Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.
1 Einleitung
Zum Kolloquium Straßenbetrieb 2011 hier in Karlsruhe hatte Prof. Schmauder die Ergebnisse zum Forschungsthema „Entwicklung von Anlagekonzeptionen für ein Meistereigehöft unter besonderer Berücksichtigung optimaler Arbeitsabläufe“ vorgestellt. Ich möchte gern die Ziele sowie die Ergebnisse des Forschungsthemas noch einmal kurz zusammenfassen.
Der zeitliche Aufwand sowie die Gestaltung der Arbeitsprozesse im Meistereigehöft wurden aus Sicht der Arbeitswissenschaften untersucht. (Folie 3) In der Feinanalyse wurden als Ergebnis Optimierungspotenziale für alle Arbeiten aufgezeigt. (Folie 4) Auch zum Gebäudeprogramm wurden für zukünftige Meistereien wichtige Aussagen getroffen. So wurden die Angaben der RAM 2006 (MK 11) für die jeweiligen Organisationsbereiche hinsichtlich der Aufgabenbereiche, der Gestaltungsziele bis hin zur möglichen Umsetzung untersucht.
Diese Forschungsergebnisse haben die Länderfachgruppe Straßenbetrieb veranlasst, die Fortschreibung der Richtlinie zur Anlage von Meistereien aus dem Jahr 2006 zu beauftragen, um diese Ergebnisse in die RAM einfließen zu lassen. Die Überarbeitung erfolgte unter Leitung des Freistaates Sachsen bei Teilnahme der Länder Hessen, Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, der Hansestadt Hamburg, der Stadt Berlin, dem BMVBS sowie dem Forschungsnehmer.
Der mit der Länderfachgruppe abgestimmte Entwurf liegt dem BMVBS vor.
2 Grundsätze der Überarbeitung und Änderungen zur RAM 2006
Es soll nun auf einige Grundsätze eingegangen werden, die den Arbeitskreis während der Überarbeitung bewegt haben:
Zu Beginn der Überarbeitung wurde noch einmal eingehend über den Umfang sowie die Detailtiefe des neuen Maßnahmenkataloges diskutiert.
Es galt wiederum auf unterschiedliche Bedürfnisse der Antragsteller einer Baumaßnahme einzugehen. Auf der einen Seite sollen Freiräume in der Gestaltung eines Meistereigehöftes erhalten bleiben. Auf der anderen Seite sollen die zukünftigen Nutzer in der Argumentation gegenüber Hochbauverwaltungen im Bereich des Landesbaus unterstützt werden, in dem z. B. die Notwendigkeit bestimmter Räume oder Raumgrößen in der RAM festgelegt werden.
Die Optimierungsvorschläge aus dem Forschungsvorhaben wurden vor folgendem betriebswirtschaftlichem Hintergrund bewertet: welcher zeitliche Nutzen könnte gewonnen werden und wie hoch ist der finanzielle Aufwand für die Optimierung.
Durch den Forschungsnehmer wurden viele gute Beispiele zusammengetragen, die oftmals nur einen geringen finanziellen Aufwand erfordern. Es gab Überlegungen, diese als Anlage der neuen RAM beizufügen. Davon wurde letztendlich Abstand genommen, um das Werk nicht aufzublähen. Der Forschungsbericht wurde in der Reihe Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen im Heft V 212 veröffentlicht. Es wird empfohlen, sich vor einem Bauvorhaben damit noch einmal auseinanderzusetzen.
Folgende wesentlichen Änderungen wurden vorgenommen:
– Auf Kellergeschosse sollte zukünftig aufgrund des hohen finanziellen Aufwandes grundsätzlich verzichtet werden.
– Der Wertschutzraum wird zukünftig optional, hier ist die örtliche Situation vorher zu betrachten.
– Die Teeküche sollte gegebenenfalls in den Aufenthaltsraum integriert werden (Bild 1).
– Die Spindbreite wurde für den Teil Arbeitskleidung auf 50 cm vergrößert (Bild 2).
– Der Abschnitt Fernmeldetechnik ist nun nur für Autobahnmeistereien und Mischmeistereien zutreffend.
– Die lichten Hallentiefen sind als Mindestmaß angegeben. Damit berücksichtigt die Richtlinie die Unterbringung von größeren Fahrzeugen, wie sie z. B. in Bayern aufgrund der neuen Winterdiensttechnologie des Kombisprühens im Bestand sind oder auch die Möglichkeit des Einstellens von Klein-Lkw mit angehängtem Havariehänger für das schnelle Ausrücken im Bedarfsfall.
