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1 Die EU Umgebungslärmrichtlinie und ihre Folgen
Lärm stellt für die Menschen eine der am stärksten empfundenen Beeinträchtigungen ihrer Lebensqualität dar [1]. Dies ergeben seit Jahren immer wieder Umfragen in der Bevölkerung, nicht nur in Deutschland. Zudem scheint Lärm nach der Luftverschmutzung das zweitgrößte Gesundheitsrisiko darzustellen. Aus medizinischer Sicht soll Lärm für eine Vielzahl von Erkrankungen verantwortlich sein, die man bislang auf andere Ursachen zurückführte, bzw. soll ein dauerhaft hoher Lärmpegel signifikant das Risiko für psychische Erkrankungen bzw. Herz- und Kreislauferkrankungen erhöhen. Umwelt- und Gesundheitsexperten gehen davon aus, dass ca. 25 % der Krankheitslast der Bevölkerung in Europa auf Umwelteinflüsse zurückzuführen sind [2]. Daher erließ die Europäische Union (EU) im Jahr 2002 erstmals eine einheitliche Regelung zur Erfassung von Lärmimmissionen von Verkehrsmitteln und Industrieanlagen, die 2005 in deutsches Recht umgesetzt wurde. Die Kommunen sind durch diese Umgebungslärmrichtlinie gehalten, Maßnahmen zur Verminderung der Lärmbelastung zu ergreifen. Im Rahmen der Lärmaktionsplanung werden neben planerischen auch technische Maßnahmen zur Lärmminderung geprüft und umgesetzt.
Die ersten Ergebnisse der Lärmkartierung haben beispielsweise gezeigt, dass die größten Lärmbelastungen und Probleme in den Innenstädten vorhanden sind. So wohnen knapp 80 % der betroffenen Bevölkerung an Straßen in der Baulast der Kommunen. Den Kommunen steht jedoch meist nur eine begrenzte Anzahl an technischen Maßnahmen zur Lärmminderung zur Verfügung, deren Umsetzung zudem mit erheblichen Kosten verbunden ist.
1.1 Wie entsteht Verkehrslärm?
Um Verkehrslärm erfolgreich bekämpfen zu können, muss zunächst die Frage beantwortet werden, wie und vor allem wo Lärm im Straßenverkehr entsteht. Der Lärmpegel setzt sich in der Hauptsache aus durch den Straßenverkehr erzeugte Motoren- und Reifengeräusche zusammen [3]. Je nach Geschwindigkeit und Fahrzeugklasse (Pkw oder Lkw) überwiegt eine der beiden Komponenten. Bei Pkw mit konstanter Geschwindigkeit dominiert ab ca. 30 km/h – abhängig von der Gangwahl und dem Fahrbahnbelag – das Reifen-Fahrbahn-Geräusch, bei Lkw ab ca. 60 km/h. Für Pflaster verschiebt sich dieses Verhältnis zu noch geringeren Geschwindigkeiten.
Reifen verursachen aus zwei Gründen Geräusche:
1. Eigenschwingung,
2. Luftgeräusche.
Luftgeräusche entstehen, wenn beim Abrollen des Reifens die Luft, die zwischen den Vertiefungen des Gummireifens und der Straßenoberfläche eingeschlossen ist, zusammengepresst wird und dann beim weiteren Abrollen mit einem hörbaren Zischen entweicht (air-pumping). Moderne Fahrbahnbeläge müssen folglich in ihrer Oberflächentextur so entworfen werden, dass beide oben genannten Ursachen möglichst ausgeschlossen werden. Näheres ist [3] zu entnehmen.
1.2 Maßnahmen zur Lärmminderung
Die Maßnahmen zur Lärmminderung können in die Kategorien „Planung“ und „Technik“ eingeordnet werden.
Zu den planerischen Maßnahmen zählen z. B.:
– Geschwindigkeitsreduzierungen.
– Vergrößerung des Abstandes zwischen den Fahrspuren für den Kfz-Verkehr und der Bebauung z. B. durch Markierung von Parkbuchten, Anlagen für den Radverkehr.
– Verstetigung des Verkehrsflusses z. B. Planung von „Grüne Wellen“. Auf diese Weise können unnötige Beschleunigung-, Brems- und Anfahrvorgänge vermieden werden, die besonders lärmintensiv sind.
