FGSV-Nr. FGSV 001/21
Ort Karlsruhe
Datum 11.10.2006
Titel Ansprache des Abteilungsleiter Straßenbau, Straßenverkehr im Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Autoren Ministerialdirektor Wolfgang Hahn
Kategorien Kongress
Einleitung

Sehr geehrter Herr Präsident Sparmann, Herr Bürgermeister König, Herr Paul, Herr Professor Kunz, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ebenso wie Sie hatte ich mich auf den heutigen Start des Straßen- und Verkehrskongresses mit der Eröffnungsansprache von Bundesminister Wolfgang Tiefensee gefreut. Nun ist seine Anwesenheit bei der Trauerfeier für die Opfer des tragischen Unfalls auf der Transrapid-Teststrecke erforderlich. Er bedauert sehr, heute nicht bei Ihnen sein zu können, und hat mich beauftragt, ihn heute hier zu vertreten und Ihnen seine herzlichen Grüße zu übermitteln. Das tue ich sehr gerne und begrüße Sie alle sehr herzlich, besonders auch die Gäste aus dem Ausland, darunter eine namibische Delegation unter der Leitung von Herrn Minister Stephanus Mogotsi, Stellvertretender Minister für Öffentliche Arbeiten, Transport und Kommunikation aus Windhoek. Herzlich willkommen!

(Die Ansprache ist nachfolgend im Volltext wiedergegeben und als PDF hinterlegt)

PDF
Volltext

Der Wortlaut der Ansprache ist im PDF verfügbar.

 

Sehr geehrter Herr Präsident Sparmann, Herr Bürgermeister König, Herr Paul, Herr Professor Kunz, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ebenso wie Sie hatte ich mich auf den heutigen Start des Straßen- und Verkehrskongresses mit der Eröffnungsansprache von Bundesminister Wolfgang Tiefensee gefreut. Nun ist seine Anwesenheit bei der Trauerfeier für die Opfer des tragischen Unfalls auf der Transrapid-Teststrecke erforderlich. Er bedauert sehr, heute nicht bei Ihnen sein zu können, und hat mich beauftragt, ihn heute hier zu vertreten und Ihnen seine herzlichen Grüße zu übermitteln. Das tue ich sehr gerne und begrüße Sie alle sehr herzlich, besonders auch die Gäste aus dem Ausland, darunter eine namibische Delegation unter der Leitung von Herrn Minister Stephanus Mogotsi, Stellvertretender Minister für Öffentliche Arbeiten, Transport und Kommunikation aus Windhoek. Herzlich willkommen!

Herr König, Karlsruhe hat dem Kongress immer einen besonderen spiritus loci gegeben. Wir wünschen uns, dass das auch dieses Mal der Fall ist. Wir alle erhoffen uns aus den Fachvorträgen und den Gesprächen dieses Kongresses wertvolle Impulse und Anregungen, die aus dem Fachwissen und den praktischen Erfahrungen der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen resultieren.

Leitung und Mitarbeiter des Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung wissen sehr genau: Die FGSV leistet die fachlichen Grundlagen für die Erreichung unserer verkehrspolitischen Ziele zur Sicherung der Mobilität von Personen und Gütern. Ihre Arbeit trägt dazu bei, mit einer hochwertigen Infrastruktur und einem leistungsfähigen Verkehrssystem die Voraussetzungen für Wettbewerbsfähigkeit, Wohlstand und Sicherheit zu schaffen. Als technisch-wissenschaftliche Gesellschaft hat die FGSV eine führende Rolle übernommen. Sie vereint die Experten aus Praxis, Verwaltung und Wissenschaft und stellt damit eine entscheidende Wissensplattform für das Straßen- und Verkehrswesen dar. Hier an der Spitze zu bleiben, ist für die Qualität und Attraktivität unseres Landes lebenswichtig. Nach einer jüngst veröffentlichten Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young darüber, wie internationale Unternehmen den Standort Deutschland bewerten, ist Deutschland der am meisten bevorzugte Investitionsstandort für die Bereiche Transport und Logistik. Und über die Hälfte aller befragten Unternehmen gibt an, dass die Qualität der Verkehrsinfrastruktur für ihre Investitionsentscheidungen eine sehr große Rolle spielt.

