FGSV-Nr. FGSV 001/20
Ort Berlin
Datum 13.10.2004
Titel Passive Schutzeinrichtungen an Autobahnen – Stahl oder Beton?
Autoren Univ.-Prof. Dr.-Ing. habil. Bernhard Steinauer
Kategorien Kongress
Einleitung

Die Untersuchung stellt eine grundlegende Arbeit zur Frage dar, ob bei der Ausstattung von Autobahnen unter gesamtwirtschaftlichen Aspekten Betonschutzwände (BSW) oder klassische Stahlschutzplankensysteme (SSP) zweckmäßiger sind. Über eine wirtschaftliche Vergleichsrechnung wurden die beiden Schutzeinrichtungssysteme gegenübergestellt. Dabei fanden sämtliche Kosten des Baulastträgers (Investitions-, Reparatur-, Grünpflege-, Reinigungs- und Winterdienstkosten) und Kosten, die dem Straßennutzer entstehen (Unfall- und Fahrzeitverlustkosten auf Grund von Unfällen mit Anprall an Schutzeinrichtungen sowie Reparaturbaustellen) Berücksichtigung. Das Ergebnis dieser Betrachtung hängt sehr stark von der Verkehrsstärke und den hieraus resultierenden Fahrzeitverlusten ab. Treten Fahrzeitverluste auf Grund von Arbeitsstellen und Unfallstellen in Zeiten hoher Verkehrsbelastung auf, kommt es zu einem volkwirtschaftlichen Schaden. In diesen Fällen kann es dazu führen, dass BSW wirtschaftlich günstiger sind, da sie um etwa 60-Mal weniger Reparaturen benötigen.

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1 Einleitung

Das Ziel des Forschungsvorhabens war es, die Einsatzgrenzen von Betonschutzwänden (BSW) auf Grund einer Kosten-Nutzen-Analyse unter Berücksichtigung der Baulastträgerkosten und der Straßennutzerkosten zu analysieren und hierbei die Vorteile der beiden Systeme „SSP“ (Stahlschutzplankensysteme) und „BSW“ für bestimmte Einsatzbereiche herauszustellen, um für den Einzelfall über einen sinnvollen Einsatz entscheiden zu können.

Zu diesem Zweck wurde zunächst eine Zusammenfassung der vorhandenen Erkenntnisse zum Einsatz von Betonschutzwänden durchgeführt. Anhand eines Fragebogens erfolgte eine Analyse des Bestands von BSW in der Bundesrepublik Deutschland. Das Ergebnis führte zur Auswahl geeigneter Untersuchungs- und Vergleichsstrecken für die weitere Analyse. Diese beinhaltete die Untersuchung des Unfallgeschehens sowie der betrieblichen Kosten auf den Strecken. Mittels mikroskopischer Verkehrsflusssimulation erfolgte die Bestimmung der Fahrzeitverluste infolge von Unfällen und Tagesbaustellen (Reparatur und betriebliche Arbeiten).

2 Passive Schutzeinrichtungen

Bislang bilden die „Richtlinien für passive Schutzeinrichtungen an Straßen“ (RPS) [1] die Grundlage für die Auswahl von passiven Schutzeinrichtungen. Hierin enthalten sind die beiden klassischen Systeme Stahlschutzplanken und Betonschutzwände.

Passive Schutzeinrichtungen lassen sich in die beiden Kategorien starre Systeme und flexible Systeme unterteilen, die sich hinsichtlich ihrer Wirkungsweise grundlegend unterscheiden. Bislang wurde mit flexiblen Systemen die Philosophie verfolgt, ein Fahrzeug möglichst weich abzufangen, um somit die Beschleunigungswerte bei Anprall für die Insassen zu minimieren. Diese Grundphilosophie wird bei der Anwendung einer Betonschutzwand aufgegeben.

2.1 Betonschutzwände

In den 60er Jahren wurden in den Vereinigten Staaten von Amerika die ersten Versuche mit Betonschutzwänden – damals noch Betongleitwände oder Betonleitwände genannt – durchgeführt und als geeignete Form das „New-Jersey-Profil“ entwickelt, welches in dieser Form heute überwiegend seine Anwendung findet. Anfang der 70er Jahre wurden in Frankreich zusätzliche Versuche durchgeführt. Trotz deren positiver Ergebnisse kamen die ersten Betonschutzwände in Deutschland jedoch erst in den 70er Jahren zum Einsatz. Im Jahr 1980 wurden im Bundesgebiet insgesamt ca. 3700 m Betonschutzwände realisiert.

Betonschutzwände sind den starren Systemen zuzuordnen. Je nach Einsatz lassen sich einseitige und doppelseitige Betonschutzwände unterscheiden. Die richtliniengerechten Konstruktionen und Abmessungen von Betonschutzwänden sind den RPS zu entnehmen.