– die Verlagerung des Verkehrs auf alternative Straßen durch weniger lärmsensible Bereiche, soweit möglich, um so die Belastung in dicht besiedelten Gebieten zu senken. Dies kann zum Beispiel erreicht werden durch:
• veränderte Wegweisung für Durchgangsverkehr,
• Bündelung des Straßenverkehrs auf weniger lärmempfindlichen Strecken,
• Einsatz von Leitsystemen,
– Aufstellung von Lkw-Vorbehaltsnetzen.
Zu den technische Maßnahmen gehören z. B.:
– Sanierung von schadhaften Fahrbahndecken und Pflasterstraßen. Selbst wenn derselbe Belagstyp wie zuvor gewählt wird, lassen sich Geräuschminderungen erreichen. Bei schadhaften Fahrbahnbelägen treten Spitzenpegel durch Schläge aus, die als äußerst störend empfunden werden. Straßen in schlechtem baulichem Zustand sollten deswegen vorrangig behandelt werden. Inwieweit eine Sanierung mit zusätzlich lärmmindernden Deckschichten sinnvoll ist, muss im Einzelfall geprüft werden.
– Bau von lärmmindernden Fahrbahndecken.
– Durch das Überfahren von Fugen, Kanaldeckeln oder Bahnschienen in der Fahrbahnoberfläche entstehen impulsartige Ratter- oder Schlaggeräusche, die die üblichen Fahrgeräusche in ihrer Lautstärke erheblich übertreffen können. Daher sollte im Zuge einer Erneuerung der unterirdischen Infrastruktur geprüft werden, ob z. B. die Lage der Schachtdeckel optimiert werden kann.
– Einsatz von lärmarmen Schachtabdeckungen.
– Aufbringen von lärmmindernder Fahrbahnmarkierung; keine Markierungen auf Agglomerat Basis; in Wohnstraßen verstärken diese Markierungen den Verkehrslärm.
Durch die Bündelung verschiedener Maßnahmen lassen sich meist deutliche Pegelreduzierungen erreichen.
Hinweise [4]
– Bei Steigungs- und Gefällestrecken kann die lärmmindernde Wirkung eines LOA innerorts eingeschränkt sein, da dort Motoren bzw. Bremsgeräusche dominieren können.
– Lärmmindernde Fahrbahndecken sind nicht geeignet in Bereichen mit hohen Schub- und Torsionsbeanspruchungen, zum Beispiel im Stauraum vor Lichtsignalanlagen, in Bereichen mit starkem Wendeverkehr, bei Straßenabschnitt mit engen Radien, in Bereichen mit starkem Abbieger-/Wendeverkehr durch Schwerverkehr sowie in Busbuchten.
– Lärmmindernde Fahrbahndecken sind nicht geeignet in Verkehrsflächen mit vielen Einbauten.
– Bereits bei der Planung eines neuen lärmmindernden Fahrbahnbelages sollte eine Koordinierung der Arbeiten der Ver- und Entsorgungsunternehmen erfolgen, um spätere Aufgrabungen zu minimieren. Aufgrabungen, insbesondere quer zur Fahrbahn, sollten vermieden werden, da an Nahtstellen die Geräuschminderung der intakten Deckschicht aufgehoben wird.
– Bei der Verlagerung des Lkw-Verkehrs auf alternative Routen ist vorher zu prüfen, ob die dort vorhandenen Straßenoberbauten die zusätzlichen Belastungen aufnehmen können. Die Vorbelastungen sollten ermittelt und in die Abschätzung der Restnutzungsdauer nach den Rechnungen gemäß RStO einfließen. Gegebenenfalls muss die gewählte Alternativroute vorher ertüchtigt werden. [5]
– Der lärmarme Fahrbahnbelag sollte immer über den gesamten Straßenquerschnitt eingebaut werden.
– Der neu zu bauende Streckenabschnitt sollte möglichst 500 m und mehr lang sein.
– Zur Sicherstellung der Ebenheit sollte die Binderschicht mit erneuert werden.
– Handeinbauflächen sind bereits bei der Planung lärmtechnisch optimierte Asphaltdeckschichten auf ein Minimum zu reduzieren.
– Pflasterdecken und Plattenbeläge sind selbst in lärmarmer Ausführung tendenziell lauter als Asphaltdeckschichten und sollten in lärmsensiblen Bereichen vermieden werden. Der Umbau von vorhandenen Pflasterdecken zu Asphaltdecken kann aus Sicht des Lärmschutzes besonders effizient sein.
