesamt vier Fahrstreifen sehr schmal; Standstreifen sind nicht vorhanden. Der sechsstreifige Ausbau von Rosenheim bis Salzburg wird derzeit geplant.
Die Bernauer Bahnbrücke, eine Unterführung der Bahnlinie München – Rosenheim – Salzburg, die ebenfalls noch aus den 1930er Jahren stammte, musste aufgrund ihres baulichen Zustandes bereits vorab durch einen Neubau ersetzt werden.
Bild 1: Lageskizze
Das zwischen den Anschlussstellen Bernau und Felden nahe der Südwestspitze des Chiemsees gelegene Brückenbauwerk hatte in den ca. 70 Jahren seines Bestehens Setzungen von bis zu 1,80 m erfahren.
Ursache der Setzungen waren die im Bereich südlich des Chiemsees äußerst ungünstigen Untergrundverhältnisse.
Das alte Bauwerk, eine Dreifeldbrücke mit einer Gesamtstützweite von 23,45 m war schwimmend auf einem Pfahlrost aus 9 m langen Frankipfählen gegründet.
Das neue Bauwerk wurde als Fünffeldbrücke mit einer Gesamtstützweite von 90 m konzipiert. Um die Brücke setzungsfrei gründen zu können, war eine Tiefgründung mit bis zu 60 m langen Bohrpfählen erforderlich.
Das neue Bauwerk wurde nördlich neben dem Bestandsbauwerk errichtet. Im Vorgriff auf den geplanten sechsstreifigen Ausbau gebaut, wird es dann nur die Richtungsfahrbahn Salzburg – München tragen. Derzeit nimmt diese Brücke den Verkehr beider Fahrtrichtungen auf. Für den Anschluss der neuen Bahnbrücke Bernau wurden beidseitig der Bahnlinie Dammverbreiterungen nördlich an den Bestandsdamm der A 8 von bis zu 8 m Höhe bei Kronenbreiten von bis zu 20 m angebaut.
Für die Dammverbreiterungen waren Setzungen in der Größenordnung von 0,84 bis 1,25 m prognostiziert worden. Um diese Setzungen soweit wie möglich vorwegzunehmen, wurde bereits zwei Jahre vor dem Neubau der Brücke mit den Dammschüttungen begonnen. Zur Beschleunigung der Setzungen im Untergrund wurden bis zu 25 m lange Tiefendrains in einem Dreiecksraster von 1,20 m unter der Sohle der Dammschüttung eingebracht. An der Basis der Dammschüttung wurde eine geogitterbewehrte Kiesmatratze eingebaut. Die Dammschüttungen wurden mit Überschüttungen von ca. 1,50 m ausgeführt. Über die Ausführung der Dammschüttung und ihre messtechnischen Überwachung wurde bereits an anderer Stelle berichtet (Dietrich, Gold 2006).
Dennoch ist, wie auch bei den bereits seit siebzig Jahren bestehenden Dämmen mit langfristig anhaltenden Setzungen aus der Konsolidierung der mächtigen Seesedimente zu rechnen.
Die derzeit gemessenen Setzungen im Bereich der Fahrbahn liegen bei 2 bis 4 cm pro Jahr.
Zur Vermeidung von Setzungsstufen zwischen dem Bauwerk, das durch seine Tiefgründung im Fels praktisch setzungsfrei ist, und dem Straßendamm, wurden hinter den Widerlagern Schleppplatten mit einer Länge von 10 m eingebaut. Zusätzlich wurde die Widerlagerhinterfüllung auf einer Länge von 35 m aus Leichtschüttmaterial – Glasschaumgranulat – aufgebaut.
Bild 2: Schematische Darstellung der Möglichkeiten zur Minimierung der Setzungsdifferenzen
2 Untergrund
Die Autobahn war seinerzeit bewusst in den Verlandungsbereich des Chiemsees gelegt worden, um dem Kraftfahrer die Schönheit der Gegend zugänglich zu machen.
Der Chiemsee ist in einem in den Molasseuntergrund eingetieften Becken eines Seitengletschers des Inngletschers entstanden. Durch mehrfaches Abschmelzen und Vorrücken des Gletschers wurden abgelagerte feinkörnige Sedimente mit gröberem Material, welches teilweise mit dem Schmelzwasser transportiert wurde, vermischt und als Moräne abgelagert. Es kann davon ausgegangen werden, dass diese sogenannte Grundmoräne von einer Eisauflast von ca. 200 m überlagert war. Mit dem Abtauen des Eises lagerten sich überwiegend feinkörnige Seesedimente ab (sogenannte „Seetone“), die im Bereich der Bernauer Bahnbrücke Mächtigkeiten von bis zu 50 m erreichen.