Das sind gute Gründe dafür, gemeinsam dafür zu arbeiten, dass unsere Verkehrsinfrastruktur gut erhalten, gepflegt und gezielt ausgebaut wird. Hier sind wir auf einem guten Weg: Denn die Umsetzung des Bedarfsplans für die Bundesfernstraßen, auf der Grundlage des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2003 im Juli 2004 vom Deutschen Bundestag beschlossen, verläuft äußerst positiv. Wie Sie wissen, weist der Bedarfsplan ein vordringliches Investitionsvolumen für den Aus- und Neubau von Bundesfernstraßen von rund 51,5 Mrd. € auf. Wir können heute feststellen, dass bis heute Schwerpunkte der Bedarfsplanmaßnahmen mit einem Volumen von rund 14,5 Mrd. € fertig gestellt sind. Vorhaben mit einem Volumen von weiteren 7,8 Mrd. € befinden sich im Bau. Damit haben wir rund 43 % des Bedarfsplanvolumens bereits abgearbeitet bzw. befinden uns in der Realisierung. Ein aus unserer Sicht hervorragendes Ergebnis!

Auch in diesem Jahr laufen die baulichen Maßnahmen auf Hochtouren. Nicht nur die günstige Witterung hat dazu beigetragen. Entscheidende Grundlage ist die gegenwärtige Finanzierungssituation im Straßenbau-Haushalt. Wir alle – auch die Unternehmen der Bauwirtschaft – haben aus den hohen Investitionsvolumina der Haushaltsjahre 2004 und 2005 Nutzen gezogen. Darüber hinaus hat die Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft (VIFG) von ihren Umschichtungsmöglichkeiten zur Finanzierung von Spitzenbedarf einen guten Gebrauch gemacht und ihre Leistungsfähigkeit damit unter Beweis gestellt.

Wie Sie wissen, hat die Bundesregierung die Verkehrsinvestitionen im Zeitraum 2006 bis 2009 für alle Verkehrsträger um insgesamt 4,3 Mrd. € verstärkt, um das hohe Investitionsniveau weiterzuführen und damit weitere Impulse für Wachstum und Beschäftigung zu setzen. Damit bleibt es möglich, das Verkehrsnetz in seiner Leistungsfähigkeit zu verbessern, bedarfsgerecht auszubauen und zukunftsfähig zu gestalten. Mit diesem Verstärkungsvolumen können wir die Investitionslinie über den Zeitraum der mittelfristigen Finanzplanung auf einem hohen Niveau halten und damit Kontinuität für die Planung und Baudisposition schaffen. Und mit der mittelfristigen Finanzplanung wurde beschlossen, das Investitionsniveau auch für das Jahr 2010 auf der erhöhten Finanzierungslinie zu belassen.

Im Jahr 2006 stehen insgesamt rund 9,1 Mrd. € für die drei klassischen Verkehrsträger Schiene, Straße und Wasserstraße sowie für den Verkehrsträger Transrapid für Investitionen zur Verfügung. Da insbesondere durch den Verkehrsträger Straße in kurzer Zeit hohe Beschäftigungsimpulse und Verkehrswerte erzielt werden können, liegt der Anteil der Bundesfernstraßen daran im Jahr 2006 überproportional hoch – und nur aus diesem Grund in den Folgejahren etwas niedriger. Für den Bereich der Bundesfernstraßen sind allein in diesem Jahr einschließlich der Mautmittel 5,8 Mrd. € Gesamtausgaben vorgesehen, davon 4,9 Mrd. € investiv wirksam. Zur Sicherstellung einer hohen und ständigen Funktionsfähigkeit des bestehenden Straßennetzes werden verstärkt Haushaltsmittel im Erhaltungsbereich bereitgestellt. Aufgrund der zunehmenden Verkehrsbeanspruchung, insbesondere durch die Zunahme des Schwerverkehrs, müssen die jährlichen Erhaltungsausgaben zur langfristigen Sicherung des Bestandes weiter anwachsen. Daher wurden die Ausgaben für die Erhaltungsmaßnahmen in 2006 mit rund 1,7 Mrd. € und im Finanzplanungszeitraum mit rund 1,8 Mrd. € auf hohem Niveau fortgeschrieben.

