FGSV-Nr. FGSV 001/20
Ort Berlin
Datum 13.10.2004
Titel Qualitätsmanagementsysteme in der öffentlichen Verwaltung
Autoren BDir. Dipl.-Ing. Andreas Moritz
Kategorien Kongress
Einleitung

Der Beitrag beschreibt das neue Qualitätsmanagementsystem der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung. Das System soll die Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung in die Lage versetzen, systematisch und organisationsübergreifend Verbesserungspotenzial zu erkennen und zu nutzen; es soll dazu beitragen, die Prozess- und Produktqualität dauerhaft sicherzustellen. Kernstück des Qualitätsmanagementsystems ist ein Handbuch; es soll allen Mitarbeitern und Führungskräften als Orientierungshilfe dienen und beinhaltet eine Vielzahl von prozessorientierten Arbeitsanleitungen. Die dargestellten Prozessabläufe sind nicht statisch, sie sind vielmehr ständig zu hinterfragen und z.B. neu auf Kundenwünsche oder gesetzliche Rahmenvorgaben auszurichten. Dazu dienen interne Audits, in denen Verbesserungspotenzial identifiziert, aber auch Fehler diskutiert werden. Für die Sicherstellung der Prozessqualität war es notwendig, eine Organisation mit Qualitätsbeauftragten in den Ämtern für Straßen- und Verkehrswesen und einem Qualitätsmanagement-Beauftragten für die gesamte Straßen- und Verkehrsverwaltung aufzubauen. Anhand von Beispielen wird der konkrete Nutzen des Qualitätsmanagement-Systems für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Straßen- und Verkehrsverwaltung dargestellt.

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1 Einleitung

Für die Bauindustrie und insbesondere die Baustoffhersteller ist Qualitätsmanagement und damit die Anwendung der Normen nach DIN EN ISO 9000ff und der einschlägigen Regelwerke gängige Praxis. Für Ingenieurbüros trifft dies vielleicht zu, weil die Zertifizierung die Marktchancen erhöhen kann, für die Straßenbauverwaltungen in der Regel nicht, auch wenn es mittlerweile für Teilbereiche wertvolle Hilfestellungen der FGSV1) gibt.

In den meisten Fällen der Qualitätsmanagement-Anwendung in öffentlichen Verwaltungen wurden bisher nur ausgewählte Aufgabenstellungen oder Geschäftsbereiche betrachtet. Sucht man im Internet etwas über das Thema Qualitätsmanagement in der öffentlichen Verwaltung, finden sich zumeist Hinweise zu Projekten, die nur einen kleineren Teil der Verwaltung betrachten, insbesondere dort, wo die Bürger häufig in Kontakt mit der Verwaltung kommen und beispielsweise das Thema Kundenzufriedenheit unmittelbar an Wartezeiten festgemacht werden kann. In der Straßenbauverwaltung gibt es jedoch keinen häufigen Kundenverkehr, der Bürger erlebt die Verwaltung zumeist indirekt als Nutzer der Verkehrswege oder aber beispielsweise als von einer Planung betroffener Bürger im Rahmen von Bürgerversammlungen und Erörterungsterminen.

1) Leitfaden für das Qualitätsmanagement im Straßenbau (FGSV 948, 6 Teile)

Was ist anders in einer Straßen- und Verkehrsverwaltung? Es werden bei Planung und Bau Unikate hergestellt, es gibt keine Fließbandproduktion. So ist es sehr schwierig, aussagekräftige Kennzahlen zur Beurteilung der Qualität einer Planung oder der Wahrnehmung der Bauherrenaufgabe zu finden. Insofern muss sich der Blick auf die Sicherung der Prozessqualität richten. Die Abwicklung von Planungs- und Bauprojekten folgt auch bei sehr unterschiedlichen Projekten immer wiederkehrenden, über längere Zeiträume laufenden Prozessen, die eng mit dem Projektmanagement verbunden sind. Andere, kürzere Prozesse finden sich im Bereich des Straßenbetriebsdienstes oder der Straßenverwaltung.

