FGSV-Nr. FGSV 002/106
Ort Stuttgart
Datum 02.04.2014
Titel Grundlagen für die Beurteilung zeitlicher Verlagerungspotenziale im Güterverkehr
Autoren Prof. Dr.-Ing. Manfred Boltze, M. Eng. Karin Molitor
Kategorien HEUREKA
Einleitung

Durch das in den kommenden Jahren erwartete Wachstum des Straßengüterverkehrs wird sich die Problematik von zunehmenden Kapazitätsengpässen auf deutschen Straßen weiter verschärfen. Die zeitliche Verlagerung des Güterverkehrs stellt eine denkbare Maßnahme für die effizientere Nutzung der bestehenden Infrastruktur dar. Dieser Beitrag analysiert daher am Beispiel ausgewählter Autobahnabschnitte in der Region Frankfurt RheinMain das theoretische Potenzial zur tageszeitlichen Verlagerung des Lkw-Verkehrs. Es ist festzustellen, dass Belastungsspitzen im Lkw-Verkehr auf deutschen Autobahnen deutlich schwächer ausgeprägt sind als im Pkw-Verkehr. Wesentlicher Grund hierfür ist, dass der tageszeitliche Verlauf im Lkw-Verkehr wesentlich stärker als im Pkw-Verkehr durch eine effiziente Nutzung der Ressource Fahrzeug und Fahrer geprägt ist. Zudem liegt der Lkw-Anteil während der Belastungsspitzen des Gesamtverkehrs in der Regel unter 12 %. Der Beitrag zur Stauvermeidung, der von zeitlichen Verlagerungen von Lkw-Fahrten um wenige Stunden zu erwarten ist, muss deshalb als gering eingeschätzt werden. Ansätze zur zeitlichen Verkehrsverlagerung in Belastungsspitzen sind deshalb – auch gemäß den
Verursachungsanteilen – vorrangig im Pkw-Verkehr zu suchen. Möglichkeiten zur zeitlichen Verlagerung von Lkw-Verkehr sollten vorrangig in Veränderungen der Produktions- und Logistikprozesse gesucht werden, welche einen Nachttransport ermöglichen. Die dabei entstehenden Probleme der zusätzlichen nächtlichen Lärmbelastung und Nachtarbeit sind zu berücksichtigen. Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung, zur modalen Verlagerung und zur Verkehrslenkung im Güterverkehr haben daneben weiterhin eine hohe Bedeutung.

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einleitung

In Deutschland ist seit den 1990er Jahren ein starkes Wachstum der Straßengüterverkehrsleistung zu beobachten, und aller Voraussicht nach wird sich dieser Trend auch in den nächsten Jahren fortsetzen (siehe SRU 2012, [1]). Für das Güterverkehrsaufkommen auf Hessens Straßen kann bis 2030 von einer Zunahme um gut ein Drittel gegenüber 2010 ausgegangen werden (siehe IVM 2010, [2]). Doch kommt es auf Grund der hohen Verkehrsbelastungen in Hessen während den Hauptverkehrszeiten bereits heute regelmäßig zu Kapazitätsengpässen, was sich tagtäglich in Staus und hohen Umweltbelastungen widerspiegelt (siehe HMWVL 2013, [3]). Da wegen fehlender finanzieller Mittel in den öffentlichen Kassen notwendige Investitionen in die Verkehrsinfrastruktur wahrscheinlich ausbleiben werden – die Daehre-Kommission geht z. B. von einem Gesamtbedarf von 7,2 Mrd. € p.a. zur Erhaltung der deutschen Verkehrsinfrastruktur aus (siehe DaehreKommission 2012, [4]) – ist anzunehmen, dass sich die Auswirkungen der Kapazitätsengpässe in Zukunft noch deutlicher zeigen werden (siehe Ahrens/Kabitzke 2011, [5]). Unter anderem kann dies zur Folge haben, dass der Verkehr auf einer steigenden Anzahl an Autobahnabschnitten nicht mehr mit zufriedenstellender Qualität abgewickelt werden kann (siehe ADAC 2012, [6]). Dementsprechend müssen Wege gefunden werden, die bestehende Verkehrsinfrastruktur noch effizienter zu nutzen.

Der Güterverkehr wird verbreitet als ein wesentlicher Verursacher von Kapazitätsproblemen im Straßenverkehr angesehen. Subjektiv wahrgenommene Lkw-Kolonnen auf dem rechten Fahrstreifen und Behinderungen durch Lkw-Überholvorgänge tragen hierzu bei. Es ist deshalb naheliegend, in der Beeinflussung der Güterverkehrsnachfrage nach Beiträgen zur Problemlösung zu suchen. Ein grundsätzlich erfolgversprechender Ansatz hierzu besteht im Konzept des übergreifenden Transportmanagements im Rahmen des Verkehrsmanagements (siehe Boltze 2013, [7]). In Analogie zum Mobilitätsmanagement für den Personenverkehr, bei dem schon heute Einfluss auf die Zeitwahl sowie die Verkehrsmittelwahl einzelner Personen genommen wird, soll durch eine gezielte Beeinflussung der Güterverkehrsnachfrage zur Optimierung der Wirkungen des Güterverkehrs beigetragen werden. Neben Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung, räumlichen und modalen Verlagerung oder Verkehrslenkung ist grundsätzlich auch die zeitliche Verlagerung des Güterverkehrs eine denkbare Maßnahme, um die bestehende Infrastruktur zu entlasten und Belastungsspitzen in den Hauptverkehrszeiten zu reduzieren. Jedoch stellt sich unmittelbar die Frage, ob und in welchem Maß auf Bundesautobahnen ein Potenzial zur zeitlichen Verlagerung von Güterverkehr vorhanden ist und welche Wirkungen damit von entsprechenden Maßnahmen des Transportmanagements erwartet werden dürfen. 

