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1 Kommunikationsmittel für den Betriebsdienst
In den Straßenbauverwaltungen wurde lange Zeit als Kommunikationsmittel zwischen den Meistereien und den Betriebsdienstfahrzeugen die analoge Funktechnik eingesetzt. Dabei handelte es sich um Simplex-Funk im 7-m-Band, der sowohl in den Autobahnmeistereien als auch in den Straßenmeistereien verwendet wurde. Mit dieser Technik war die Kommunikation zwischen den Einsatzfahrzeugen des Betriebsdienstes sowohl untereinander als auch mit der Einsatzleitung in den Meistereien möglich, allerdings nur im Wechselsprechverkehr. Das seit 1985 verfügbare analoge Mobiltelefon (C-Netz) spielte wegen seiner hohen Kosten im Betriebsdienst keine Rolle.
Der Aufbau digitaler Mobiltelefonnetze (D-Netz) ab 1992 erweiterte die Möglichkeiten mobiler Kommunikation geradezu revolutionär. Der zunehmende Einsatz von Mobiltelefonen im Betriebsdienst einerseits und das Auslaufen des traditionellen analogen Betriebsfunks andererseits führt zu der Fragestellung, ob nicht auf einen eigenen Betriebsfunk generell verzichtet werden kann und wenn nicht, welche digitale Funktechnik für den Straßenbetriebsdienst eingesetzt werden soll.
2 Anforderungen des Betriebsdienstes
Die Erfahrungen der letzten 15 Jahre haben gezeigt, dass zumindest auf den Autobahnen und vergleichbaren Straßen ein eigener Betriebsfunk unverzichtbar ist. Auf mehrstreifigen Richtungsfahrbahnen ist eine direkte Kommunikation zwischen den häufig im Verbund arbeitenden Betriebsdienstfahrzeugen zwingend erforderlich (z. B. im Winterdienst oder im gemeinschaftlichen Einsatz von Arbeitsfahrzeugen und/oder Sicherungsfahrzeugen). Eine schnelle und sichere Kommunikation zwischen mehr als 2 Teilnehmern (Gruppenruf) kann nach wie vor nur mit Einsatz von Funk, aber nicht mit Mobiltelefon gewährleistet werden. Zum anderen fallen die öffentlichen Mobilfunknetze bei Störfällen großen Ausmaßes (Unfälle, Windbruch, Schnee, regionale Stromausfälle) wegen Netzüberlastung oder aufgrund nur kurzer Batteriepuffer-zeiten aus. Die Einsatzfahrzeuge des Betriebsdienstes hätten in solchen Situationen ohne Betriebsfunk keine Kommunikationsmöglichkeit mehr, weder untereinander noch mit ihrer Einsatzleitung.
Neben der Sprachkommunikation gewinnt die mobile Datenübertragung im Betriebsdienst zunehmend an Bedeutung. Sie ist sogar die Grundvoraussetzung für die im Betriebsdienst zu erwartenden entscheidenden Innovationen. Hierzu sei insbesondere auf den Vortrag von Prof. Dr.-Ing. Ralf Roos auf dem Kolloquium Straßenbetrieb 2013 hingewiesen. Die Erfahrungen der Bayerischen Straßenbauverwaltung mit der Übertragung von Daten aus Glättemeldeanlagen über öffentlichen Mobilfunk haben deutlich gezeigt, dass die kommerziellen Netze eine gleichmäßig zuverlässige Datenübertragung nicht gewährlisten können. Als Fazit ist daher festzustellen, dass für eine gesicherte Zukunftsentwicklung des Straßenbetriebsdienstes der Einsatz eines digitalen Betriebsfunks sowohl für die Sprachkommunikation als auch für die zuverlässige Übertragung von Betriebsdienstdaten in Echtzeit eine unabdingbare Voraussetzung ist.
3 Leistungsmerkmale eines zukunftsorientierten Betriebsfunks
Beim Aufbau eines zukunftsfähigen digitalen Betriebsfunks für die Autobahnen sind folgende allgemeine Zielvorgaben zu beachten:
– Hohe Verfügbarkeit im gesamten Netz
– Errichtung einer wirtschaftlich vertretbaren Funkinfrastruktur durch Nutzung der vorhandenen bundeseigenen Infrastruktur (Fernmeldenetz, Gebäude, vorhandene USV-Stromversorgungen, bestehende Funkmaststandorte)
– Leichte Wartung und kostengünstiger Betrieb
– Zukunftssichere Systemtechnik und Endgeräte
– Gegensprechbetrieb und Datenübertragung
– Erreichbarkeit im gesamten Funknetz (AM-bereichsweise)
– Erreichbarkeit vom/zum TK-Netz
– Technische Schnittstelle zum BOS-Funk
– Notrufsignalisierung
– Einfache Bedienbarkeit der Endgeräte
Die Versorgungsqualität sollte folgende Anforderungen erfüllen:
– Auf den Betriebsstrecken (inklusive Rastanlagen)
- 99 % Versorgung Fahrzeugfunk
- 90 % Versorgung Handfunkgeräte
– In Tunnelbereichen
- 99,9 % Versorgung Fahrzeugfunk
- 99 % Versorgung Handfunkgeräte
– Versorgungslücken auf den Betriebsstrecken möglichst < 50 m
An die Endgeräte sind folgende Anforderungen zu stellen:
– Kontrastreiches Display
– Gute Bedienbarkeit von Tastatur/Reglern („Handschuhbedienung“)
– Notruffunktion mit GPS-Funktion
– Hohe Akkulaufzeit
– Unterdrückung von Störgeräuschen
– Wahlmöglichkeit unter mehreren Herstellern
Die Anforderungen an die Systemtechnik sind insbesondere
– Vermittlungs- und Repeatertechnik in 19“ Baugruppen
– Geringer Stromverbrauch
– Sprach- und Datenübertragung
– Erreichbarkeit im gesamten Netz
– Zentrales Netzmanagement
– Aus Gründen der Wirtschaftlichkeit keine redundante Auslegung.