Die Einsatzbereiche von BSW sind sehr unterschiedlich. Nach Vollpracht [2, 3] ergeben sich sinnvolle Einsatzmöglichkeiten bei Mittel- und Trennstreifen mit einer Breite von drei Metern und weniger, wenn die Instandhaltung und Erneuerung von Schutzplankenkonstruktionen durch hohe Verkehrsbelastungen erschwert wird oder zu erheblichen, nicht vertretbaren Verkehrsbehinderungen führt. Des Weiteren können BSW demnach sehr gut auf Fahrbahnen mit vier Fahrstreifen ohne Mitteltrennung und auf Mittel- und Trennstreifen zur Schaffung von Pflanztrögen eingesetzt werden. Vor Lärmschutzwänden bei beengten Raumverhältnissen oder zur Anlage von Pflanzbeeten sowie vor schutzwürdigen Anlagen, wie vor Einrichtungen der chemischen Industrie, Hochspannungsmasten und tragenden Bauteilen eignen sich BSW ebenfalls. Zu den weiteren Einsatzbereichen zählen die Bereiche vor gefährlichen Hindernissen wie vor Masten, Schilderpfosten, Notrufsäulen, Mauern, Gebäuden und Felswänden, zum Schutz und zur Abtrennung von parallel laufenden Verkehrswegen wie Straßen, Schienenbahnen, Geh- und Radwegen und von anderen schutzwürdigen Bereichen, an gefährlichen Absturzstellen unmittelbar neben der Fahrbahn, in Wasserschutzgebieten und in langfristigen Straßenbaustellen zur Trennung des Gegenverkehrs.

2.2 Stahlschutzplanken

Stahlschutzplanken gehören zu den nachgiebigen Systemen. Der Einbau von Stahlschutzplanken begann in Deutschland 1957, zunächst am Fahrbahnrand, parallel zur Herausgabe der „Hinweise für die Anordnung und Ausführung von senkrechten Leiteinrichtungen an Bundesfernstraßen“ (HLB 1957). Ab 1960 erfolgte dann gemäß den „Richtlinien über die Ausführung und Anordnung von Leitplanken im Mittelstreifen von Autobahnen“ die Ausrüstung der Mittelstreifen mit doppelten Stahlschutzplanken. Nach zahlreichen Anfahrversuchen an Stahlschutzplanken entwickelten Böhringer/R oschmann/Domhan [4] das heutige System aus einfachen und doppelten Distanzschutzplanken. Je nach Aufgabe, Standort und Einbauart werden vier Typen von Stahlschutzplankensystemen eingesetzt:

  1. Einfache Schutzplanke (ESP)
  2. Einfache Distanzschutzplanke (EDSP)
  3. Doppelte Distanzschutzplanke (DDSP)
  4. Doppelte Schutzplanke (DSP).

Die Ausbildung und Abmessungen sind den RPS zu entnehmen. Die Einsatzbereiche von Stahlschutzplanken sollen hier nur kurz beschrieben werden, da sie auf Grund der jahrelangen Erfahrungen und Einsätze bislang die Standardlösung darstellen und die Wirksamkeit in zahlreichen Untersuchungen bestätigt werden konnte. So wurden seit 1960 die Mittelstreifen von Autobahnen serienmäßig zunächst mit doppelten Stahlschutzplanken, später mit doppelten Distanzschutzplanken, ausgerüstet. Nach Domhan [5] wurden auch ab 1969 die Leitschwellen auf Brücken durch Distanzschutzplanken ersetzt. Durch diese Maßnahmen konnten die Unfallzahlen, vor allem die Unfälle mit Gegenverkehr reduziert und somit die Verkehrssicherheit in Deutschland erhöht werden.

Zweiradfahrer stellen eine besondere Problemgruppe dar, da die Fahrer bei einem Anprall nicht durch ein Fahrzeug geschützt sind. Mit der Zunahme des Zweiradverkehrs ab 1970 konnte ein deutlicher Anstieg der Unfallzahlen von Zweiradfahrer an Stahlschutzplanken festgestellt werden. Besgen [6] kommt zu dem Ergebnis, dass gerade die scharfkantigen Pfosten ein hohes Verletzungspotenzial für Zweiradfahrer darstellen, und konstruktive Maßnahmen zur Reduzierung der Verletzungsschwere, wie beispielsweise Ummantelung, empfehlenswert sind.

2.3 Erfahrungen aus dem Ausland

Sowohl national als auch international diskutieren Experten zum Thema Schutzeinrichtungen mit verschiedenen Pro- und Contra-Argumenten über den prinzipiellen Einsatz der Systeme. Untersuchungen aus Deutschland und dem Ausland spiegeln anhand der sehr kontroversen Ergebnisse diese Situation wider.

Beispielsweise können aus der Unfallstatistik gemäß Lamprecht [7], Schmincke [8], Jacobs [9] und Förster [10] folgende Schlüsse gezogen werden:

  • In keinem Fall wurde die Betonschutzwand überfahren
  • Untersuchungen in den USA von Anfang der 70er Jahre zeigten, dass die polizeilich nicht registrierten Unfälle (durch Gummiabrieb an den Leitwänden zu erkennen) 60 % der vorher gemeldeten Unfälle erreichten. Die Zahl der Unfalltoten ging um 75 % zurück (im Vergleich zu der vorher installierten Stahlschutzplanke), die der Verletzten um 13 %, obwohl der Verkehr im gleichen Zeitraum um 18 % zunahm
  • Auf den Streckenabschnitten mit herkömmlichen Leitplanken in den USA stieg die Zahl der Toten und Verletzten in der gleichen Größenordnung wie der Verkehr
  • In 80 % aller Unfälle lag der Anfahrwinkel unter 5°.