Nach den geologischen Erkundungen können hier folgende Hauptbodenschichten (von oben nach unten) unterschieden werden:
- künstliche Auffüllungen, hauptsächlich Kies, überwiegend aus dem ursprünglichen Autobahnbau und den in diesem Zusammenhang benötigten Baustraßen, Auflastschüttungen ; typischerweise 0 bis 6 m unter GOK,
- Torfe (teils gemischt mit Sand, Kies und Seesedimenten); Mächtigkeiten bis etwa 5 m,
- Auesedimente, bestehend aus Schluff- und Sandböden, als Übergangsschicht zu den reinen Seesedimenten, Mächtigkeiten zwischen 0 und 3 m,
- Sande und Kiese (aus quartären Flussablagerungen), 0 bis 6 m,
- Seesedimente: 30 bis 45 m Mächtigkeit, bis zu 50 m unter Gelände erbohrt („Seetone“),
- Grundmoräne (Seesedimente vermischt mit Sanden und Kiesen und durch Eisauflast konsolidiert), 0 bis 10 m Mächtigkeit,
- Felsuntergrund: Tonsteine und Schluffsteine der Tertiären Molasse, etwa ab 40 bis 50 m unter GOK.
Die mächtigen Seetone, die nach ihrer Korngröße eigentlich Schluffe mit sehr dünnen, horizontal geschichteten Feinsandlagen sind, sind die für das Baugrundverhalten bestimmende Schicht. Sie weisen eine breiige bis weiche und nur vereinzelt eine steife Konsistenz auf. Die Böden sind nach DIN 18196 überwiegend der Bodengruppe TM, in geringem Umfang auch den Bodengruppen TL und TA zuzuordnen.
Die Wasserdurchlässigkeit zeigt eine gewisse Anisotropie, in vertikaler Richtung liegt sie in der Größenordnung kf = 10-7 bis 10-8 m/s. In horizontaler Richtung ist unter anderen aufgrund der Feinsandzwischenlagen von einer größeren Wasserdurchlässigkeit auszugehen, worauf auch die rasch einsetzende Konsolidierung nach Einbringung der Tiefendrains zurückzuführen ist. Für die Gründung von Bauwerken sind die Seetone aufgrund ihrer geringen Konsistenz und ihrer sehr großen Kompressibilität als nicht geeignet einzustufen.
Die Felsformationen des Tertiärs wurden für die praktisch setzungsfreie Tiefgründung der neuen Bahnbrücke Bernau herangezogen.
Grundwasser wurde bei den Aufschlussbohrungen zwischen 0,5 und 5 m unter Geländeoberkante festgestellt. Das höchste Grundwasser ist bei Geländeoberkante bzw. bei behindertem Abfluss auch darüber anzunehmen.
3 Auswahl des Leichtbaustoffes
11 km weiter östlich an der Bundesautobahn A 8 war 1999 die Tiroler Achenbrücke erneuert worden. Auch hier ist das Bauwerk im Fels tiefgegründet und darüber liegen mächtige kompressible Seesedimente. Hier hatte es sich gezeigt, dass Schleppplatten allein nicht ausreichen, um die Setzungsdifferenzen zwischen Bauwerk und Dammschüttung auszugleichen.
Für den Bau der Bernauer Bahnbrücke wurde daher geplant, den Übergang zwischen Bauwerk und Damm in Leichtbauweise auszuführen. Als Leichtbauweise wurden drei verschiedene Systeme in einer Vorauswahl untersucht:
- Blähton,
- Expandiertes Polystyrol (EPS-Hartschaumblöcke),
- Glasschaum-Recyclingprodukte, die als Schaumglasschotter, Glasschaumschotter oder auch als Glasschaumgranulat bezeichnet werden.
Blähton weist, vor allem aufgrund seiner hohen Wasseraufnahme einen relativ geringen Gewichtsvorteil gegenüber natürlichen mineralischen Schüttmaterialien auf. Zudem kommen die relativ problematischen Einbaueigenschaften (rolliges Material) insbesondere bei hohen Dammschüttungen, wie sie hier vorlagen, hinzu. Blähton als Leichtschüttmaterial wurde daher nicht weiter für diese Baumaßnahme in Betracht gezogen.
