FGSV-Nr. FGSV 001/22
Ort Düsseldorf
Datum 08.10.2008
Titel Asphalt auf Beton – Die Komposition für die Zukunft?
Autoren ORR Dipl.-Ing. Stefan Höller
Kategorien Kongress
Einleitung

Betonfahrbahndecken können grundsätzlich in zwei Varianten ausgeführt werden: unbewehrt und bewehrt. In Deutschland ist die unbewehrte Plattenbauweise mit verdübelten Querscheinfugen im Abstand von 5 m bis heute die Standardbetonbauweise. Die Nutzungsdauer wird in den RStO mit 30 Jahren angegeben. In anderen Ländern, wie Belgien und USA, wird die Durchgehend Bewehrte Betonfahrbahndecke (DBBD) standardisiert ausgeführt. Bei dieser Bauweise werden keine Querfugen in der Betondecke hergestellt, sondern es stellt sich ein freies Rissbild mit schmalen Plattenstreifen ein. Um eine Querkraftübertragung zu sichern, wird die Rissöffnungsweite durch die Anordnung einer durchgehenden Längsbewehrung beschränkt. Bei dieser Bauweise ist eine Nutzungsdauer von mehr als 30 Jahren vorgesehen. Beide Bauweisen können dünnschichtig überbaut werden und es entsteht die Kompositbauweise. Dies kann im Neuzustand erfolgen oder als Erhaltungsmaßnahme. Als Beläge sind Splittmastixasphalt (SMA), Offenporiger Asphalt (OPA), Dünnschichtkaltbelag (DSK) u.a. möglich. Bei der Plattenbauweise sind dann im Fugenbereich zusätzliche Maßnahmen erforderlich. Im Falle DBBD entfällt dies. Zur Sammlung erster Erfahrungen in Deutschland wurden zwei Versuchsstrecken in DBBD angelegt und zwei Strecken mit SMA überbaut, davon eine in Plattenbauweise und eine in DBBD. Über die dabei gewonnenen Erfahrungen wird berichtet und ein Konzept für die weitere Erprobung der Kompositbauweise wird dargestellt.

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einführung in die Kompositbauweise

Beton ist durch seine hohe Steifigkeit in der Lage, die Beanspruchungen aus Verkehr und Witterungseinflüssen sehr langfristig ohne bleibende Verformungen abzutragen. Asphalt eignet sich besonders, um die Anforderungen an Lärm und Griffigkeit einer Deckschicht zu erfüllen und kann darüber hinaus schnell ersetzt werden. Kombiniert man die positiven Eigenschaften beider Baustoffe, so entsteht eine Kompositbauweise. Dabei sorgt der Beton als Konstruktionsschicht für eine dauerhaft gute Tragfähigkeit und der Asphalt wird als dünne geräuscharme und griffige Deckschicht eingesetzt. Die Konstruktionsschicht aus Beton bedarf sehr lange keiner Unterhaltungsmaßnahmen und die Deckschicht aus Asphalt kann mit geringem Aufwand und nur kurzen Verkehrseinschränkungen regelmäßig erneuert werden.

Bei den Betonbauweisen können sowohl unbewehrte Platten von 5 m Länge für die Kompositbauweise eingesetzt werden, als auch die Durchgehend Bewehrte Betonfahrbahndecke mit freiem Rissbild. Die unvermeidlichen, durch temperatur- und feuchtigkeitsabhängige Längenänderungen hervorgerufenen, Risse entstehen bei der Plattenbauweise in Querscheinfugen im Abstand von 5 m. Die Öffnungsweiten können im ungünstigsten Fall bis zu 4 mm betragen, wie im Bild 1 skizziert ist. Die freien Querrisse in der Durchgehend Bewehrten Betondecke treten bei guter Abstimmung aller Einflussgrößen im Abstand von 0,7 bis 2,5 m auf und die Öffnungsweiten werden durch die mittige Bewehrung auf maximal 0,5 mm begrenzt, wie im Bild 1 links dargestellt ist.

Bild 1: Durchgehend Bewehrte Betondecke mit freiem Rissbild und unbewehrte Betonplatten von 5 m Länge mit Querscheinfugen

Bewegungen von 0,5 mm können von einer Asphaltdeckschicht problemlos ausgeglichen werden. Die größeren horizontalen Fugenbewegungen von bis zu 4 mm bei der Plattenbauweise können nicht dauerhaft vom Asphalt überbrückt werden. Um das Durchschlagen der Fugen zu vermeiden, sind hier zusätzliche Maßnahmen erforderlich.

Als Deckschicht können verschiedene Asphaltmischgutarten eingesetzt werden. Besonders geeignet ist z. B. Splittmastixasphalt (SMA). Diese Deckschicht ist lärmarm und griffig und darüber hinaus ist das Korngerüst besonders verformungsstabil gegen Spurrinnen.