In den Niederlanden wurde das bisherige New-Jersey-Profil der Betonschutzwände verändert, da sich häufig Kleinwagen überschlugen. Mit Hilfe von Simulationen konnte nachgewiesen werden, dass die STEP-Barrier hier einen deutlichen Vorteil darstellt.

In Österreich werden BSW gegenüber den klassischen SSP als gleichwertig angesehen [11]. Erfahrungen zeigen einen Rückgang der Unfallanzahl als auch der Unfallschwere, vor allem durch den praktisch vollständigen Durchbruchschutz. Ein Rückgang der Unfälle um mehr als die Hälfte wurde beim Einsatz in der Verkehrsumlenkung bzw. -ableitung (z.B. in Kurven) verzeichnet. Des Weiteren wurde eine geringe Anzahl kleinerer Berührungen anhand von Farbspuren festgestellt [11].

Bei den bislang in Österreich registrierten Unfällen konnte sowohl ein Fahrzeugdurchbruch stets verhindert als auch eine geringere Sachschadenshöhe bei BSW festgestellt werden.

In einer weiteren Untersuchung analysierte die ONSER [12] in einem Vergleich zwischen SSP und BSW die Unfälle an festen Hindernissen in Frankreich.

Die Tabellen 1 und 2 zeigen, dass die Zahl der gemeldeten Unfälle, die Zahl der Todesopfer und Schwerverletzten je verunfalltem Fahrzeug an Stahlschutzplanken höher war als an Betonschutzwänden.

Tabelle 1: Registrierte Fahrzeuge (FZ) und Opfer bei Unfällen an festen Hindernissen in Frankreich 1995 [12]

Tabelle 2: Registrierte Fahrzeuge (FZ) und Opfer bei Unfällen an festen Hindernissen in Frankreich 1996 [12]

In der französischen Untersuchung von Marti n/Quincy [13] wurde das Unfallgeschehen auf einem Teilnetz der französischen Autobahnen hinsichtlich der Durchbrüche durch die Schutzeinrichtungen in Mittelstreifen auf Autobahnen untersucht. In 1,3 % der Unfälle wurde die Schutzeinrichtung in Mittellage überwunden. Die Durchbrüche erfolgten in 140 Unfällen durch Lkw und in 66 Unfällen durch Pkw. Das Risiko eines Durchbruchs ist somit für einen Lkw 15 Mal höher als für einen Pkw. Betrachtet man die bei den registrierten Durchbrüchen installierte Schutzeinrichtung, so war diese bei 142 Unfällen eine Stahlschutzplanke und in 7 Fällen eine Betonschutzwand. Bei 57 Unfällen handelte es sich um eine transportable oder sonstige Schutzeinrichtung.

Der Anteil der Unfälle mit Verletzten liegt bei den Betonschutzwänden bei 20,9 % gegenüber 12,3 % bei Stahlschutzplanken. Betrachtet man dagegen die Anteile der Unfälle mit Schwerverletzten und Getöteten bzw. nur Getöteten, so zeigt sich kein signifikanter Unterschied zwischen den Schutzeinrichtungen (Betonschutzwände: 5,0 % bzw. 1,3 %; Stahlschutzplanken: 4,5 % bzw. 1,2 %). In den meisten Untersuchungen zeigt sich nach Einbau einer BSW ein deutlicher Rückgang der Unfallzahlen.

2.4 Erkenntnisse zu betrieblichen Aspekten

Die anhand der Literaturanalyse gewonnenen Erkenntnisse zu betrieblichen Aspekten lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • In allen Literaturquellen wird angegeben, dass der Reparaturaufwand an BSW deutlich geringer ist. Über größere Reparaturen wird kaum berichtet
  • Der Reinigungsaufwand wird bei den BSW in der Regel höher eingeschätzt
  • Hinsichtlich der Entwässerung werden unterschiedliche Standpunkte vertreten. Festzuhalten bleibt, dass bei der Entwässerung bei einer BSW noch Probleme bestehen
  • Der Winterdienst gestaltet sich bei BSW schwieriger als bei SSP, da in der Regel mit Schneefräsen gearbeitet werden muss
  • Ein Einfluss der Betonschutzwände auf die Ökologie (z. B. Erhöhung der Tierkadaver) wird nicht berichtet
  • Als Unterhaltungskosten werden in der Literatur Werte zwischen 200 und 10 000 DM/- (km · a) für die BSW (im Mittel: 1 630 DM/(km · a)) und zwischen 50 und 4 250 DM/(km · a) für die SSP (im Mittel: 1 570 DM/(km · a)) angegeben
  • Als Reparaturkosten fallen bei Stahlschutzplanken ca. 2 300 DM/(km · a) an, zuzüglich 985 DM/(km · a) an Verwaltungskosten
  • Als bevorzugte Einsatzbereiche für BSW werden enge Querschnittsverhältnisse und vor allem hoch belastete Autobahnen genannt. Angegebene Grenzwerte des DTV-Wertes variieren zwischen 30 000 und 100 000 Kfz/24h.

3 Einsatz von Betonschutzwänden in der Bundesrepublik Deutschland

Um einerseits die Ergebnisse der Literaturanalyse bezüglich des Bestands von BSW in Deutschland zu verifizieren und andererseits genauere Angaben zu einzelnen BSW zu erhalten, wurde mittels Fragebogen eine Erhebung bei den zuständigen Behörden durchgeführt. Auf der Basis dieser Ergebnisse wurden die späteren Untersuchungsstrecken für eine detaillierte Analyse ausgewählt.