– Es werden Kriterien zur Optimierung der Arbeitsabläufe aufgeführt, wie z. B.
● die Durchfahrmöglichkeit zur Vermeidung zusätzlicher Rangiervorgänge
● die Fernbedienbarkeit der Tore oder
● die Abstell-/Lagermöglichkeit von Zusatzmaschinen in der Halle.
– Die Notwendigkeit einer Waschhalle muss aufgrund der hohen Baukosten von ca. 300 T€ geprüft werden. Wenn diese dennoch gebaut wird, sollte eine Stiefelwäsche (Bild 3) in die Waschhalle integriert werden.
Bild 1: SM Großenhain Aufenthaltsraum mit integrierter Teeküche
Bild 2: SM Hammelburg Spinde 30/50
Bild 3: SM Weißwasser Stiefelwäsche
Bild 4: AM Trockau Regal in Lagerhalle
Bild 5: AM Bühl Kombination geschlossener und offener Unterbringung
– Die Temperierung der Waschhalle ist zukünftig nur noch frostfrei vorzusehen. Die Aufrechterhaltung einer Temperatur von 12 °C beim laufenden Öffnen und Schließen des Tores erfordert einen erheblichen Heizaufwand.
– In der Werkstatt soll nur noch eine manuelle Abdeckung der Inspektionsgrube eingebaut werden.
– Beim Anordnen der Werkbänke und Standgeräten soll auf gute ergonomische Arbeitsbedingungen geachtet werden.
– Der Bedarf eines Batterieladeraumes ist nachzuweisen.
– Die bisherige Anordnung eines Schreibplatzes für den Schlosser wird durch ein Büro mit Bildschirmarbeitsplatz unmittelbar neben der Werkstatt ersetzt.
– Im Bereich der Klein-Kfz-Halle ist zukünftig abzuwägen, ob geschlossene oder offene Unterstände erforderlich sind.
– Im Lagerbereich sollten Regalsysteme für das Unterstellen der Technik zur besseren Raumausnutzung genutzt werden (Bild 4).
– Auch für den Lagerbereich ist die Kombination von geschlossenen und offenen Lagerhallen möglich (Bild 5).
– In der Lagerhalle sollte ein Montageraum eingerichtet werden.
– Der Raumbedarf der Lagerhalle ist mit einem Belegungsplan nachzuweisen.
– Die Abmessungen einer Streustoffhalle werden beispielhaft für die Lagerung von 1000 t Streustoff angegeben. Die tatsächliche Hallengröße ist entsprechend des meistereispezifischen Bedarfes zu bemessen.
– Die neuen Erkenntnisse aus dem Forschungsvorhaben wurden dahingehend ergänzt, dass alle Anlagenteile für die Ladevorgänge der Winterdienstfahrzeuge prozessoptimiert anzuordnen sind.
– Wurde im Bereich der Lagerplätze die Möglichkeit der Einrichtung eines Kehrgutlagers eingeräumt. Dieses sollte auch beleuchtet sein und über einen Wasseranschluss zur Reinigung der Fahrzeuge verfügen.
So viel zu den Neuerungen.
3 Bauherrenaufgabe
3.1 Vermeidung von hohen Betriebskosten
Die umfangreichen Diskussionen innerhalb des Arbeitskreises zeigten wiederum deutlich auf, dass der Erarbeitung der nutzerspezifischen Anforderungen für den Bau einer Meisterei große Bedeutung beigemessen werden sollte. Auch wenn der Begriff teilweise anders belegt ist, soll sie hier als „Bauherrenaufgabe“ definiert werden. Hier wird noch erhebliches Potenzial gesehen. Die Aufgaben des täglichen Geschäfts lassen kaum noch ein Zeitfenster offen. Dennoch ist die Erarbeitung der nutzerspezifischen Anforderungen für den Neubau einer Meisterei in Zusammenarbeit zwischen dem Meistereileiter und der Abteilung Straßenbetrieb unter der gesamtheitlichen betriebswirtschaftlichen Betrachtung des Meistereibetriebes unbedingt wahrzunehmen. Dies setzt die Kenntnis über die Durchführung des Straßenbetriebsdienstes sowie eine gesamtheitliche und betriebswirtschaftliche Betrachtung im Bereich Straßenbetrieb voraus. Eine gute und intensive Planung erfordert zwar zunächst einen zusätzlichen Aufwand, der sich aber während der gesamten Nutzungszeit in jedem Fall auszahlt. Überlässt man diese Aufgabe ganz oder teilweise den für die Baudurchführung zuständigen Stellen, werden Potenziale verschenkt. Reibungsverluste im Betriebsablauf, hohe Energiekosten für den Betrieb des Meistereigehöftes oder auch ein hoher Pflegeaufwand im Meistereigehöft führen zu dauerhaften finanziellen Aufwendungen, die für die Unterhaltung der Straße eingesetzt werden könnten. Ich kann an dieser Stelle nur dafür werben, sich dieser Aufgaben zu widmen und den Aufwand nicht zu scheuen.