Bisher wurden in Deutschland 4 Entwicklungsschritte hin zu einer langlebigen Kompositbauweise vollzogen:

  1. In einem ersten Schritt wurde 1992/93 auf einer Autobahn eine neue Betondecke mit SMA überbaut. Die Ausführung erfolgte auf der Standardbauweise mit unbewehrten Betonplatten. Zur Überbrückung der möglichen Fugenbewegungen von bis zu 4 mm wurden zwei Varianten Die erste Variante besteht aus einer Gleitschicht zwischen Asphaltdecke und Beton, die die horizontalen Bewegungen in den Fugen ausgleicht. In der zweiten Variante sind Asphalt und Beton durch einen Haftkleber zu verbinden und das Fugenraster der Betondecke ist auf die Asphaltdeckschicht zu übertragen und bituminös zu verschließen. Die Bewegungen finden hier überwiegend in den Fugen statt.
  2. Als zweiter Schritt wurden 1997 auf einer Bundesstraße erste Erfahrungen mit der Durchgehend Bewehrten Betondecke gesammelt. Hier erfolgte bewusst noch keine unmittelbare Überbauung, da die zeitliche Entwicklung des freien Rissbildes beobachtet werden Weiterhin erhoffte man sich von einer fugenlosen Betondecke mit einer Waschbetonoberfläche lärmtechnische Verbesserungen.
  3. Im dritten Schritt wurde erstmals gezeigt, dass die Ausführung der Durchgehend Bewehrten Betondecke auf einer hochbelasteten Autobahn in Deutschland möglich Dies erfolgte im Jahr 2004. Weiterhin wurde durch Variantenvergleich untersucht, welche Tragschicht sich am besten für diese Bauweise eignet. Dazu wurden 5 Versuchsabschnitte ausgeführt.
  4. Der bisher letzte Entwicklungsschritt wurde 2007 unternommen. Die bewehrte Betondecke aus dem Jahr 1997 wurde mit einer Deckschicht aus lärmminderndem SMA überbaut.

2 Praktische Erfahrungen aus drei Versuchsstrecken

2.1 Betondecke mit SMA-Überbauung auf der Autobahn BAB A 11 bei Berlin

In den Jahren 1992/93 wurde auf der Autobahn BAB A 11 bei Berlin eine Betonfahrbahndecke als unbewehrte Platten hergestellt und die Oberfläche mit einem Jutetuch strukturiert. Kurz nach der Herstellung erfolgte die Überbauung mit einer dünnen Deckschicht aus SMA. Der Konstruktionsaufbau bestand, wie im Bild 2 dargestellt, aus einer Frostschutzschicht, einer HGT, einer einschichtigen Betondecke mit Druckfestigkeiten von 35 N/mm² und der SMA-Deckschicht mit den Gesteinskörnungen 0/11S und einem Bindemittel PmB. Als Haftkleber wurde eine polymermodifizierte Bitumenemulsion (U70K) in einer Stärke von 35 kg/m² eingesetzt. Um den Haftkleber nicht zu zerstören, wurde dieser mit einem feinen Splitt abgestreut.

Bild 2: Konstruktionsaufbau der BAB A 11 bei Berlin

Frostschutzschicht und HGT wurden im Herbst 1992 hergestellt und die Betondecke im Dezember 1992. Bei der Herstellung der Betondecke (Bild 3) kam es zu Niederschlägen. Die Jutetuchlängsstrichstruktur wurde dabei gestört und stellenweise traten nach kurzer Zeit Abplatzungen an der Oberfläche auf. Alle losen Bestandteile und Oberflächenmörtel mit geringer Festigkeit wurden durch wiederholtes mechanisches Kehren entfernt. Wegen schlechter Witterung folgte dann eine Pause und die Überbauung mit SMA konnte nach einer längeren Trockenperiode im April 1993 erfolgen (Bild 4). Unmittelbar nach der Herstellung wurden, wie beschrieben, Fugen in die SMA-Deckschicht geschnitten und bituminös vergossen (Bild 5). Mit der Eignungsprüfung für die SMA-Deckschicht legte man einen Bindemittelgehalt von 6,8 M.-% PmB65 und einen Hohlraumgehalt von 3,7 Vol.-% fest.

Die durchgeführten Kontrollprüfungen ergaben einen Bindemittelgehalt von 6,4 M.-% und einen Hohlraumgehalt von 5,96 Vol.-%.