2 Konzeption von lärmmindernden Asphaltdeckschichten
Berücksichtigt man die zukünftig zunehmende Verbreitung von Fahrzeugen mit alternativen Antrieben (Hybrid- und Elektrofahrzeuge), so werden die Reifen-Fahrbahn-Geräusche noch stärker in den Vordergrund rücken. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, über eine geeignete Wahl von Fahrbahnbelägen in Verbindung mit geräuschemissionsarmen Reifen auch innerorts eine Reduktion der Schallemissionen zu erreichen. Für eine optimale Lärmpegelminderung haben in der Vergangenheit zwei Faktoren eine wesentliche Rolle gespielt:
1. Die Ebenflächigkeit des Fahrbahnbelages, um die Eigenschwingung der Reifen zu minimieren, da Unebenheiten den Fahrzeugreifen beim Überrollen der Fahrbahn zum Schwingen anregen, was einen Anstieg des Lärmpegels zur Folge hat.
2. Ein ausreichend hoher Hohlraumgehalt, um die Luft beim Reifenabrollen ableiten zu können.
In der jüngeren Vergangenheit ist vermehrt zum Thema Oberflächentextur mit dem Ziel der Lärmminderung geforscht worden. Der aktuelle Stand ist [3] zu entnehmen.
Welche Asphaltdeckschichten gibt es bislang? Neben den „Standard“-Asphaltdeckschichten (Asphaltbeton, Splittmastix), die in der Regel bereits eine gute Lärmminderung sicherstellen, gibt es weitere, speziell auf die Lärmminderung konzipierte Asphaltdeckschichten. Hier handelt es sich um hoch spezialisierte Asphalte, die in Planung und Ausführung ein Höchstmaß an Erfahrung und Genauigkeit bedürfen. Nur so kann eine optimale Wirkung erzielt werden. In der nachfolgenden Zusammenstellung werden die Bauweisen kurz vorgestellt. Da dem Autor keine gesicherten Lärmreduktionswerte für alle Bauweisen vorliegen, soll auf deren Darstellung im Folgenden verzichtet werden. Bei den in Veröffentlichungen genannten Werten handelt es sich um Werte aus Probemessungen, die keine DStrO-Werte nach RLS-90 [6] darstellen. Lärmmindernde Straßenoberflächen sind nach RLS-90 solche mit einem negativen Korrekturwert DStrO. Als lärmarm werden Straßenoberflächen bezeichnet, die eine Lärmminderung von mindestens 2 dB(A) aufweisen. Im Rahmen der Planfeststellung werden nur die Fahrbahnbeläge als lärmmindernd anerkannt, denen ein rechtlich anerkannter Korrekturwert DStrO zugeordnet ist. Eine Übersicht der Lärmwirkung der einzelnen Bauweisen kann z. B. [1] oder [3] entnommen werden.
Der Vollständigkeit halber sei erwähnt, dass Straßendeckschichten in Pflaster- und Betonbauweise ebenfalls lärmoptimiert erstellt werden können. Hier verweist der Autor auf die einschlägige Fachliteratur. Ebenfalls werden die RLS-90 derzeit überarbeitet. Eine Veröffentlichung ist für 2015 angekündigt.
2.1 Offenporiger Asphalt (OPA)
Aufgrund der speziellen Zusammensetzung aus verhältnismäßig großen Körnern ist die ca. 4 cm dicke Deckschicht aus OPA sehr porös. Mehr als 20 % des Volumens besteht aus Hohlräumen. Die Luft im Reifenprofil wird daher nicht zusammengepresst, sondern in die Straßenoberfläche hineingedrückt, wo sie sich im Hohlraumgeflecht verteilt – ohne Zischen. Zusätzlich nimmt der Offenporige Asphalt Schallwellen auf, die der Motor erzeugt.
Offenporige Asphalte haben sich vor allem auf Autobahnen und anbaufreien Landstraßen etabliert. Denn erst durch das Befahren dieser Beläge mit einer bestimmten Geschwindigkeit tritt ein Selbstreinigungseffekt des Porengeflechtes ein, der ein frühzeitiges Verschließen der Poren verhindert.