Das folgende Beispiel soll die Notwendigkeit der Wahrnehmung der Bauherrenaufgabe noch einmal anschaulich untermauern:
Durch die sächsische Hochbauverwaltung wurde in Amtshilfe eine neue Straßenmeisterei gebaut. Sie ging 2006 in Betrieb. Die nutzende Verwaltung hat sich zwar eingebracht, konnte sich jedoch gegen die für die Bauausführung zuständige Hochbauverwaltung nicht durchsetzen. Erschwerend kam hinzu, dass diese Niederlassung der Hochbauverwaltung immer Funktionalausschreibungen vornahm, das heißt ein Stück Meisterei zu einem Preis. Zurückblickend muss man folgende Mängel feststellen:
– Der Betriebshof wurde mit einem überdimensionalen Biotop zu Lasten des Anteils ebener Flächen gestaltet, die zum Abstellen von Technik oder Baumaterial dringend benötigt worden wäre. Zusätzlich ist die Hoffläche so geneigt, dass kaum Technik abgestellt werden kann. (Bilder 6 und 7)
– Anstatt die Fassade mit einem farblichen Putz oder UV-beständiger Platten zu gestalten, wurde minderwertiges Holz verwendet (Bilder 8 und 9).
– Für den Bau der Salzhalle wurde an Stelle eines Typenbaus von erfahrenen Hallenherstellern eine eigene Konstruktion entworfen, damit diese besser in das architektonische Gesamtbild passen sollte. Die Konstruktion wurde, wie auch das Dienstgebäude, mit farbigem Holz beplankt, was jedoch ebenfalls von minderwertiger Qualität ist.
– Der vergessene Lagerplatz wurde nachträglich angelegt.
Fazit:
Nach einer Nutzungszeit von nur sieben Jahren waren für diesen Neubau bereits erhebliche Bauunterhaltsmittel erforderlich und in den nächsten Jahren wird sich daran auch nicht viel ändern.
Bild 6: SM Zwenkau Hofgestaltung mit Biotop
Bild 8: SM Zwenkau Gestaltung Fassade Dienstgebäude
Bild 7: SM Zwenkau Hofgestaltung mit Biotop
Bild 9: SM Zwenkau Holzfassade Detail
3.2 Nutzung alternativer Energien
Das Thema Nutzung alternativer Energien für den Betrieb von Meistereien wurde schon in der Ausgabe 2006 verankert. Da dieses Thema für besonders wichtig erachtet wird, soll dies explizit angesprochen werden. Auch die Straßenbauverwaltung kann einen Beitrag zur Nachhaltigkeit leisten. Sei es die Nutzung von Regenwasser oder die Nutzung von Erdwärme, Solarthermie oder Abwärme technischer Geräte.
Das erste Beispiel ist der Neubau eines Dienstgebäudes in der Straßenmeisterei Großenhain (Bild 10). Hier wurden die Möglichkeiten der Nutzung von Erdwärme und Solarthermie für die Warmwasserversorgung geprüft und als wirtschaftliche Variante von der Hochbauverwaltung nachgewiesen. Die Heizungsanlage weist einen COP-Wert von 3,8 auf. Der COP-Wert drückt das Verhältnis der aus der Erdwärme genutzten Energie zu der eingesetzten Elektroenergie aus. Das bedeutet, dass aus einer Einheit Strom 3,8 Einheiten Wärme gewonnen werden. Die gesamten Heizkosten für das Dienstgebäude beliefen sich im Jahr 2012 auf 1.206 €.
Die Solarthermieanlage reicht für die Zubereitung des täglich benötigten Warmwassers aus.
Leider kann hier nur mit Ist-Zahlen für das neue Dienstgebäude aufwarten werden, da die bisherigen Aufzeichnungen nicht pro Gebäude erfolgt sind.