Im Folgenden soll daher das theoretische Potenzial zur tageszeitlichen Verlagerung des Güterverkehrs auf Bundesautobahnen analysiert werden. Hierfür werden folgende Aspekte untersucht:

• Inwieweit kommt es im Tagesverlauf zu Überlagerungen der jeweiligen Spitzenstunde (nach FGSV 2012, [8] definiert als 60-minütiger Zeitraum mit der höchsten Verkehrsbelastungen eines Tages) des Gesamtverkehrs und des Lkw-Verkehrs? Wie weit gibt es Überlagerungen von Zeiträumen hoher Belastungen (hier definiert als Belastungen größer als der Wert der Spitzenbelastung minus 10 %)?

• Ist es theoretisch möglich, in Zeiten von hohen Belastungen allein durch die Verlagerung des Lkw-Verkehrs eine ausreichende Qualität des Verkehrsablaufs (QSV D) zu erreichen?

• Ist es möglich, die Lkw-Ganglinien verschiedener Wochentage sinnfällig zu Gruppen zusammenzufassen, um so möglicherweise allgemeingültige Aussagen für verschiedene Wochentage zu treffen?

• Ist bei der Analyse des Ferienfahrverbots, das in Deutschland an Samstagen im Juli bis August auf ausgewählten Autobahnen und Bundesstraßen gilt, die Wirkung bestehender Maßnahmen zur zeitlichen Verlagerung des Lkw-Verkehrs erkennbar?

Basierend auf den Ergebnissen sollen Schlussfolgerungen dazu gezogen werden, welche Rolle Maßnahmen zur zeitlichen Verlagerung von Lkw-Verkehr im Rahmen des Verkehrsmanagements und insbesondere der Nachfragebeeinflussung zukünftig spielen sollten.

Der vorliegende Beitrag basiert auf Untersuchungen, die im Rahmen des Projekts Dynamo PLV (Dynamische und nahtlose Integration von Produktion, Logistik und Verkehr) der Technischen Universität Darmstadt und der European Business School durchgeführt wurden. Dieses Projekt wird durch das Forschungsförderprogramm Landes-Offensive zur Entwicklung Wissenschaftlich-ökonomischer Exzellenz (LOEWE) der hessischen Landesregierung gefördert. Es analysiert die wechselseitigen Auswirkungen von Maßnahmen in den Bereichen Produktion, Logistik und Verkehr und sucht nach möglichen Verbesserungen der Abläufe in allen Bereichen zur Optimierung des Gesamtsystems (siehe Dynamo PLV 2014, [9]).

2 Bestehende Maßnahmen zur Beeinflussung der Zeitwahl

Im Personenverkehr wird bereits heute erfolgreich Einfluss auf die Zeitwahl von Verkehrsteilnehmern genommen. Vor allem im öffentlichen Personennahverkehr (ÖPNV) treten ausgeprägte tageszeitliche Schwankungen der Nachfrage auf. Zu den Spitzenzeiten, insbesondere am Vormittag, kommt es hier auf Grund der zeitlichen Konzentration von Fahrten mit den Fahrtzwecken Ausbildung und Beruf zu hohen Verkehrsbelastungen, was sich häufig durch eine sehr hohe Auslastung bzw. teilweise sogar Überlastung der Fahrzeuge bemerkbar macht. In den Talzeiten hingegen werden die zur Verfügung stehenden Kapazitäten zu einem großen Anteil nicht genutzt. Lange Zeit war die Anpassung des Angebots die übliche Reaktion auf die hohe Nachfrage. Da diese Maßnahme jedoch als künftig in vielen Fällen nicht mehr finanzierbar angesehen wird, tritt die Nachfragebeeinflussung zunehmend in den Vordergrund. Vor allem die Beeinflussung der Zeitwahl wird als eine Lösung des Problems gesehen. Maßnahmen hierfür sind beispielsweise die Verschiebung bzw. Staffelung von Unterrichtszeiten an Schulen oder auch preisreduzierte Zeitkarten mit Beschränkung der zeitlichen Gültigkeit auf Talzeiten (siehe Kittler/Boltze 2011, [10]).

Wie einleitend beschrieben, kommt es auch im MIV in den Hauptverkehrszeiten regelmäßig zu Überlastungen der Verkehrssysteme. Für den Personenverkehr gibt es im Mobilitätsmanagement eine Reihe von Maßnahmen (z. B. City-Maut, Parkgebühren etc.), die auf die zeitliche Verlagerung zielen. Auch im Güterverkehr werden schon heute Maßnahmen zur Beeinflussung der Zeitwahl eingesetzt, um positiven Einfluss auf den Verkehrsablauf zu nehmen. Gängiges Werkzeug zur direkten Einflussnahme auf die Zeitwahl des innerstädtischen Lieferverkehrs ist die Schaffung von Lieferzeitfenstern. Zusätzlich wird im innerstädtischen Bereich auf Grund von zunehmenden Luftschadstoff- und Lärmimmissionen ebenfalls verstärkt auf Maßnahmen wie Durchfahr- und Nachtfahrverbote für den LkwVerkehr zurückgegriffen, mit welchen teilweise indirekt auch die Zeitwahl im Güterverkehr beeinflusst wird. Im Ausland wird ebenfalls mittels zeitlich gestaffelten City-Maut-Konzepten Einfluss auf die Zeitwahl genommen (z. B. Stockholm, Singapur).