Und die Planungen für die Infrastruktur werden fortgesetzt: Derzeit erarbeiten wir mit dem Investitionsrahmenplan (IRP) das verkehrs- und investitionspolitische Konzept für die Mittelfristplanung bis zum Jahre 2010. Ein wesentlicher Bestandteil wird der im Fernstraßenausbaugesetz geforderte Fünfjahresplan (FJP) für die Bundesfernstraßen 2006 bis 2010 sein. Das Gesetz zur Beschleunigung von Infrastrukturplanungen, das dafür sorgen soll, die in den neuen Bundesländern gewonnenen guten Erfahrungen mit der Planungsbeschleunigung auf ganz Deutschland zu erstrecken, wird zurzeit im Deutschen Bundestag beraten. Wir versprechen uns davon eine deutliche Verkürzung von Planungszeiten, ohne dass die Qualität von Planung sich verschlechtert.

Wie Sie vermutlich bereits gehört haben, hat Bundesminister Tiefensee für das kommende Jahr die Erarbeitung eines Masterplans Güterverkehr und Logistik angekündigt. Mit dem Ziel einer Stärkung des Wirtschafts- und vor allem des Logistikstandortes Deutschland wollen wir eine breit angelegte Diskussion darüber führen, welche Handlungsoptionen und Instrumente genutzt werden müssen, um im Wettbewerb einer globalisierten Welt noch besser zu bestehen. Es versteht sich fast von selbst, dass Schlussfolgerungen für die Ausgestaltung von Infrastruktur in unserem Land dabei eine herausragende Rolle spielen werden.

Meine Damen und Herren, zur Finanzierung trägt die Maut entscheidend bei. Seit Jahresbeginn 2005 wird in Deutschland eine streckenbezogene Maut für schwere Lkw auf Autobahnen erfolgreich erhoben. Die Mautumsätze betrugen im Jahr 2005 insgesamt 2,86 Mrd. €. Die Mauteinnahmen haben sich auch in diesem Jahr sehr gut entwickelt. Die monatlichen Einnahmen liegen fast durchweg rund 5 bis 6 % höher im Vergleich zu den Vorjahresmonaten. So wurden seit Jahresbeginn bis einschließlich August 2006 bereits Mautumsätze in Höhe von gut 2 Mrd. € erreicht. Damit leistet die Lkw-Maut einen beachtlichen Beitrag zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur in Deutschland. Der größte Teil der Investitionen fließt dabei in den Bereich der Bundesfernstraßen.

Dabei gewinnen verkehrs- und umweltpolitische Ziele der Lkw-Maut zunehmend an Bedeutung. Denn die Lkw-Maut entwickelt sich immer mehr zu einem intelligenten Instrument der Verkehrssteuerung. Nach einer ersten Untersuchung Mitte des vergangenen Jahres dürfte die Mauteinführung zu positiven verkehrs- und umweltpolitischen Entwicklungen beigetragen haben. Denn bei den Leerfahrten ist ein Rückgang um erfreuliche 15 % gegenüber dem Vorjahreszeitraum festzustellen. Der Anteil der Lastfahrten ist im Fernbereich um 2 Prozentpunkte auf 82 % gestiegen. Die Ergebnisse der Verkehrsleistungsstatistik zeigen zudem einen zunehmenden Anteil emissionsärmerer Lkw.

Meine Damen und Herren, noch vor einem Jahr wurde lebhaft über das Thema Mautausweichverkehre diskutiert. Nach Einführung der Maut haben offensichtlich viele ausprobiert, ob die Umfahrung mautpflichtiger Autobahnen möglich ist. Die Verkehrszählungen zeigen, dass ein großer Teil des Ausweichverkehrs wieder auf die Autobahnen zurückgekehrt ist. Gegen die verbleibenden Ausweichverkehre geht die Bundesregierung entschlossen vor. Seit Anfang dieses Jahres haben die Länder bereits die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen Bundesstraßen für den Lkw-Durchgangsverkehr zu sperren. Nach Zustimmung der EU-Kommission hat das Bundeskabinett nunmehr die vom BMVBS vorgelegte Verordnung zur Ausdehnung der Mautpflicht auf bestimmte Abschnitte von Bundesstraßen beschlossen. Mit dieser Rechtsverordnung wird es möglich, einzelne Abschnitte von insgesamt drei von den Bundesländern vorgeschlagenen Bundesstraßen mit einer Maut zu belegen. Damit sind alle Instrumente geschaffen, um noch vorhandenen Belästigungen durch Ausweichverkehre entschieden entgegenzutreten.

