FGSV-Nr. FGSV 002/100
Ort Karlsruhe
Datum 13.09.2011
Titel Privatisierter Betriebsdienst im Rahmen eines A-Modells – Erfahrungen aus Sicht eines Betreibers
Autoren Dipl.-Ing. Heinrich Josef Rommeswinkel
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

Projekt A-Modell BAB A 8 Augsburg – München: Im Jahr 2007 wurde der erste Konzessionsvertrag eines ÖPP-Projektes auf bundesdeutschen Autobahnen zwischen der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Autobahndirektion Südbayern als Konzessionsgeber, und der autobahnplus GmbH als Konzessionsnehmer für die Dauer von 30 Jahren abgeschlossen. Das Konsortium des Konzessionsnehmers besteht aus den Firmen: BAM PPP Deutschland GmbH, VolkerWessels Deutschland PPP GmbH, Egis Projects S.A., Fluor Infrastructure B.V., Berger Bau GmbH. Die Konzessionsstrecke umfasst 52 km Autobahn, davon ca. 4,5 km auf der A 99 zwischen dem Tunnel Allach im Münchener Nordwesten und dem AD Eschenried sowie ca. 47,5 km auf der BAB A 8 zwischen dem AD Eschenried und der AS Augsburg-West. Der gesamte Konzessionsraum umfasst neben der Autobahntrasse 5 PWC-Anlagen, die innerhalb der Strecke liegenden Anschlussstellen sowie ca. 360 ha Grünflächen neben bzw. entlang der Autobahn. Ca. 38 km der BAB A 8 zwischen km 15+450 und km 54+000 mussten auf sechs Fahrstreifen mit Standstreifen ausgebaut werden. Konzessionsbeginn war der 1. 5. 2007. An diesem Tag gingen die Pflichten des Betriebsdienstes von den staatlichen Autobahnmeistereien in München-West und Gersthofen auf die autobahnplus GmbH über. Termingerecht wurde die Neubaustrecke am 9. 12. 2010 dem Verkehr übergeben. Vorrangigste Ziele der autobahnplus sind die Sicherheit und die Leichtigkeit des Verkehrs sowie Innovation und Nachhaltigkeit für die wachsenden Anforderungen einer mobilen Gesellschaft. Unsere Herangehensweise ist dabei stets geprägt von der kontinuierlichen Verbesserung der Verfügbarkeit, Zuverlässigkeit, Respekt, Effizienz- und Gesamtkostenoptimierung sowie nachhaltiger Erreichung der Lebenszyklus-Anforderungen. Die bauliche Erhaltung umfasst gemäß üblicher Begriffsbestimmung die Instandhaltung, die Instandsetzung und die Erneuerung. Das Erhaltungsmanagement, das von der Betriebsgesellschaft a+Services mit den Gesellschaftern egis road operations S.A., Wayss & Freytag Ingenieurbau AG, VolkerWessels Deutschland PPP GmbH und Berger Bau GmbH wahrgenommen wird, hat die Aufgabe, Maßnahmen speziell der Erneuerung zu erkennen, zu planen und umzusetzen. Für größere Baumaßnahmen werden mehrere Varianten oder Ausführungsmodelle erarbeitet, die nach Methoden der Finanzwirtschaft auf ihre Wirtschaftlichkeit untersucht werden. Die Planungen aller Maßnahmen der Erhaltung unterliegen der besonderen Optimierung anfallender Verkehrsbeeinträchtigungskosten. Der Winterdienst wird von Konzessionsbeginn an durch a+S ausgeführt. Hierzu hat a+S an zwei Standorten Salzlagerstützpunkte eingerichtet sowie Salzhallen, Streugutlagersilos und Soleaufbereitungsanlagen installiert. Sämtliche Aktivitäten für den Winterdienst werden elektronisch erfasst und rechtssicher archiviert. Das aufgezeigte Zahlenwerk zur Analyse der Verkehrsunfälle ist zurzeit leider nicht repräsentativ, da eine Vollbetriebsphase von 8 Monaten keine eindeutige Interpretation zulässt, zeigt aber Tendenzen auf. Im Zuge der Detailplanung der Grünflächen zeigte sich, dass die bestehende Planfeststellung und der Konzessionsvertrag die Durchführung einer Beweidung extensiver Grünflächen zulässt. Nach Anpassung der Landschaftsplanung an die Bedürfnisse von Weidetieren (z. Z. 70 Schottischen Hochlandrindern und ca. 640 Merinoschafen) startete die Beweidung im April 2011. Durch den vollständigen Wegfall von Mähgeräten mit Elektro- oder Verbrennungsmotoren verbessert sich durch die Beweidung auch der „CO2-Fußabdruck“ des Projektes.