Es wurden Haftzugprüfungen zwischen Beton und SMA an Rechteckproben, wie im Bild 6 dargestellt, durchgeführt. Die gemessenen Einzelwerte lagen zwischen 0,59 und 0,87 N/mm² und erreichten damit den Anforderungswert nach den ZTV BEL-B von 0,5 N/mm². Als zusätzliche Kontrollprüfungen wurden Scherfestigkeiten an Bohrkernen von 150 mm in der gleichen Grenzfläche gemessen. Dabei wurden Werte von 0,34 bis 0,85 N/mm² ermittelt und die dazugehörigen Scherwege lagen bei 1,4 bis 2,9 mm. In einem kleinen Bereich wurde der aufgetragene Haftkleber nicht abgestreut und daher bei der Mischgutanlieferung von Lkw-Reifen gestört. Proben in diesem Bereich zeigten eine nicht vollflächige Verklebung und entsprechend geringere Haftzugwerte. Im Bezug auf Lärm und Griffigkeit erfüllt die Strecke die Anforderungswerte.

Bei der Übertragung des Fugenrasters von der Betondecke auf die Deckschicht aus SMA wurde in einem Bereich ungenau gearbeitet und es entstanden Versätze von bis zu 10 cm. Auch in diesen Bereichen ist der Belag bisher ohne Schäden. Dies ist möglicherweise darauf zurückzuführen, dass in der Betondecke durch die kalte Jahreszeit ein nur geringes Schwinden stattgefunden hat und daran, dass die Fugenbewegungen sehr gleichmäßig mit Maximalbewegungen von nur 2 mm waren.

An einer Stelle sind im Laufe der Nutzung Spurrinnen aufgetreten. Diese sind darauf zurückzuführen, dass dort abweichend von den geforderten 4 cm Schichtdicke um 2 cm dicker eingebaut wurde.

Auf ähnlichen Strecken, die in der Nachfolge gebaut wurden, konnte eine Blasenbildung nach dem SMA-Einbau festgestellt werden. Diese sind auf die Bildung von Wasserdampf, der aufgrund des geringen Hohlraumgehaltes des SMA nicht entweichen kann, zurückzuführen. Auf der BAB A 11 trat dies nicht auf, weil hier der Hohlraumgehalt entsprechend hoch war.

Nach bisher 15 Jahren Verkehrsbelastung (aktuell ca. 40 000 Kfz/24 h) und Witterungsbeanspruchung ist die 3,5 km lange Strecke in einem funktionsfähigen Zustand und es waren bisher keine Erhaltungsmaßnahmen erforderlich und dies trotz nicht ganz idealen Einbaubedingungen für die Betondecke.

Bild 3: Herstellung der Betondecke                             

Bild 4: Überbauung mit SMA

Bild 5: Vergossene Fugen in der SMA-Deckschicht     

Bild 6: Überprüfung des Haftverbundes

2.2 Durchgehend Bewehrte Betondecke auf der Bundesstraße B 56 bei Düren

Im Jahr 1997 wurde auf der Bundesstraße B 56 bei Düren eine Durchgehend Bewehrte Betonfahrbahndecke mit freiem Rissbild auf einer Länge von 800 m hergestellt. Der Konstruktionsaufbau bestand, wie im Bild 7 dargestellt, aus einer Frostschutzschicht, einer Asphalttragschicht und einer bewehrten Betondecke. Diese wurde zweischichtig (15 cm Unterbeton und 7 cm Oberbeton) eingebaut. Der Unterbeton hatte eine Druckfestigkeit von 45 N/mm² und der Oberbeton, abgestimmt auf eine Waschbetonstruktur 0/7 mm, eine Druckfestigkeit von 55 N/mm². Die Bewehrung wurde mittig verlegt (Bild 8). In Längsrichtung betrug der Bewehrungsanteil 0,61 %. Die Querbewehrung wurde im Winkel von 60° dazu angeordnet. An beiden Enden sorgten je vier bewehrte Endsporne für eine unverschiebliche Einspannung der Betondecke. Die Konzeption der Baumaßnahme basierte auf belgischen Standards und wurde von einer belgischen Firma ausgeführt. Aufgrund der engen Platzverhältnisse wurde die 7,5 m breite Fahrbahn streifenweise eingebaut und miteinander verankert.

Bild 7: Konstruktionsaufbau der Durchgehend Bewehrten Betondecke auf der B 56 bei Düren

Bild 8: Verlegte Bewehrung auf der B 56 bei Düren

Von besonderem Interesse bei dieser Baumaßnahme war das sich einstellende freie Rissbild. In regelmäßigen Abständen erfolgten Begehungen der Strecke, bei denen die Risse, getrennt nach Fahrstreifen, kartiert wurden. Bei der letzten Rissaufnahme am 11. 2. 2008 wurden auf beiden Fahrstreifen mittlere Rissabstände von etwa 90 cm festgestellt. Nach belgischen Erkenntnissen ist der Mittelwert in dieser Größenordnung ein erster Anhaltspunkt für ein günstiges Verhalten der Konstruktion. Bei besonders kleinen Rissabständen besteht die Gefahr von Plattenausbrüchen, so genannten Punch Outs, und die Tragfähigkeiten sind geringer. Bei besonders großen Plattenstreifen folgen entsprechend große Rissöffnungsweiten, was sich ebenfalls weniger günstig auswirkt.

