FGSV-Nr. FGSV C 11
Ort Münster
Datum 09.03.2010
Titel Neuerungen im erdbautechnischen Regelwerk
Autoren Akad. Dir. Dr.-Ing. Dirk Heyer
Kategorien Erd- und Grundbau
Einleitung

Nach Bearbeitung bzw. Überarbeitung sind im vergangenen Jahr die folgenden erdbautechnischen Regelwerke erschienen:

  • Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau (ZTV E-StB 09),
  • Technische Lieferbedingungen für Böden und Baustoffe im Erdbau des Straßenbaus (TL BuB E-StB 09),
  • Merkblatt über Bauweisen für technische Sicherungsmaßnahmen beim Einsatz von Böden und Baustoffen mit umweltrelevanten Inhaltsstoffen im Erdbau (M TS E),
  • Merkblatt über die Behandlung von Böden und Baustoffen mit Bindemitteln zur Reduzierung der Eluierbarkeit umweltrelevanter Inhaltsstoffe.

Die Gründe der Überarbeitung der ZTV E-StB 09 lagen in der Notwendigkeit der Anpassung an Europäische Stoffnormen insbesondere für die Geokunststoffe an die ATV DIN 18299 und 18300. Einen wichtigen Punkt stellte ebenso die Einbeziehung von Böden mit Fremdbestandteilen, RC-Baustoffen und industriell hergestellten Gesteinskörnungen dar, was sich auch in den neuen „Technischen Lieferbedingungen für Böden und Baustoffe im Erdbau des Straßenbaus“ (TL BuB E-StB 09) niederschlägt. Die markantesten Änderungen in den ZTV E-StB 09 zeigen sich für die Baupraxis insbesondere bei den Angaben zu den Verdichtungsanforderungen. Die Anforderungen an den Verdichtungsgrad wurden vereinheitlicht. Die Anforderung an den Verdichtungsgrad von bindigen Böden wurde von 95 % auf 97 % erhöht. Die Anforderung an den Luftporenanteil, der in der Praxis häufig zu wenig beachtet wird, ist zumindest als Richtlinientext merkbar verschärft worden, indem der Luftporenanteil auf 8 % bzw. 6 % gegenüber 12 % in den früheren Ausgaben der ZTV E-StB beschränkt wird. Im Hinblick auf eine einfachere baupraktische Umsetzung sind parallel zu den Anforderungen an den statischen Verformungsmodul auf dem Planum Anforderungen an den dynamischen Verformungsmodul aufgenommen worden. Weiterhin sind nun auch Anforderungen an die Baustoffe und den Verdichtungsgrad für das Bankett enthalten. Die vielfach sehr kontrovers diskutierten Prüfmethoden wurden inhaltlich angepasst. Ein besonderes Gewicht wird zukünftig der Dokumentation der Qualitätssicherungsmaßnahmen gegeben.

Die bautechnische Umsetzung von technischen Sicherungsmaßnahmen bei Einsatz von Böden und Baustoffen mit umweltrelevanten Inhaltsstoffen wird für den Straßenbau nunmehr im gleichnamigen Merkblatt M TS E geregelt. Die darin angegebenen Bauweisen beziehen sich sowohl auf Straßendämme als auch auf Lärm-, Sicht- und Abkommensschutzwälle und sind auf andere Erdbauwerke prinzipiell übertragbar. Es werden sechs Bauweisen A bis F unterschieden, wobei bemerkenswert ist, dass auf die ersten vier Bauweisen die zukünftige Ersatzbaustoffverordnung Bezug nehmen wird.

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Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

Betroffene Regelwerke

  • Zusätzliche Technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau (ZTV E-StB 09)
  • Technische Lieferbedingungen für Böden und Baustoffe mit umweltrelevanten Inhaltsstoffen im Erdbau des Straßenbaus (TL BuB E-StB 09)
  • Merkblatt über Bauweisen für technische Sicherungsmaßnahmen bei Böden und Baustoffen mit umweltrelevanten Inhaltsstoffen (M TS E)
  • Merkblatt über die Behandlung von Böden und Baustoffen mit Bindemitteln zur Reduzierung der Eluierbarkeit umweltrelevanter Inhaltsstoffe

Themenauswahl

  • „Ersatzbaustoffe“
  • Geokunststoffe
  • Verdichtungsanforderungen
  • Prüfungen
  • Technische Sicherungsmaßnahmen bei „Ersatzbaustoffen“ mit umweltrelevanten Inhaltsstoffen

ZTV E-StB 09: „Ersatzbaustoffe“

Definitionen zu Böden und Baustoffen nach den TL BuB E-StB 09:

  • Rezyklierte Baustoffe (RC) sind rezyklierte Gesteinskörnungen oder Gesteinskörnungsgemische (Bezug zur TL Gestein-StB) sowie „Böden“ mit Fremdbestandteilen ≥ 50 -%.
  • Böden mit Fremdbestandteilen (BmF) sind Böden mit mineralischen Fremdbestandteilen ≥ 10 Vol.-% (Erkennbarkeitsgrenze) und bis 50 M.-%
  • Böden mit mineralischen Fremdbestandteilen ≤ 10 -% gelten als Böden

TL BuB E-StB 09

Die TL BuB E-StB 09 gelten für die Lieferung von Böden und Baustoffen, die zur Herstellung von Erdbauwerken nach den ZTV E-StB 09 eingesetzt werden.