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Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Projekt A-Modell BAB A 8 Augsburg – München

Im Jahr 2007 wurde der erste Konzessionsvertrag eines ÖPP-Projektes auf bundesdeutschen Autobahnen zwischen der Bundesrepublik Deutschland, vertreten durch die Autobahndirektion Südbayern als Konzessionsgeber, und der autobahnplus GmbH als Konzessionsnehmer für die Dauer von 30 Jahren abgeschlossen.

Die Konzessionsstrecke umfasst 52 km Autobahn, davon ca. 4,5 km auf der BAB A 99 zwischen dem Tunnel Allach im Münchener Nordwesten und dem AD Eschenried sowie ca. 47,5 km auf der BAB A 8 zwischen dem AD Eschenried und der AS Augsburg West. Der gesamte Konzessionsraum umfasst neben der Autobahntrasse 5 PWC-Anlagen, Teilabschnitte im Bereich der Tank- und Rastanlage Augsburg-Ost, die innerhalb der Strecke liegenden Anschlussstellen sowie ca. 360 ha Grünflächen neben bzw. entlang der Autobahn. Ca. 38 km der BAB A 8 zwischen km 15+450 und km 54+000 mussten auf sechs Fahrstreifen mit Standstreifen ausgebaut werden.

Konzessionsbeginn war der 1. 5. 2007. An diesem Tag gingen die Pflichten des Betriebsdienstes von den staatlichen Autobahnmeistereien in München-West und Gersthofen auf die autobahnplus GmbH über.

Der sechsstreifige Ausbau musste am 31. 12. 2010 abgeschlossen sein. Der Bau erfolgte in jeweils drei gleichzeitig laufenden, ca. 6 km langen Abschnitten. Ende November 2010 wurde die letzte Verkehrssicherung einer Teilbaustelle abgebaut. Die komplette Strecke wurde in einem feierlichen Festakt am 9. 12. 2010 dem Verkehr übergeben.

2 Konzessionsraum

Der Konzessionsraum gliedert sich in Fahrbahnen unterschiedlicher Oberflächen, die zum Teil in der Planfeststellung vorgegeben wurden, kreuzende Verkehrswege, kreuzende Gewässer sowie autobahnzugewandte und autobahnabgewandte Grünflächen. Die Trennung zwischen letzteren bildet der Trassen-parallel angeordnete Wildschutzzaun.

Fahrbahnen ( Baujahr 1990 (1936) – 2010)

–    OPA-Flächen:                        200.000 m²

–    SMA-Flächen:                       1 Mio. m²

–    Asphaltbeton:                        200.000 m²

–    Betonfahrbahnen:                 850.000 m²

–    Anschlussstellen:                  8 Stk. mit 30 km Gesamtlänge (6 m breit mit SMA)

Gesamtfläche BK SV – III                 2.400.000 m² 

Kunstbauwerke ( Baujahr 1975 – 2010)

–    Unterführungen:                    59

–    Überführungen:                     30

–    Lärmschutzwände:                17 mit 20 km Gesamtlänge

–    PWC-/Rastanlagen:              5

–    Betriebseinrichtungen:          2

Grünflächen

–    autobahnzugewandt:            122 ha

–    autobahnabgewandt:            240 ha, davon 162 ha beweidet. 

3 Organisation autobahnplus Services GmbH ( a+S)

Die autobahnplus Services GmbH wurde im Jahr 2007 von den Gesellschaftern EGIS Road Operation (früher transroute), VolkerWessels Deutschland PPP GmbH, Wayss&Freytag Ingenieurbau GmbH und Berger Bau GmbH mit dem Zweck gegründet, als Nachunternehmer der autobahnplus BAB A 8 GmbH den Betriebsdienst und das Erhaltungsmanagement für die Konzessionsstrecke zu übernehmen.

