FGSV-Nr. FGSV 002/113
Ort Karlsruhe
Datum 22.09.2015
Titel Feuchtsalz mit erhöhtem Soleanteil - Erfahrungen und Strategien in Niederösterreich
Autoren Hofrat Dipl.-Ing. Josef Neuhold, Univ. Lektor DI. Dr. techn. Markus Hoffmann
Kategorien Straßenbetrieb, Winterdienst
Einleitung

Untersuchungen zur Salzstreuung haben gezeigt, dass nur ein begrenzter Anteil der ausgebrachten Taumittel nach dem Streuvorgang auf der Fahrbahn verbleibt. Im Rahmen eines Forschungsprojektes des Bundeslandes Niederösterreich und der TU Wien – Institut für Verkehrswissenschaften wurde die Winterdiensttechnik mit erhöhten Soleanteilen FS50 bis max. FS70 untersucht. Das Hauptaugenmerk bei den Untersuchungen dieser erweiterten Feuchtsalztechnik lag in der Suche nach Möglichkeiten zur Minimierung der Streu- und Austragungsverluste sowie in der praktischen Umsetzung mit einem bestehenden Fuhrpark. Bei einer Umstellung auf diese Winterdiensttechnik können bestehende Feuchtsalzstreuer kostengünstig umgerüstet werden. Diese werden mit einem zusätzlichen Soletank und einen zusätzlichen, zweiten Soleschlauch zum Streuteller nachgerüstet. Dadurch kann die erforderliche höhere Solemenge zum Streuteller befördert werden. Weiters wird das Bedienpult für das neue Verhältnis von Sole zu Trockensalz umprogrammiert. Bei einem höheren Soleanteil sind die Reichweiten der Streufahrzeuge für die Einsatzfälle FS30, FS50, FS70 und auch für FS100 zu überprüfen.

Aus Sicht eines effizienten und umweltfreundlichen Winterdienstes belegten die Untersuchungsergebnisse klar die Vorteile eines erhöhten Soleanteils. Je höher der Soleanteil, umso geringer sind die Streuverluste und umso rascher die Tauprozesse. Hinsichtlich der einzustellenden Streumenge wird bei den Streuungen mit erhöhten Soleanteilen mit den gewohnten eingestellten Streumengen wie bei FS30 gefahren. Dadurch ist die tatsächlich ausgebrachte Salzmenge beispielsweise bei FS50 um 21% niedriger als bei FS30 bei gleichzeitig etwas höherer effektiver Restsalzmenge.

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1 Einleitung

Im Rahmen von Untersuchungen in Österreich wurde ein ganzheitliches Winterdienstmodell entwickelt, mit dem die notwendige Streumenge zu jedem Zeitpunkt aus bestimmten Eingangsparametern ermittelt werden kann. Diese Ergebnisse sind im Forschungsbericht „Optimierung der Feuchtsalzstreuung“ (M. Hoffmann, P. Nutz, R. Blab) zusammengestellt. Als zentraler Parameter hat sich neben der Niederschlagsmenge und Fahrbahntemperatur auch die Entwicklung der Restsalzmenge herausgestellt. Unter Restsalzmenge wird dabei die nach der Streuung bzw. Räumung und Streuung auf der Fahrbahn verbleibende, veränderliche Menge an Salz verstanden, die für einen Tauvorgang bzw. Verhinderung eines Gefriervorganges zur Verfügung steht. Die Kenntnis und Berücksichtigung dieser Verluste ist daher ein zentraler Bestandteil jedes effizienten und umweltschonenden Winterdienstes. Weiters hat sich gezeigt, dass die unmittelbar nach der Streuung sowie in der Folge auftretenden Verluste vergleichsweise sehr hoch sind. Jede Verbesserung in dieser Richtung führt unmittelbar zu substanziellen Einsparungen im Winterdienst.

2 Winterdienst und Streuverluste

2.1 Ergebnisse zu Restsalzmengen bei FS30 und FS100

Die Restsalzuntersuchungen der BASt in Deutschland bzw. der TU Wien in Österreich haben gezeigt, dass die herkömmliche Feuchtsalzstreuung mit 30% Soleanteil (FS30) zwar der Trockensalzstreuung (FS0) überlegen ist, jedoch betragen die Streu- und Verwehungsverluste bereits innerhalb der ersten 10 min. ca. 60% und erhöhen sich danach je nach Fahrbahnzustand und Verkehr noch weiter. Um diese Verluste zu reduzieren wurde daher versucht mittels neuer Streutechniken (Sprühbalken und Sprühdüsen statt Streuteller) und der Ausbringung von reiner Sole (FS100) bessere Ergebnisse zu erzielen. Die Restsalzmessungen bestätigen, dass die Salzverluste bei FS100 mit ca. 40 – 50% deutlich geringer sind im Vergleich zu FS30.

