FGSV-Nr. FGSV 001/25
Ort Stuttgart
Datum 30.09.2014
Titel Sicherung der Ausführungsqualität bei Fahrzeug-Rückhaltesystemen
Autoren RDir'in Dipl.-Ing. Janine Kübler
Kategorien Kongress
Einleitung

Die Anzahl von unterschiedlichen Fahrzeug-Rückhaltesystemen nimmt weiter zu, so dass dadurch sowohl die Montage als auch die Reparatur und deren Abnahme immer aufwendiger und vor allem auch fehleranfälliger werden. Regelwerke wie die „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Fahrzeug-Rückhaltesysteme“ (ZTV FRS 2013) können dazu beitragen, dass die Produkte möglichst sicher und zielgerichtet eingesetzt werden, dennoch verbleibt eine große Aufgabe bei den an Planung und Bau Beteiligten, die für die Situation entsprechend geeigneten Systeme auszuwählen und schließlich auch den korrekten Einbau zu beurteilen. Insbesondere die heute verfügbare Vielzahl an unterschiedlichen Schutzeinrichtungen, die sich oft nur in kleinen aber gegebenenfalls für die Leistungsfähigkeit relevanten Details unterscheiden, erfordert eine hohe Fachkenntnis sowohl auf Seiten der Auftraggeber aber auch auf Seiten der ausführenden Firmen. „Was nicht passt, wird passend gemacht!?“ – dieser Ansatz könnte auch bei Fahrzeug-Rückhaltesystemen immer häufiger Anwendung finden, wenn die Verantwortlichen nicht die Grenzen und Randbedingungen aufzeigen, in deren Rahmen die Produkte eingesetzt werden können. Fehler, die bereits am Anfang des Planungs- oder des Auswahlprozesses gemacht werden, können später beim Bau oft nur mit großem Aufwand behoben werden oder führen zu Einschränkungen bei der Qualität der Gesamtleistung. In den Regelwerken sind die Anforderungen und Werkzeuge enthalten, die dazu dienen, dass Fahrzeug-Rückhaltesysteme richtig und mit Nutzen für die Verkehrssicherheit eingesetzt werden.

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1 Ausgangslange

Fahrzeug-Rückhaltesysteme dienen dazu, von der Fahrbahn abkommende Fahrzeuge aufzuhalten und beispielsweise Pkw-Insassen vor einem Anprall an ein massives Hindernis zu schützen. Sie sind damit wesentliche Bestandteile zur Ausstattung sicherer Straßen und dienen der Verkehrssicherheit. Ein wesentliches Ziel der nationalen zugehörigen Regelwerke für Fahrzeug-Rückhaltesysteme ist daher die Verkehrssicherheit (vgl. Ellmers, 2007).

Auf europäischer Ebene gehören die Fahrzeug-Rückhaltesysteme zu den Bauprodukten und unterliegen der Bauproduktenverordnung (Europäische Union, 2011). Übergeordnete Ziele der Bauproduktenverordnung sind das Inverkehrbringen von Bauprodukten, ihr freier Warenverkehr und der Abbau technischer Handelshemmnisse im EU-Wirtschaftsraum. Harmonisierte technische Spezifikationen sollen zu EU-weit einheitlichen Produkt- und Prüfstandards und damit harmonisierten Leistungsangaben bei Bauprodukten führen. Im Fall der FahrzeugRückhaltesysteme ist dies die DIN EN 1317-5 mit den beispielsweise für Schutzeinrichtungen die bekannten Leistungsdaten Aufhaltestufe, Wirkungsbereich und Anprallheftigkeitsstufe in Anprallversuchen bestimmt und im Zertifikat dokumentiert werden (DIN, 2007).

Hier zeigt sich bereits der Zielkonflikt der Regelwerke auf europäischer und nationaler Ebene, der sowohl bei der Erstellung als auch bei der Anwendung der Regelwerke in Deutschland zu Schwierigkeiten führen kann.