2 Beispiel Hessen

Im Rahmen der tiefgreifenden Verwaltungsreformen – Stichwort „Neue Verwaltungssteuerung“ – hat sich die Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung (HSVV) unter anderem das Ziel gesetzt, ein umfassendes Qualitätsmanagement-System für alle Bereiche der Verwaltung zu erarbeiten und einzuführen. Die Neue Verwaltungssteuerung geht davon aus, dass Produkte und Leistungen über Zielvereinbarungen definiert und gesteuert werden.

2.1 Grundlagen

Für die Hessische Straßen- und Verkehrsverwaltung gibt es sowohl interne als auch externe Kunden. Das entstehende Kunden-Lieferanten- oder Auftraggeber-Auftragnehmerverhältnis basiert dabei immer auf der Grundlage von Kontrakten oder Verträgen. Während die internen Kunden die direkt am Produktionsprozess beteiligten Stellen und Beschäftigten sind, lassen sich als externe Kunden Bund, Land, Kreise, Städte und Gemeinden, Institutionen, andere Verwaltungen sowie z. B. im Bereich der Gestattungen die Bürger als Auftraggeber für die Ämter für Straßen- und Verkehrswesen festlegen.

Produkte und Leistungen sind Arbeitsergebnisse des Verwaltungshandelns. Produkte bestehen in der Regel aus mehreren Leistungen. Die Produkte dienen als Instrumente zur Umsetzung politischer Ziele (Bild 1).

Bild 1: Zusammenspiel von Politik und Verwaltung

Vorrangiges Ziel des Qualitätsmanagementsystems der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung ist, die Prozessabläufe so zu gestalten, dass die Produkte und Leistungen den mit den Kunden vereinbarten Anforderungen entsprechen. So soll die Kundenzufriedenheit und damit eine langfristig angelegte, partnerschaftliche Zusammenarbeit sichergestellt werden. Dazu ist es erforderlich, die Produkt- und Leistungserstellung in transparenten Prozessen abzubilden und in eine Vielzahl von internen Lieferanten-Kundenbeziehungen aufzuteilen.

Die Prozessorientierung schafft eindeutige Regelungen für die Aufgabenerledigung und die Zuständigkeiten. Die Prozesse sind die Basis für Zielvereinbarungen mit den Mitarbeitern. So kann jeder Mitarbeiter seine Aufgaben in eigener Verantwortung und mit angemessenen Entscheidungsspielräumen erledigen. Das Qualitätsmanagementsystem ermöglicht es, aufwändige Endkontrollen durch Zwischenkontrollen zu ersetzen. Eigenverantwortliche Selbstkontrolle kompensiert den Wegfall von Kontrollfunktionen infolge des Abbaus von Hierarchiestufen. Dazu dienen Hinweise zur Prüfung der fachlich-inhaltlichen Qualität im Rahmen der Prozessabbildungen. Über Qualitätszirkel und -audits bringen die Mitarbeiter eigene Anregungen und Ideen in einen kontinuierlichen Weiterentwicklungsprozess ein. Jeder Einzelne trägt damit zu einer ständigen Verbesserung des Qualitätsmanagementsystems bei. Die Fort- und Weiterbildung der Mitarbeiter ist ein weiteres unverzichtbares Element des Qualitätsmanagementsystems.

2.2 Qualitätsmanagement-Handbuch

Kernstück des Systems ist das Qualitätsmanagement-Handbuch. Es soll allen Mitarbeitern und Führungskräften als Orientierungshilfe dienen und im Einzelfall eine prozessorientierte Arbeitshilfe geben. Das Handbuch enthält die Qualitätsleitsätze der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung, beschreibt das Qualitätsmanagementsystem im Allgemeinen und darauf aufbauend die Sicherung der Qualität der einzelnen Prozesse. Im Anhang finden sich neben allgemeinen Definitionen die auf Basis des Produktplanes erstellten Prozesse und weitere Arbeitshilfen wie z. B. Unterschriftenregelungen.