Um die festgestellten Risse eingehender zu untersuchen, wurde die folgende Klassifizierung vorgenommen:

  • Rissabstände < 0,3 m:
    Dies sind die kritischen Rissabstände, da hier die Gefahr von Ausbrüchen besteht. Daher sind diese auch in rot dargestellt.
  • Rissabstände ³ 0,3 und < 0,7 m:
    Hier besteht keine direkte Gefahr von Ausbrüchen, allerdings könnte sich eine Gefahr ergeben, falls hier eine weitere Teilung durch einen hinzukommenden Riss stattfindet. Des Weiteren sind die Abstände kleiner als der angestrebte Rissabstand. Diese Klasse ist in gelb dargestellt.
  • Die dritte Klasse ist in hellblau dargestellt. Diese Klasse zählt zu den von uns angestrebten Rissabständen. Diese sind ³ 0,7 und < 1,4 m.
  • Die vierte Klasse, die in mittelblau dargestellt ist, umfasst alle Rissabstände ³ 1,4 und < 2,5 m. Diese Klasse zählt ebenfalls noch zu den angestrebten Rissabständen.
  • In dunkelblau dargestellt sind die Rissabstände ³ 2,50 m. Diese sind weniger kritisch, allerdings größer als der angestrebte Rissabstand.

Die Ergebnisse der Klassifizierung für die Fahrtrichtung Düren sind im Bild 9 und für die Fahrtrichtung Soller im Bild 10 dargestellt. Alle Werte wurden auf die Einheit „pro 100 m“ umgerechnet. Dies erleichtert später den Vergleich mit anderen Strecken in dieser Bauweise. In Fahrtrichtung Düren wurden 102 Risse pro 100 m gezählt. Davon liegen 18,9 in kritischen Abständen von bis zu 0,3 m (rote Säule). 40,5 Rissabstände liegen im Übergangsbereich von 0,3 bis 0,7 m (gelbe Säule). Günstige Rissabstände von 0,7 bis 1,4 m und 1,4 bis 2,5 m (hellblaue und mittelblaue Säule) gibt es nur 14,6 bzw. 16,8. Bei den größeren Rissabständen wurden 10,8 (dunkelblaue Säule) gemessen.

Bild 9: Klassifizierung der Rissabstände auf der B 56, Fahrtrichtung Düren (aufgenommen am 11.02.2008)

Bild 10: Klassifizierung der Rissabstände auf der B 56, Fahrtrichtung Soller (aufgenommen am 11.02.2008)

In Fahrtrichtung Soller wurden zum gleichen Datum 86,6 Risse pro 100 m festgestellt. Davon sind 9,3 Abstände im kleinen Bereich bis 0,3 m (rote Säule) und 25,5 von 0,3 bis 0,7 m (gelbe Säule). Bei den günstigen Rissabständen von 0,7 bis 1,4 m und 1,4 bis 2,5 m gibt es 20,8 bzw. 25,9 (hellblaue und mittelblaue Säule). Bei den größeren Rissabständen gibt es einen kleinen Wert von 5,1. Prozentual betrachtet stellt sich die Situation auf beiden Fahrtrichtungen etwa gleich dar. Die günstigen Rissabstände von 0,7 bis 1,4 m (hellblaue Säule) sind mit 14,4 % bzw. 24,4 % wenig vorhanden.

Im kritischen und Übergangsbereich bis 0,7 m (rote und gelbe Säule) sind mit 40 % und 58 % relativ viele vorhanden. Nach 15 Jahren Verkehrsbelastung (ca. 9 000 Kfz/24h) und Witterungsbeanspruchung ist die Strecke in einem funktionstüchtigen Zustand. Auf der Grundlage von ausländischen Erfahrungen besteht trotzdem die Gefahr von Betonausbrüchen, dies vor allem im Bereich der hier dargestellten kleinen Rissabstände. In der bisher 15-jährigen Nutzung ist jedoch noch kein Schaden aufgetreten.