Um eine hohe Ausführungsqualität zu erreichen und damit verkehrssichere Fahrzeug-Rückhaltesysteme an den Straßen geliefert zu bekommen, ist es erforderlich, die gewünschte Leistung gut und detailliert zu planen, zu beschreiben und auszuschreiben, das für den Einsatz geeignete Fahrzeug-Rückhaltesystem anzubieten und die Bauleistung entsprechend sorgfältig auszuführen. Wesentlich für den Auftraggeber ist ebenfalls, abschließend die erbrachte Leistung zu überprüfen und sicher abzunehmen. Um diesen Prozess zu unterstützen, wurden und werden verschiedene Regelwerke erarbeitet.

Für die Planung und den Einsatz der Fahrzeug-Rückhaltesysteme sind dies die „Richtlinien für passiven Schutz an Straßen durch Fahrzeug-Rückhaltesysteme“ (RPS) (FGSV, 2009), für die Lieferung die Technischen Liefer- und Prüfbedingungen und für die Ausführung schließlich die zugehörigen Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen.

2 Die neuen ZTV Fahrzeug-Rückhaltesysteme

Einen Beitrag zum regelwerkskonformen Einsatz von Fahrzeug-Rückhaltesystemen leisten die im April 2014 erschienenen „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Fahrzeug-Rückhaltesysteme“ (ZTV FRS) (FGSV, 2013). Die ZTV Fahrzeug-Rückhaltesysteme lösen die ZTV-PS 98 (FGSV, 1998) ab und formulieren erstmals technische Vertragsbedingungen für alle Fahrzeug-Rückhaltesysteme. Während in den ZTV PS vertragliche Regelungen für die Ausführung konkreter Schutzeinrichtungen enthalten waren, sind jetzt produktneutrale Anforderungen festgelegt worden. Die ZTV FRS orientieren sich damit an den RPS 2009 und der DIN EN 1317. Die ZTV FRS stellen eine wesentliche Ergänzung zu den RPS 2009 dar und bieten nun erstmalig die zugehörigen produktneutralen technischen Vertragsbedingungen und damit insbesondere die Regelungen zur Ausführung der FahrzeugRückhaltesysteme auf der Baustelle. Zudem enthalten sie aber auch Abschnitte mit Richtlinientexten, die insbesondere für die Planung und Ausschreibung von Fahrzeug-Rückhaltesystemen relevant sind. Sie wurden unter Berücksichtigung der europäischen Regelungen für Bauprodukte, der Bauproduktenverordnung (BauPVO) erstellt und berücksichtigen die Zertifizierung der Produkte und auch die Verpflichtung für die Hersteller, Handbücher für ihre Fahrzeug-Rückhaltesysteme zu erstellen und die Verantwortung für das Produkt zu übernehmen. Vor diesem Hintergrund wird in den ZTV FRS beispielsweise häufig Bezug auf die jeweiligen Einbauhandbücher der Hersteller genommen. Anders als in den vorherigen Regelwerken bilden die Regelungen der ZTV FRS oft nur den Rahmen, die konkreten Anleitungen zum Einbau sind in den jeweiligen Einbauanleitungen der Hersteller enthalten. Dies hat den Hintergrund, dass es bei der Vielzahl an unterschiedlichen Fahrzeug-Rückhaltesystemen und auch deren unterschiedlichen Wirkungsweisen nicht mehr möglich ist, detaillierte Einbauvorgaben, die für alle Systeme gelten, in einem Regelwerk zu machen.

Die ZTV FRS gelten für dauerhaft eingesetzte Fahrzeug-Rückhaltesysteme an Straßen, nicht jedoch für den Einsatz von Fahrzeug-Rückhaltesystemen in Arbeitsstellen. Sie beschreiben Anforderungen und Verfahrensregeln bei der Errichtung und Reparatur von dauerhaft eingesetzten Fahrzeug-Rückhaltesystemen. Die ZTV FRS werden in der Regel mit dem Bauvertrag vereinbart, das heißt sie enthalten vor allem Regelungen, die nach Vertragsabschluss zu beachten sind, während die Anforderungen an das Produkt selbst (z. B. an Materialien, Abmessungen und Prüfungen) in den Technischen Liefer- und Prüfbedingungen für Fahrzeug-Rückhaltesysteme geregelt werden. Diese liegen bislang im Entwurf vor, so dass in den ZTV FRS Regelungen für die Übergangszeit bis zur Einführung einer TLP Fahrzeug-Rückhaltesysteme getroffen wurden.