Darüber hinaus wurde Ende der 1990er-Jahre ein zweischichtiger offenporiger Asphalt entwickelt, der sogenannte ZWOPA, der mittlerweile ebenfalls zu den Standardbauweisen gehört. Konstruktionsbedingt weist OPA eine kürzere Nutzungsdauer auf als die Standardasphaltdeckschichten.
Für den angebauten Bereich oder bei niedrigen Geschwindigkeiten ist OPA nicht zu empfehlen.
2.2 Splittmastixasphalt lärmarm (SMA LA)
Ein noch neuerer lärmarmer Asphaltbelag ist ein hohlraumreich zusammengesetzter Splittmastixasphalt lärmarm, mit der Bezeichnung SMA LA, der überwiegend im klassifizierten Straßennetz außerhalb der BAB zum Einsatz kommt. Um dessen Dauerhaftigkeit zu gewährleisten, kommen hoch modifizierte Bindemittel und ein höherer Bindemittelgehalt zum Einsatz. Die fertige Deckschicht wird nicht abgestumpft und weist dennoch gute Griffigkeitskennwerte auf. Der Einbau erfolgt auf einer abdichtenden Unterlage.
Erste Erprobungsstrecken mit dem Splittmastixasphalt LA wurden im Jahr 2005 gebaut. Inzwischen liegen ausreichende Erfahrungen zum Bau vor. Belastbare Aussagen zur Nutzungsdauer liegen noch nicht vor.
2.3 Lärmoptimierter Asphalt (LOA)
An der Ruhr-Universität Bochum wurde die Asphaltdeckschicht LOA 5 D (Lärmoptimierte Asphaltdeckschicht) entwickelt. Der erste Einbau erfolgte 2007 in Düsseldorf im Bereich der kommunalen Straßen.
Die konkav ausgebildete Oberflächenstruktur (Plateaus mit Schluchten) des LOA 5 D wirkt dabei zweifach: Die sehr eben ausgebildeten Plateaus sorgen für weniger Kontaktdrücke und für niedrigere, den Reifen radial anregende Schlagenergien. Dadurch werden die Reifen weniger zu Schwingungen angeregt. Zum anderen wirken die sogenannten Schluchten auf der Oberflächenstruktur. Sie ergeben über die gesamte Oberfläche ein Geflecht aus kommunizierenden „Kanälen“. Durch diese Kanäle wird der aus dem Reifen-Fahrbahn-Kontakt resultierende „Air-Pumping-Effekt“, deutlich reduziert. Da die Rezeptur der Asphaltmischgüter bislang mehrfach angepasst wurde, können keine belastbaren Aussagen zur Nutzungsdauer gemacht werden.
2.4 Dünne Schicht im Heißeinbau auf Versiegelung (DSH-V)
Verstärkter Fokus wurde in der letzten Zeit auf die Erhaltungsbauweise Dünne Schicht im Heißeinbau auf Versiegelung gerichtet. Der Einbau erfolgt mit einem Sprühbalkenfertiger, der eine Schicht aus Bitumenemulsion vorlegt, die sofort mit dem Heißmischgut überbaut wird. Die Lärmreduktion ist mit der der anderen Dünnschichtbeläge vergleichbar. Auch hier können noch keine Aussagen zur Dauerhaftigkeit getroffen werden.
2.5 Lärmarmer Gussasphalt
Die Optimierung der akustischen Eigenschaften dieser Deckschicht erfolgt durch den Einsatz eines Abstreumaterials mit kleinem Größtkorn und dem Verzicht auf das sonst übliche Einwalzen des Abstreumaterials. Hinzu kommt der Einsatz eines Mischguts mit kleinerem Größtkorn. Lärmarmer Gussasphalt wird mit einem DStrO-Wert von -2dB(A) angegeben.
2.6 Gussasphalt mit offenporiger Oberfläche (PMA)
Eine sehr neue Bauweise stellt der PMA – Gussasphalt mit offenporiger Oberfläche dar. Ausgehend vom traditionellen Gussasphalt wurde ein Konzept entwickelt, das ein Mischgut mit wesentlich höherem Anteil grober Gesteinskörnung vorsieht. Im Ergebnis entsteht eine Deckschicht, die im unteren Bereich dicht (Gussasphalt) und im oberen Bereich offenporig strukturiert ist. Die akustische Wirksamkeit ergibt sich aus der günstigen Oberflächentextur und dem hohen Hohlraumgehalt im oberen Bereich der Schicht. Die Lärmreduzierung soll zwischen der der Dünnschichtbeläge und des OPA liegen.
