FGSV-Nr. FGSV 001/27
Ort Erfurt
Datum 12.09.2018
Titel Building Information Modeling - BIM im Life Cycle Management (Teil 1)
Autoren Dipl.-Ing. (FH) Lars Keller
Kategorien Kongress
Einleitung

Spätestens seit der Ankündigung von Alexander Dobrindt im Dezember 2015, Building Information Modeling, kurz „BIM“, im Straßen- und Verkehrswesen ab 2020 verbindlich einzuführen, hat die digitale Entwicklung in diesem Bereich rasant an Fahrt aufgenommen. Während in den Bereichen Hochbau und in Teilen im Konstruktiven Ingenieurbau bereits gute Erfahrungen vorliegen, steckt BIM im Straßen- und Tiefbau noch in den Kinderschuhen. Zwar gibt es bereits viele Programme, Modelle und Anwendungen in diesem Bereich, hierbei handelt es sich aber meistens um Insellösungen. Die wichtigste Aufgabe aller Beteiligten bei der Umsetzung von BIM wird die Entwicklung einer allgemeinen Durchlässigkeit aller erforderlichen Daten, um den Lebenszyklus der Bauwerke abzubilden. Hierzu müssen Standards und Schnittstellen entwickelt werden. Voraussetzung aber wird es sein, dass alle Beteiligten vertrauensvoll miteinander umgehen und ihre individuellen Systeme öffnen und zugänglich machen.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einführung

Spätestens seit der Ankündigung von Alexander Dobrindt im Dezember 2015, Building Information Modeling, kurz „BIM“, im Straßen und Verkehrswesen ab 2020 verbindlich einzuführen, hat die digitale Entwicklung in diesem Bereich rasant an Fahrt aufgenommen. Während in den Bereichen Hochbau und in Teilen im Konstruktiven Ingenieurbau bereits gute Erfahrungen vorliegen, steckt BIM im Straßen- und Tiefbau noch in den Kinderschuhen. 

2 Stand der Entwicklung

Betrachtet man sich den Lebenslaufzyklus – Planen – Bauen – Betreiben und Unterhalten -, und versucht man dann zuzuordnen, welche Entwicklungen zu den einzelnen Phasen zuzuordnen sind, so erkennt man sehr schnell, dass eine klare Abgrenzung oft nicht möglich ist.

Bild 1: Beteiligte an Bauprojekten

In den meisten Fällen wird heute noch 2-Dimensional geplant, in den Fällen, in denen schon 3-Dimensional geplant wird, werden die Planungen zur Ausführung dann doch in 2-Dimensionale Pläne umgewandelt und zum weiteren Bauen freigegeben. Das führt dazu, das Unternehmen, wenn sie mit 3-Dimensionalen Modellen arbeiten möchten, diese meist dann wieder aus den 2-Dimensionalen Planunterlagen erstellen müssen.

Da im Straßen- und Tiefbau nicht auf einer überschaubaren „sauberen“ Fläche gearbeitet wird, sondern in komplexen Landschaften, fehlen in den Planungen oft geologische Daten, exakte Lagen von erdverlegten Leitungen und vieles mehr. Das führt in der Bauausführung immer wieder zu Behinderungen und Kostensteigerungen.

Es werden in der Regel keine „Crashtests“ durchgeführt, um die bauliche Umsetzung in die Planung einfließen zu lassen. Aussagen wie: „wenn wir (Auftraggeber) das so haben wollen, dann muss die Bauindustrie das leisten“, sind leider immer noch an der Tagesordnung.

Im Bereich des „Baues“ sind in den letzten Jahren viele Arbeitsbereiche digitalisiert worden. Hier ist das große Problem die Insellösungen, die leider nicht miteinander kompatibel sind. Viele Hersteller schützen ihre Entwicklungen, dass verhindert die Weiterentwicklung komplexer Systeme in der Vergangenheit.