2.3 Durchgehend Bewehrte Betonfahrbahndecke auf der Autobahn A 5 bei Darmstadt

Im Jahr 2004 wurde auf der Autobahn A 5 bei Darmstadt eine Versuchsstrecke mit Durchgehend Bewehrter Betonfahrbahndecke eingerichtet. Die Versuchsstrecke hatte zum Ziel erste Erfahrungen mit der fugenlosen Bauweise auf einer hochbelasteten Autobahn (Bauklasse SV und über 90 000 Kfz/24h) zu sammeln und weiterhin durch Variantenvergleiche herauszufinden, welche Tragschicht sich am besten eignet. Dadurch sollte für die spätere Anwendung die bestmögliche Konstruktionsschicht und Unterlage für einen Belag aus SMA geschaffen werden.

Die Versuchsstrecke wurde in einer Länge von 1 520 m ausgeführt und besteht aus 5 Versuchsabschnitten von jeweils ca. 300 m (Bild 11). Unter der Durchgehend Bewehrten Betondecke wurde in den Abschnitten 1 und 2 eine Asphalttragschicht (ATS) ausgeführt. Im Abschnitt 2 wurde zusätzlich ein Vliesstoff auf der ATS verlegt.

Bild 11: Längsschnitt der Versuchsstrecke auf der BAB A 5 bei Darmstadt

In den Abschnitten 3 und 4 kam eine Hydraulisch Gebundene Tragschicht (HGT) zur Ausführung. Im Abschnitt 3 wurde wieder ein Vliesstoff verlegt und im Abschnitt 4 wurde im Verbund gebaut. Im letzten Abschnitt erfolgte die Ausführung einer Verfestigung mit einem Vliesstoff darüber. ATS und HGT wurden in einer Dicke von 15 cm ausgeführt und die Verfestigung in einer Dicke von 25 cm. Unter den Abschnitten 1 bis 4 wurde zusätzlich eine Bodenverfestigung von 15 cm angeordnet. Am Anfang und Ende der Strecke wurde die Betondecke durch je vier Endsporne eingespannt.

Das Konzept für die Versuchsstrecke sah eine 24 cm dicke Betondecke der Festigkeitsklasse C30/37 vor. Die Ausführung erfolgte als zweischichtige Betondecke mit einem dünnen Oberbeton für die Waschbetontextur. Die Ist-Dicken lagen bei ca. 26 cm.

Als Querbewehrung waren gerippte Stabstähle, Durchmesser 16 mm, im Abstand von 60 cm und in einer Höhe von 11 cm vorgesehen. Die Verlegung erfolgte im Winkel von 60° zur Fahrbahnachse. Folgende Anforderungswerte an die Längsbewehrung wurden festgelegt:

  • Gerippte Stabstäbe, Durchmesser 20 mm
  • im Abstand von 17,5 cm verlegt
  • Höhe der Bewehrung 12 cm
  • Überlappungen als 50 %-Stöße.

Bild 12: Vorgefertigte Längs- und Querbewehrung, BAB A 5 bei Darmstadt

Zur Ausführung kam eine vorgefertigte Bewehrung aus Baustahl BSt 500 S (Bild 12).

Die Einrichtung der Versuchsstrecke erfolgte im Jahr 2004 von August bis November. Die Betondecke wurde vom 5. bis 7. Oktober eingebaut. Einen Monat später, am 5. November, wurde die Strecke für den Verkehr freigegeben.

Die Strecke wurde regelmäßig begutachtet und es fanden Risskartierungen statt. Bei der letzten Aufnahme am 11. 2. 2008 wurden ca. 1 000 Risse festgestellt. Dies entspricht einem mittleren Rissabstand von 1,50 m. Nach den Erfahrungen in Belgien erreichen bewehrte Betondecken, auf denen sich Rissabstände in dieser Größenordnung einstellen, dauerhaft gute Tragfähigkeiten.

Analog zur Versuchsstrecke auf der Bundesstraße B 56 bei Düren wurden die aufgenommenen Rissabstände in Klassen aufgeteilt. Die Ergebnisse der letzten Rissaufnahme vom 11. 2. 2008 mit der Aufteilung in fünf Rissabstandsklassen sind im Bild 13, getrennt nach Versuchsabschnitten, als Säulendiagramme dargestellt, von oben:

  • Abschnitt 1, Betondecke auf Asphalttragschicht
  • Abschnitt 2, Betondecke auf Asphalttragschicht mit Vliesstoff
  • Abschnitt 3, Betondecke auf HGT mit Vliesstoff
  • Abschnitt 4, Betondecke auf HGT
  • Abschnitt 5, Betondecke auf Verfestigung mit Vliesstoff.