Meine Damen und Herren, die Straße als am meisten geforderter Verkehrsträger muss, um den künftigen Ansprüchen gerecht zu werden, leistungs- und zukunftsfähig gestaltet werden. Politik, Verwaltung und Bauwirtschaft stehen hier in einer gemeinsamen Verantwortung, nach tragfähigen Lösungen zu suchen und dabei alle Potenziale bautechnischer und unternehmerischer Art sowie des Verwaltungshandelns zu nutzen. Für Politik und Verwaltung bedeutet dies, die Rahmenbedingungen für den Einsatz neuer Technologien, Bauweisen und Bauverfahren zu verbessern. Hierzu zählt, dass die Straßenbauforschung ausgeweitet und besser genutzt wird und explizit zur Förderung von Innovationen beiträgt.

Ein besonderes Augenmerk muss angesichts der zu erwartenden Verkehrszunahme und -beanspruchung auf der Dauerhaftigkeit der Straßenkonstruktion liegen. Diese gilt es zur Reduzierung des Erhaltungsaufwands zu verbessern. Weitere Schwerpunkte sind die Verbesserung der Fahrbahnoberflächeneigenschaften zur Verminderung des Verkehrslärms und zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Darüber hinaus kommt es darauf an, bereits existierende organisatorische und vergaberechtliche Möglichkeiten verstärkt zum Nachweis der Praxistauglichkeit neuer Bauverfahren zu nutzen. Dies schließt auch ein, in größerem Umfang Erprobungsstrecken für neue Technologien und Verfahrensweisen einzurichten und auszuwerten.

Auch die Rahmenbedingungen für unternehmerische Tätigkeit können verbessert werden. Das heißt auch Bürokratieabbau, Deregulierung, Verfahrensbeschleunigung und Transparenz. Und Erfolg haben wir nur dann, wenn in der Verwaltung und der Bauwirtschaft Bereitschaft besteht, ausgetretene Pfade auch einmal zu verlassen, Innovationen zu fördern und Ermessensspielräume für innovatives Handeln zu nutzen. Der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie (HDB) hat deshalb eine Innovationsoffensive Straßenbau angeregt, die zu einem stärkeren Engagement von Verwaltung und Bauwirtschaft bei der Förderung und Entwicklung neuer Konzepte und Technologien in den Bereichen Bau und Erhaltung von Straßen führen soll. Dieser Vorschlag wird vom BMVBS in vollem Umfang unterstützt. Die Entwicklung und Erprobung neuer Technologien, Bauweisen und Bauverfahren können nur von Bauwirtschaft und Verwaltung gemeinsam vorangebracht und zum Erfolg geführt werden.

Ziel ist es, ein Klima für Innovationen zu schaffen. Eine vertrauensvolle Zusammenarbeit von Verwaltung und Bauwirtschaft bildet hierfür die Voraussetzung, sie gilt es zu stärken. Die Innovationsoffensive Straßenbau bietet hierfür den geeigneten Rahmen.

Zur Erläuterung der Ziele und Inhalte der Innovationsoffensive Straßenbau wurde vom BMVBS, dem Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und dem Zentralverband des Deutschen Baugewerbes ein gemeinsames Positionspapier verfasst, das anlässlich des Deutschen Straßen- und Verkehrskongresses 2006 hier in Karlsruhe veröffentlicht wird. Die Umsetzung der vereinbarten Innovationsoffensive bedarf insbesondere auch der Mitwirkung der Straßenbauverwaltungen der Länder, den für die Planung, den Bau und die Erhaltung der Bundesfernstraßen zuständigen Auftragsverwaltungen. Deshalb appelliere ich heute an die Vertreter der Auftragsverwaltungen, die Innovationsoffensive Straßenbau zu unterstützen und gemeinsam mit dem BMVBS und der Deutschen Bauwirtschaft zum Erfolg zu führen.