Die ZTV FRS sind in 13 Abschnitte unterteilt und enthalten in den ersten Abschnitten allgemeine Regelungen, die für alle Fahrzeug-Rückhaltesysteme gelten. Sind bei bestimmten Systemen ergänzende Regelungen aufgrund der besonderen Bauweise – wie beispielsweise bei gerammten Pfosten – erforderlich, so sind diese ergänzenden Regelungen in den jeweiligen werkstoff- bzw. bauweiseabhängigen speziellen Abschnitten enthalten und ergänzen so die allgemeinen Abschnitte.

2.1 Planung und Ausschreibung

Die RPS 2009 und das Einsatzfreigabeverfahren für Fahrzeug-Rückhaltesysteme in Deutschland (BASt 2009) enthalten die Kriterien, die für den jeweiligen Einsatzbereich relevant sind und die Planung und Auswahl der passenden Systeme unterstützen sollen. Eine sorgfältige Planung der Fahrzeug-Rückhaltesysteme ist eine wesentliche Grundlage für den sicheren Einsatz in der Praxis. Werden beispielsweise bei der Planung Engstellen Querschnitt, bei denen nur Schutzeinrichtungen mit kleinem Wirkungsbereich eingesetzt werden können, berücksichtigt und auch die weiterführenden Schutzeinrichtungen bei denen z. B. ein größerer Wirkungsbereich möglich ist, geplant, kann dies entsprechend auch bei der Ausschreibung berücksichtigt werden. Auf diese Weise können die jeweils passenden Systeme gefordert und auch angeboten werden. Erkennt man solche Engstellen aber erst beim Bau, führt dies oft dazu, dass keine passenden geeigneten Systeme angeboten waren und gegebenenfalls nur auf eine Zweitlösung (z. B. Wirkungsbereich nicht vollständig freigehalten) zurückgegriffen werden kann, weil entsprechende Übergänge an die Strecksysteme nicht verfügbar sind. Neben den technischen Einschränkungen führt dies meist auch zu vertraglichen Schwierigkeiten, die mit hohem Aufwand verbunden sind, der im Vorfeld durch gute Planung und Ausschreibung vermieden werden könnte.

Die ZTV FRS 2013 enthalten Regelungen zum Bau von Fahrzeug-Rückhaltesystemen, die beispielsweise den Einbau bei besonderen Randbedingungen in der Praxis beschreiben. So werden Schutzeinrichtungen nach DIN EN 1317 im ebenen Gelände und auf gerader Strecke in Anprallversuchen geprüft, um das Leistungsvermögen zu ermitteln. Beim Einsatz an der Straße gilt es aber viele andere Randbedingungen, wie beispielsweise einen geneigten Untergrund oder vorhandene Borde, mit zu berücksichtigen und dabei die nachgewiesene Leistungsfähigkeit möglichst zu gewährleisten. Damit die Auftragnehmer geeignete und für die jeweilige Situation leistungsfähige Fahrzeug-Rückhaltesysteme anbieten können, sollte die Ausschreibung möglichst alle Details der Strecke, die Einfluss auf die Wahl des passenden Fahrzeug-Rückhaltesystems haben könnten, wie beispielsweise enge Kurvenradien, Engstellen im Querschnitt oder Entwässerungseinrichtungen, beschreiben und hierfür die passenden geprüften Systeme fordern. Die Bieter können dann aus der großen Auswahl der am Markt Produkte die für die Örtlichkeit passenden Systeme auswählen und anbieten, so dass spätere Anpassungen und Änderungen bei der Bauausführung weitestgehend vermieden werden können.