Lieferung und Abgabe von Baustoffen im Erdbau

Bild in der PDF

Geokunststoffe in den neuen ZTV E-StB 09

  • Allgemeine Anforderungen zur chemischen, biologischen und mechanischen Beständigkeit
  • Detailregelungen, B. die Geotextilrobustheitsklassen, sind Bestandteil der TL Geok E-StB 05
  • Anforderung an den Mittelwert der Charakteristischen Öffnungsweite:
    • Vliesstoffe 0,06 mm ≤ O90 ≤ 0,20 mm
    • Gewebe 0,06 mm ≤ O90 ≤ 0,40 mm
  • Wasserdurchlässigkeitsbeiwert kV, 5% ≥ kf und
  • Wasserdurchlässigkeitsbeiwert kV, 5% ≥ 1·10-4 m/s
  • Ansonsten werden Anforderungswerte als Mindest- bzw. Höchstquantile definiert
    → Statistische Auswertung von Prüfergebnissen

Geokunststoffe in den neuen ZTV E-StB 09 Baustoffeingangsprüfung

  • Art und Umfang der Prüfungen sind abhängig von den Sicherheitsanforderungen und im Anhang 2 der ZTV E-StB 09 beschrieben
  • Baupraktisches Kernproblem: Veranlassung der Prüfungen durch die bauausführende Firma (Auftragnehmer); Prüfungen des Herstellers werden hierfür nicht anerkannt

Daher bevorzugt folgende Alternative:

  • Die Baustoffeingangsprüfung kann entfallen, wenn der Nachweis einer gleichwertigen freiwilligen Überwachung des Herstellers vorgelegt wird
  • Produktqualitätszeichen durch Industrieverband Geokunststoffe IVG (siehe: ivg.de)

Neue Verdichtungsanforderungen

Tabelle in der PDF

Erläuterungen zu den neuen Anforderungen

Bild in der PDF

Tragfähigkeit auf dem Planum

- Aufnahme des dynamischen Verformungsmoduls als gleichwertige Anforderung:

  • Ev2 = 120 MN/m² Evd = 65 MN/m2
  • Ev2 = 100 MN/m² Evd = 50 MN/m2
  • Ev2 = 100 MN/m² Evd = 50 MN/m2
  • Ev2 = 80 MN/m² Evd = 40 MN/m2
  • Ev2 = 45 MN/m²
  • Ev2 = 70 MN/m²
    (bei qualifizierten Bodenverbesserungen).

Sonstige wesentliche Neuerungen

  • Qualifizierte Bodenverbesserungen
  • Wegfall der Seitenentnahmen und Seitenablagerungen
  • Aufnahme von Anforderungen für die Baustoffe und das Verdichten standfester Bankette (Gemischtkörnige kiesige Böden, Brechkorngemische, Schotterrasen unter anderen DPr ≥ 100 %; 5 cm Oberboden)

Methoden M 1, M 2 und M 3 zur Prüfung der Verdichtungskennwerte

Weiterhin mittelfristiges Ziel – bisher aber nicht umsetzbar:

Hierarchisches Qualitätssicherungskonzept

  1. Arbeitsintegrierte und flächendeckende Qualitätssicherung mittels FDVK mit Kalibrierung
  2. Arbeitsintegrierte und flächendeckende Qualitätssicherung mittels FDVK ohne Kalibrierung und mit reduziertem Umfang konventioneller Prüfungen
  3. Wenn FDVK nicht einsetzbar, dann Überwachung des Arbeitsverfahrens gemäß Methode M2
  4. Über zu beurteilendes Prüflos liegen keinerlei Kenntnisse vor – Methode M1 (statistischer Prüfplan)

Methoden M 1, M 2 und M 3 zur Prüfung der Verdichtungskennwerte

Nach Überarbeitung ergibt sich folgende prononcierte Charakterisierung:

Methode M 1: Einsatz bei Unkenntnis über Entstehen des zu beurteilenden Prüfloses

Methode M 2: Einsatz, wenn Böden hierfür geeignet sind; Problem: bisher keine Lösung für Einsatz ohne Kalibrierung

Methode M 3: Baupraktische Kombination aus Probeverdichtung, Arbeitsanweisung und reduziertem Prüfumfang

Methode M 1: Vorgehensweise gemäß Prüfplan

Gegenüber ZTV E-StB 94/97:

  • reduzierter Prüfumfang
  • bei Anwendung des dynamischen Plattendruckversuches zur Messung des dynamischen Verformungsmoduls ist der in Tabelle 7 genannte Stichprobenumfang zu verdoppeln
  • Auswahl/Lage der Prüfpunkte muss zufällig sein, aber keine strikte Vorgabe eines Zufallsauswahlverfahrens gemäß den TP BF-StB Teil E1 enthalten
  • häufiger Kritikpunkt: trotz „knapper Einhaltung der Anforderungswerte“ wird als Ergebnis die notwendige Ablehnung des Prüfloses erhalten.