Problematisch bei verschickten Fragebögen ist zumeist der geringe Rücklauf, weshalb der Fragebogen im Auftrag des BMVBW verschickt wurde. Auf diese Weise ließ sich ein 100%iger Rücklauf erzielen. Anhand des Fragebogens konnten untersucht werden:

  • Einteilung der BSW nach Längen
  • Jahr der Inbetriebnahme
  • Verteilung der Lage im Querschnitt
  • Erfahrungen des Betriebsdienstes im Vergleich zu SSP
  • Reparaturmaßnahmen
  • Aufteilung auf die Bundesländer.

3.1 Einteilung der BSW nach Längen

Wichtigstes Kriterium für die spätere Auswahl der Untersuchungsstrecken war die Länge der BSW. Um einen ersten Überblick über die Längenverteilung zu erhalten, wurden die BSW in Längenklassen von 500 m eingeteilt. Die daraus resultierende Verteilung ist im Bild 1 dargestellt. Zusätzlich zu der absoluten Anzahl der Abschnitte (Balken) ist die gemittelte Länge je Längenklasse (Punkte) aufgetragen.

Bild 1: Anzahl der Abschnitte mit BSW auf Bundesautobahnen und Mittelwert der Länge je Längenbereich

Es ist deutlich zu erkennen, dass der Hauptanteil der Abschnitte (etwa 71%) eine Länge von weniger als 500 m besitzt. Nur wenige BSW sind länger als 3 km. Abschnitte mit Längen über 5 km sind eher die Ausnahme, hier sind nur 7 Werte vorhanden.

3.2 Jahr der Inbetriebnahme von BSW

Anhand des Bildes 2 kann die zeitliche Entwicklung der Anzahl der errichteten BSW abgelesen werden. Seit ca. 1984 ist der Zuwachs von BSW stark gestiegen und erreichte einen Zenit im Jahr 1995. Von 1995 bis 1997 sind die Zahlen der BSW-Inbetriebnahmen wieder rückläufig.

Bild 2: Anzahl der errichteten BSW auf Bundesautobahnen pro Jahr

Die Darstellung im Bild 2 berücksichtigt nicht, dass zu insgesamt 284 BSW keine Angaben zum Jahr der Inbetriebnahme gemacht werden konnten. 74% der BSW wurden vor Ort betoniert, 23% als Fertigteil geliefert. Die Vermutung, dass auch die Fertigteilbauweise in den letzten Jahren zugenommen hat, konnte durch eine Untersuchung der zeitlichen Entwicklung nicht bestätigt werden.

3.3 Erfahrungen des Betriebsdienstes von BSW im Vergleich zu SSP und Reparaturmaßnahmen an BSW

Das Bild 3 zeigt das Meinungsbild hinsichtlich des Betriebsaufwandes bei BSW im Vergleich zu SSP. Die Zahlen geben die Anzahl der Abschnitte mit BSW an, deren Betriebsaufwand durch die Behörden als geringer, gleich oder höher aufwendig eingestuft wurden. Behörden mit einer großen Anzahl von BSW bekommen so bei dieser Auswertung ein größeres Gewicht als Behörden mit weniger BSW auf den Autobahnen. Anhand einer detaillierten Analyse der Fragebögen lässt sich erkennen, dass die Einschätzung des Aufwandes der einzelnen Maßnahmen durch die Autobahnmeisterei sich nicht direkt auf die Maßnahme bezieht, sondern häufig die grundsätzliche Einstellung der Behörden widerspiegelt.

Bild 3: Erfahrungen des Beriebsdienstes mit BSW im Vergleich zu SSP

Der Betriebsdienst ist bei 40 % der Maßnahmen der Meinung, der Aufwand sei geringer. Bei 12 % der Abschnitte wird der Aufwand etwa gleich, bei 19 % der Maßnahmen höher eingeschätzt.

Die Auswertung hinsichtlich bisheriger Reparaturen an BSW ist im Bild 4 dargestellt. Bei 594 von 692 BSW (86 %) sind noch nie Reparaturen durchgeführt worden. Die Erfahrungen der Literaturstudien, dass nur bei einem geringem Prozentsatz der Maßnahmen (hier 8 %) Reparaturen notwendig sind, wird bestätigt.

Bild 4: Angefallene bzw. nicht angefallene Reparaturmaßnahmen an BSW

4 Untersuchungsmethodik

Zunächst erfolgte eine Auswahl geeigneter Untersuchungsstrecken mit BSW und Vergleichsstrecken mit SSP, für die Unfallmerkmale detailliert aufgenommen wurden. Die ermittelten Daten ermöglichten eine Analyse der Investitionskosten und betrieblichen Kosten für die Unterhaltung der Schutzeinrichtungen sowie des Unfallgeschehens mit Anprall an eine Schutzeinrichtung. Die Zeitverluste von Verkehrsteilnehmern infolge von Unfall- und Arbeitsstellen auf ausgewählten Untersuchungs- und Vergleichsstrecken konnten anhand von Realversuchen und Simulation ermittelt werden.