2.2 Bedeutung der Einbauanleitungen

In der DIN EN 1317 ist geregelt, dass der Hersteller eines Fahrzeug-Rückhaltesystems verpflichtet ist, eine sogenannte „Technische Beschreibung des Fahrzeug-Rückhaltesystems“ zu erstellen. Diese ist unterteilt in eine Produktbeschreibung mit wichtigen Angaben zum System, in Einzelheiten zu Systemänderungen und in einen Teil Einbauanforderung, in dem u. a. auch die Montage beschrieben wird. Desweiteren wird in der DIN EN 1317-5 gefordert, dass der Hersteller ein Handbuch für den Einbau bereit stellen muss, in dem beschrieben wird, wie das Fahrzeug-Rückhaltesystem eingebaut werden muss, um die deklarierte und durch Anprallprüfung nachgewiesene Leistung sicherzustellen. Dieses Herstellerhandbuch wird im Rahmen der Zertifizierung gefordert. Die DIN EN 1317 geht dabei davon aus, dass der Hersteller die Verantwortung für sein Produkt trägt. Ob und in welchem Umfang es Aufgabe der Zertifizierungsstelle ist, die vom Hersteller bereit zu stellenden Dokumente hinsichtlich der Funktionsweise des Fahrzeug-Rückhaltesystems und der deklarierten Leistung und damit auch hinsicht lich der Verkehrssicherheit zu überprüfen, ist in der Norm nicht enthalten. Letztendlich trägt der Hersteller die Verantwortung für sein Produkt. Ebenfalls ist kein abschließender Begriff für diese Dokumente in den DIN EN 1317 enthalten. In den ZTV FRS wurde daher der Begriff der Einbauanleitung definiert. Die Einbauanleitung ist in den ZTV FRS definiert als „Hersteller-Beschreibung des Fahrzeug-Rückhaltesystems und der zu beachtenden Besonderheiten beim Einbau“.

Gegenüber der ZTV PS 98, die zusammen mit der TL SP 99 (FGSV, 1999) und der TL BSWF 96 (FGSV, 1996) im Wesentlichen die Einbauanleitungen für die deutschen Standard-Schutzeinrichtungen wie ESP oder EDSP enthielten, da dort der Umgang mit verschiedenen Situationen allgemeingültig beschrieben war, sind die ZTV FRS produktneutral gestaltet. Bei der Erstellung der ZTV FRS stand man also vor der Frage, ob die ZTV FRS weiterhin Regelungen zum Einbau der Fahrzeug-Rückhaltesysteme enthalten sollen oder ob dies vollständig den Herstellern und der im Rahmen der CE-Kennzeichnung zu erstellenden Dokumentation überlassen wird. Letztendlich wurde ein Mittelweg gewählt, bei dem die ZTV FRS den Rahmen vorgibt, der für den Einbau aller Fahrzeug-Rückhaltesysteme an Straßen in Deutschland gilt. Damit wird sowohl den Montagefirmen als auch den Auftraggebern ein Rahmen vorgegeben, der den Einbau der Fahrzeug-Rückhaltesysteme regelt. Ohne diesen Rahmen würden sich, so die bisherigen Erfahrungen, meist die Regeln des mutigsten Herstellers am Markt durchsetzen und damit unter Umständen Einbußen bei der Sicherheit auftreten (vgl. Ellmers, 2011). Dies soll am Beispiel der zulässigen Toleranzen erläutert werden.

In den ZTV FRS 2013 sind verbindliche Regelungen für in Deutschland maximal zulässiger Toleranzen beim Einbau (z. B. Höhe) der Fahrzeug-Rückhaltesysteme angegeben (Tabelle 1).

Tabelle 1: Allgemeine Regelungen zu Einbautoleranzen von FahrzeugRückhaltesystemen aus den ZTV FRS 2013

Enthält die Produktdokumentation gemäß DIN EN 1317 nun größere Toleranzen als die der ZTV FRS, ist für diesen Fall in den ZTV FRS Folgendes geregelt: „Fahrzeug-Rückhaltesysteme sind gemäß Zertifikat der Leistungsbeständigkeit [EG-Konformitätszertifikat] und Leistungserklärung [EG-Konformitätserklärung] zu errichten. Betonschutzwände in Ortbetonbauweise sind gemäß Anerkennungsurkunde und Herstellererklärung zur Leistungsfähigkeit der Betonschutzwand in Ortbetonbauweise zu errichten. Bei Abweichungen zwischen den Regelungen dieser ZTV FRS und der jeweiligen Einbauanleitung gilt die hinsichtlich der Verkehrssicherheit jeweils höhere Anforderung. Bei mehreren Parametern einer Anforderung (z. B. Höhe und Abstand) wird jeder Parameter einzeln betrachtet.“