Die Aufgaben des Betriebes sind im Konzessionsvertrag geregelt. Darüber hinaus nimmt a+S die Aufgabe der Instandhaltung am Konzessionsgegenstand wahr.

Zusätzlich wurde der a+S das Erhaltungsmanagement über das in der Konzessionsgesellschaft verwaltete Erhaltungsbudget übertragen.

Im Folgenden sollen einige Aufgaben näher dargestellt werden. 

4 Themen im Fokus

4.1 Erhaltungsmanagement

Die bauliche Erhaltung umfasst gemäß üblicher Begriffsbestimmung die Instandhaltung, die Instandsetzung und die Erneuerung.

Die Instandhaltung und Instandsetzung wurden in den Verantwortungsbereich von a+S gelegt, da diese kleinen Reparaturen möglichst zeitnah zur Schadensfeststellung ausgeführt werden sollen. Diese meist kleineren Sofortmaßnahmen werden „nebenbei“ von Mitarbeitern des Betriebsdienstes durchgeführt. Einige Mitarbeiter wurden in Bauwerksinstandsetzung gesondert ausgebildet.

Das Erhaltungsmanagement hat die Aufgabe, Maßnahmen der Erneuerung zu erkennen, zu planen und umzusetzen.

Für den Konzessionszeitraum wurde ein 30-Jahresbudget erstellt, das durch ein 5-Jahres-Budget permanent fortgeschrieben wird. Die darin enthaltenen Annahmen basieren auf der gängigen Lebensdauer der einzelnen Betrachtungseinheiten.

Grundlage für die tatsächlich ausgeführten Maßnahmen bilden die Feststellungen der täglichen Streckenkontrolle, der jährlichen Begehungen und der Zustandsfeststellung aus den Einfach- und Hauptprüfungen der Bauwerke sowie den Ergebnissen der Prüfung nach ZTV-Funktion.

Diese werden im 1-Jahres-Budget festgeschrieben und umgesetzt. Auswirkungen auf die Maßnahmen der Folgejahre werden im 5-Jahres-Budget eingepflegt.

Für größere Baumaßnahmen werden mehrere Varianten oder Ausführungsmodelle erarbeitet, die nach Methoden der Finanzwirtschaft auf ihre Wirtschaftlichkeit untersucht werden.

Die Planungen aller Maßnahmen der Erhaltung unterliegen der besonderen Optimierung anfallender Verkehrsbeeinträchtigungskosten.

4.2 Winterdienst

Neben der personellen und gerätetechnischen Ausstattung werden durch den Winterdienst Taumittel in erforderlicher Güte und Menge zu jeder Tages- und Nachtzeit bereitgestellt.

a+S hat jeweils ungefähr in den Drittelspunkten der Konzessionsstrecke an zwei Standorten Salzlagerstützpunkte eingerichtet. Hier sind jeweils Salzhallen, Streugutlagersilos und Soleaufbereitungsanlagen installiert.

Sämtliche Aktivitäten für den Winterdienst werden elektronisch erfasst und umgehend dokumentiert.

Im Konzessionsbereich sind 3 Räumschleifen eingerichtet, wobei die äußeren jeweils mit den Räumschleifen der Nachbarbereiche abgestimmt und für beide Seiten optimiert wurden.

4.3 Unfallmanagement

Trotz Optimierung von Gradienten mit Sichtfeldaufweitungen und Fahrbahnoberflächen mit guter Ebenheit und guter Griffigkeit ereignen sich Unfälle.

Das bestehende Zahlenwerk ist jedoch zurzeit leider nicht repräsentativ bzw. belastbar, da eine Vollbetriebsphase von 7 Monaten keine eindeutige Interpretation zulässt.

Ein wichtiger Punkt beim Unfallmanagement ist die Vergütung von Aufwendungen zur Schadensbeseitigung. Während die Kosten für Sicherungsmaßnahmen, Kosten zur Wiederherstellung der Bausubstanz problemlos von deutschen und europäischen Versicherern vergütet werden, ist leider die Anerkennung von Nassreinigungen der Fahrbahn nach Unfällen mit Ölaustritt immer noch problematisch.