Es wurden 62 bis 85 Risse pro 100 m in den einzelnen Abschnitten gezählt. Bei Betrachtung der 5 Versuchsabschnitte fällt auf, dass es zwei grundsätzlich verschiedene Rissbilder gibt: Bei den Tragschichten mit hydraulischen Bindemitteln gibt es die meisten Rissabstände im Bereich von 1,4 bis 2,5 m. Hier wurden 34, 31 und 26 Abstände aufgenommen. Danach folgen die günstigen Rissabstände von 0,7 bis 1,4 m. Hier wurden 22, 20 und 11 Abstände gezählt. Bei den kleinen kritischen Rissabständen (rote Säule) und bei den sehr großen Rissabständen (dunkelblaue Säule) gibt es sehr wenige Werte. Im Übergangsbereich von 0,3 bis 0,7 m Rissabstand gibt es wieder jeweils etwas mehr Werte. Bei der Betondecke auf HGT (Versuchsabschnitt 3) und auf HGT mit Vliesstoff (Versuchsabschnitt 4) ist das beschriebene Verhalten sehr deutlich zu sehen. Im letzten Abschnitt mit einer Verfestigung ist dies weniger deutlich zu erkennen.

Bild 13: Klassifizierung der Rissabstände nach drei Jahren, BAB A 5 bei Darmstadt

Die ersten beiden Versuchsabschnitte mit einer Asphalttragschicht unter der Betondecke verhalten sich anders. Hier wurden in den Rissabstandsklassen von 0,7 bis 1,4 m (hellblaue Säulen) und 1,4 bis 2,5 m (mittelblaue Säulen) weniger Rissabstände pro 100 m festgestellt. Entsprechend mehr Risse gibt es in den kritischen Abständen bis 0,3 m (rote Säulen), im Übergangsbereich von 0,3 bis 0,7 m (gelbe Säulen) und bei den großen Abständen über 2,5 m (dunkelblaue Säule).

Das schlechteste Verhalten zeigt die Betondecke direkt auf einer Asphalttragschicht, da hier die meisten Rissabstände im kleinen kritischen Bereich liegen und dadurch die Gefahr von Ausbrüchen am höchsten ist. Im zweiten Abschnitt mit der Betondecke auf einer Asphalttragschicht und einem Vliesstoff dazwischen ist dies etwas günstiger, hier gibt es sieben Rissabstände im kritischen Bereich.

Bei den bisherigen Betrachtungen wurden die aufgenommenen Risse als idealisierte Querrisse gesehen. Im Bild 14 sind einige reale Risse der Versuchsstrecke dargestellt. Links im Bild ist ein reiner Querriss zu sehen. Diese Art von Riss ist besonders günstig, da die Gefahr von Betonausbrüchen gering ist. Der überwiegende Teil der Risse auf der Versuchsstrecke hat diesen Verlauf.

In der Mitte wird ein Querriss mit Verästelung gezeigt. Dieser ist als weniger günstig zu beurteilen, da der Verästelungsbereich eine Schwachstelle ist und die Möglichkeit von Betonausbrüchen besteht. Auf der Versuchsstrecke gibt es einige dieser Risse. Die Ursachen für diese Art von Rissen konnten bisher nicht abschließend geklärt werden. Auffällig ist jedoch, dass der abzweigende Teil des Risses im gleichen Winkel wie die Querbewehrung und die Bewehrungsstöße verläuft. Hier sind noch weiterführende Untersuchungen erforderlich.

Das rechte Bild zeigt Netzrisse. Diese sind als kritisch anzusehen, da die Gefahr von Ausbrüchen sehr hoch ist. Auf der Versuchsstrecke gibt es einen Bereich mit diesem Rissbild. Hier ist die Ursache eindeutig, eine Unterbrechung in der Betonanlieferung.

Bild 14: Arten von Rissen, BAB A 5 bei Darmstadt

Einen Monat nach Einrichtung der Versuchsstrecke wurden Tragfähigkeitsmessungen mit dem Falling Weight Deflectometer (FWD) durchgeführt. Die Ergebnisse sind im Bild 15 in fünf Diagrammen dargestellt. Auf der Y-Achse sind jeweils die Deflexionen eingetragen. Der Null-Wert liegt oben, die Deflexionen verlaufen nach unten.

Von unten nach oben sind die Abschnitte mit den Tragschichtvarianten ATS, ATS mit Vliesstoff, HGT mit Vliesstoff, HGT im Verbund und Verfestigung mit Vliesstoff dargestellt.

Es wurde in 5 Spuren gemessen. Dargestellt sind jeweils die Mittelwerte der Abschnitte einer Messspur. Von rechts nach links sind die Werte für die rechte Rollspur, die Mitte und die linke Rollspur des Hauptfahrstreifens und links daneben die Werte für die rechte und linke Rollspur des ersten Überholfahrstreifens dargestellt. Alle Deflexionen sind gering und stehen damit für gute Tragfähigkeit.

Zusammenfassend kann folgendes über die Versuchsstrecke BAB A 5 bei Darmstadt festgehalten werden.