Auch auf Fernstraßen soll zukünftig außerhalb Deutschlands, beispielsweise in Großbritannien und den Niederlanden, mit dynamischen Mautkonzepten der Güterverkehr zeitlich beeinflusst werden. Hierzulande kommt es für den Lkw-Verkehr durch Ferien- und Sonntagsfahrverbote, die den Verkehrsfluss harmonisieren sollen, zu Einschränkungen. Das Ferienfahrverbot gilt auf ausgewählten Autobahnabschnitten und Bundesstraßen für Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 7,5 Tonnen sowie Anhänger hinter Lastkraftwagen an Samstagen vom 1. Juli bis 31. August in der Zeit von 7 bis 20 Uhr. Ausgenommen von diesem Fahrverbot sind kombinierte Verkehre Schiene/Straße und Hafen/Straße sowie Verkehre, die der Beförderung von leicht verderblichen Lebensmitteln (frische Milch, frisches Fleisch, sowie deren Erzeugnissen und frisches Obst) dienen. Dazu zählen außerdem Leerfahrten, die im Zusammenhang mit der Beförderung leicht verderblicher frischer Lebensmittel stehen (siehe Straßenverkehrs-Ordnung StVO § 30 Abs. 3 und 4, [11]).

Beim Vergleich der Maßnahmen zur Beeinflussung der Zeitwahl im ÖPNV mit denen im Güterverkehr wird deutlich, dass sich die eingesetzten Maßnahmen im ÖPNV auf eine Verlagerung der Belastungsspitzen innerhalb weniger Stunden beziehen, während im Güterverkehr in Bezug auf die Beeinflussung der Zeitwahl, abgesehen von Lieferzeitfenstern, in der Regel bisher ausschließlich Maßnahmen mit mehrstündiger Gültigkeitsdauer eingesetzt werden (zum Beispiel ganztägige Fahrverbote). Zur Glättung der Gesamtverkehrsnachfrage in den Spitzenstunden wäre es jedoch wünschenswert, auch im Güterverkehr Maßnahmen zu einer kurzfristigeren Beeinflussung des Güterverkehrsaufkommens einzusetzen.

3 Methodik

3.1 Auswahl des Untersuchungsgebiets und Auswahl der Zählstellen

Für die Ermittlung des theoretischen Verlagerungspotenzials des Güterverkehrs wird hier nur die Verkehrsbelastung durch Lkw (als Teil des Güterverkehrs) betrachtet. Als Grundlage für die Analyse und die Untersuchung der Wirkung des Ferienfahrverbots, als bereits bestehende Maßnahme zur zeitlichen Beeinflussung des Lkw-Verkehrs, dienen Verkehrsdaten von sechs automatischen Zählstellen der Bundesanstalt für Straßen- und Verkehrswesen (BASt) in der Region Frankfurt RheinMain.

Bei den ausgewählten Zählstellen handelt es sich um hoch belastete Abschnitte, die bei der Analyse der durchschnittlichen Wochenganglinien (ohne Ferien) aus dem Jahr 2011 an einigen Werktagen in beiden Fahrtrichtungen die Qualitätsstufe E oder in einer Fahrtrichtung die Qualitätsstufe F aufwiesen. Zudem handelt es sich bei zwei der ausgewählten Zählstellen um Autobahnabschnitte, die vom Ferienfahrverbot betroffen sind. Durch den Vergleich mit den weiteren vier Zählstellen, die nicht vom Ferienfahrverbot betroffen sind, ist es somit möglich, Aussagen über die Wirkung dieser bestehenden Maßnahme zu treffen. Die räumliche Lage der untersuchten Zählstellen ist Bild 1 zu entnehmen.

Bild 1: Betrachtete Zählstellen in der Region Frankfurt RheinMain
(Kartengrundlage OpenStreetMap - Deutschland [12], Lage der Zählstellen siehe BASt 2012, [13])

3.2 Aufbereitung der Zählstellendaten für die weitere Analyse

Die Rohdaten der Zählstellen geben Aufschluss über die stündliche Verkehrsbelastung auf den verschiedenen Streckenabschnitten, unterschieden in die neun Fahrzeugtypen nach den Technischen Lieferbedingungen für Streckenstationen (2012) (siehe Bild 2) (siehe BASt 2012, [13]).

Bild 2: Unterscheidung der einzelnen Fahrzeugtypen (siehe BASt 2012, [13])

Für die Erstellung der Ganglinien und die Analyse des möglichen zeitlichen Verlagerungspotenzials wurden folgende Fahrzeugtypen zu gemeinsamen Kategorien zusammengefasst:
 
• Kategorie 1: Pkw (Pkw, Pkw mit Anhänger, Motorräder und nicht klassifizierte Kfz), 

• Kategorie 2: Busse,

• Kategorie 3: Kleintransporter und 

• Kategorie 4: Lkw (Lkw > 3,5 t ohne Anhänger, Lkw > 3,5 t mit Anhänger und Sattelzüge).