Am Beispiel der zulässigen Toleranz für die Einbauhöhe einer Schutzeinrichtung soll dies erläutert werden. Gemäß den ZTV FRS beträgt die zulässige Toleranz für die Einbauhöhe ± 3 cm. Bietet der Auftragnehmer nun beispielsweise eine Schutzeinrichtung mit einer zulässigen Toleranz für die Einbauhöhe gemäß Einbauanleitung des Herstellers von ± 10 cm an, gelten davon abweichend auch für dieses Produkt die strengeren Anforderungen der ZTV und die Schutzeinrichtung darf nur mit einer Toleranz von ± 3 cm in der Höhe installiert werden. Insbesondere bei niedrigen Systemen wird es als kritisch angesehen, wenn die Höhe der Schutzeinrichtung gegenüber der in der Anprallprüfung deutlich abweicht. Bei einer Schutzeinrichtung mit einer Höhe von beispielsweise 70 cm wäre der Spielraum nach der Einbauanleitung dann von 60 cm bis 80 cm, in dem der Hersteller bescheinigt, dass sein System die Leistungsdaten aus der Anprallprüfung erreicht. Derartige Toleranzen werden aus Sicht der Fachleute für die Praxis und den verkehrssicheren Einsatz als zu groß angesehen, so dass in den ZTV FRS die engeren Grenzen von ± 3 cm für alle Fahrzeug-Rückhaltesysteme festgelegt wurden.

Auf diese Weise soll u. a. erreicht werden, dass nicht die Regelungen des „mutigsten“ Herstellers von allen anderen übernommen werden, sondern die aus Sicht der Verkehrssicherheit gewählten Grenzen für alle Systeme verbindlich und einheitlich gelten. Ein weiteres Argument für diese einheitlichen Regelungen ist aber auch, dass es sowohl für Auftragsnehmer als auch Auftraggeber auf der Baustelle deutlich praktikabler ist, wenn hier für alle Systeme einheitliche Toleranzen gelten und nicht für jedes einzelne System in den Einbauanleitungen überprüft werden muss, welche Toleranzen zulässig sind. Gibt ein Hersteller aber engere Grenzen vor als in den ZTV FRS angegeben, so gelten diese und müssen vom Auftragnehmer bei der Montage des Fahrzeug-Rückhaltesystems berücksichtigt werden.

Am Beispiel der Einbauhandbücher wird auch der Unterschied zwischen den europäischen Zielen der Bauproduktenverordnung und den nationalen Zielen der Regelwerke deutlich. Während die europäischen Regelungen den freien Warenverkehr verfolgen, wird national das Ziel der Verkehrssicherheit an erster Stelle gesehen. Mit den ZTV FRS soll aber weder der europäische Rahmen eingeschränkt, noch das Ziel der verkehrssicheren Produkte außer Acht gelassen werden, so dass Regelungen getroffen werden, die beiden Anforderungen genügen. So kann jeder Hersteller seine europäisch zertifizierten Produkte innerhalb des Rahmens der ZTV FRS anbieten. Trifft er aber beispielsweise im Handbuch Festlegungen, die über die Grenzen der ZTV FRS hinaus gehen, kann er sein Produkt anbieten und einsetzen, muss dabei aber die vorgegebenen Grenzen des Regelwerks beim Einbau berücksichtigen (z. B. maximal zulässige Höhentoleranzen des eingebauten Fahrzeug-Rückhaltesystems). Diese Grenzen sind u. a. auch für spätere Reparaturen oder anzuschließende andere Systeme relevant, da auf diese Weise vertraglich die Randbedingungen festgelegt werden können, was allein auf Grundlage der vom Hersteller zu erstellenden Einbauanleitungen nicht möglich wäre. Auf diese Weise können die ZTV FRS bei ihrer Einhaltung zu einer gleichbleibenden Ausführungsqualität beitragen.