2.3 Qualitätsmanagement-Organisation

Für die Sicherstellung der Prozessqualität war es notwendig, eine Organisation aufzubauen, die jedem Einzelnen Hilfestellung gibt, jederzeit die Qualität überprüfen zu können. Jeder Amtsleiter hat einen Qualitätsbeauftragten eingesetzt, der ihm direkt unterstellt und in dieser Funktion unabhängig von der Linienorganisation ist. Der Qualitätsbeauftragte im jeweiligen Amt für Straßen- und Verkehrswesen nimmt im Einzelnen folgende Aufgaben wahr:

  • Überwachen der Anwendung des Qualitätsmanagementsystems
  • Ansprechpartner für Verbesserungsvorschläge
  • Planen und Durchführen von Qualitätsaudits
  • Weiterleitung von Vorschlägen des Amtes zur Fortschreibung des Qualitätsmanagementsystems an den Qualitätsmanagement-Beauftragten der gesamten Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung
  • Sachstandsinformationen an die Geschäftsleitung.

Es ist zu unterscheiden zwischen den Qualitätsbeauftragten der Ämter für Straßen- und Verkehrswesen und dem Qualitätsmanagement-Beauftragten der gesamten Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung. Der Qualitätsmanagement-Beauftragte ist für die konzeptionelle Weiterentwicklung des Gesamtsystems verantwortlich und ist Ansprechpartner für die Qualitätsbeauftragten der Ämter. Organisatorisch ist er der Mittelbehörde (Hessisches Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen) zugeordnet; zugleich nimmt er dort die Aufgaben des Qualitätsbeauftragten wahr. Im Einzelnen hat er folgende Aufgaben:

  • Weiterentwicklung des Qualitätsmanagementsystems
  • Einbeziehung der Produktverantwortlichen in der Mittelbehörde (Hessisches Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen) bei der Fortschreibung der Prozessabläufe unter Berücksichtigung der fachlich-inhaltlichen Qualität
  • Fortschreibung des Qualitätsmanagement-Handbuchs
  • Beratung der Qualitätsbeauftragten der Ämter
  • Ansprechpartner der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung für Qualitätsmanagement
  • landesweite Steuerung der Ressourcen des Qualitätsmanagementsystems
  • Konzeption interner Audits
  • Einrichten und Betreuen der ämterübergreifenden Qualitätszirkel
  • Erarbeitung von Vorschlägen für die Aus- und Weiterbildung, Planen und Durchführen von Schulungsmaßnahmen bezüglich des Qualitätsmanagementsystems
  • Qualitätsmanagement-Jahresbericht der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung.

2.4 Prozessqualität

Zu den wesentlichen Komponenten des Qualitätsmanagements gehört die Darstellung von Arbeitsabläufen als prozessuale Abfolge einzelner Arbeitsschritte. Qualität stellt sich erfahrungsgemäß nicht von selbst ein; sie muss Schritt für Schritt durch die Festlegung und die Reihung von nacheinander oder parallel durchzuführenden Tätigkeiten in einer zweckgerichteten und zeitlichen Abfolge sichergestellt werden. Daher geht es bei der Gewährleistung von Prozessqualität vorrangig darum, zunächst den gesamten Erstellungsprozess eines Produkts bzw. einer Dienstleistung zu modellieren und zu dokumentieren sowie als ständige Aufgabe zu optimieren.

Mit der Abbildung von Prozessen werden für die jeweiligen Produkte und Leistungen der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung die zugehörigen Arbeitsschritte in der zeitlichen Reihenfolge in Form eines Prozessablaufes dargestellt und beschrieben (Tabelle 1, Bild 2). Hierbei wird auf eine klare Schnittstellenregelung zwischen einzelnen Prozessschritten und eine eindeutige Zuordnung der Verantwortlichkeiten geachtet. Ein weiteres Ziel ist die Erinnerung daran, alle internen und externen Betroffenen rechtzeitig zu identifizieren und zum richtigen Zeitpunkt zu beteiligen.

Bild 2: Auszug aus einer Prozessabbildung

Tabelle 1: Prozessabbildungen des Qualitätsmanagement-Handbuchs der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung

Die Beschreibung der Prozessabläufe sowie die Zuordnung von Verantwortlichkeiten hinsichtlich der Bearbeitung lässt die an dem Prozess Beteiligten die bereichsübergreifenden Zusammenhänge erkennen und fördert somit die Verantwortung für das zu erreichende Ergebnis. Dem jeweiligen Bearbeiter wird verdeutlicht, dass er wechselweise Kunde oder Lieferant im Prozess ist und damit eine wechselnde Bring- und Holschuld hat. Er soll durch die Prozessdarstellung in die Lage versetzt werden, die Qualität seines Handelns selbständig zu erkennen und zu überprüfen.