Bild 15: Tragfähigkeit nach 1 Monat, BAB A 5 bei Darmstadt

Die Betondecke selbst und die gewählte Bewehrung haben ein grundsätzlich positives Verhalten gezeigt. Bei den Tragschichten haben sich 2 Varianten als besonders günstig herausgestellt:

  • die HGT im Verbund und
  • die HGT mit Vliesstoff.

Auf beiden Tragschichten hat sich ein günstiges Rissbild eingestellt. Auf beiden sind die meisten Rissabstände im optimalen Bereich. Weiterhin sind mit 3 bzw. 8 % die wenigsten Rissabstände im kritischen Bereich. Im Vergleich dazu stellte sich bei der Verfestigung ein schlechteres Rissbild mit weniger Rissabständen im optimalen Bereich und mehr im kritischen Bereich ein. Die beiden Abschnitte mit ATS zeigen ein wesentlich ungünstigeres Rissbild. Hier sind viele Rissabstände im kritischen Bereich und verhältnismäßig wenige im optimalen Bereich. Es zeigt sich weiterhin, dass im Bereich der ATS der Unterschied mit und ohne Vliesstoff erkennbar ist. Bei den Abschnitten mit HGT wird der Unterschied zwischen Verbundbauweise und mit Vliesstoffzwischenschicht nicht deutlich.

Es wurden nur die Ergebnisse der letzten Rissaufnahme dargestellt. Es wird aber darauf hingewiesen, dass die dargestellten Verhältnisse grundsätzlich bereits seit 2 Jahren vorhanden waren.

Die festgestellten Tragfähigkeiten sind in allen Versuchsabschnitten als gut zu bewerten.

2.4 Überbauung der Versuchsstrecke B 56 bei Düren mit SMA LA

Im Jahr 2007 wurde die 1997 hergestellte Versuchsstrecke mit einer Durchgehend Bewehrten Betondecke auf der B 56 bei Düren in einem 300m langen Bereich mit einer Deckschicht aus SMA überbaut. Der Konstruktionsaufbau ist im Bild 16 dargestellt. Für den SMA LA wurden folgende Anforderungen an das Mischgut festgelegt:

  • Körnung in mm
    Kornanteil < 0,09 mm      6 – 9 M.-%
    Kornanteil > 2 mm         80 – 85 M.-%
    Kornanteil > 5 mm         70 – 80 M.-%
    Kornanteil > 8 mm              ≤ 10 M.-%
  • Bindemittel
    Bindemittelsorte/-art      PmB 40/100-65 H
    Bindemittelgehalt           ≥ 6,5 M.-%
  • Stabilisierende Zusätze
    Gehalt im Mischgut        ≥ 0,3 M.-%
  • Mischgut
    Hohlraumgehalt                9-11 Vol.-%

An die fertige Deckschicht wurden folgende Anforderungen gestellt:

  • Verdichtungsgrad ≥ 97 %
  • Hohlraumgehalt 10 – 15 Vol.-%.

Bild 16: Konstruktionsaufbau der Versuchsstrecke B 56 bei Düren nach der Überbauung mit SMA

Der Einbau erfolgte streifenweise mit einem Asphaltfertiger im August 2007 unter sehr guten Witterungsbedingungen, wie das Bild 17 zeigt. Durch den höheren Hohlraumgehalt sind Gasentspannungen, wie bereits beschrieben, problemlos möglich und die Lärmeigenschaften werden deutlich verbessert. Daher wird der Begriff SMA LA (lärmarm) verwendet.

Einige Monate nach der Herstellung wurden Lärmmessungen nach dem Verfahren „Statistischer Vorbeifahrtpegel“ (SPB) durchgeführt. Im Bild 18 sind die Ergebnisse als grüne Säulen dargestellt: Ganz rechts ist das Ergebnis des SMA LA, links daneben sind zwei Gussasphaltbeläge mit Mischgut 0/5 bzw. 0/8 mm und Abstreuungen 2/3 mm dargestellt. Ganz links ist das Ergebnis für eine Standard SMA-Deckschicht dargestellt. Das Diagramm zeigt, dass die Deckschicht aus SMA LA um ca. 2 Dezibel leiser ist als der Standard SMA.

Nach der Herstellung und im ersten Jahr der Nutzung ist die Deckschicht in einem einwandfreien Zustand. Die gemessenen Griffigkeitswerte entsprechen den Anforderungen. Die Strecke ist weiter unter Beobachtung. Besonders zu erwähnen ist, dass für den Einbau des SMA LA der Verkehr nur minimal eingeschränkt werden musste, nämlich durch halbseitige Tagesbaustellen.