Eine Leichtbauweise aus EPS-Hartschaum erbringt aufgrund seiner geringen Dichte von etwa 30 kg/m³ die größten Gewichtsvorteile. Nachteilig steht dem gegenüber, dass EPS durch organische Lösungsmittel (z. B. Vergaser- und Dieselkraftstoffe) gelöst wird. So ist bei Unfällen, beispielsweise durch einen Tanklastzug, aber auch bei kleineren Unfällen bei Versickerung vom Kraftstoff oder anderen organischen Lösungsmittel immer die Gefahr der Auflösung der EPS-Dammschüttung gegeben.
Bei der Bewertung dieses Risikos musste vor allem berücksichtigt werden, dass es sich bei der Bundesautobahn A 8 um eine sehr stark befahrene Autobahn handelt und in diesem Abschnitt keine auch nur annähernd leistungsfähigen Umleitungsstrecken vorhanden sind. Im Bereich der Böschungen des Dammes muss zum Schutz gegen chemische Angriffe eine Abdichtung mit geeigneten Dichtungsbahnen vorgesehen werden. Die mit 1:1,5 geplante Böschungsneigung der Fahrbahndämme war für eine standsichere Ausführung von Abdichtungen jedoch zu steil.
Als problematisch wurde auch die Verlegung der Hartschaumblöcke angesehen. Zum einen ist die Anpassung der rechteckigen Blöcke an die gekrümmte Geometrie des Dammverlaufes sehr aufwendig, zum anderen hat sich an verschiedenen anderen Baustellen gezeigt, dass bei höheren Dammaufbauten regelmäßig Ausgleichsschichten aus Beton nach zwei bis drei EPS-Blocklagen erforderlich sind.
Da der Aufbau unmittelbar neben der unter Verkehr befindlichen A 8 erfolgen musste, hatte man auch die Gefahr einer Windverfrachtung von EPS-Blöcken und noch mehr von deren Verschnitten mit entsprechender Gefährdung des fließenden Verkehrs gesehen.
Ein weiteres Kriterium war die benötigte Bauzeit, für die bei Einbau von EPS pro Widerlager mehrere Wochen veranschlagt wurden.
Die dritte zur Wahl stehende Produktgruppe, die hier vereinfacht als Glasschaumschotter bezeichnet werden soll, weist die zuvor geschilderten Nachteile nicht auf. Das Material kann vergleichsweise schnell mit herkömmlichen Erdbaugeräten eingebaut und verdichtet werden. In dieser Hinsicht kann es mit Bodenmaterial (z. B. gebrochenem Kies) verglichen werden. In Bezug auf seine chemischen Eigenschaften ist festzustellen, dass Glasschaumschotter resistent gegen chemische Angriffe ist und andererseits von ihm, da er chemisch inert ist, auch keine Umweltschädlichkeit ausgeht.
Die Wasseraufnahme ist vernachlässigbar gering. Aus der Abwägung der Vor- und Nachteile der verschiedenen Produkte ergaben sich ein eindeutiger Vorteil für den Leichtbaustoff Glasschaumschotter.
Um dieses Material an der Bahnbrücke Bernau einsetzen zu können, mussten umfangreiche Recherchen zur Verfügbarkeit am Markt, zu den Materialeigenschaften und zur Prüfung der Qualität und Eignung durchgeführt werden.
4 Eigenschaften von Glasschaumschotter
Glasschaumschotter wird aus Altglas hergestellt. Zum Einsatz kommen dabei Flaschenglas und Flachglas, teilweise auch Reste aus der Glasverwertung. Das Rohmaterial wird vom Fremdbeimengungen (Metall, Kunststoff, Holz etc.) gereinigt und in Kugelmühlen staubfein gemahlen.
Dieser Glasstaub wird schließlich mit einem Blähmittel versetzt und in Tunnelöfen aufgeschäumt. Das aufgeschäumte Material verlässt den Ofen zunächst als Plattenware, zerbricht aber beim Abkühlen durch innere Spannungen selbständig in eine Stückigkeit von etwa 2 bis 6 cm.