Da die Prozessabläufe Verfahrensanweisungen darstellen, sind die Regelungen für alle Mitarbeiter verbindlich. Die Festlegung von einheitlichen Arbeitsabläufen innerhalb der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung stellt die Qualität der Leistungen in allen Bearbeitungsphasen sicher und führt zur vereinbarten Zielerreichung und Fehlervermeidung.

2.5 Projektmanagement und Qualitätsmanagement

Für den Projektbereich gilt, dass in jedem Fall der im Handbuch festgelegte Regelablauf dem Einzelprojekt zu Beginn der Bearbeitung anzupassen ist. Damit wird die Verknüpfung von Projektmanagement und Qualitätsmanagement sichergestellt, so dass es nicht zwei nebeneinander laufende Systeme gibt und Mehraufwand vermieden wird. Der dem jeweiligen Projekt angepasste Regelablauf wird als Projektablaufbogen (PAB) Bestandteil der projektbezogenen Qualitätsdokumentation und hat der Projektakte beizuliegen. Durch Unterschriftenleistung im Projektablaufbogen wird die Verantwortung des Einzelnen für die wesentlichen Prozessschritte dokumentiert.

Infolge der Festlegung, jeweils Soll-Prozesse zu beschreiben, sind im Einzelfall abweichend von der bisherigen Praxis auch neue Arbeitsschritte und Beiträge implementiert worden, die bisher im Verfahrensablauf keine Berücksichtigung fanden. Beispielsweise gilt dies für das Thema „Sicherheitsaudit“. Entsprechend den Empfehlungen für das Sicherheitsaudit von Straßen (ESAS) der FGSV wurden hierbei Qualitätsnachweise für die Auditphasen Vorplanung, Vorentwurf, Ausführungsentwurf und Verkehrsfreigabe den Prozessen zugeordnet und zusätzliche Arbeitsschritte in den jeweiligen Prozessablauf integriert.

2.6 Fachlich-inhaltliche Qualität

Das Handbuch liefert Hinweise zur eigenverantwortlichen Selbstkontrolle der fachlich-inhaltlichen Qualität ausgewählter Prozessschritte. Insbesondere dienen die Verweise auf allgemeingültige und projektunabhängige Regelungen in Checklisten zur Vollständigkeitskontrolle während der Bearbeitung und als Richtschnur für die Durchführung einer Prüfung.

Erklärtes Ziel des Qualitätsmanagement ist es auch, das 4-Augen-Prinzip zu stärken. Im Vordergrund steht nicht das Prüfen durch Vorgesetzte oder gar durch die übergeordnete Dienststelle, sondern die kollegiale Unterstützung im Rahmen von Plausibilitätskontrollen. Gleichwohl wird in den Prozessabbildungen eindeutig dargestellt, wann und von wem zwingend vorgegebene Prüfungen infolge von rechtlichen Vorgaben (z. B. Haushaltsrecht oder Vorlagegrenzen des BMVBW) durchzuführen sind. Eine weitere Hilfe hierzu bietet eine Zusammenstellung der Unterschriftenregelungen des Projektbereichs.

2.7 Interne Audits

Zur Schaffung einer ausreichenden Informationsbasis für die angestrebten Verbesserungen im Leistungserbringungsprozess werden interne Audits durchgeführt. Mit diesen Audits wird das Ziel verfolgt, die Ursachen für fehlerhafte oder verbesserungsbedürftige Prozessabläufe und Projektergebnisse zu identifizieren und daraus Konzepte zur Optimierung abzuleiten. Dies können beispielsweise Änderungen in den Dokumentationen des Qualitätsmanagementsystems oder Maßnahmen einer zusätzlichen Information bzw. Schulung von Mitarbeitern sein.