Bild 17: Einbau des SMA LA auf der B 56

Bild 18: Ergebnisse der Lärmmessungen (SPB) auf der B 56 bei Düren

3 Erkenntnisse aus den bisherigen Versuchsstrecken

Auf der Versuchsstrecke auf der Autobahn BAB A 11 bei Berlin wurden folgende Erkenntnisse gewonnen: SMA eignet sich wegen seiner hohen Standfestigkeit besonders als Deckschicht bei der Kompositbauweise. Nutzungszeiten von mehr als 15 Jahren sind erreichbar. Bei dem Mischgut ist zur Verhinderung von Blasenbildung auf einen Hohlraumgehalt von ca. 5 % zu achten. Oberflächenschäden an der Betondecke sind unproblematisch. In diesem Fall sind aber alle Abplatzungen und Teile geringer Festigkeit sorgfältig vor dem SMA-Einbau abzukehren. Zur Verhinderung von Verformungen in der Deckschicht sind die Einbaudicken einzuhalten. Die Verwendung eines Haftklebers zwischen Betondecke und SMA-Deckschicht hat sich als positiv herausgestellt.

Auf der Versuchsstrecke B 56 wurden mit der Durchgehend Bewehrten Betondecke Folgende Erfahrungen gemacht: Die erste Ausführung dieser Bauweise war erfolgreich. Das gewählte System aus Beton, Bewehrung und Endspornen hat sich als funktionstüchtig herausgestellt. Ein streifenweiser Einbau der bewehrten Decke mit verankerter Längsfuge ist grundsätzlich möglich und erleichtert bei beengten Verhältnissen den Bauablauf wesentlich. Die Asphalttragschicht ist möglicherweise nicht optimal für eine Durchgehend Bewehrte Betondecke.

Auf der Versuchsstrecke auf der Autobahn BAB A 5 bei Darmstadt hat man Folgendes gelernt: Die Ausführung einer Durchgehend Bewehrten Betonfahrbahndecke auf einer hochbelasteten Autobahn war erfolgreich. Die Betonfahrbahndecke mit einer Festigkeitsklasse C30/37, einem Bewehrungsgrad von 0,75 %, der mittigen Bewehrungslage und den bewehrten Endspornen wurde optimal realisiert. Zukünftig sollten Bewehrungskonzentrationen durch große Überlappungsstöße und Gitterträger vermieden werden. Von den 5 Versuchsabschnitten haben die Abschnitte mit HGT mit und ohne Vliesstoff zu den besten Ergebnissen, das heißt dem einheitlichsten Rissbild, geführt. Zukünftig ist auf eine kontinuierliche Anlieferung des Frischbetons und einen kontinuierlichen Betoneinbau zu achten. Die Ebenheit, die profilgerechte Lage und die Einbaudicken und Festigkeiten können noch genauer ausgeführt werden. Durch die Herstellung einer einschichtigen einlagigen Betondecke können der Bauablauf vereinfacht werden und Kosten bedeutend eingespart werden.

Aus der SMA-Überbauung der Durchgehend Bewehrten Betonfahrbahndecke auf der Bundestraße B 56 wurden folgende Erkenntnisse gewonnen: Die lärmtechnischen Eigenschaften einer Standard SMA-Deckschicht können noch deutlich verbessert werden. Der Einbau einer SMA-Deckschicht, bzw. deren Erneuerung ist streifenweise und unter geringen Verkehrseinschränkungen ausführbar.

4 Konzept für die Zukunft

Aus den gewonnenen Erkenntnissen der Versuchsstrecken wurde ein Konzept für die weitere Erprobung erstellt (Bild 19). Die Durchgehend Bewehrte Betonfahrbahndecke selbst soll einschichtig ausgeführt werden. Damit vereinfacht sich die Betonage der Decke und die Baukosten reduzieren sich. Als Tragschichten sind 3 Varianten auszuführen:

  1. HGT im Verbund zur Betondecke
  2. HGT mit Vliesstoffzwischenschicht
  3. HGT mit einer Asphaltzwischenschicht.

Die Asphaltzwischenschicht dient vor allem zum Ausgleich. Daher werden an diese höchste Anforderungen an die Ebenheit und an die profilgerechte Lage gestellt. Damit kann im Weiteren eine exakte Einhaltung der Schichtdicke der Betondecke und der Lage der Bewehrung gewährleistet werden.

Bild 19: Konzept für eine weitere Erprobung

Die Oberflächenanforderungen sollen von einem dünnen griffigen und lärmmindernden Belag erfüllt werden. Hier kann z. B. ein lärmoptimierter Splittmastixasphalt (SMA LA), oder DSK eingesetzt werden. Dieser kann je nach Bedarf mit minimalen Verkehrseinschränkungen und geringen Kosten erneuert werden.