Glasschaumschotter wird als geschlossenporiges Material hergestellt, die Wasseraufnahme liegt daher unter 10 M.-%. Er ist chemisch inert und wird von Lösemitteln nicht angegriffen, ist nicht brennbar und zeigt kein Kriechverhalten. Das Schüttgewicht des für den Straßenbau geeigneten Materials liegt bei 170 bis 230 kg/m³, die Dichte des eingebauten und verdichteten Glasschaumschotters bei 270 bis 330 kg/m³.
Bild 3: Glasschaumschotter
5 Prüfung der Materialeigenschaften
Für die Anwendung und auch für Prüfung von Glasschaumschotter gibt es bislang, im Gegensatz zu den Materialien Blähton und EPS-Hartschaum, noch kein Merkblatt der FGSV. Zur Prüfung der Materialien verschiedener Hersteller werden zwei unterschiedliche Untersuchungen angewendet:
- einaxiale Druckversuche (in Anlehnung an DIN 18136) an Probenkörpern mit einheitlicher Geometrie,
- Druckversuche am geschütteten Material im Versuchsbehälter mit behinderter Seitendehnung.
5.1 Einaxiale Druckversuche
Um den verschiedenen Korngrößen des Materials unterschiedlicher Lieferanten gerecht zu werden, wurden einheitliche quaderförmige Probenkörper mit quadratischem Grundriss zugeschnitten. Die Maße betrugen 2 x 2 cm in der Grundfläche und ca. 4 cm in der Höhe. Die Vorschubgeschwindigkeit wurde mit 0,7 mm/min. festgelegt.
Einige kennzeichnende Ergebnisse der Versuche sind in der Tabelle 1 zusammengefasst. Werden die Kraftverformungsverläufe qualitativ (ohne Berücksichtigung der Skalierung der Druckspannung) betrachtet, ist auffällig, dass bei Produkten von Hersteller A und Hersteller B ein vergleichsweise hoher Lastanteil der Druckspannung bereits bei geringer Stauchung erhalten wird.
So wird bei diesen Produkten ein hoher Teil der maximal aufnehmbaren einaxialen Druckspannung bereits in einer Lastgrößenordnung von 2 bis 4 % Stauchung erreicht. Bei den Untersuchungen an dem Glasschaummaterial von Hersteller C ist auffallend, dass der Zuwachs der einaxialen Druckspannung doch deutlich größerer Stauchungen bedarf (unabhängig von der absoluten Höhe der Druckfestigkeit).
Tabelle 1: Einige charakteristische Ergebnisse der ausgeführten einaxialen Druckversuche
In der Tabelle 1 sind in den Spalten 2 und 3 die ermittelten maximalen Druckfestigkeiten und die zugehörigen Bruchstauchungen angegeben. Die Bruchstauchung ist hier noch relativ wenig signifikant, da die maximal festgestellte Druckfestigkeit bei einigen Versuchen bereits bei deutlich geringerer Stauchung in ähnlicher Größenordnung erzielt wurde. Um die Unterschiede signifikanter zu machen, wurde in Spalte 4 die für eine Festigkeit von 1.500 kN/m² notwendige Stauchung angegeben.
Wie der Tabelle 1 entnommen werden kann, wurden die höchsten maximalen Druckfestigkeiten für das Produkt des Herstellers A ermittelt. Danach folgen die Werte für das Produkt des Herstellers B. Die geringsten Druckfestigkeiten wurden für die Produkte des Herstellers C ermittelt, obwohl hier bereits ein besonders schlechtes Versuchsergebnis nicht bei der Mittelbildung berücksichtigt wurde. Auffällig ist jedoch insbesondere die Spalte 4, wonach bei Hersteller A und bei Hersteller B eine Festigkeit von 1.500 kN/m² bereits bei einer Stauchung von ca. 3 % erhalten wird, während bei dem Produkt des Herstellers C ein Wert von 1.500 kN/m² zunächst nur von 2 Proben überhaupt erzielt wurde und dabei eine mittlere Stauchung von 6 % erforderlich wurde.