Die Zuständigkeit dafür liegt bei den Qualitätsbeauftragten der Ämter für Straßen- und Verkehrswesen und dem Qualitätsmanagement-Beauftragten des Hessischen Landesamtes für Straßen- und Verkehrswesen. Audits werden auf Amtsebene und im Hessischen Landesamt für Straßen- und Verkehrswesen periodisch durchgeführt. Die Qualitätsbeauftragten legen in Abstimmung mit dem Qualitätsmanagement-Beauftragten Art und Umfang der Audits fest.

Je nach Ergebnis der Audits kann ein steuerndes Eingreifen durch die Führungskräfte notwendig werden. Dies ist grundsätzlich Aufgabe jeder Steuerungsebene, die bei den Projektleitern, Fachbereichsleitern bzw. Straßen-/Autobahnmeistern beginnt, die für die Leistungserstellung bzw. Projektabwicklung die Ausführungsverantwortung haben.

Die Auditergebnisse können als Hilfestellung für organisatorische Änderungen dienen, wenn sich aufzeigt, dass mögliche Fehlerquellen für eine nicht zufriedenstellende Qualität in einzelnen Organisationseinheiten strukturell bedingt sind bzw. eventuell auf fehlende fachliche Kompetenz zurückzuführen sind.

2.8 Verantwortlichkeiten im Qualitätsmanagementsystem

Die Verantwortung für die Anwendung des Qualitätsmanagementsystems liegt bei den jeweiligen Führungskräften. Die Qualitätsbeauftragten überprüfen die Funktion des Qualitätsmanagementsystems in seinen Einzelheiten und weisen auf Mängel oder Verbesserungsmöglichkeiten hin. Sie sind nicht für das Erreichen der vereinbarten Qualität verantwortlich.

Bei der Arbeit sind die Qualitätsbeauftragten der Ämter für Straßen- und Verkehrswesen, der Qualitätsmanagement-Beauftragte der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung und die Qualitätszirkel regelmäßig sowohl auf Erfahrungen der Anwender als auch auf Anforderungen der Produktverantwortlichen angewiesen. Das Erkennen von Fehlern ist eine Aufgabe aller Beschäftigten – jeder ist für seine Arbeit und deren Qualität selbst verantwortlich.

 

Das Qualitätsmanagementsystem lebt von der ständigen Fortentwicklung. Aus veränderten Randbedingungen, Verbesserungsvorschlägen oder internen Audits kann sich die Notwendigkeit von Änderungen bzw. Neuerstellungen von Prozessen ergeben, für die Produktverantwortliche und amtsübergreifend tätige Qualitätszirkel zuständig sind. Diese Qualitätszirkel setzen sich aus Fachleuten der Ämter für Straßen- und Verkehrswesen und des Hessischen Landesamtes für Straßen- und Verkehrswesen zusammen; sie werden nach Bedarf durch den Qualitätsmanagement-Beauftragten in Abstimmung mit den jeweiligen Produktverantwortlichen eingesetzt und betreut.

3 Nutzen des Qualitätsmanagementsystems

In Zeiten von Strukturreformen und Personalabbau ist es nicht einfach, neue Systeme wie das Qualitätsmanagement einzuführen. Die Akzeptanz sowohl bei Führungskräften als auch bei Mitarbeitern will erst einmal erlangt sein. Nur wenn es gelingt, mit guten Argumenten alle Akteure von der Sinnhaftigkeit und der Notwendigkeit zu überzeugen, kann das System dauerhaft wirken. Kritiker mögen mit Recht sagen: Die Straßen- und Verkehrsverwaltung hat im Wandel der Zeit stets ihre Leistungsfähigkeit und Kompetenz bewiesen. Auch in der Vergangenheit haben sich bestehende Arbeitsabläufe und Prozesse immer wieder an die sich ändernden Randbedingungen angepasst. Dabei war allerdings festzustellen, dass sich diese Veränderungen entweder eher zufällig (z. B. durch learning-by-doing) entwickelt haben oder aber einzelfallbezogen und häufig nicht bewusst an den Gesamtzielen der Verwaltung orientiert eingeführt wurden.