3.3 Umrechnung der Verkehrsbelastungen in Pkw-Einheiten

Um den Einfluss des Lkw-Verkehrs auf die Verkehrsmenge und Verkehrsqualität verdeutlichen zu können, wurde für diese Studie eine Umrechnung der richtungsbezogenen Verkehrsstärke in Pkw-Einheiten vorgenommen. Da es sich bei den untersuchten Querschnitten um Autobahnen außerhalb von Knotenpunkten handelt, wurde ein Ansatz aus den Ausführungshinweisen zum „Leitfaden zum Arbeitsstellenmanagement auf Bundesautobahnen“ (siehe BASt 2011, [14]) verwendet. Entsprechend ergibt sich der in Gleichung (1) dargestellte Zusammenhang zur Berechnung der Verkehrsstärke qPE (in PkwEinheiten) auf Autobahnen:

Formel siehe PDF

q = Verkehrsstärke [Kfz/h]

bSV = Schwerverkehrsanteil [%] (Anteil der Kategorien 2 und 4 am Gesamtverkehr)

fG = Längsabhängiger Geländefaktor (eben < 2% = 1,5; hügelig 2-4% = 2; bergig > 4% = 2,5)
 
Die zur Berechnung notwendigen Schwerverkehrsanteile wurden als Stundenwerte über die Basisdaten der BASt ermittelt und gingen an entsprechender Stelle in die Berechnungen ein. Bei den ausgewählten Zählstellen wurde von einem Gefälle von < 2% (eben) ausgegangen, womit nach BASt (siehe BASt 2011, [14]) ein Geländefaktor von fG = 1,5 bei der Ermittlung der Verkehrsstärke qPE verwendet wurde. Abhängig vom Schwerverkehrsanteil ergab sich aus der oben genannten Gleichung somit ein stündlich variierender Hochrechnungsfaktor für den Lkw, der im Mittel ca. 1,5 betrug.

3.4 Bestimmung der Qualitätsstufen des Verkehrsablaufs (QSV)

Bild 3 stellt neben dem Verlauf der Verkehrsbelastung auch die verschiedenen Qualitätsstufen des Verkehrsablaufs in Abhängigkeit von der Verkehrsbelastung dar. Damit wird das Potenzial zur Verbesserung der Qualitätsstufen durch eine zeitliche Verlagerung des Lkw-Verkehrs aufgezeigt. Für die Ermittlung der vorhandenen Qualitätsstufen wurde die Kapazität einer Richtungsfahrbahn nach dem „Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen“ (HBS) (siehe FGSV 2009, [15]) bestimmt. Da es sich bei den ausgewählten Abschnitten um zwei- bzw. dreistreifige Richtungsfahrbahnen innerhalb von Ballungsräumen handelt, ergibt sich eine maximale Kapazität von 4.000 bzw. 5.700 Kfz/h. Über die Grenzwerte des Auslastungsgrads a (A ≤ 0,3, B ≤ 0,55, C ≤ 0,75, D ≤ 0,9 und E ≤ 1,0) und die zuvor festgelegten Kapazitäten lassen sich somit die zulässigen Verkehrsstärken (qzul), für die verschiedenen Qualitätsstufen ermitteln.

Die Wirkungen von Verkehrsflusszusammenbrüchen auf die ausgewerteten Verkehrsbelastungsdaten, wie sie in parallel erfassten Geschwindigkeitsdaten erkennbar wären, wurden hier vereinfachend nicht betrachtet. Solche Wirkungen wären vor allem für Untersuchungen von kleineren Zeitintervallen innerhalb der Spitzenstunden interessant, sie erscheinen aber für die hier vorgenommenen qualitativen Betrachtungen von Tagesganglinien vernachlässigbar.

Bild 3: Beispielhafte Darstellung der Verkehrsbelastung und Qualitätsstufen einer Zählstelle

3.5 Erstellte Ganglinien

Zur Analyse des theoretischen tageszeitlichen Verlagerungspotenzials des Lkw-Verkehrs und zur Wirkungsanalyse des bereits bestehenden Ferienfahrverbots wurden die in Bild 1 dargestellten Zählstellen für die Jahre 2006 bis 2011 jeweils in beiden Fahrtrichtungen untersucht. Aus den Rohdaten wurden die folgenden Ganglinientypen erstellt:

• Durchschnittliche Tagesganglinien (Montag bis Sonntag): Diese Ganglinien dienen der Analyse der Überlagerung der Spitzenstunden von Gesamtverkehr und Lkw-Verkehr sowie der Analyse der Überlagerung von Zeiträumen hoher Belastung. Zusätzlich liefern die Ganglinien Informationen über die Qualitätsstufen und die Verkehrsbelastung, die verlagert werden muss, um mindestens eine ausreichende Qualitätsstufe (QSV D) zu erreichen.

• Durchschnittliche Tagesganglinien des Lkw-Verkehrs (Montag bis Sonntag): Mit Hilfe dieser Ganglinien kann untersucht werden, ob Lkw-Ganglinien verschiedener Wochentage zu Gruppen zusammengefasst werden können. 

• Durchschnittliche Samstagsganglinien während und außerhalb des Ferienfahrverbots: Diese dienen der Wirkungsanalyse der bestehenden Maßnahme zur zeitlichen Verlagerung des Lkw-Verkehrs.

4 Ergebnisse

4.1 Überlagerung der Spitzenstunden und Überlagerungen von Zeiträumen hoher Belastungen

Zur Identifikation der Überlagerungen von Spitzenstunden des Gesamtverkehrs und des Lkw-Verkehrs wurden die Tagesganglinien aller Zählstellen darauf untersucht, ob die Spitzenstunden des Gesamtverkehrs und des Lkw-Verkehrs gleichzeitig auftreten. Zusätzlich wurde geprüft, ob es zu einer Überlagerung der Zeiträume hoher Belastungen kommt. Zu diesen hohen Belastungen zählen, wie in Bild 4 beispielhaft anhand einer Tagesganglinie für die Zählstelle 6902 dargestellt, die Verkehrsbelastungen, welche bis zu 10 % unter der absoluten Spitzenbelastung liegen (grau gestreifte Fläche).