Bild 10: SM Großenhain Dienstgebäude mit Solarthermie
Das zweite Beispiel betrifft zwar keine Meisterei, aber zum einen sind drastische Beispiele am anschaulichsten und zum anderen kann dies für den Bau einer Fernmeldemeisterei von Bedeutung sein. Gegebenenfalls kann dieses Beispiel für die Planung einer Verkehrsrechnerzentrale Anregungen geben. Es geht um den Neubau unserer Verkehrs- und Betriebsleitzentrale im Areal der Autobahn- und Fernmeldemeisterei in Dresden Hellerau. Auf Anregung des BMVBS sowie des Bundesrechnungshofes sollte das Energiekonzept der Planung dieses Bauvorhabens noch einmal überdacht werden.
Es handelt sich um ein Gebäude, welches neben der Überwachung der sächsischen Tunnel, der Verkehrsbeeinflussungsanlagen sowie der DEVISTA-Tafeln im Zuge von Bundesfernstraßen auch Büroräume für den Dienststellenleiter und die Verwaltungsangestellte umfasst.
Für die IT-Technik und die Monitorwand wurde durch das Ingenieurbüro für TGA (Roscher, L. 2013) für den Sommer eine Kühllast von 140 kW, ermittelt. Den Wärmebedarf für die Warmwasserbereitung kann man vernachlässigen, da keine Duschen angeordnet werden (Bild 11).
Bild 11: Betriebsleitzentrale Dresden-Hellerau, Kühllast Sommer (BBS GmbH, 2013)
Für die Winterperiode wurde für den Bereich IT-Technik und Monitorwand eine Kühllast von 100 kW ermittelt. Dem steht eine Heizlast für die Überwachungszentrale sowie die Büroräume von 30 kW gegenüber (Bild 12).
Bild 12: Betriebsleitzentrale Dresden-Hellerau, Heiz- und Kühllast Winter (BBS GmbH, 2013)
Das Überangebot an Energie von 70 kW im Winter kann nun für die in den Nebengebäuden befindliche Fernmeldemeisterei und Autobahnmeisterei für die Warmwasseraufbereitung sowie Heizung genutzt werden (Bild 13). Aufgrund des technischen Fortschritts sind derartige Systeme wirtschaftlich. In unserem Fall entstehen gegenüber der bisherigen Planung keine höheren Aufwendungen. Die Betriebskosten werden mit dieser Maßnahme dauerhaft gesenkt.
Bild 13: Betriebsleitzentrale Dresden-Hellerau, Nutzung der überschüssigen Energie (BBS GmbH, 2013)
3.3 Einsparpotenziale mit geringem Aufwand
Ein weiterer Punkt ist wichtig. Vor dem Hintergrund einer zunehmend angespannten finanziellen Situation sollte es das Anliegen eines jeden Meistereileiters sein, Einsparpotenziale in seinem Bereich aufzuspüren. Als Beispiel sei die Beheizung der Klein-Kfz-Halle genannt. Mit der RAM, Ausgabe 2006, ist das Beheizen dieser Halle nicht mehr vorgesehen. Im Altbestand werden diese Hallen nach wie vor geheizt. Hier könnten sich mit einfachen Mitteln die Energieaufwendungen senken lassen.
4 Zusammenfassung
In dem Vortrag wurden alle Neuerungen gegenüber der Richtlinie zur Anlage von Meistereien (RAM 2006) aufgezeigt. Es wurden aus dem Forschungsvorhaben „Anlagekonzeptionen für Meistereigehöfte – Optimierung von Arbeitsabläufen“ Schlussfolgerungen gezogenen und in die neue RAM eingearbeitet. Dies betrifft sowohl Arbeitsabläufe als auch ergonomische Belange bei der Verrichtung der Arbeiten. Im Zuge von Energieeinsparung sollte auf die Nutzung alternativer Energien nicht mehr verzichtet werden. Als zukünftiger Nutzer sollten sich die Verantwortlichen Abteilungsleiter aber auch die Meistereileiter mit der Planung der Meistereigehöfte eingehend befassen und ihre Gedanken und Erfahrungen einbringen und damit der „Bauherrenaufgabe“ gerecht werden.
Literaturverzeichnis
Schmauder, M.; Jung, P.; Palitzschkow, S. (2012): Berichte der Bundesanstalt für Straßenwesen V212: Anlagekonzeptionen für Meistereigehöfte – Optimierung von Arbeitsabläufen
Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Stadtentwicklung – Abteilung Verkehr: Maßnahmenkatalog MK 11 – Richtlinie für die Anlage von Meistereien RAM, Ausgabe 2006
BBS GmbH Ingenieurbüro für TGA : Wirtschaftlichkeitsuntersuchung zur Nutzung alternativer Energien (2013), unveröffentlicht |