Der konkrete Nutzen des Systems für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen wird anhand folgender Beispiele deutlich:

Beispiel 1:
Einarbeitung neuer Mitarbeiter

Das Qualitätsmanagement-Handbuch dient zur Unterstützung der Einweisung durch Vorgesetzte und erfahrene Kollegen. Die Prozessdarstellungen stellen für viele Vorgänge den Regelablauf dar. Der neue Mitarbeiter erfährt, wer wann zu beteiligen ist, wer an welcher Stelle Verantwortung trägt und wo wichtige Schnittstellen sind. Er bekommt Hinweise auf Checklisten und erfährt, welche Entscheidungen wie zu dokumentieren sind. Der Gesamtzusammenhang einzelner Aufgaben wird transparent und der neue Mitarbeiter erkennt, an welcher Stelle er im Bearbeitungsprozess gebraucht wird.

Beispiel 2:
Synergieeffekte zwischen Qualitätsmanagement und Projektmanagement

Am Beispiel der Planung einer Kreisstraßenortsdurchfahrt lässt sich verdeutlichen, was es bedeutet, das Qualitätsmanagement-Handbuch der Hessischen Straßen- und Verkehrsverwaltung anzuwenden. Ganz konkret hat die Verwaltung mit dem Landkreis einen Auftraggeber, also einen Kunden, der eine Leistung bestellt und dies vertraglich absichert. Nun gilt es, diesen Kunden zufrieden zu stellen und zum vereinbarten Termin eine Planung baureif aufzustellen. Da die Planung einer Straße ein sehr komplexer Vorgang mit vielen Abhängigkeiten ist, muss der Projektleiter die Arbeit seines Teams vorplanen. Spätestens an dieser Stelle wird er in das Qualitätsmanagement-Handbuch schauen: Dort findet er im Anhang einen Prozessablauf „Ortsdurchfahrt Kreisstraße“, den er sich ausdruckt. Jetzt trägt er die Besonderheiten seines Projektes – soweit bereits bekannt – zunächst handschriftlich ein und verwandelt so den Musterprozess des Handbuches in seinen individuellen Projektablaufbogen.

Da die Qualitätsmanagement-Musterprozesse des Projektbereichs auch in der Projektmanagement-Software hinterlegt sind, fängt der Projektleiter bei der Planung von Zeiten und Ressourcen nicht bei Null an – er hat ja schon seinen Ablauf aus dem Qualitätsmanagement. Dabei muss der Projektleiter kein DV-Experte mit Insiderwissen sein, er erhält die Unterstützung der Stabsstelle des Projektmanagers, des Projektbüros.

Der Projektablaufbogen wird mit der Standardsoftware Excel ausgedruckt und der Projektakte als Dokument der Qualitätssicherung beigefügt. Während der Bearbeitung des Projektes sammelt der Projektleiter damit Unterschriften: Nachweise, dass bestimmte Schritte oder Abstimmungen rechtzeitig durchgeführt wurden. Der Projektablaufbogen dient damit dem Projektleiter auch als Absicherung; er dokumentiert damit die wesentlichen Schritte der Planung und schafft Verbindlichkeit.

Wer seine Arbeit bzw. die seines Teams mit Hilfe der Prozessabbildungen vorplant, hat also keine Mehrarbeit infolge des Qualitätsmanagementsystems; im Gegenteil: Wenn auch nur ein einziger Irrweg bei der Projektbearbeitung (z. B. durch frühzeitige Abstimmung mit der Straßenmeisterei, mit dem Bauwerksentwurf, mit betroffenen Bürgern, mit Trägern öffentlicher Belange) vermieden werden kann, ist schon Arbeitszeit gewonnen worden.

4 Ausblick

Das eingeführte Qualitätsmanagementsystem ist so offen konzipiert worden, dass Weiterentwicklungen nicht nur möglich, sondern ausdrücklich gefordert sind. So ist beispielsweise die Darstellung der Prozessabläufe für die Einbindung von Qualitätskriterien vorbereitet. Die Einführung eines Kennzahlensystems wäre für ausgewählte, signifikante Prozessschritte ohne weiteres möglich.

Gleichwohl muss vor Einführung weiterer Elemente bis hin zum Total Quality Management immer wieder gefordert werden, Nutzen und Aufwand zu überprüfen und mit Augenmaß einzelfallorientiert und im Kontext mit den Vorgaben der Politik zu entscheiden.