Bild 4: Ermittlung der Überlagerung von Spitzenstunden sowie Überlagerungen der Zeiträume hoher Belastungen

Grundlegend ist bei dieser Analyse aufgefallen, dass die Spitzen im Gesamtverkehr (bedingt durch die Verkehrsbelastungen aus dem Pkw-Verkehr) wesentlich ausgeprägter sind und sich über eine höhere Verkehrsbelastung erstrecken, als dies beim Lkw-Verkehr der Fall ist. Wie Bild 4 beispielhaft zu entnehmen ist, dehnen sich die Zeiträume hoher Belastungen im Gesamtverkehr auf Zeiträume von ca. ein bis drei Stunden aus. Bei einigen Zählstellen ist zu erkennen, dass diese Belastungen am Vormittag und am Nachmittag gleichermaßen auftreten, bei anderen Zählstellen kommt es nur vormittags bzw. nur nachmittags zu diesen Spitzenbelastungen. Im Lkw-Verkehr hingegen erstrecken sich die so definierten Zeiträume hoher Belastung über teilweise bis zu acht Stunden, und es tritt am Tag damit nur ein solcher Zeitraum hoher Belastung auf. Selbstverständlich ist die in Pkw-Einheiten ermittelte Verkehrsbelastung im Lkw-Verkehr wesentlich geringer als im sonstigen Verkehr.

In Tabelle 1 sind die Ergebnisse der Analyse zur zeitlichen Überlagerung der Spitzenstunden und der Zeiträume hoher Belastungen des Gesamtverkehrs und des Lkw-Verkehrs dargestellt. Hierbei wurde ermittelt, bei wie viel Prozent der insgesamt 504 untersuchten durchschnittlichen Tagesganglinien (abhängig von den Zählstellen) es zu einer Überlagerung der absoluten Spitzen des Gesamtverkehrs und des Lkw-Verkehrs kommt und bei wie vielen Ganglinien sich die Zeiträume der hohen Belastungen überlagern. Zur besseren Unterscheidung wurden die Werktage Montag bis Freitag sowie die Tage Samstag und Sonntag jeweils zu Gruppen gebündelt.

Tabelle 1: Auswertung der Überlagerung der Spitzenstunden und Überlagerungen von Zeiträumen hoher Belastungen in Gesamtverkehr und Lkw-Verkehr

Zusammenfassend ist zu sagen, dass es werktags bei nur knapp sieben Prozent der untersuchten Tagesganglinien überhaupt zu einer Überlagerung der Spitzenstunde des Gesamtverkehrs und Lkw-Verkehrs kommt. Zu Überlagerungen der Zeiträume mit hohen Belastungen kommt es werktags bei knapp 60 % der Ganglinien. Hierbei ist allerdings anzumerken, dass der Zeitraum der Überlagerung in fast allen Fällen relativ kurz ist und sich nur über ca. eine Stunde erstreckt. Ferner ist der Anteil des Lkw-Verkehrs mit maximal zwölf Prozent am Gesamtverkehr (bezogen auf Pkw-Einheiten) in diesen wenigen Stunden der Überlagerung immer sehr gering. Bei Betrachtung der Tagesganglinien wird deutlich, dass der Pkw-Verkehr mit einem sehr großen Anteil zu den auftretenden Spitzenbelastungen beiträgt. Dies spielt eine besondere Rolle, wenn Maßnahmen zur Verbesserung des Verkehrsablaufs über eine Beeinflussung der Zeitwahl verursachergerecht (abhängig von der anteiligen Belastung im Gesamtverkehr) auf die verschiedenen Fahrzeugklassen angewendet werden sollen.

Durch die generell niedrigen Belastungen an den Wochenenden, mit durchschnittlichen Qualitätsstufen B und C, kann die Betrachtung der Überlagerung von verschiedenen Spitzenbelastungen und Zeiträumen hoher Belastungen an Samstagen und Sonntagen vernachlässigt werden.

4.2 Notwendige Verlagerung der Verkehrsbelastung zum Erreichen der Qualitätsstufe D

Die Überprüfung, ob das Erreichen der Qualitätsstufe D im Gesamtverkehr allein durch eine Verlagerung des Lkw-Verkehrs möglich ist, erfolgte ebenfalls mit Hilfe der durchschnittlichen Tagesganglinien aller Zählstellen und Jahre. Aus den Ganglinien wurde ermittelt, wie groß die Verkehrsbelastung (in Pkw-Einheiten) ist, die verlagert werden müsste, um eine ausreichende Qualitätsstufe zu erreichen. Anschließend wurde untersucht, welche prozentuale Verlagerung des Lkw-Verkehrs dies zur Folge hätte. 

In Bild 5 ist der Anteil der Verkehrsbelastung, der über die Qualitätsstufe D hinausgeht, beispielhaft für die Zählstelle 6854 mit schraffierten Flächen dargestellt. Zusätzlich wird die zu verlagernde Verkehrsmenge grafisch mit der in diesem Zeitraum vorhandenen Verkehrsbelastung durch Lkw verglichen, um den Anteil der Lkw zu veranschaulichen, welcher verlagert werden müsste.