Die LOA und SMA LA Deckschichten sind seit August 2014 in den „Empfehlungen für die Planung und Ausführung von lärmtechnisch optimierten Asphaltdeckschichten aus AC D LOA und SMA LA“ (E LA D) geregelt.
Die Empfehlungen sind darauf abgestellt, dass die „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen aus Asphalt“ (ZTV Asphalt-StB) und/oder die „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für die bauliche Erhaltung von Verkehrsflächenbefestigungen – Asphaltbauweisen“ (ZTV BEAStB) sowie die „Technischen Lieferbedingungen für Asphaltmischgut für den Bau von Verkehrsflächenbefestigungen“ (TL Asphalt-StB) Bestandteil des Bauvertrages sind [4].
LOA und SMA LA Deckschichten bewirken nach derzeitigem Kenntnisstand eine deutliche Lärmminderung vorwiegend für Pkw-Reifen. Sie sind daher besonders bei der Verkehrszusammensetzung geeignet, bei der ein geringer Lkw-Anteil vorhanden ist. Mit dem Einsatz von Asphaltdeckschichten aus AC D LOA und SMA LA lassen sich Schalldruckpegelminderungen erreichen, die über die von Asphaltdeckschichten aus Asphaltbeton, Splittmastixasphalt und Gussasphalt nach ZTV Asphalt-StB hinausgehen.
Für Asphaltdeckschichten aus AC D LOA und SMA LA sind bisher explizit keine Korrekturwerte für die Straßenoberfläche DStrO festgelegt. Endgültige Aussagen zur Dauerhaftigkeit von Asphaltdeckschichten aus AC D LOA und SMA LA können derzeit noch nicht getroffen werden [4].
Abschließend möchte der Autor darauf aufmerksam machen, dass in einigen Kommunen alternativ zum LOA 5 D ein SMA 5 gemäß den TL Asphalt-StB gebaut worden ist, da der LOA D noch nicht im Regelwerk verankert war. Diese Splittmastixdeckschichten erzielten vergleichbar gute Lärmminderungen bei zugleich hoher Bauqualität und einfachem Einbau.
3 Messverfahren zur Bestimmung der lärmmindernden Wirkung
Zur Messung der Geräuschemission eines Fahrzeuges werden zwei Verfahren eingesetzt. Bei dem Verfahren der Statistischen Vorbeifahrt (Statistical Pass-By Method, SPB nach ISO 11819-1 [2]) wird die Geräuschemission aus den Geräuschpegeln einer größeren Zahl von zufällig vorbeifahrenden Fahrzeugen ermittelt. Sie stellt eine punktuelle Erfassung dar und ist Grundlage für die Ermittlung der Deckenkorrekturwerte DStrO nach den „Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen“ (RLS-90) und wird hauptsächlich bei höheren Geschwindigkeiten in anbaufreien Straßen eingesetzt. Als Weiterentwicklung für Messungen im innerörtlichen Bereich bietet sich die sogenannte „Backing Board“ Methode an. Das Mikrofon wird dabei auf einem aufrecht stehendem Brett befestigt und schirmt somit rückwärtige Reflexionen ab. Auf diese Weise können auch Messungen vor Hauswänden erfolgen.
Für bebaute Gebiete und niedrigere Geschwindigkeiten eignet sich das Verfahren mit dem Lärmmessanhänger (Close Proximity Method, CPX nach ISO/CD 11819-2 [3]). Dabei wird die Geräuschemission im Nahfeld ermittelt, die bis zu vier unterschiedliche Messreifen beim Abrollen auf der Straßenoberfläche erzeugen. Ein Bezug zu den RLS-90 ist unmittelbar nicht möglich; diese Methode eignet sich jedoch gut, um die Homogenität von Fahrbahnoberflächen zu bestimmen, oder vergleichende Betrachtungen vorzunehmen. Die Wiederholbarkeit der Messung des jeweiligen Mess-Anhängers ist akzeptabel, während die Vergleichbarkeit unterschiedlicher Anhänger größere Streubereiche liefert. Aus diesem Grund sollte dasselbe Gerät für die Vorher/Nachher-Messungen der zu untersuchenden Strecke eingesetzt werden, bis die derzeit laufende Standardisierung abgeschlossen ist. Bisher konnte nach Wissen des Autors keine Korrelation zwischen SPB- und CPX-Verfahren hergestellt werden.