Da die begründete Annahme bestand, dass ein großer Teil der Unfälle mit Abkommen von der Fahrbahn und Anprall an eine Schutzeinrichtung nicht von der Polizei registriert wurde, galt es, auch diesen Unfallanteil abzuschätzen. Dazu wurden für ausgewählte Untersuchungsstrecken mit BSW in einer 1-Jahres-Untersuchung Anfahrspuren an die passiven Schutzeinrichtungen den Unfallanzeigen der Polizei gegenübergestellt. Für die Vergleichsstrecken mit SSP ergab sich der Anteil der polizeilich nicht registrierten Unfälle aus einer Befragung bei den entsprechenden Autobahnmeistereien.

Die abschließend durchgeführte Wirtschaftlichkeitsuntersuchung basiert auf den in den „Empfehlungen für Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen an Straßen“ (EWS) [14] vorgestellten Verfahren. Hierbei handelt es sich um eine Kosten-Nutzen-Analyse, bei dem die volkswirtschaftlich relevanten Kosten und Nutzen einer Investitionsmaßnahme gegenübergestellt sind. Die Bewertung der Kosten- und Nutzenkomponenten erfolgt mit Hilfe von Wertansätzen, die sich nach Möglichkeit an Marktpreisen orientieren. Bei den ermittelten Kosten handelt es sich um die durch die zu untersuchende Maßnahme (Planfall) verursachten zusätzlichen Kosten und Nutzen, die sich im Vergleich zur Nichtrealisierung der Maßnahme (Vergleichsfall) ergeben. Im Rahmen der vorliegenden Untersuchung wird als Planfall der Einsatz von BSW und als Vergleichsfall der Einsatz von SSP gewählt.

Als Entscheidungskriterium dient ein Quotientenkriterium, bei dem die einer Investition zurechenbaren Nutzen durch die Kosten dividiert werden. Das so errechnete Nutzen/Kosten-Verhältnis gibt an, wie viel DM Nutzen zu je eingesetzter DM Kosten erwartet werden können. Ein Nutzen/Kosten-Verhältnis von 1,0 bedeutet im vorliegenden Fall, dass der zusätzliche Nutzen durch die Errichtung einer BSW die Mehrkosten gegenüber dem Einsatz einer SSP gerade ausgleicht.

Die Gleichungen (1) bis (4) erläutern die Zusammensetzung des Nutzen/Kosten-Verhältnisses:

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4.1 Kostenkomponenten in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von passiven Schutzeinrichtungen

Als zusätzliche Kosten werden die Kostenkomponenten Investitionskosten und laufende Kosten definiert. Da die Investitionskosten und laufenden Kosten für einen unterschiedlichen Zeitraum anfallen, können diese nicht unmittelbar addiert werden. Für die Umwandlung der Investitionskosten in jährliche Kosten gibt die EWS Hinweise für die Dauer des Abschreibungszeitraumes. Dazu wird die Annahme getroffen, dass es sich bei BSW und SSP um eine abschreibungsfähige Anlage für den Straßenverkehr der Kategorie „Ausstattung“ handelt, so dass sich ein Abschreibungszeitraum dq von 10 Jahren ergibt und der Annuitätenfaktor afq = 0,11723 [1/a] beträgt.

Liegen detaillierte Kenntnisse über die Nutzungsdauer der unterschiedlichen Schutzeinrichtungen vor, so sind auch schutzeinrichtungsspezifische Annuitätenfaktoren einsetzbar.

Bei den laufenden Kosten werden die Maßnahmen zum Unterhalt von Straßen erfasst. Hierunter sind Sofortmaßnahmen und Maßnahmen kleineren Umfangs sowie Arbeiten zur Aufrechterhaltung der Betriebsbereitschaft wie Reinigungs-, Kontroll-, Pflegearbeiten und Winterdienst (betrieblicher Unterhalt) zu verstehen. Im Hinblick auf die laufenden Kosten werden für passive Schutzeinrichtungen die folgenden Kostenkomponenten berücksichtigt: Reparaturkosten, Grünpflegekosten (im Umfeld der passiven Schutzeinrichtung), Reinigungskosten und Winterdienstkosten.

Die zusätzlichen Kosten errechnen sich somit aus den Kostenkomponenten als Jahreskosten zu:

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Die zusätzlichen Kosten werden über die Form des längengewichteten Mittelwertes bestimmt:

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4.2 Nutzenkomponenten in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von passiven Schutzeinrichtungen

Alle Maßnahmenwirkungen, die nicht den Investitionskosten oder laufenden Kosten zugeordnet werden können, werden als „Nutzen“ bezeichnet.

Für die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von passiven Schutzeinrichtungen werden von den in der EWS aufgeführten Nutzenkomponenten neben der Veränderung des Unfallgeschehens die Nutzenkomponente aus der Veränderung der Fahrzeiten (infolge Unfall- und Arbeitsstellen) als relevant angesehen. Für die einzelnen Nutzenkomponenten in der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung von passiven Schutzeinrichtungen ergeben sich somit die Zusammenhänge:

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5 Auswahl der Untersuchungs- und Vergleichsstrecken

Mit Hilfe von Filterkriterien wurden aus der großen Anzahl von Strecken mit BSW elf Strecken herausgesucht, welche die größte Eignung hinsichtlich einer zielbezogenen Auswertung erwarten ließen. Als Filterkriterien kamen hierbei zum Einsatz:

  • Jahr der Inbetriebnahme,
  • Länge der BSW,
  • DTV-Werte und
  • Lage im Querschnitt.