5.2 Druckversuche im Versuchsbehälter mit behinderter Seitendehnung
Um die eigentliche Tragfähigkeit des Materials im Gesamtverbund (also nicht nur an einzelnen „Körnern“, wie beim einaxialen Druckversuch) zu ermitteln, wurden Druckversuche in einem kreisförmigen Versuchsbehälter durchgeführt. Dabei wurde auch das Verformungsverhalten im eingebauten Zustand überprüft. Folgender technischer Versuchsablauf wurde entwickelt und realisiert:
- Vorsichtiges Einfüllen des Materials in den Versuchsbehälter (Proctorzylinder, Æ 25 cm, Höhe mit Aufsatzring etwa 27 cm),
- Ermittlung der lockersten Lagerung in diesem Einbauzustand,
- Verdichtung des Glasschaumschotter um den Faktor 1,3, wie bei der Bauausführung vorgesehen,
- Aufbringen einer vertikalen Belastung bis zu einer Stauchung des Materials von mehr als 20 %. Die Last wird weggesteuert aufgebracht,
- Protokollierung der sich einstellenden Kraft und der zugehörigen Verformung,
- Der Wassergehalt wurde an einer Parallelprobe bestimmt.
Anhand dieser Versuche wurde der vorhandene Wassergehalt des Materials bestimmt (nach DIN 18121), die Schüttdichte lose, feucht ermittelt sowie der Verlauf der Druckfestigkeit in Abhängigkeit von der Stauchung aufgetragen.
Dabei wurden speziell die Druckfestigkeiten bei 10 % Stauchung und 20 % Stauchung eigens abgegriffen. Zusätzlich wurde die Stauchung bei einer Auflast von 100 kN/m² bestimmt. Die Auflast von 100 kN/m² entspricht den berechneten, maximalen Belastungen des Glasschaumschotters in Bernau inklusive der Verkehrsauflast.
Bei Stauchungen von 10 % liegen die aufnehmbaren Lasten des Materials in der Größenordnung von 600 kN/m², bei einer Stauchung von 20 % in einer Größenordnung von 800 bis 850 kN/m². Die Stauchung bei einer Auflast von 100 kN/m² liegt bei etwa 1 %.
6 Materialbeschaffung
Glasschaumschotter war bis 2007 in diesem Umfang (ca. 5.000 m³ verdichtet) im Straßenbau in Deutschland noch nicht eingebaut worden. Unter Berücksichtigung des Einsatzes im Bereich einer hoch belasteten Bundesautobahn und des Umfanges konnte man deshalb davon ausgehen, dass die Maßnahme als Pilotprojekt anzusehen war.
Anfang 2007 wurde daher mit umfangreichen Marktanalysen auf verschiedenen Wegen (Messen, Internet etc.) begonnen. Ergebnis war, dass lediglich drei Hersteller in der Lage waren, Glasschaum in gebrochener Form und der erforderlichen Menge liefern zu können.
Wegen des Pilotcharakters der Baumaßnahme war es nicht sinnvoll, die Lieferung des Materials in die VOB-Ausschreibung der Erd- und Deckenbauarbeiten zu integrieren. Die Lieferung des Glasschaumschotters wurde daher aus der VOB-Ausschreibung herausgelöst und nach VOL beschränkt ausgeschrieben. Neben den garantierten Liefermengen zu den Lieferterminen waren die Materialanforderungen, die aus den vorangegangenen Versuchen ermittelt worden waren, Bestandteil der Ausschreibung.
Wesentliche technische Spezifikationen waren eine Korngröße 20/60 mm, eine maximale Dichte von 350 kN/m³ (eingebaut und verdichtet), eine zulässige Druckspannung von ³ 160 kN/m² und eine einaxiale Druckfestigkeit ³ 2.000 kN/m² unter den im Abschnitt 5.1 beschriebenen Versuchsbedingungen. Auf die Ausschreibung gingen Angebote von zwei Herstellern ein. Vor Vergabe des Auftrags wurden bei beiden möglichen Lieferanten Werksbesichtigungen durchgeführt und nochmals Probennahmen am lagernden Material vorgenommen.
Ergebnis dieser Besichtigungen und Beprobungen war, dass die Materialien wie auch die Produktionsabläufe beider Hersteller als praktisch gleichwertig eingestuft werden konnten.
7 Einbau von Glasschaumschotter
Die Leichtschüttkörper als Widerlagerhinterfüllung wurden auf beiden Seiten des Bauwerks geometrisch in gleicher Weise dimensioniert.
Die Länge der Leichtschüttungen wurde mit 35 m ab den Widerlagern festgelegt, wobei bis 20 m hinter den Widerlagern die Mächtigkeit 3,5 m betrug. Auf den folgenden 15 m keilte die Leichtschüttung von 3,5 m bis auf 0 aus, um eine möglichst langgezogene Setzungsanpassung zu erreichen. Zusätzlich wurde innerhalb des Glasschaumschotterkörpers auf 0,5 m Kieskoffer eine 10 m lange Schleppplatte betoniert (siehe Bild 4).