Meine Damen und Herren,
ein weiterer Appell betrifft das Thema Präqualifikation von Bauunternehmen. Die Etablierung eines bundeseinheitlichen Präqualifikationssystems und die Stärkung der öffentlichen Akzeptanz ist erklärtes Ziel meines Hauses. Das Präqualifikations-System ist bestens geeignet, um die Ziele der Aufwandsminimierung und Qualitätssteigerung im Vergabeverfahren sowie der besseren Bekämpfung der Schwarzarbeit durchzusetzen. Dennoch beteiligen sich die Bauunternehmen zurzeit eher noch zögerlich. Das BMVBS hat den Vergabestellen des Bundes für die Bereiche Straßenbau, Wasserbau und Hochbau einheitlich per Erlass die Anerkennung der Präqualifikationen der Unternehmen für die Eignungsprüfung vorgegeben. Die Länder haben oder werden gleich lautende Erlasse für ihre Vergabestellen vorgeben. Mein Appell geht insbesondere an die kommunalen öffentlichen Auftraggeber, die Onlineliste intensiv zu nutzen. Der Erfolg des Systems hängt von der allseitigen und umfassenden Beteiligung ab, damit wir alle von den dadurch zu erwartenden Kostensenkungspotenzialen profitieren können.

Meine Damen und Herren,
um Innovation und die Realisierung von Kostensenkungen geht es auch bei den Betreibermodellen im Bundesfernstraßenbau. Wir befinden uns hier in einer Pilot- und Evaluierungsphase, um alternative Formen der Herstellung und Unterhaltung von Verkehrsinfrastruktur zu testen und Schritt für Schritt fortzuentwickeln. Bereits Mitte der neunziger Jahre wurde eine erste PPP-Betreibermodellstruktur entwickelt. Mit den Pilotprojekten des A-Modells werden in Deutschland erstmals PPP-Modelle im Bereich der Bundesautobahnen als neue Beschaffungsvariante realisiert.

Wir sehen PPP dabei keineswegs als Allheilmittel, das sämtliche Probleme zu lösen geeignet wäre. Wir möchten aber Innovationspotenziale dort, wo sie vorhanden sind, ausschöpfen. Mit dem Lebenszyklusansatz im Rahmen der Pilotprojekte verfolgen wir gerade dieses Ziel. Es geht nicht allein darum, Straßen unter Einbindung Privater schneller bauen zu können, indem auch privates Kapital zur Verfügung gestellt wird. Es geht vielmehr auch um eine ausgewogene Gestaltung von Wettbewerb. Wir wollen diesen Wettbewerb nicht nur im Rahmen der konventionellen Beschaffung, wir wollen den Wettbewerb der Beschaffungsvarianten untereinander. Und ich denke, das gilt nicht allein für Bundesfernstraßen. Dort, wo PPP mindestens so geeignet oder gar besser ist als eine konventionelle Beschaffung, soll PPP auch zum Zuge kommen. Selbstverständlich sind nicht alle Bauvorhaben PPP-geeignet; aber, dort wo sie es sind, muss der Wettbewerb auch stattfinden. Der Einsatz der Modelle orientiert sich dabei jeweils an der Bedarfssituation der öffentlichen Hand und den speziellen Rahmenbedingungen der jeweiligen Vorhaben.

Im Übrigen gilt hier, dass nicht das Projekt dem Modell, sondern das Modell dem jeweiligen Projekt angepasst werden sollte. Die Evaluierung der Erfahrungen mit den Pilotprojekten erfolgt schon während der Projektumsetzung. Die Erfahrungen fließen jeweils in die nachgelagerten Verfahren ein. Dies führte bereits im laufenden Prozess zu ersten Anpassungen, z. B. im Hinblick auf die „Mittelstandstauglichkeit" von Modellen, vor allem aber zu Standardisierungen, die die Umsetzung künftig beschleunigen und den mit der Entwicklung verbundenen Aufwand reduzieren können. Bei diesem Entwicklungsprozess versprechen wir uns gerade von der Auswertung der Pilotprojekte wegweisende Erkenntnisse. Erfahrungen und Erkenntnisse sammelt man nur im Zuge einer praktischen Umsetzung von Projekten. Allein aus diesem Grund sind die auf den Weg gebrachten Pilotprojekte schon jetzt ein großer Erfolg, aber auch ein maßgeblicher Schritt zur Weiterentwicklung von öffentlich-privaten Partnerschaften.