4.4 Grünpflege

Im Zuge der Detailplanung der Grünflächen zeigte sich, dass die bestehende Planfeststellung die Durchführung einer Beweidung extensiver Grünflächen zulässt. Nach Abstimmung mit zu beteiligenden Behörden (Obere und Untere Naturschutzbehörden und Landratsämtern) wurde die Planung in Auftrag gegeben.

Durch Umgruppierung der Gehölzflächen konnten Triftkorridore für die Viehtrift angelegt werden. Der zum Teil auf der Konzessionsgrenze im „Hinterland“ vorgesehene Wildschutzzaun wurde autobahnnah angeordnet. Da die Zaunanlage jetzt weitestgehend von der Autobahn eingesehen werden kann, ist die Streckenkontrolle hier in der Lage, den Wildschutzzaun täglich auf Beschädigung zu prüfen und gegebenenfalls eine sofortige Instandsetzung zu veranlassen, ohne die Fahrbahn verlassen zu müssen.

Auf gepachteten Flächen mit landschaftlich ortstypischem Charakter wurde im Heudruschverfahren das autochthone Saatgut für die Grasflächen gewonnen. Dadurch wird sofort eine Artenvielfalt auf den Saatflächen angesiedelt, die zum einen die erdbautechnischen Kunstbauwerke – Einschnitte und Dämme – optisch besser in die Umgebung integriert und zum anderen die Extensivpflege mit Reduzierung der Schnitthäufigkeit ermöglicht.

Seit April 2011 werden die ersten Flächen mit Schottischen Hochlandrindern und Merinoschafen beweidet.

Die Beweidung findet nur im autobahnabgewandten Bereich, also zwischen Wildschutzzaun und Konzessionsgrenze statt. Die einzelnen Weideplätze der Schafe werden mit zusätzlicher, einfacher mobiler Zaunsicherung versehen.

Die Weideplätze der Rinder sind mit stationären oder mobilen dreizügigen Elektrozäunen gesichert.

Durch den vollständigen Wegfall von Mähgeräten mit Elektro- oder Verbrennungsmotoren verbessert sich durch die Beweidung der „CO2-Fußabdruck2“ beträchtlich. 

5 Schnittstellen zu Dritten

Der einwandfreie Betrieb einer Autobahn funktioniert nur, wenn auch die Schnittstellen zu den „Nachbarn“ funktionieren. Polizei und Rettungsdienste seien hier an erster Stelle genannt. Hier kann nur von einem positiven Miteinander in der ersten Konzessionszeit berichtet werden. Der Informationsfluss über die installierten Nachrichtenketten haben sich in der Praxis bewährt.

Weitere Schnittstellen bestehen zu den benachbarten Kommunen, hier insbesondere im Bereich kreuzender Wege und Straßen nach Fernstraßenkreuzungsverordnung. Leider muss kritisch angemerkt werden, dass in Zeiten „leerer Kassen“ die betriebliche Erhaltung der Kommunen stark reduziert wurde, so dass hier zurzeit ein gewisses Spannungsfeld besteht, da eine unzureichende Wartung die Lebensdauer eines Bauwerkes beeinträchtigen kann.

Selbstverständlich bestehen im Falle der ABDSB Schnittstellen zu mehreren Dienststellen. Die Einbindung in das Baustellenmanagementsystem ist erfolgreich abgeschlossen.

Die Zusammenarbeit mit der Abteilung Verkehrslenkung erfolgt lösungsorientiert, schnell und partnerschaftlich.

Durch den Verbleib hoheitlicher Aufgaben bei der ABDSB erfolgt eine enge, vertrauensvolle Zusammenarbeit mit der zuständigen Autobahnmeisterei. Im nachfolgenden Vortrag wird hierauf näher eingegangen. 

6 Ausblick – Schlussbemerkungen

  • Es ist zu überprüfen, ob bei Kreuzung von Straßen und Wegen die vollständige Erhaltungsverpflichtung im Konzessionszeitraum beim Konzessionsnehmer verbleiben sollte.
  • Die Nassreinigung muss anerkannter Standard werden.
  • Die praxisgerechte Anpassung der ZTV-Funktion ist erforderlich, damit fachgerechte Sanierungen nicht automatisch zu einer dramatischen Verschlechterung der Zustandsnoten führen.