4 Digitalfunksysteme
Es stehen derzeit grundsätzlich vier unterschiedliche Digitalfunksysteme zur Verfügung:
– TETRA
– Tetrapol
– DMR
– DPMR.
TETRA und Tetrapol wurden für die Behörden und Organisationen mit Sicherheitsaufgaben (BOS) entwickelt. Es handelt sich um ausgereifte Systeme mit bis zu 20 Jahren Betriebserfahrung. Nachteilig an ihnen sind die im Vergleich zu DMR und DPMR wesentlich höheren Investitions- und Betriebskosten. Für TETRA und Tetrapol stehen in Deutschland nur Frequenzen im 70-cm-Band zur Verfügung, während für DMR und DPMR auch das 2-m-Band genutzt werden kann, das gegenüber dem 70-cm-Band eine ca. 50 % größere Reichweite hat und somit entsprechend weniger Basisstationen benötigt.
Der Leistungsumfang und die mögliche hohe Teilnehmeranzahl der für den BOS-Funk entwickelten Systeme geht erheblich über die Bedürfnisse eines Betriebsfunks für den Straßenbetriebsdienst hinaus, sodass auch deswegen DMR und DPMR wesentlich wirtschaftlicher sind.
DMR und DPMR sind noch junge Digitalfunksysteme, die sich in den letzten Jahren schnell weiterentwickelt haben. Mit dem inzwischen errichteten technischen Stand können mit ihnen die Bedürfnisse des Straßenbetriebsdienstes in vollem Umfang abgedeckt werden. Es sind inzwischen auch so viele Anbieter auf dem Markt, dass ein ausreichender Wettbewerb gewährleistet ist.
5 Pilotprojekt Bayern
Die Bayerische Straßenbauverwaltung hat in Abstimmung mit dem Bund in den Jahren 2009 bis 2011 zur Erprobung fünf Autobahnmeistereien mit digitalem Betriebsfunk ausgerüstet. Der DPMR-Funk (Digital Private Mobile Radio) arbeitet im 2-m-Band. Durch den Gegensprechbetrieb ist die Funkkommunikation nicht nur genauso einfach wie mit Mobiltelefon, sondern dazu auch noch frei von Rauschen und Störgeräuschen, bedingt durch die digitale Störgeräuschunterdrückung. Darüber hinaus ist über eine Schnittstelle einfach und zuverlässig die Verbindung zu allen Fernsprechnetzen (AUSA, öffentliches Festnetz und Mobilfunknetze) möglich. Über eine weitere Schnittstelle könnte auch mit dem künftigen digitalen BOS-Funk kommuniziert werden. Die Übertragung von Betriebsdienstdaten ist ebenfalls möglich.
Das vorhandene bundeseigene Fernmeldenetz bildet für den digitalen Betriebsfunk das Rückgrat für die Sprach- und Datenkommunikation. Die vorhandene Infrastruktur an Antennenträgern wurde für den Digitalfunk weiterhin genutzt und wo erforderlich ergänzt. Mit den vorhandenen USV-Anlagen ist die Funktionsfähigkeit des Betriebsfunks auch bei längeren Stromausfällen, teils bis zu 24 Stunden (z. B. wegen Unwetterschäden) gesichert.
Die bereits genannten Leistungsmerkmale konnten in der Pilotanwendung (ohne BOS-Schnittstelle oder Datenübertragung) verwirklicht werden. Dadurch wurde eine sehr hohe Zufriedenheit der Benutzer vom Straßenmeister bis zum einzelnen Straßenwärter erreicht. Das Mobiltelefon wird in den mit digitalem Betriebsfunk ausgestatteten Meistereien nur noch in geringem Umfang benötigt.
6 Zukünftige Entwicklung
Die Bayerische Straßenbauverwaltung plant im Auftrag des Bundes in den nächsten Jahren die Ausrüstung aller Autobahnmeistereien sowie der Straßenmeistereien mit Betriebsdienstaufgaben auf Autobahnen mit digitalem Betriebsfunk DPMR. Im Vorfeld dieser Maßnahme wird das bestehende bundeseigene Fernmeldenetz an den Autobahnen von den traditionellen Übertragungstechniken auf IP-Technik umgerüstet, so dass künftig alle Betriebs-, Verkehrs, Steuerungs- und Videodaten und die gesamte Sprachkommunikation nur noch internetbasiert in einem einheitlichen System übertragen werden. Die Bayerische Straßenbauverwaltung wird damit in der Lage sein, das Innovationspotenzial für künftige Entwicklungen des Betriebsdienstes, aber auch für intelligente Verkehrssysteme optimal auszuschöpfen.
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