4 Akustische Haltbarkeit von lärmmindernden Fahrbahnbelägen
Offenporige Asphalte weisen im Neuzustand eine Pegelminderung von bis zu 10 dB(A) auf. Nach acht Jahren beträgt die Lärmminderung nur noch 5 dB(A). Deshalb wird Offenporigen Asphalten PA 8 mit einer akustisch wirksamen Schichtdicke von mindestens 4 cm ein DStrO-Korrekturwert von -5 dB(A) für Außerortsstraßen bei Geschwindigkeiten von mehr als 60 km/h für mindestens acht Jahre zugewiesen. Für diesen Zeitraum von aktuell acht Jahren besteht für die Lärmbetroffenen ein Bonus der Lärmminderung.
Auch bei anderen lärmmindernden Asphaltdeckschichten (DSH-V, SMA, SMA LA, PMA, LOA 5 D) wurden teilweise nachlassende Pegelminderungen festgestellt (z. B. in Berlin, Verschlechterung um bis zu 5 dB(A) in 3 Jahren), die neben dem Alter, den auftretenden Oberflächenschäden auch von der Anzahl der Überrollungen (Belastung) abhängen.
Im Gegensatz dazu bleibt der lärmmindernde Effekt beim lärmarmen Gussasphalt über die Jahre gleich. Bei einigen speziellen Einbauverfahren wurden sogar im Laufe der Zeit weiter sinkende Pegel gemessen.
Zu neuen lärmmindernden Fahrbahnbelägen (z. B. DSH-V, SMA LA, PMA, LOA 5 D) existieren bisher nur wenige Untersuchungen zum akustischen Langzeitverhalten. Es können also noch keine sicheren Aussagen dazu getroffen werden [1].
5 Wirtschaftslichkeitsbetrachtung
Nach Recherchen des Autors sind im kommunalen Straßenbau vor allem lärmmindernde Asphaltdeckschichten nach dem LOA D Konzept gebaut worden. Ein Vergleich der vorgenannten Deckschichten ist somit nicht möglich. Die Finanzierung der Maßnahmen erfolgte fast ausschließlich aus Mitteln des Konjunkturpakets II in den Jahren 2009 und 2010. Die Preise für die LOA Deckschichten variieren von Region zu Region. Im Vergleich zu konventionellen SMA Deckschichten ergab eine Stichprobenbefragung, dass die Kosten für die LOA Deckschicht ca. 10 bis 15 % höher sind. In einem Fall waren die LOA Deckschichten dagegen 10 % günstiger als vergleichbare SMA Deckschichten. Wie oben beschrieben, nimmt die lärmmindernde Wirkung mit zunehmender Nutzungsdauer ab, ohne dass bautechnische Mängel zu erkennen sind. Nach ca. 6 bis 8 Jahren erreichen die lärmmindernden Asphaltdeckschichten ein ähnliches Lärmniveau wie konventionelle Beläge. Will man nun im Rahmen der Lärmaktionsplanung dauerhaft das Lärmniveau senken, so müsste folglich eine bautechnisch intakte Deckschicht erneuert werden, was zu einer Verdopplung des Finanzbedarfs für die Erhaltung der lärmmindernden Deckschichten bedeutet. Ohne eine Förderung der Erhaltungsmaßnahmen durch Bundes- und/oder Landesmittel ist es für die Kommunen schlichtweg ausgeschlossen, einen solchen Standard dauerhaft zu gewährleisten. Für lärmmindernde Deckschichten, die mit höheren Hohlraumgehalten ausschließlich auf Lärmminderung konzipiert worden sind, erhöht sich der Finanzbedarf, da diese Deckschichten innerhalb der ersten 4 bis 6 Jahre bereits größere bauliche Schäden aufweisen. Folglich besteht weiterhin Forschungsbedarf, um die lärmmindernden Asphaltdeckschichten für den kommunalen Einsatz zu optimieren oder neue Bauweisen zu entwickeln.