Die Tabellen 3 und 4 zeigen die Merkmale der Untersuchungs- und Vergleichsstrecken.

Tabelle 3: Merkmale der Untersuchungsstrecken mit BSW

Tabelle 4: Merkmale der Vergleichsstrecken mit SSP

6 Analyse der Kostenkomponenten für die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung

Die Analyse der Kostenkomponenten auf den Untersuchungs- und Vergleichsstrecken stützte sich auf Angaben der zuständigen Autobahnmeistereien. Diese Angaben waren je nach Dienststelle in Form und Informationsgehalt sehr unterschiedlich. Bei insgesamt sechs der elf Untersuchungsstrecken lagen die Angaben in detaillierten Listen vor, bei den übrigen Untersuchungsstrecken wurden die benötigten Informationen aus Korrespondenzen und Gesprächsprotokollen entnommen.

Auf Grund des geringen Stichprobenumfangs ließen sich in der Gesamtbetrachtung keine statistisch gesicherten Ergebnisse ableiten. Es kann lediglich eine Tendenz aufgezeigt werden.

Die wichtigsten Ergebnisse hinsichtlich der verschiedenen Kostenkomponenten sind in der Tabelle 5 zusammengefasst.

Tabelle 5: Zusammenstellung der anhand der Untersuchungs- und Vergleichsstrecken ermittelten Kostenkomponenten

Der in der Literatur bereits festgestellte höhere Reinigungsaufwand von BSW konnte bestätigt werden. Die Kosten je Reinigungseinsatz variieren innerhalb der Schutzplankensysteme jedoch sehr stark. Ebenfalls zeigen sich durch BSW verursacht höhere Grünpflegekosten. Insbesondere bei der Betrachtung der einzelnen Grünpflegeeinsätze kommt es an Stahlsystemen zu sehr starken Differenzen. Angaben zum Winterdienst wurden von den Meistereien nicht gemacht, weshalb auf diese Komponente nicht weiter eingegangen wird.

Bei der Auswertung des Reparaturaufwandes zeigte sich, dass dieser für BSW deutlich geringer ausfiel als an SSP. Im gesamten Untersuchungszeitraum, also innerhalb von fünf Jahren, wurden an BSW insgesamt nur zwei Reparaturmaßnahmen zur Behebung von Unfallschäden durchgeführt. Demgegenüber standen 159 Reparaturen an SSP. Die streckenbezogenen Reparaturkosten betrugen bei SSP im Vergleich zu BSW im Gesamtdurchschnitt (längengewichteter Mittelwert) mehr als das 700-fache.

7 Analyse der Nutzenkomponenten für die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung

Die Analyse der Nutzenkomponenten auf den Untersuchungs- und Vergleichsstrecken beruht auf einer Unfallkostenanalyse und der Berechnung von Fahrzeitverlusten infolge von Unfall- und Arbeitsstellen.

Um die nicht von der Polizei registrierten Unfälle abschätzen zu können, wurden in einer Langzeituntersuchung (Oktober 1999 bis August 2000) die Anfahrspuren auf ausgewählten Untersuchungsstrecken aufgenommen und mit den Unfallanzeigen der Polizei verglichen. Die Ergebnisse der Untersuchung der Anfahrspuren an Betonschutzwände lassen sich wie folgt zusammenfassen:

  • Im Untersuchungszeitraum vom 13.10.1999 bis zum 23.8.2000 wurden an den insgesamt 72,8 km langen Betonschutzwänden 196 Anfahrspuren detektiert
  • Den 196 Anfahrspuren stehen insgesamt nur 60 polizeilich registrierte Unfälle gegenüber
  • Insgesamt wurden demnach 69,4 % der Anfahrspuren polizeilich nicht registriert, d. h. sie führten nicht zu einer Unfallmeldung, weil die Schäden am Fahrzeug offenbar gering waren
  • Im Mittel konnten 2,55 Anfahrspuren pro Kilometer festgestellt Demgegenüber stehen 0,79 polizeilich registrierte Unfälle pro Kilometer.

Des Weiteren erfolgte die Durchführung einer Befragung bei ausgewählten Autobahnmeistereien zu Schäden an SSP, bei denen kein Schuldiger festgestellt werden konnte, um diE polizeilich nicht registrierten Unfälle an SSP herauszufiltern. Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass der Anteil der polizeilich nicht registrierten Unfälle an SSP mit im Mittel ca. 22 % deutlich niedriger ausfällt als bei BSW. Der kleinste Wert, der von einer Autobahnmeisterei für ein Jahr angegeben wurde, betrug 5,5 % polizeilich nicht registrierter Unfälle an SSP. Als Maximalwert konnten 48,4 % festgestellt werden. Bei SSP erfolgte bisher lediglich die Aufnahme aller von den Meistereien erkannten nennenswerten Schäden. Diese haben aber die Anfahrspuren, die nicht zu Schäden führten, also unterhalb einer gewissen Ärgernisschwelle lagen, gar nicht mit aufgenommen. Das bedeutet, dass bei SSP zu den bisher ermittelten 22 % ein weiterer Anteil hinzukommt, um einen mit den Untersuchungsergebnissen der Anfahrspuren an BSW vergleichbaren Wert zu erhalten.