Bild 5: Ermittlung der zu verlagernden Verkehrsbelastung, um die Qualitätsstufe D zu erreichen

An 290 der insgesamt 504 untersuchten Tage (58 %) kam es mindestens einmal am Tag zu Überschreitungen der Qualitätsstufe D, die von verschiedener Dauer und Intensität waren. Zur weiteren Analyse wurden die einzelnen Stunden, während denen es zu Überschreitungen kam, genauer betrachtet. Vor allem bei den Zählstellen, bei denen die Verkehrsbelastungen die Qualitätsstufe F erreicht haben, wird deutlich, dass die Verlagerung zum Erreichen der Qualitätsstufe D keines Falls allein durch eine Verlagerung des LkwVerkehrs möglich ist. Tabelle 2 zeigt (nach Zählstellen und Fahrtrichtungen getrennt) die Anzahl der Stunden während der durchschnittlichen Wochenganglinien, während denen die Qualitätsstufe D überschritten wurde. Zudem wird dargestellt in wie vielen Fällen es nötig wäre, über 100 % bzw. über 75 % des Lkw-Verkehrs zu verlagern, um die eine ausreichende Verkehrsqualität zu erreichen.

Tabelle 2: Auswertung der notwendigen Verlagerung des Lkw-Verkehrs zum Erreichen der Qualitätsstufe D

Bei der Auswertung wurde festgestellt, dass bei einem Drittel der Fälle eine Verlagerung nötig wäre, welche die vorhandene Lkw-Belastung übersteigt. Bei knapp der Hälfte der Fälle, bei denen es zu einer Überschreitung der Qualitätsstufe D kommt, wäre eine Verlagerung von mehr als 75 % des Lkw-Verkehrs notwendig, um das Ziel einer ausreichenden Qualitätsstufe zu erreichen. Nur bei Zählstellen, bei denen die Qualitätsstufe D nur geringfügig überschritten wurde, ist eine entsprechende Verbesserung der Qualität des Verkehrsablaufs durch eine alleinige Verlagerung des Lkw-Verkehrs überhaupt möglich.

4.3 Gruppierung der Lkw-Ganglinien verschiedener Wochentage

Zur Untersuchung, ob es Ähnlichkeiten beim Verlauf der durchschnittlichen Tagesganglinien im Lkw-Verkehr gibt, wurden diese gesondert betrachtet. Bei der Auswertung wurden zwei verschiedene typische Verläufe von Ganglinien festgestellt. Zum einen gibt es Autobahnabschnitte mit Tagesganglinien, die geringe Änderungen in der Verkehrsbelastung zu bestimmten Tageszeiten aufweisen, zum anderen gibt es Autobahnabschnitte mit Tagesganglinien, die einen sehr gleichförmigen Belastungsverlauf zeigen. Bei beiden Ganglinientypen sind allerdings keine auffälligen Belastungsspitzen zu erkennen. 

In Bild 6 ist beispielhaft der Verlauf der Ganglinien an einer typischen Zählstelle mit geringen Abweichungen der Belastungen an verschiedenen Werktagen dargestellt. Es handelt sich hierbei um einen Abschnitt der A 3 (Zählstelle 6853), bei dem zu erkennen ist, dass die durchschnittlichen Tagesganglinien von Dienstag, Mittwoch und Donnerstag einen sehr ähnlichen Verlauf haben und gut zu einer Gruppe zusammengefasst werden können.

Montags und freitags liegen die Verkehrsbelastungen etwas unter den Belastungen der Gruppe von Dienstag bis Donnerstag. Die Samstagsganglinie zeigt eine durch das folgende Sonntagsfahrverbot bedingte Abnahme der Verkehrsbelastung in den Abend- bis Nachtstunden, wobei die Verkehrsbelastung an einem Sonntag relativ gleichmäßig in Richtung Ende des Sonntagsfahrverbots (20 Uhr) wieder ansteigt.

Bild 6: Durchschnittliche Tagesganglinien des Lkw-Verkehrs an einem Autobahnabschnitt mit leichten Belastungsunterschieden an den Werktagen

Die in Bild 7 gezeigten Tagesganglinien der Zählstelle 6902 auf der A 66 sind ein Beispiel für eine Zählstelle mit einem an verschiedenen Werktagen sehr gleichartigen Belastungsverlauf. Alle Tagesganglinien von Montag bis Freitag weisen einen sehr ähnlichen Verlauf ohne Spitzenbelastungen auf. Wie bereits bei den zuvor beschriebenen Tagesganglinien ist eine Abnahme der Verkehrsbelastung am Samstagabend zu erkennen und eine Zunahme in Richtung Sonntagabend, die durch das Sonntagsfahrverbot begründet sind, wobei die Anzahl der Lkw sehr gering ist.

Bild 7: Durchschnittliche Tagesganglinien des Lkw-Verkehrs an einem Autobahnabschnitt mit sehr geringen Belastungsunterschieden an den Werktagen

Zu beiden beispielhaft dargestellten Diagrammen der Tagesganglinien ist zu sagen, dass der Lkw-Verkehr generell einen sehr gleichförmigen Verlauf aufweist. Hierbei ist zu erkennen, dass sich die Belastung tagsüber auf einem relativ konstanten Niveau befindet, dass erwartungsgemäß wesentlich höher ist, als die nächtliche Verkehrsbelastung.