Bild 1: Streuverluste 10 min. nach der Streuung mit FS 30 (links) bzw. die Entwicklung der Restsalzmenge nach Verkehrsmenge und Fahrbahnzustand ebenfalls für FS 30 (rechts)

Bild 2: Restsalzmessungen nach Verkehr und Zeit für FS30 bzw. FS100 auf Basis von Messungen am hochrangigen Straßennetz in Österreich (links) bzw. Deutschland (rechts)

Mit herkömmlichen Feuchtsalzstreuern für FS30 ist jedoch eine Ausbringung von FS100 technisch kaum sinnvoll möglich. Bedingt durch die zu kleinen Soletanks kann die erforderliche Reichweite zur Abdeckung der Streuroute nicht gewährleistet werden. Zudem wären bei einer reinen Solestreuung zufolge der geringeren tauwirksamen Substanz entsprechende Grenzen gesetzt, was gerade im Fall von tieferen Temperaturen kombiniert mit stärkeren Schneefallereignissen oder bei Eisglätte zu Problemen führen kann. Trotz möglicher finanzieller Einsparungen durch geringere Salzverluste ist in vielen Fällen eine Änderung des Fuhrparks durch Kauf von Kombinationsstreuern für FS0 bis FS100 nicht möglich.

3 Maßnahmen bei Feuchtsalzstreuung mit erhöhtem Soleanteil

3.1 Umbau herkömmlicher Feuchtsalzstreuer für FS50 bis FS70

Neben den herkömmlichen Feuchtsalzstreuern, welche Salz und Sole direkt über einen sich drehenden Streuteller ausbringen, sind am Markt noch reine Solestreugeräte mit einer Leiste von Sprühdüsen sowie Kombinationsstreuer mit Streuteller und zusätzlichen Düsen am Markt erhältlich. Die Ausbringung erfolgt je nach Einsatzgebiet und Streuer bei einer Geschwindigkeit zwischen 30 und 60 km/h und Streubreiten von 3 bis 12 m. Die Herausforderung für alle Streugeräte und Streutechniken liegt in der Anforderung, ein möglichst gleichmäßiges Streubild für die gewählte Streumenge und Streubreite zu erzielen. In Hinblick auf die Kontrolle der Anforderungen ist daher sowohl die Abweichung von eingestellter zu ausgebrachter Streumenge, als auch deren Verteilung als Qualitätskriterium maßgebend für die Beurteilung. Im Bundesland Niederösterreich wurden herkömmliche Feuchtsalzstreuer auf Streuer für einen erhöhten Soleanteil umgerüstet und in der Winterdienstpraxis getestet. Die Streuergebnisse wurden im Zuge von Restsalzmessungen analysiert.

Die Feuchtsalzausbringung mit erhöhtem Feuchtsalzanteil (>FS30) erfordert je nach Hersteller Adaptionen um eine gleichmäßige Ausbringung zu ermöglichen. Die Hersteller empfehlen ab FS50 den Auftreffpunkt der Sole mehr auf den Streuteller zu konzentrieren bzw. bei FS100 die Ausbringung über Düsen zu gestalten. Für die grundsätzlich mögliche Bandbreite herkömmlicher Feuchtsalzstreuer von FS0 bis FS70 wird eine möglichst automatische Umschaltung der Solezugabe vom Mischrohr direkt auf den Streuteller bis hin zum Umbau auf spezielle Mischteller als erfolgversprechend angesehen. Weiters sind entsprechende Adaptionen in der Steuerungssoftware sowie eine exakte Auswiegung von Salz- und Solezugabe erforderlich. Für die Programmierung und Einstellungen an der Software können je Fahrzeug ca. 400 € sowie für die Auswiegung etwa 150 € zuzüglich Kosten für An- und Abreise von ca. 150 € veranschlagt werden. Für den Umbau mit zusätzlichen Auftreffpunkten für die Sole am Streuteller (Einbau eines zweiten Soleschlauchs) und elektrischem Umschaltventil fallen Kosten von ca. 3.000 - 4.000 € an.