Die Ermittlung der Unfallkostendichte als Eingangsgröße in die Wirtschaftlichkeitsberechnung erfolgte lediglich anhand der polizeilich registrierten Unfälle, um die Rechnung nicht auf Spekulationen aufzubauen. Die Unfallkostendichte wurde mit pauschalen Unfallkostensätzen über den längengewichteten Mittelwert bestimmt. Im Ergebnis zeichnet sich mit einer Differenz von mehr als 6 000 DM/(km · a) ein deutlicher Vorteil für BSW ab.

Die Berechnungen der Fahrzeitverluste infolge von Unfallereignissen und Arbeitsstellen erfolgten auf Basis der Unfallanzahl und der Angaben zu der Häufigkeit von Arbeitsstellen. Eine mit PARAMICS durchgeführte Simulation für Unfall- und Arbeitsstellen, validiert an einem realen Streckenabschnitt, bildet dazu die Grundlage. Beispielhaft stellt das Bild 5 die Ergebnisse der Simulation für eine 4-streifige BAB und einen Lkw-Anteil von 20 % mit Unfallstelle dar. Aus diesen Ergebnissen konnten Regressionsgeraden des Fahrzeitverlustes errechnet werden, die über abgeleitete Formeln in die Wirtschaftlichkeitsberechnung eingeflossen sind.

Das Bild 6 zeigt für den Fall einer 6-streifigen BAB mit verschiedenen Lkw-Anteilen die Fahrzeitverluste hervorgerufen durch eine Unfallstelle. Weitere Grafiken, auch zu Arbeitsstellen, können dem Bericht „Einsatzkriterien für Betonschutzwände“ (Heft V112, Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen, Reihe Verkehrstechnik) entnommen werden

Bild 5: Fahrzeiten [s] in Abhängigkeit von unterschiedlichen Verkehrsstärken bei unbehindertem Verkehr und bei Behinderung durch einen Unfall (Verkehrsführung 2+1)

Bild 6: Fahrzeitverluste [h:mm:ss] an einer Unfallstelle bei 3 FS in Abhängigkeit vom Lkw-Anteil p [%] (Verkehrsführung 3+2)

Die Ermittlung der Nutzenkomponente „Veränderung der Fahrzeiten“ erfolgte für die Wirtschaftlichkeitsuntersuchung variabel, da diese Komponente als entscheidende Größe in der Berechnung des Nutzen/Kosten-Verhältnisses abhängig ist von:

  • Fahrstreifenanzahl
  • DTV-Wert
  • Lkw-Anteil
  • Tageszeit der Unfall- Arbeitsstellen
  • Dauer der Unfall- Arbeitsstellen
  • Tagesganglinientyp
  • Zeitkostensatz nach Fahrzeuggruppen
  • Anzahl der Unfall- und Arbeitsstellen

Nach Ermittlung dieser Größen können anhand folgender Formel die Straßenutzerkosten infolge der Veränderung der Fahrzeiten berechnet werden:

Formeln in der PDF

Die Dauer einer Arbeitsstelle ist zunächst getrennt nach Reparatur, Grünpflege und Reinigung zu betrachten. Es wird davon ausgegangen, dass die Einsatzdauer der Grünpflege sich bei BSW und SSP nicht unterscheidet, obwohl der Kostenaufwand bei BSW höher lag als bei SSP, was sowohl durch höhere Personal- als auch Fahrzeugkosten begründet ist. Bei der Analyse der Daten konnte mangels Angaben der Autobahnmeistereien jedoch keine quantitative Aussage zur Einsatzdauer der Grünpflege getroffen werden. Deshalb fand der aus der Literatur [15] entnommene Wert von 4,4 h für eine Arbeitsstelle infolge Grünpflege Eingang in die Berechnung.

Die Angaben der Autobahnmeistereien ergaben für die Dauer einer Arbeitsstelle infolge Reinigung einen etwas höheren Wert für BSW. Dieser lag im Durchschnitt bei 2,4 h und für SSP bei 2,0 h. Auch bei der Reinigung erklären sich die höheren Kosten für BSW nicht durch die Einsatzdauer, sondern durch höhere Personal- und Fahrzeugkosten je Einsatz. Die Dauer einer Arbeitsstelle infolge Reparatur belief sich im Durchschnitt bei BSW zu 9,0 h und bei SSP zu 2,3 h. Bei der Dauer der Unfallstellen wurde davon ausgegangen, dass diese bei BSW und SSP nach einer halben Stunde geräumt sind.

Die sich anhand der Befragung ergebende Anzahl der Arbeitsstellen an BSW liegt mit NBSW = 1,03/(km · a) deutlich unter der Anzahl der Arbeitsstellen an SSP (NSSP = 1,82/(km · a)). Dieser deutliche Unterschied resultierte vor allem durch den höheren Reparaturaufwand bei SSP, der Aufwand für Reinigung und Grünpflege zeigte bei BSW und SSP nur eine geringfügige Differenz.

Die Unfalldichte ergibt sich aus der untersuchten Streckenlänge und der Gesamtunfallanzahl bezogen auf den Betrachtungszeitraum zu UDBSW = 2,10/(km · a) und UDSSP = 2,14/(km · a). Es wurde die Annahme getroffen, dass die Arbeiten an SSP, also Reparatur, Grünpflege und Reinigung innerhalb von drei festgelegten Tageszeiten 7:00 Uhr, 13:00 Uhr und 20:00 Uhr zu je einem Drittel durchgeführt werden. Die Reparaturen an BSW wurden auf 20:00 Uhr gelegt, da diese mit einer Dauer von 9,0 h sehr aufwendig sind und nur äußerst selten vorkommen. Die Arbeiten infolge Grünpflege und Reinigung finden an BSW ebenfalls wie an SSP gleichmäßig aufgeteilt auf drei Tageszeiten statt.