Seitlich wurden die Glasschaumschotterkörper auf der einen Seite vom bestehenden Fahrbahndamm begrenzt, auf der Dammaußenseite wurde eine 0,85 m dicke Kiesflanke mit 0,15 m Humusüberdeckung hergestellt. Über der Leichtschüttung wurde eine Kiesschutzschicht von 1,25 m Dicke eingebracht (siehe Bild 5) Darüber folgt der Fahrbahnaufbau (Frostschutzschicht und bituminöser Deckenaufbau mit 0,75 m), so dass sich zwischen Fahrbahnoberkante und der Oberkante der Leichtschüttung ein Abstand von 2,0 m ergibt. Durch diese Bauweise sollen dynamische Einflüsse aus dem Verkehr, aber auch Einbauten wie beispielsweise Rammpfosten für Schutzplanken von der Leichtschüttung sicher ferngehalten werden.
Der Glasschaumschotterkörper wurde allseitig durch ein Trennvlies umhüllt. Die Anlieferung auf die Baustelle erfolgte mit Sattelzügen für Leichtschüttgut, die ein Fassungsvermögen von ca. 90 m³ aufwiesen. Der Einbau des Glasschaumschotters wurde in Lagen von 50 cm Stärke mit einer Schubraupe vorgenommen.
Bild 4: Längsschnitt (nur auf einer Brückenseite dargestellt)
Bild 5: Querschnitt
Bild 6: Anlieferung und Einbau
Die ersten beiden Lagen am östlichen Widerlager wurden als Probefelder für die Einbaumethodik, die Verdichtung und für die Kalibrierung der Verdichtungskontrolle verwendet. Die Verdichtung erfolgte statisch mit einem 8-t-Walzenzug ohne Vibration. Die optimale Verdichtung wurde im Mittel nach vier Walzenübergängen erreicht. In den Bereichen unmittelbar hinter den Brückenwiderlagern wurde mit einer mittelschweren Rüttelplatte verdichtet. Zur optimalen Verdichtung musste ein Kompromiss aus dem Verdichtungsgrad und der zunehmenden Kornzertrümmerung gefunden werden. Die Kontrolle der Verdichtung erfolgte mit dem leichten Fallgewichtsgerät und mit einem Densitometer mit Gummiblase.
Statische Plattendruckversuche konnten wegen des Fehlens eines geeigneten Gegengewichtes – die Walze war zu leicht und die Schubraupe ungeeignet – nicht ausgeführt werden. Anhand der Versuchsreihen auf der Baustelle wurde festgelegt, dass dynamische Verformungsmodule Evd größer 12 – 15 MN/m² bereits eine ausreichende Verdichtung des Materials kennzeichnen. Beim Versuch, durch weitere Verdichtungsarbeit Verformungsmodule zu erhalten, die über 20 MN/m² hinausgingen, konnte eine kaum höhere Verdichtung, aber eine deutlich zunehmende Kornzerkleinerung festgestellt werden. Der Einbau der Leichtschüttungen wurde auf beiden Widerlagerseiten für die Herstellung der Schleppplatten unterbrochen. Die 10 m langen Schleppplatten wurden auf etwa der halben Höhe der Leichtschüttungen auf einem Kieskoffer betoniert. Nach Aushärten des Betons wurden die Leichtschüttungen fertig gestellt.
Die Bauzeit für die Schüttung auf beiden Seiten betrug inklusive der Zeit, die die Herstellung der Schleppplatten in Anspruch nahm, ca. einen Monat. Insgesamt wurden 5.000 m³ Glasschaumschotter verbaut.
Bild 7: Verdichtung mit der Walze (statisch ohne Vibration)
Bild 8: Verdichtung direkt am Widerlager
8 Messtechnische Begleitung
Über die Überwachung des Einbaus des Glasschaumschotters hinaus war von vorneherein vorgesehen, das Verhalten der Leichtschüttungen über einen längeren Zeitraum messtechnisch zu beobachten. Zum einen erfolgen ganz konventionell Setzungsbeobachtungen der Fahrbahn mittels Vermessung von Vermessungsnägeln an den Fahrbahnrändern. Zum anderen wurde beiderseits des Bauwerks in den Leichtschüttkörpern jeweils ein Messquerschnitt festgelegt. In diesen Messquerschnitten wurden zur Kontrolle von Setzungen des Dammes und eventueller interner Setzungen in den Leichtschüttkörpern Horizontalinklinometer an der Basis und am Top der Leichtschüttungen quer zur Fahrbahnachse installiert (siehe Bilder 4 und 5). Zusätzlich wurden in den Messquerschnitten Beschleunigungsaufnehmer (Geophone) über der Leichtschüttung in unterschiedlichen Tiefen unter der Fahrbahn eingebaut.