6 Zusammenfassung und Ausblick
Durch den Einsatz der im Regelwerk verankerten Asphaltdeckschichten können Straßenoberflächen mit geringeren Geräuschemissionen hergestellt werden. Dabei sind nicht nur die Asphaltart/-sorte von Bedeutung, sondern auch die Planung (Lage der Einbauten, Konstruktion der Schachtabdeckungen, zeitliche Planung von Aufgrabungen) und die Ausführung (Ebenheit, Anschlüsse). Unabhängig von der Auswahl der lärmmindernden Bauweise sollte zudem dem Erhaltungszustand der Innerortsstraßen erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden. Die Entstehung von Geräuschen aus Schäden, wie Längsunebenheiten, Rissen, Ausbrüchen („Schlaglöcher“) und Ausmagerungen in der Straßenoberfläche können damit minimiert werden.
Auch kann bereits durch den Ersatz von Straßenoberflächen mit hohen Emissionen (z. B. Pflasterflächen und schadhafte Deckschichten) durch herkömmliche Asphaltdeckschichten eine signifikante Lärmminderung erreicht werden.
Gezielte Weiterentwicklungen bieten die Möglichkeit, bei speziellen Anwendungsfällen die Lärmminderung weiter zu verbessern. Innerorts ist jedoch von sehr hohlraumreichen Konzepten wie OPA in den meisten Fällen abzuraten. Die akustische und bautechnische Dauerhaftigkeit ist für die meisten der neuen Bauweisen noch nicht bekannt. Ob die in Kommunen üblichen bzw. erwarteten Liegezeiten erreicht werden können, muss abgewartet werden.
Bei der Anwendung des CPX-Messverfahrens ist zu berücksichtigen, dass das Verfahren insgesamt recht unkompliziert und gut geeignet ist, die Homogenität einer Strecke zu erfassen, oder Relativbetrachtungen (inklusive Vorher/Nachher) mehrerer Abschnitte durchzuführen. Die Einschätzung der Absolutwerte ist jedoch nur bedingt möglich. Sie setzt einen großen Datenpool voraus. Wichtig bei der Auswertung sind, neben der Messgeschwindigkeit, die verwendeten Messreifen, die Auswertemethode und dass dasselbe Gerät bei einer Maßnahme eingesetzt wird.
Im Rahmen der Lärmaktionsplanung ist der Einsatz von lärmmindernden Asphaltdeckschichten prinzipiell flankierend möglich. Aufgrund der derzeit dauerhaft hohen Kosten, sollten zunächst günstigere Maßnahmen wie Geschwindigkeitssenkungen oder Verkehrsverlagerung ergriffen werden.
Langfristig erscheint es unumgänglich auch die Mobilität und die Fahrzeugtechnik grundlegend zu verändern, um sowohl die Ziele der Lärmminderung als auch der Luftreinhalteplanung zu erreichen und attraktive und gesunde Städte als Lebensraum bereitzustellen.
Das Herabsetzen der zulässigen Geräuschemissionen von Kraftfahrzeugen in der Verkehrszulassungsordnung könnte das erhebliche Potenzial zur Lärmminderung durch die Weiterentwicklung der Fahrzeugtechnik freisetzen. Diese Option wird heute noch nicht konsequent genug verfolgt. Als ein positives Beispiel kann die Entwicklung von Elektrofahrzeugen genannt werden, die mit alternativer Antriebstechnik positive Effekte in Bezug auf Lärm und Schadstoffe haben.
Literaturverzeichnis
1 Umweltbundesamt (2014): Lärmmindernde Fahrbahnbeläge, Ein Überblick über den Stand der Technik, Dessau-Roßlau 2 WHO (2011): World Health Organization, Regionalbüro für Europa: Burden of disease from environmental noise, Quantification of healthy life years lost in Europe. Kopenhagen, Dänemark 3 Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Arbeitspapier – Textureinfluss auf die akustischen Eigenschaften von Fahrbahndecken, Ausgabe 2013, Köln (FGSV 442) 4 Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Empfehlungen für die Planung und Ausführung von lärmtechnisch optimierten Asphaltdeckschichten aus AC D LOA und SMA LA (E LA D), Ausgabe 2014, Köln (FGSV 739) 5 Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Richtlinien für die Standardisierung des Oberbaus von Verkehrsflächen (RStO 12), Ausgabe 2012, Köln (FGSV 499) 6 Forschungsgesellschaft für Straßen und Verkehrswesen: Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen (RLS-90), Ausgabe 1990, Köln (FGSV 334) |