2.3 Kennzeichnung und Dokumentation

Vor dem Hintergrund des freien Warenverkehrs in Europa nimmt die Zahl neuer FahrzeugRückhaltesysteme, die entwickelt, geprüft, zertifiziert und angeboten werden, ständig zu. Durch die zunehmende Anzahl wird es immer schwieriger, zu erkennen, um welches System es sich handelt. Da Schutzeinrichtungen dazu errichtet werden, abkommende Fahrzeuge aufzuhalten und meist durch Verformung funktionieren, müssen sie häufig repariert werden. Hierfür ist es wichtig, genau zu wissen, welches System mit welchen Bauteilen repariert werden kann. Die im Bild 1 exemplarisch dargestellten Schutzeinrichtungen sehen auf den ersten Blick gleich aus, bei genauerem Hinsehen, erkennt man jedoch, dass sie sich beispielsweise bei der Verschraubung des Kastenprofils unterscheiden. Sie haben also unterschiedliche Bauteile, aber auch unterschiedliche Leistungsdaten. Bei einer Reparatur sind also ganz unterschiedliche Bauteile erforderlich.

Bei den bisherigen Systemen der RPS 89 war es für die Straßenmeistereien und auch für die Montagefirmen verhältnismäßig einfach, zu erkennen, um welches System es sich handelte und die erforderlichen Ersatzteile sind in den TL-SP 99 aufgeführt. Nun aber gibt es inzwischen viele sehr ähnliche Systeme am Markt, beispielsweise einfache Pfosten-Holmsysteme, die der bisherigen Einfachen Schutzplanke sehr ähnlich sehen, die sich aber in Details wie beispielsweise der Verschraubung, dem Holmmaterial oder der Pfostenlänge und vor allem in den Leistungsdaten unterscheiden. Die Tabelle 2 gibt einen Überblick über verschiedene Schutzeinrichtungen der Aufhaltestufe N2 aus der Einsatzfreigabeliste für Fahrzeug-Rückhaltesysteme in Deutschland. Die Wirkungsbereiche der N2-Schutzeinrichungen reichen von W1 bis W6. Es gibt darüber hinaus noch weitere N2-Systeme, die bislang nicht in der Einsatzfreigabeliste enthalten sind. Hier zeigt sich, dass die Leistungseigenschaften der Systeme sehr unterschiedlich sind und konstruktive Details für die Unterschiede sorgen. Das bedeutet aber auch, dass es sowohl bei der Erstinstallation als auch bei der späteren Reparatur sehr wichtig ist, zu wissen, welches System mit welchen Leistungsdaten und bestehend aus welchen Bauteilen eingebaut ist.

Bild 1: Schutzeinrichtungen der Aufhaltestufe H2 (Mega Rail (links), Super Rail eco (rechts))

Tabelle 2: Leistungsdaten verschiedener Schutzeinrichtungen der Aufhaltestufe N2

Hierzu ist in den ZTV FRS geregelt, dass die Systeme vom Auftragnehmer zu kennzeichnen sind. Diese Kennzeichnung dient dazu, dass der Auftraggeber, die Systeme beim Einbau und auch später identifizieren kann. Ohne diese Kennzeichnung und gut gepflegte Bestandsdatenbanken bei den Ländern wird es bei späteren Reparaturen oder auch bei neu herzustellenden Anschlüssen (Übergangskonstruktionen) an weiterführende Schutzeinrichtungen schwierig, die richtigen Konstruktionen zu verwenden. Da die Kennzeichnung sowohl für die Auftraggeber als auch für die Montageunternehmen wichtig ist, muss darauf geachtet, werden, dass sie gemäß ZTV FRS vorhanden und richtig ist. Für Sonderkonstruktionen, die speziell für eine Situation angefertigt werden, weil kein passendes geprüftes System existiert, sind vom Auftragnehmer bemaßte Zeichnungen der Sonderkonstruktion einschließlich aller Einzelteile und Verbindungen sowie eine Stückliste vorzulegen, damit auch hier später Reparaturen möglich sind.