Die Inklinometer in den Messquerschnitten auf beiden Seiten des Bauwerks zeigten bei Messungen im Oktober 2009, also zwei Jahre nach Verkehrsfreigabe, sowohl an der Basis wie an der Oberkante des Glasschaumkörpers in den übereinanderliegenden Bereichen den gleichen Setzungsverlauf (siehe Bilder 9 und 10). Aus dem gleichlaufenden Verlauf ergibt sich, dass sich der Damm bzw. der Untergrund, wie erwartet, gesetzt hat, innerhalb des Glasschaumkörpers aber keine Differenzsetzungen aufgetreten sind.
Bild 9: Inklinometerköpfe an der Dammflanke (Ostseite)
Bild 10: Messdiagramm der Inklinometer
Exemplarisch sind im Bild 11 die Setzungen an der Fahrbahn östlich der Brücke aufgetragen. Nach zwei Jahren unter Verkehr wurden an Vermessungsnägeln, die am Fahrbahnrand angebracht worden waren, 240 m vom Bauwerk entfernt Setzungsbeträge von 13 cm gemessen. Zum Bauwerk hin verringern sich die Setzungen auf weniger als 4 cm. Westlich der Brücke zeigen die Setzungen ein ähnliches Bild.
Messungen der Beschleunigungsaufnehmer, die in den Messquerschnitten in Tiefen von 0,60 m, 1,20 m und 1,80 m unter der Fahrbahn im Bereich der Lkw-Rollspuren situiert sind, ergaben, dass an den untersten Beschleunigungsaufnehmern Lkw-Überfahrten noch deutlich wahrnehmbar sind, ein signifikanten Einfluss durch Erschütterungen auf die Glasschaumschotter aber nicht mehr gegeben ist. Im Bereich der mitteltiefen Aufnehmer war bereits ein deutlicher Rückgang der Erschütterungen festzustellen. Allerdings lagen die gemessenen Erschütterungen immer noch signifikant über den Werten der untersten Aufnehmer. Die Messungen zeigen, dass die Schutzschicht über den Glasschaumschottern für die in diesem Abschnitt hochbelastete BAB A 8 ausreichend dick ausgeführt worden ist. Für detailliertere Bewertungen sind jedoch noch Vergleichsuntersuchungen an Probefeldern unter definierten Bedingungen erforderlich. Daraus ließe sich dann ableiten, wie weit eine Schutzschicht über den Glasschaumschottern gefahrlos verringert werden kann.
Bild 11: Setzungen an der Fahrbahn
9 Fazit
Die Verwendung von Glasschaumschotter als Leichtschüttung auf einer sehr hoch belasteten Autobahn hat sich aus der Perspektive nach mehr als zwei Jahren Verkehrsbeanspruchung bewährt.
Auch aus bautechnischer Sicht waren die Vorteile gegenüber anderen Leichtbaumaterialien sehr groß. Der Einbau des Materials konnte in kurzer Zeit mit konventionellen Erdbaugeräten bewältigt werden. Im Vergleich mit dem Einbau von EPS-Hartschaum war der Einbauaufwand gering, da keine Handarbeit erforderlich war. Nachsetzungen aus Materialkriechen sind nicht zu erwarten.
Die seit der Verkehrsfreigabe im Oktober 2007 an der Fahrbahn im Bereich der Leichtschüttung gemessenen Setzungen liegen bei wenigen Zentimetern und zeigen im Übergang zum Bauwerk einen gleichmäßig abnehmenden, stetigen Verlauf, der vom bituminösen Oberbau im Wesentlichen schadensfrei aufgenommen werden kann.
Literaturverzeichnis
Dietrich, M.; Gold, G. (2006): BAB A 8 bei Bernau am Chiemsee: Hohe Dammschüttungen auf sehr weichen Untergrund. In: Vortragsband der 29. Baugrundtagung 2006 Bremen, Deutsche Gesellschaft für Geotechnik e.V., S. 29–37 |