Meine Damen und Herren, im Bestreben, Bundesfernstraßen umweltgerecht zu gestalten, geben wir erhebliche Mittel für den Lärmschutz aus. Auch hier bedarf es Innovationen in technischer Hinsicht als auch bei dem Schutzaspekt. Dies gilt sowohl für die anwendungsbezogene Forschung als auch für die Durchführung konkreter Lärmschutzmaßnahmen. Im Koalitionsvertrag vom November vergangenen Jahres ist konkret die Verbesserung des Lärmschutzes an bestehenden Bundesfernstraßen angesprochen. Das Haushaltsjahr 2006 setzte mit der Verdoppelung der Haushaltsmittel von 25 Mio. € auf 50 Mio. € hier einen deutlichen Akzent. Künftig sollen statt dem Einbau von Lärmschutzfenstern vermehrt Lärmschutzwände oder -wälle errichtet oder lärmmindernde Fahrbahndecken eingebaut werden. Der besondere Vorteil liegt darin, dass mit dem Außenwohnbereich auch das Wohnumfeld und die weitere Nachbarschaft in den Genuss der Lärmminderung gelangen.

Meine Damen und Herren, das Thema Innovation im Straßenbau ist auch der rote Faden für den Deutschen Straßen- und Verkehrskongress. Auf einige mir besonders wichtig erscheinende Kongressthemen möchte ich deshalb kurz eingehen.

Die Erhaltung der bestehenden Straßeninfrastruktur ist neben dem Neubau und der Erweiterung von herausragender volkswirtschaftlicher Bedeutung sowohl für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft als auch für die Mobilität der Bürger. Aus dieser Bedeutung erwächst der Anspruch an eine nachhaltige Erhaltungspolitik, die auf einen hohen Gebrauchs- und Sicherheitswert der Verkehrsinfrastruktur ausgerichtet sein muss. Der aktuelle Bundesverkehrswegeplan sieht deshalb für die Investitionen in die Erhaltung eine wesentliche Steigerung der Aufwendungen vor. Die Erhaltungsinvestitionen werden deshalb zukünftig Schwerpunkte der Investitionstätigkeit des Bundes sein. Auch für die Erhaltung brauchen wir innovative Lösungen. Erforderlich ist die netzweite Optimierung der Planung und Ausführung von Erhaltungsmaßnahmen. Dafür wird ein bundesweites Erhaltungsmanagement der Straßeninfrastruktur vom BMVBS zusammen mit den Straßenbauverwaltungen der Bundesländer, der Bundesanstalt für Straßenwesen und der Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen entwickelt und sukzessive eingeführt. Ziel der mit den Bundesländern koordinierten Erhaltungsplanung ist es, auf verkehrlich hoch belasteten Strecken baustellenbedingte Verkehrsbehinderungen möglichst gering zu halten und somit dem Verkehrsteilnehmer eine leistungsfähige und sichere Infrastruktur zur Verfügung zu stellen, und zwar vor allem ohne Belastung künftiger Generationen durch Substanzverzehr. Die Verkehrssicherheitsarbeit zählt zu den zentralen Aufgaben der Verkehrspolitik, denn hohe Mobilität wird nur dann akzeptiert, wenn die Sicherheit auf unseren Straßen weiter verbessert wird. Mobilität und Sicherheit sind zwei Seiten der gleichen Medaille! Aus diesem Grund betreibt das BMVBS seit vielen Jahren eine intensive und pragmatische Verkehrssicherheitsarbeit. Mit großem Erfolg! Starben 1970 noch über 21 000 Menschen auf unseren Straßen, so waren es im letzten Jahr 5 361. Das ist die niedrigste Zahl seit Einführung der amtlichen Statistik im Jahr 1953. Dieser eindrucksvolle Rückgang gewinnt noch mehr an Bedeutung, wenn man ihn im Lichte des Verkehrszuwachses betrachtet: denn im gleichen Zeitraum haben sich Fahrzeugbestand und Fahrleistung auf Deutschlands Straßen nahezu verdreifacht! Hier ist also sehr viel geleistet worden. Dazu gehört sicherlich der erzielte kraftfahrzeugtechnische Fortschritt mit der großen Verbesserung der passiven Fahrzeugsicherheit ebenso wie die schnelle Hilfe beim Unfall durch leistungsfähige Rettungsketten. Der Bund hat die günstige Entwicklung durch gezielte Vorschriften zur Verbesserung der Verkehrssicherheit gefördert. Zu nennen sind hier beispielhaft die Einführung der 0,5 Promille-Blutalkoholgehalts-Grenze, das Handy-Sprechverbot am Steuer eines fahrenden Fahrzeuges und die freiwillige zweite Ausbildungsphase für Fahranfänger mit Verkürzung der Probezeit auf ein Jahr. Darüber hinaus leisten die von der Bundesregierung unterstützten EG-Regelungen der Lenk- und Ruhezeiten für Lkw sowie deren Kontrolle einen wichtigen Beitrag zur Erhöhung der Verkehrssicherheit. Mit unserer zielgerichteten und konsequenten Verkehrssicherheitsarbeit nehmen wir auch in Europa einen Spitzenplatz ein. Das sehen nicht nur wir so, sondern auch die Europäische Kommission. Sie hat vor wenigen Monaten eine Halbzeitbilanz zum 3. Aktionsprogramm für die Straßenverkehrssicherheit veröffentlicht. Darin stellt sie fest, dass Deutschland im Zeitraum 2001 bis 2004 mit minus 14 % zu den Staaten mit überdurchschnittlicher Reduktion der im Straßenverkehr Getöteten gehört. Der EU-Durchschnitt liegt bei minus 5 %.