Neben der Kennzeichnung ist der Auftragnehmer gemäß ZTV FRS verpflichtet, arbeitstäglich ein Eigenüberwachungsprotokoll zu erstellen, in dem die wesentlichen Arbeiten dokumentiert und die Einhaltung der wichtigsten Anforderungen aus den Regelwerken bestätig werden. Für die Eigenüberwachungsprotokolle sind in den ZTV FRS Vorlagen enthalten. Diese Vereinheitlichung soll zum einen eine Vereinfachung sein und zum anderen dadurch die Akzeptanz für derartige Dokumentationen erhöhen. Allein die Dokumentation ist jedoch nicht das Ziel, sondern die bewusste Umsetzung der Regelwerke und Einhaltung der Vorgaben sowohl auf Seiten der Montageunternehmen als auch auf Seiten der Auftraggeber. In der Vergangenheit hat sich beispielsweise bei Schäden an Schutzeinrichtungen gezeigt, dass diese Dokumente der Eigenüberwachung sehr wichtig werden können, da dort unter Umständen bereits Besonderheiten oder auch extreme Witterungsbedingungen dokumentiert sind, die eine Ursache für spätere Schäden sein können und so eine Ursachenanalyse ermöglichen.

3 Neue Regelwerke = mehr Qualität?

Für den Bereich der Fahrzeug-Rückhaltesysteme gibt es inzwischen viele Regelwerke, die an die europäischen Vorgaben angepasst wurden. Es existieren umfassende Regelungen für den Einsatz und den Bau. Es stellt sich jedoch die Frage, ob die neuen Regelwerke automatisch auch zu einer besseren Qualität der Produkte an den Straßen führen. Auf der einen Seite ist dies sicher der Fall, da durch die Regelwerke einheitliche Vorgaben für alle Hersteller gemacht werden und beispielsweise geprüfte Fahrzeug-Rückhaltesysteme gefordert werden. Die ZTV FRS schaffen einheitliche Regelungen für den Einbau, so dass diese anstelle der „mutigsten Lösung“ der Hersteller Vertragsgrundlage werden. Dies gilt beispielsweise für den Einbau bei geneigtem Untergrund, bei vorgelagerten Borden aber auch bei den Einbautoleranzen. Schon die Forderung in den RPS 2009, dass nur geprüfte Fahrzeug-Rückhaltesysteme eingebaut werden dürfen hat dazu geführt, dass für verschiedene Situationen Lösungen seitens der Hersteller entwickelt und geprüft wurden. Als gute Beispiele für die Verbesserung der Verkehrssicherheit wurden Anpralldämpfer, Lösungen zum Schutz vor Anprall an Bäume (auch bei beengten Verhältnissen), Lösungen vor Verkehrszeichenbrücken in schmalen Mittelstreifen oder Übergangskonstruktionen entwickelt und geprüft (Ellmers, Kübler, 2009).

Auf der anderen Seite wurden aber auch für häufig auftretende Standard-Situationen viele ähnliche Systeme entwickelt und geprüft, die die Straßenbauverwaltungen nun vor eine Herausforderung bei der Reparatur oder der Anbindung neuer Schutzeinrichtungen stellen. Durch diese Vielfalt werden zunehmend Übergangskonstruktionen benötigt, die aufgrund der fehlenden Kontinuität Systemschwachstellen darstellen (Kübler, 2014).