Es wird seit vielen Jahren mit 3-Dimensionalen Geländemodellen gearbeitet, es ist möglich Straßenfertiger im 3-Dimensionalen Raum zu steuern und so Planungen 1:1 umzusetzen.

Viele Nebenprozesse sind mittlerweile digitalisiert und funktionieren recht zuverlässig. Es gibt aber auch noch viele Probleme, wie zum Beispiel die Abschattung von Satelliten oder Sichtbehinderungen bei elektrooptischen Vermessungsverfahren. Die Eigenüberwachung von Einbauprozessen kann großenteils digital erfasst werden und somit auch ein großer Teil der Qualitätskontrollen. Die bauvertraglichen Voraussetzungen zur kompletten Umsetzung diese Möglichkeiten sind zur Zeit aber noch nicht gegeben.

Seit 2010 werden mit dem Datenmodell „Okstra“ Datenbanken aufgebaut. In diesen Datenbanken sind alle relevanten Bau- und Qualitätsdaten hinterlegt. Auch die Daten der digitalen Zustandserfassung der Straßen, die mittlerweile Standard ist, fließen hier ein. Auf Basis dieser Daten lässt sich ein effizientes Unterhaltungsmanagement aufbauen. 

3 Erforderliche Weiterentwicklungen

Es müssen die rechtlichen und bauvertraglichen Voraussetzungen geschaffen werden, um die Methodik BIM anwenden zu können. Dies umfasst auch eine Anpassung des Regelwerkes der FGSV, die bereits angeschoben ist.

Bild 2: Zuordnung der FGSV-Arbeitsgruppen

Basis für alle weiteren Entwicklungen werden Geoinformationssysteme sein, die die Belange des Straßenbaus abbilden. Hier müssen geotechnische Daten, Daten aus erdverlegten Leitungen und Bauwerken, sowie viele weitere relevante Daten Eingang finden. Es muss möglich werden, 3-Dimensionale Planungen auch 3-Dimensional an die Bauausführung weiterzugeben. Es müssen dringend die IFC-Standards für den Straßenbau entwickelt und abgestimmt werden, damit die Planungsdetails digital in Mengenermittlungen und Ausschreibungen einfließen könne und letztlich auch so kalkuliert und abgerechnet werden können.

Qualitätskontrollen sollten zukünftig vollflächig und zerstörungsfrei erfolgen. Ansätze hierzu sind bereits vorhanden, müssen aber noch weiterentwickelt und valutiert werden. Es müssen Schnittstellen und Standards vereinbart werden, mit denen die Daten zuverlässig von einer Phase zur nächsten übergeben werden können, aber auch Nebenprozesse mit eingebunden werden können. Man muss festlegen, welche Daten im Lebenslaufzyklus an welcher Stelle weitergegeben werden müssen. Es sollte vermieden werden, hier Datenfriedhöfe aufzubauen, mit Daten, die niemand mehr benötigt. Hier sollten also nur die sogenannte „Smart Data“ erfasst und gespeichert werden und nicht die „Great Data“.

Diese und weitere Punkte müssen kurzfristig mit allen am Bau beteiligten abgestimmt werden, sonst kann hier die Entwicklung nicht weitergehen. 

4 Zusammenfassung und Aussicht

Zwar gibt es bereits viele Programme, Modelle und Anwendungen in Bereichen, die BIM im Straßenbau zugeordnet werden können, hierbei handelt es sich aber meistens um Insellösungen. Die wichtigste Aufgabe aller Beteiligten bei der Umsetzung von BIM wird die Entwicklung einer allgemeinen Durchlässigkeit aller erforderlichen Daten, um den Lebenszyklus der Bauwerke abzubilden. Hierzu müssen Standards und Schnittstellen entwickelt werden.

Voraussetzung aber wird es sein, dass alle Beteiligten vertrauensvoll miteinander umgehen und ihre individuellen Systeme öffnen und zugänglich gestalten. BIM lebt davon, dass alle am Bau beteiligten zusammen im Vertrauen ein Werk errichten!