4.4 Wirkungsanalyse des Ferienfahrverbots

Für die Analyse der Wirksamkeit des Ferienfahrverbots an Samstagen wurden für die betroffenen Zählstellen die Verkehrsbelastungen während und außerhalb des Gültigkeitszeitraums des Fahrverbots in einem gemeinsamen Diagramm dargestellt. Zu den vom Ferienfahrverbot betroffenen Autobahnabschnitten im Untersuchungsgebiet gehören die beiden Zählstellen entlang der A 3 (Zählstelle 6853 und 6854). In Bild 8 sind beispielhaft die Ergebnisse für die Zählstelle 6854 dargestellt. Den Ganglinien ist zu entnehmen, dass die Verkehrsbelastung an Samstagen während des Ferienfahrverbots in der Zeit von 0 Uhr bis 7 Uhr im Vergleich zu Samstagen außerhalb des Ferienfahrverbots höher ist. Wie zu erwarten, nimmt die Anzahl an Lkw auf den vom Ferienfahrverbot betroffenen Strecken während des Gültigkeitszeitraums des Fahrverbots zwischen 7 Uhr und 20 Uhr ab. Mit Ende der Einschränkung für den Lkw-Verkehr um 20 Uhr steigt die Anzahl der an den Zählstellen erfassten Lkw wieder deutlich an.

Bild 8: Vergleich Verkehrsbelastungen Samstag während und außerhalb des Ferienfahrverbots (Zählstelle mit Ferienfahrverbot)

Um sicherzustellen, dass es sich bei der Abnahme der Verkehrsbelastung nicht um eine Folge der Ferienzeit handelt, wurden auch die Zählstellen der Autobahnabschnitte, die nicht vom Ferienfahrverbot betroffen sind, analysiert. In Bild 9 ist diese Auswertung beispielhaft für die A 66 (Zählstelle 6902) dargestellt. Hierbei ist festzustellen, dass es zu einer nur sehr geringen Abnahme des Lkw-Verkehrs kommt, die sicherlich durch die Ferienzeit begründet ist.

Bild 9: Vergleich Verkehrsbelastungen Samstag während und außerhalb des Ferienfahrverbots (Zählstelle ohne Ferienfahrverbot)

Neben der grafischen Auswertung der Ergebnisse wurde die Veränderung der Verkehrsbelastung durch Lkw an Samstagen während des Ferienfahrverbots im Vergleich zu Samstagen außerhalb des Ferienfahrverbots zusätzlich in Tabelle 3 zusammengefasst. Hier ist zu sehen, dass es bei den Zählstellen innerhalb des Geltungsbereichs des Ferienfahrverbots in der Zeit von 0 Uhr bis 7 Uhr im Mittel zu einer prozentualen Zunahme des Verkehrs von knapp fünf Prozent kommt. Die Analyse hat zudem gezeigt, dass das Ferienfahrverbot in dem betroffenen Gültigkeitszeitraum zu einer mittleren Abnahme von knapp 30 % des Lkw-Verkehrs führt; eine höhere Abnahme wäre nur mit weniger Ausnahmeregelungen und teilweise auch mit einer strikteren Überwachung der Einhaltung des Fahrverbots machbar. Nach Ende des Fahrverbots um 20 Uhr ist dann im Mittel eine Zunahme der Lkw-Belastung von 60 % zu verzeichnen. Bei Zählstellen ohne Ferienfahrverbot kommt es von 0 Uhr bis 20 Uhr zu geringen Abnahmen und ab 20 Uhr zu einer Zunahme von ca. 12 % der Verkehrsbelastung.

Tabelle 3: Ergebnisse der Wirksamkeitsanalyse des Samstagsfahrverbots

5 Fazit

Durch das auch in Zukunft weiter anhaltende Wachstum des Straßengüterverkehrs wird sich die Problematik von zunehmenden Kapazitätsengpässen auf deutschen Straßen weiter verschärfen. 

Die Datenanalyse zur Abschätzung des vorhandenen zeitlichen Verlagerungspotenzials im Güterverkehr zeigte, dass die Spitzen im Gesamtverkehr wesentlich ausgeprägter sind, als dies im Lkw-Verkehr der Fall ist. Das tagsüber gleichmäßigere Niveau im Lkw-Verkehr ist ganz wesentlich dadurch zu begründen, dass die im Gütertransport zur Verfügung stehenden Ressourcen Fahrzeug und Fahrer gut genutzt werden müssen. Anders als im Pkw-Verkehr ist eine langandauernde Nicht-Nutzung der Fahrzeuge im Güterverkehr aus wirtschaftlichen Gründen kaum akzeptabel. Dasselbe gilt für die Fahrer, von denen ein großer Teil in Tagesschichten eingesetzt wird. Eine Verschiebung von Lkw-Fahrten um wenige Stunden am Tag erscheint daher grundsätzlich nicht als gut machbare Maßnahme, um die Verkehrsqualität zu verbessern.

Nachts ist das Niveau der Lkw-Belastungen deutlich niedriger als tagsüber. Dies ist in erster Linie durch die zeitlichen Abläufe in Produktions- und Distributionsprozessen, aber teilweise auch durch die nachts höheren Lohnkosten für Fahrer zu erklären. Um eine Beeinflussung des Lkw-Verkehrs zu erreichen, die zur kapazitativen Entlastung der bestehenden Infrastruktur beiträgt, sollten Maßnahmen in Produktion und Logistik verstärkt untersucht werden, die einen Transport zu Nachtzeiten ermöglichen. Die dabei entstehenden Probleme der zusätzlichen nächtlichen Lärmbelastung und Nachtarbeit sind zu berücksichtigen. Weiterhin sind Möglichkeiten zur Verkehrsvermeidung und zur modalen Verkehrsverlagerung zu suchen.