Die neuen umfangreichen Regelwerke sind gegenüber früheren Regelungen komplizierter geworden und setzen mehr Fachwissen auch zu den verschiedenen Systemen voraus. Da in den nationalen Regelwerken die europäischen Vorgaben umgesetzt werden müssen, ist hier eine Vereinfachung oder generelle Einschränkung auf wenige Systeme wie vor der europäischen Harmonisierung der Fahrzeug-Rückhaltesysteme nicht möglich und stellt die Anwender vor eine Herausforderung. Die klaren Regeln und Anforderungen führen aber mit der Zeit auch dazu, dass die Grenzen der Systeme technisch stark ausgereizt werden. Das Interesse der Hersteller hin zu wirtschaftlich optimierten Fahrzeug-Rückhaltesystemen ist nicht immer gleichbedeutend mit dauerhaft verkehrssicheren Produkten. So wurden beispielsweise gemäß den TL-SP 99 Schutzeinrichtungen mit Pfosten mit einer Länge von 1,9 m eingebaut. Da die Länge der Pfosten aber heute in den Regelwerken nicht vorgegeben ist, haben die Hersteller die Länge der Pfosten verkürzt und die Systeme in Anprallprüfungen geprüft und das Leistungsvermögen damit nachgewiesen. Inwieweit diese für die Erstausstattung wirtschaftlich optimierten Systeme aber in unterschiedlichen Böden, bei geneigtem Bankett oder an Böschungen ebenfalls das Leistungsvermögen noch erreichen ist nicht bekannt, so dass die langfristigen über die Lebensdauer betrachten Kosten für den Auftraggeber höher sein könnten, wenn sich zeigt, dass die Systeme unter den vielfältigen Randbedingungen nicht zufriedenstellend dauerhaft funktionieren. Es ist aber klar, dass eine kürzere Einspannlänge bei sonst gleichem System weniger Sicherheitsreserven aufweist als eine größere Einspannlänge. Ähnliches gilt für wirtschaftlich optimierte Materialien oder Bauteildicken. Hier stellt sich die Frage, wann die Regelwerke angepasst werden müssen, um die Hürde für die Produkte wieder etwas höher zu legen und damit wieder mehr Reserven für die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer und damit für die Auftraggeber langfristig funktionsfähige Systeme zu erhalten.

4 Zusammenfassung und Ausblick

Um Fahrzeug-Rückhaltesysteme hoher Qualität zu erhalten und diese möglichst mit großem Nutzen für die Verkehrssicherheit einzusetzen, ist die konsequente Anwendung der Regelwerke und die Berücksichtigung der Fahrzeug-Rückhaltesysteme bereits bei der Planung ein wesentlicher Baustein. Aber auch die Eigenüberwachung seitens der Hersteller sowie seitens der Montageunternehmen und deren Überprüfung, das Einfordern vertraglich vereinbarter Leistungen, die Schulung der Mitarbeiter bei Herstellern, Monteuren, Ingenieurbüros und Verwaltungen sind Bausteine für eine hohe Qualität. Die ZTV FRS tragen durch die Schaffung einheitlicher produktneutraler Regelungen, die Breitstellung von Anmerkungen für den Planenden und den Ausschreibenden (als Regelwerkstexte) sowie einheitliche Regelungen zur Qualitätssicherung bei der Montage dazu bei. Sie geben einen einheitlichen Rahmen vor, der vertraglich zwischen Auftraggeber und Auftragnehmer vereinbart wird und schaffen damit auf beiden Seiten eine gewisse Sicherheit. Neben der Regelwerksanwendung sind aber ergänzende Maßnahmen erforderlich, um qualitativ hochwertige und sichere Fahrzeug-Rückhaltesysteme zu erhalten. Hierzu gehören auch Maßnahmen zum Umgang mit der Systemvielfalt u. a. für spätere Reparaturen (z. B. Bestandserfassung) und die Bereitstellung von qualifiziertem und ausreichendem Personal auf Seiten der Auftraggeber und Auftragnehmer.

Der „Spagat“ zwischen freiem Warenverkehr in Europa mit den Vorgaben durch die Bauproduktenverordnung und den Regelungen für den Einsatz von verkehrssicheren und qualitativ guten Produkten an den Straßen muss gemeistert werden. So müssen die nationalen Regelwerke u. a. aufgrund europäischer Vorgaben und aktualisierter Normen immer schneller überarbeitet werden als das bisher der Fall war. Es bleibt abzuwarten, in welchem Umfang die Regelungen zum Einsatz von Fahrzeug-Rückhaltesystemen in den  nationalen Regelwerken bestehen bleiben, oder ob diese zukünftig auch in die Europäischen Normen integriert werden. Es ist festzustellen, dass die Systemvielfalt alle Beteiligten vor große Herausforderungen stellt und das Ziel der Verkehrssicherheit darunter nicht leiden darf. Hierfür sind auch weiterhin Regelungen zu treffen oder anzupassen.

Literaturverzeichnis

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