Wir wollen aber noch mehr Sicherheit auf unseren Straßen. Vor diesem Hintergrund hat das BMVBS bereits im Jahr 2001 ein Programm für mehr Sicherheit im Straßenverkehr verabschiedet. Es ist unser Fahrplan für die Verkehrssicherheitsarbeit. Mit einem Bündel an Maßnahmen verbessern wir stetig die Sicherheit im Straßenverkehr. Fünf Prioritäten stehen dabei im Vordergrund:

-         Verkehrsklima in Deutschland verbessern

-         Schwächere Verkehrsteilnehmer schützen

-         Unfallrisiken junger Fahrer reduzieren

-        Gefahrenpotenzial schwerer Nutzfahrzeuge mindern und

-        Verkehrssicherheit auf Landstraßen erhöhen.

Ein aus dem Programm abgeleiteter Maßnahmenkatalog wird seitdem erfolgreich umgesetzt. Darüber hinaus haben wir auch öffentlichkeitswirksame Kampagnen mit dem Ziel durchgeführt, die soziale Verantwortung zu stärken und eine Veränderung des Klimas auf unseren Straßen einzuleiten. Denn auf unseren Straßen ist kein Platz für Aggressionen und Rücksichtslosigkeit, unter denen schwächere Verkehrsteilnehmer wie Kinder und ältere Menschen besonders zu leiden haben. Neben dem Kraftfahrzeug und dem Fahrer ist die Straße die dritte Komponente zur Verbesserung der Verkehrssicherheit. Wie wichtig die sichere Gestaltung der Straße in diesem Dreiklang ist, lässt sich zum Beispiel an den sinkenden Unfallzahlen in den neuen Bundesländern ablesen. Viel Anerkennenswertes ist hier geleistet worden. ESN, Sicherheitsaudit und Unfallschauen gehören dazu; Instrumente, von denen in Zukunft noch mehr und besser Gebrauch gemacht werden kann. Auch von den neuen Entwurfsrichtlinien versprechen wir uns positive Auswirkungen für die Verkehrssicherheit.

Staureduzierung und Telematik:

Bei allen Anstrengungen zur Verbesserung der Leistungsfähigkeit der Infrastruktur und zur Verbesserung der Verkehrssicherheit wird deutlich, wie hoch belastet viele Autobahnen in Deutschland sind. Wir sind Verkehrsdrehscheibe in Europa, eine Folge unserer zentralen Lage auf diesem Kontinent. Der Durchschnittliche Tägliche Verkehr (DTV) stieg gerade auf den Autobahnen Westdeutschlands von rund 22 000 Kfz/24 h im Jahr 1970 auf heute über 50 000 Kfz/24 h mit Spitzenwerten von rund 170 000 Kfz/24 h. Und wir wissen, dass auch zukünftig ein erheblicher Teil des zunehmenden Verkehrs auf den Straßen bewältigt werden muss.