Aus diesen Größen ergeben sich die Straßennutzerkosten infolge der Veränderung der Fahrzeiten wie im Bild 7 gezeigt.

Bild 7: Straßennutzerkosten infolge von Fahrzeitverlusten bei Verkehrsbelastungen bei Reduktion von 3 auf 2 Fahrstreifen für p = 15 %

Beispiel: Auf einer 6-streifigen BAB mit DTV = 75000 Kfz/24h, Tagesganglinientyp A und einem Lkw-Anteil von p = 15 % soll eine Vergleichsrechnung durchgeführt werden. Auf Grund der Unfall- bzw. Arbeitsstellen kommt es zu einer Fahrstreifenreduktion von 3 auf 2.

Mit Bild 7 können die Straßennutzerkosten TK bestimmt werden: Für BSW lässt sich ein Wert von ca. 16 500 DM/(km · a) und für SSP ein Wert von ca. 23 500 DM/(km · a) ablesen. Um den Nutzen aus der Veränderung der Fahrzeit zu erhalten, muss die Differenz der beiden Werte gebildet werden. Mit dem Ergebnis von 7 000 DM/(km · a) kann nun der fehlende Wert NKVU zu 0,59 berechnet werden. Die Addition dieses Wertes mit dem Wert 0,55 aus der Berechnung zu NKVU ergibt ein Nutzen/Kosten-Verhältnis von 1,14.

Tabelle 6: Eingangsgrößen und Ergebnisse der Wirtschaftlichkeitsuntersuchung

Tabelle 7: Einsatzempfehlungen von BSW in Abhängigkeit des Lkw-Anteils p und der Fahrstreifenanzahl im Bereich einer Arbeitsstelle für den Tagesganglinientyp A

Auf Basis der dargelegten Untersuchungen und Ergebnisse (Tabelle 6) lassen sich Einsatzkriterien für Betonschutzwände ableiten. Liegt der Tagesganglinientyp A und ein Lkw-Anteil von 15 % vor, können die folgenden Aussagen getroffen werden (Tabelle 7): Auf einer 4-streifigen BAB wird der Einsatz von BSW ab einer Verkehrsbelastung von ca. 65 000 Kfz/24h wirtschaftlich. Dabei wird gemäß dem Regelplan DIII/4 der RSA 1995 davon ausgegangen, dass auch während einer Reparatur der Schutzeinrichtung im Mittelstreifen eine zweistreifige Verkehrsführung unter Mitnutzung des Seitenstreifens aufrecht erhalten werden kann. Andernfalls ist eine BSW bereits bei deutlich geringeren Verkehrsbelastungen wirtschaftlich. Die Grenzverkehrsbelastung für den wirtschaftlichen Einsatz von BSW auf einer 6-streifigen BAB beginnt bereits bei ca. 70 000 Kfz/24h und auf einer 8-streifigen BAB bei ca. 90 000 Kfz/24h. Hier wird davon ausgegangen, dass bei einer Reparatur der Schutzeinrichtung im Mittelstreifen eine Fahrstreifenreduktion von 3 auf 2 bzw. von 4 auf 3 Fahrstreifen stattfindet.

8 Fazit und Ausblick

Die berichteten Ergebnisse beziehen sich auf die beiden klassischen Systeme BSW und SSP. Durch die Einführung der DIN EN 1317 und auch durch die Einführung der neuen RPS sind die Hersteller von Fahrzeug-Rückhaltesystem gefordert, neue Systeme mit hoher Aufhaltestufe, geringem Verletzungsrisiko für die Insassen und geringen Kosten sowohl in der Anschaffung als auch in der Wartung zu entwickeln. In den Niederlanden wurde beispielsweise auf Grund von Unfällen, in denen sich kleinere Fahrzeuge an der BSW in New-Jersey-Profil überschlugen in den letzten Jahren die STEP-Schutzwand entwickelt. Im Bereich der SSP sind in den letzten Jahren insbesondere Systeme entstanden, die hinsichtlich des Aufhaltevermögens auch die höchsten Anforderungen nach DIN EN 1317 erfüllen (beispielsweise MAXI-RAIL). Die Investitionskosten sind jedoch deutlich höher als die der klassischen Stahlsysteme. Diesen neuen Systemen wird vom Hersteller bescheinigt, dass sie zu äußerst geringen Beschädigungen am Fahrzeug führen und sich die Beschädigungen auf Grund der Segmentbauweise schnell, einfach und kostengünstig beheben lassen.

Diese neueren Entwicklungen führen dazu, dass neben einer Betrachtung der Standardsysteme, wie im Rahmen dieses Forschungsvorhabens durchgeführt, Wirtschaftlichkeitsüberprüfungen systemspezifisch durchgeführt werden müssen. Der grundlegende Zusammenhang, dass ab einer gewissen Verkehrsbelastung wartungsarmen Systemen der Vorzug zu geben ist, bleibt bestehen.

Literaturverzeichnis

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