Bei der Überprüfung von Verbesserungsmöglichkeiten des Verkehrsablaufs auf Bundesautobahnen wurde festgestellt, dass es zu den Zeiten der Spitzenbelastungen nicht möglich ist, allein durch die zeitliche Verlagerung des Lkw-Verkehrs zu einer ausreichenden Qualitätsstufe zu gelangen. Da der Pkw-Verkehr über ausgeprägte Spitzen verfügt und in diesen Zeiträumen der „kritischen“ Qualitätsstufen einen wesentlich größeren Anteil am Gesamtverkehr aufweist als der Lkw-Verkehr, ist eher über zusätzliche Maßnahmen im PkwVerkehr nachzudenken. Im Rahmen von Überlegungen zur Beeinflussung der Zeitwahl, die zur Verbesserung des Verkehrsablaufs beitragen sollen, sind grundsätzlich verursachergerechte Verlagerungen der verschiedenen Fahrzeugtypen (abhängig von der anteiligen Belastung am Gesamtverkehr) in Betracht zu ziehen.

Die Analyse des Ferienfahrverbots hat ergeben, dass es während dessen Gültigkeit an den beiden betroffenen Zählstellen zu einer mittleren Abnahme des Lkw-Verkehrs um knapp 30 % kommt.

Zusammenfassend liefert diese Studie damit folgende Ergebnisse:

• Belastungsspitzen im Lkw-Verkehr auf deutschen Autobahnen sind deutlich weniger stark ausgeprägt als im übrigen Verkehr und insbesondere im Pkw-Verkehr.

• Wesentlicher Grund hierfür ist, dass der tageszeitliche Verlauf im Lkw-Verkehr deutlich stärker als im Pkw-Verkehr durch eine effiziente Nutzung der Ressource Fahrzeug und Fahrer geprägt ist.

• Der Lkw-Anteil liegt während der Belastungsspitzen in der Regel unter 12 % (bezogen auf Pkw-Einheiten).

• Der Beitrag zur Stauvermeidung, der von zeitlichen Verlagerungen von Lkw-Fahrten um wenige Stunden zu erwarten ist, muss deshalb als gering eingeschätzt werden. 

• Ansätze zur zeitlichen Verkehrsverlagerung in Belastungsspitzen sind deshalb - auch gemäß den Verursachungsanteilen - vorrangig im Pkw-Verkehr zu suchen. 

• Möglichkeiten zur zeitlichen Verlagerung von Lkw-Verkehr sollten vorrangig in Veränderungen der Produktions- und Logistikprozesse gesucht werden, welche einen Nachttransport ermöglichen. Die dabei entstehenden Probleme der zusätzlichen nächtlichen Lärmbelastung und Nachtarbeit sind zu berücksichtigen. 

• Maßnahmen zur Verkehrsvermeidung, zur modalen Verlagerung und zur Verkehrslenkung im Güterverkehr haben daneben weiterhin hohe Bedeutung.

6 Literatur

[1] SRU – Sachverständigenrat für Umweltfragen (2012): Umweltgutachten 2012 – Verantwortung in einer begrenzten Welt. Berlin.

[2] IVM – Integriertes Verkehrs- und Mobilitätsmanagement Region Frankfurt RheinMain (2010): Wirtschaftsverkehr 2030 – Analyse und Prognose des regionalen Wirtschaftsverkehr in der Region Frankfurt RheinMain bis zum Jahr 2030. Frankfurt am Main.

[3] HMWVL – Hessisches Ministerium für Wirtschaft, Verkehr und Landesentwicklung (2013): Mobilität Hessen – Entwicklungen und Perspektiven. Wiesbaden.

[4] Daehre-Komission (2012): Bericht der Kommission „Zukunft der Verkehrsinfrastrukturfinanzierung“ der Verkehrsministerkonferenz.

[5] Ahrens, G.-A., Kabitzke, U. (2011): Zukunft von Mobilität und Verkehr: Auswertungen wissenschaftlicher Grunddaten, Erwartungen und abgeleiteter Perspektiven des Verkehrswesen in Deutschland. Forschungsbericht FE-Nr.: 96.0957/2010. Technische  Universität Dresden, Dresden.

[6] ADAC – Allgemeiner Deutscher Automobil-Club e.V. (2012): Verkehrsqualität auf deutschen Autobahnen. München.

[7] Boltze, M. (2013): Transportmanagement - Güterverkehrsnachfrage stadtverträglich beeinflussen. In: "U-Motion - Urbane Räume in Bewegung."  Edition Difu - Stadt Forschung Praxis, Deutsches Institut für Urbanistik. Berlin.

[8] FGSV – Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (2012): Begriffsbestimmungen – Teil: Verkehrsplanung , Straßenentwurf, Straßenbetrieb. FGSVVerlag, Köln.

[9] Dynamo PLV – Dynamische und nahtlose Integration von Produktion, Logistik und Verkehr (2014): www.dynamo-plv.de, Stand: 2.1.2014

[10] Kittler, W., Boltze, M. (2011): Beeinflussung der Zeitwahl von Nutzern des ÖPNV. In: Der Nahverkehr, Heft 6, S. 7-12

[11] Straßenverkehrs-Ordnung - § 30 Abs. 3 und 4 StVO

[12] OpenStreetMap – Deutschland (2013), www.openstreetmap.de, Stand: 13.11.2013

[13] BASt - Bundesanstalt für Straßenwesen (2013): Lage der Zählstellen und Erfassungsarten nach TLS, www.bast.de, Stand: 4.7.2013

[14] BASt – Bundesanstalt für Straßenwesen (2011): Ausführungshinweise zum „Leitfaden zum Arbeitsstellenmanagement auf Autobahnen“. Bergisch Gladbach.

[15] FGSV – Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen (Ausgabe 2001, Fassung 2009): Handbuch für die Bemessung von Straßenverkehrsanlagen (HBS). FGSV-Verlag, Köln