Auf vielen Straßenabschnitten sind in den Verkehrsspitzenzeiten keine ausreichenden Leistungsfähigkeitsreserven mehr vorhanden. Das führt zu Staus und Behinderungen. Ganz vorne steht daher die Notwendigkeit der Staubeseitigung. Darauf werden wir uns noch stärker konzentrieren müssen. Dies bedeutet neben dem notwendigen Straßenausbau auch eine verstärkte Nutzung innovativer Lösungen zur gezielten Steuerung der Verkehrsströme. Nur so, mit Hilfe einer „intelligenten Straße" einerseits und von gut informierten Reisenden andererseits, können wir eine bessere Verteilung des Verkehrsaufkommens erreichen. Hierbei bietet die Verkehrstelematik vielfältige Möglichkeiten. So können Verkehrsbeeinflussungsanlagen nicht nur die Verkehrssicherheit, sondern auch die Leistungsfähigkeit auf den Autobahnen erhöhen. Mit der temporären Freigabe von Seitenstreifen werden zusätzliche Kapazitäten in Spitzenbelastungszeiten bereitgestellt und die Leistungsfähigkeit von Bundesautobahnen um bis zu 25 % erhöht. In Deutschland investiert der Bund derzeit jährlich ca. 40 Mio. € in automatische Systeme zur Verkehrsbeeinflussung und Verkehrssteuerung. Der Aufbau derartiger Systeme wird auch in Zukunft ein bedeutender verkehrspolitischer Schwerpunkt der Bundesregierung bleiben. Das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung stellt im Rahmen des aktuellen Programms zur Verkehrsbeeinflussung auf Bundesautobahnen von 2002 bis 2007 mehr als 200 Mio. € zur Verfügung. Es ist geplant, das Programm bis 2010 zu verlängern.

Sehr geehrte Damen und Herren,
gerade auch auf dem Gebiet der Verkehrstechnik setzen wir in Zukunft auf weitere intelligente Lösungen und Innovationen. Dafür brauchen wir ideenreiche Wissenschaftler und Ingenieure, umsetzungsfreudige Mitarbeiter und Entscheider in den Verwaltungen und bei den Unternehmen. Die FGSV vereint all dies unter ihrem Dach. Sie ist eine der wichtigsten Plattformen für Innovationen im Bereich des Straßen- und Verkehrswesens. Deshalb möchte ich den mehr als 2 500 aktiven Mitgliedern für die langjährige fachliche Unterstützung des BMVBS bei der Weiterentwicklung der technischen Erkenntnisse im gesamten Straßen- und Verkehrswesen ganz herzlich danken. Ich danke insbesondere allen, die durch ihre ehrenamtliche Arbeit in der FGSV und in den internationalen Gremien dazu beigetragen haben, dass das deutsche Normen- und Regelwerk, wie auch die Straßen- und Verkehrsforschung unseres Landes europa- und weltweit ein hohes Ansehen genießen.

Deshalb ist auch internationales Engagement von hoher Bedeutung. Lassen Sie mich aus diesem Grund auf einen besonderen Kongress im nächsten Jahr in Paris hinweisen. Der Welt-Straßenverband AIPCR/PIARC feiert während des 23. Welt-Straßenkongresses in Paris vom 16. bis 21. September 2007 sein 100-jähriges Bestehen. Ich wünsche mir, dass wir zu diesem Anlass in unserem Nachbarland mit vielen guten Beiträgen stark vertreten sind und unsere Arbeit und unsere Erfolge darstellen können. Neben Fachvorträgen und Konferenzen ist auch eine begleitende Ausstellung vorgesehen, auf der sich Unternehmen sowie Straßenbauverwaltungen aus aller Welt präsentieren werden. Wir arbeiten zurzeit gemeinsam mit der Bauwirtschaft daran, dass Deutschland sich mit einem Gemeinschaftsstand auf der Ausstellung präsentieren kann. Bisher sind daran das BMVBS, die Bundesanstalt für Straßenwesen, die DEGES, der Hauptverband der Deutschen Bauindustrie und die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen beteiligt. Neben den aufgeführten Institutionen begrüßen wir es, wenn sich möglichst viele weitere Firmen, Verbände und andere Einrichtungen beteiligen würden. Unter dem Motto Leistung – Zuverlässigkeit – Qualität – Innovation wollen wir die Leistungen in und aus Deutschland auf praktischem und wissenschaftlichem Gebiet des Straßen- und Verkehrswesens vorstellen.

Das Deutsche Nationale Komitee des Welt-Straßenverbandes mit Sitz in der Forschungsgesellschaft hat die Federführung für die Organisation des deutschen Standes übernommen. Dafür danke ich ganz besonders herzlich!

Ihnen allen danke ich für Ihre Aufmerksamkeit und wünsche Ihnen interessante und erfolgreiche Kongresstage und Erkenntnisse, die uns in unserer gemeinsamen Arbeit für die Verkehrsinfrastruktur unseres Landes voranbringen!