Methode M 3: Vorgehensweise zur Überwachung des Arbeitsverfahrens

Die Methode M 3 besteht aus den folgenden drei Schritten:

  1. Festlegung eines Arbeitsverfahrens im Rahmen einer Probeverdichtung (siehe Abschnitt 3.1.1) oder aufgrund eigener nachzuweisender Erfahrungen des AN
  2. Nachweis und Dokumentation der Einhaltung des Arbeitsverfahrens im Rahmen der Eigenüberwachung
  3. Mindestumfang von Eigenüberwachungsprüfungen

Methode M 3: Vorgehensweise zur Überwachung des Arbeitsverfahrens

Entscheidungsregeln

  1. bei zwei Prüfergebnissen (n = 2): Annahme des Prüfloses, wenn x - 1,28 s ≥ TM
  2. bei drei Prüfergebnissen (n = 3): Annahme des Prüfloses, wenn x - 1,15 s ≥ TM
  3. bei vier und mehr Prüfergebnissen (n = 4): Annahme des Prüfloses, wenn x - 0,88 s ≥ TM ansonsten Zurückweisung

Indirekte Prüfverfahren für den Verdichtungsgrad

Tabelle 9: Richtwerte für die Zuordnung vom statischen Verformungsmodul EV2 zum Verdichtungsgrad DPr bei grobkörnigen Böden

Tabelle in der PDF

Indirekte Prüfverfahren für den Verdichtungsgrad

Zusätzlich ist der Verhältniswert des Verformungsmoduls EV2/EV1 zur Beurteilung des Verdichtungszustandes mit heranzuziehen. Dabei gelten:

– EV2/EV1 ≤ 2,3 für Dpr ≥ 100 %,

– EV2/EV1 ≤ 2,5 für Dpr ≥ 98 %.

Wenn der EV1-Wert bereits 60 % des in der Tabelle 9 angegebenen EV2-Wertes erreicht, sind auch höhere Verhältniswerte EV2/EV1 zulässig.

Indirekte Prüfverfahren für den Verdichtungsgrad

Tabelle 10: Richtwerte für die Zuordnung vom dynamischen Verformungsmodul Evd zum Verdichtungsgrad DPr bei grobkörnigen Böden

Tabelle in der PDF

Bei den Bodengruppen GE und SE sind die Zuordnungen in den Tabellen 9 und 10 im Rahmen der Probeverdichtungen zu überprüfen.

Dokumentation der Qualitätssicherung

Umfassender, detaillierter Bestandsplan

Momentan nur Richtlinie, aufgrund des Arguments Aufwand

Besondere Bedeutung bei der Durchsetzung von Mängelansprüchen

Unverzichtbar bei Funktionsbauverträgen und PPP-Modellen

Technische Sicherungsmaßnahmen

Hauptanwendungen:

  • Schutzwälle (W)
  • Verkehrsdämme (D)

Bauweisen A bis F:

  • A: Witterungsempfindliche Dichtungen ohne Sickerschichten
  • B: Witterungsempfindliche Dichtungen mit Sickerschichten
  • C: Witterungsunempfindliche Dichtungen („Oberflächennahe Abdichtungen“)
  • D: Kernbauweise
  • E: Schwach durchlässige Z2-Körper
  • F: Wasserabweisende Anspritzung

Bauweise A (bis C sowie F)

Bild in der PDF

Bauweise D Kernbauweise

Bild in der PDF 

Bauweise E

  • Gering durchlässiger Baukörper
  • Variante 1: Fassung des Straßenoberflächenwassers mittels Hochbord
  • Variante 2: Kontrolldränschicht; gegebenenfalls Verzicht auf KDB bei hydrogeologisch günstiger Untergrundbeschaffenheit

Bild in der PDF

Stand und Ausblick – Technische Sicherungsmaßnahmen

  • Merkblatt der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen als Vorstufe für Richtlinien erschienen
  • Bezugnahme in der Ersatzbaustoffverordnung auf die Bauweisen A bis D (Erstmalig gegenseitig anerkannte Verknüpfung zwischen erdbautechnischem und umweltbezogenem Regelwerk)
  • Bauweisen E und F im Einzelfall genehmigbar
  • Bewertung der Wirksamkeit der unterschiedlichen Bauweisen für technische Sicherungsmaßnahmen
  • Weiterentwicklung der Bauweisen, gegebenenfalls auch stärkere Differenzierung