Da herkömmliche Feuchtsalzstreuer (FS30) für einstellbare Streumengen zwischen 5 und 40 g/m2 optimiert sind, entspricht auch das Verhältnis der Volumina von Salz- und Soletanks weitgehend diesen Vorgaben. Für die Ausbringung mit erhöhtem Soleanteil ist daher vielfach auch eine Erhöhung der Solekapazität durch Anbringung von Zusatztanks erforderlich, um die Streurouten ohne Nachladen abdecken zu können. Bei den Aufbauten der meisten Hersteller ist jedoch eine stirnseitige Anbringung eines zusätzlichen Tanks ohne Schweißarbeiten oder aufwendige Adaptionen möglich. Die Anbringung eines zusätzlichen Tanks größer rund 1.000 l bedingt auch Adaptionen am Rahmen. Als Kosten können 1.500 € für einen rund 1.000 l Zusatztank stirnseitig bzw. 7.500 € für 2.000 l inkl. Versteifungsrahmen angenommen werden.

Weiters ist für jede Straßenmeisterei zu prüfen, ob die bestehende Soleanlage und die zugehörigen Vorratstanks den Anforderungen eines intensiven Winterdienst-Einsatztages gewachsen sind, da sonst entsprechende Kosten für die diesbezügliche Nachrüstung zu veranschlagen sind. Werden die Fahrzeuge bereits jeweils am Vortag befüllt, kann die Produktion der Sole bei automatischen Solemischanlagen über Nacht weiterlaufen, wodurch sich die Kapazität in der Praxis auch ohne Zusatzinvestitionen wesentlich erhöhen lässt.

Bild 3: Umbau herkömmlicher Streuteller mit zusätzlichen Auftreffpunkten (zweiter Soleschlauch) für die Sole am Streuteller

Bild 4: nachträglicher Einbau eines zusätzlichen 800l Soletanks auf ein 5m³-Streufahrzeug 

3.2 Streurouten und Reichweiten mit erhöhtem Soleanteil

Die Reichweite eines Streugerätes hängt von der Ladekapazität für Trockensalz und Sole, der eingestellten Streumenge und Streubreite sowie dem Anteil der Sole an der ausgebrachten Streumenge ab. In Österreich sind die Streurouten üblicherweise so eingeteilt, dass mindestens ein vollständiger Streuumlauf ohne Nachladen möglich ist, um allfällige Verzögerungen im Einsatzfall zu vermeiden.

Bild 5 zeigt beispielhaft eine einfache Berechnung der tatsächlichen Ausbringungsmenge an tauwirksamer Substanz und resultierender Reichweite für einen herkömmlichen Feuchtsalzstreuer mit unterschiedlichem Soleanteil ohne Umrüstung. Die Ergebnisse zeigen, dass die Ladekapazität der Salz- und Soletanks bei FS30 naturgemäß in Hinblick auf die Reichweite optimal abgestimmt sind und ein erhöhter Soleanteil (FS50, FS70) ohne entsprechende Zusatztanks je nach Streurouten zu Engpässen führen kann.

Weiters ist für den praktischen Einsatz zu beachten, dass die tatsächlich ausgebrachte Menge an tauwirksamer Substanz bei erhöhtem Soleanteil naturgemäß abnimmt. Für den Extremfall einer reinen Solestreuung (FS100) mit entsprechenden Streuern und gleicher tauwirksamen Substanz wie für FS30 wäre daher aufgrund der Menge an mitgeführter Sole bzw. Wasser ein Vielfaches an Ladekapazität erforderlich. Da die Fuhrparks der Straßenmeistereien in Österreich überwiegend aus 2-Achs- und 3-Achs LKW bestehen, würde eine reine Solestreuung einen Ersatz der Streuaufbauten und eines großen Teils der Trägerfahrzeuge erfordern. Eine Verkürzung der Streurouten würde zusätzliche Fahrzeuge mit zusätzlichen Lenkern bedeuten und stellt keine Alternative dar.

Bild 5:  Beispielrechnung Streureichweite und tatsächliche Streumengen nach eingestellter Streumenge und Soleanteil für FS30,50,70,100

3.3 Streubildanalysen und Justierung der Streuautomaten

Während der Niederschlag gleichmäßig auf die Straßenoberfläche auftrifft, wird das angefeuchtete Streusalz bei herkömmlichen Streuern in kreisförmigen Streifen vom sich drehenden Streuteller auf die Fahrbahn ausgebracht. Bei Kombinationsstreuern kann zusätzlich eine Ausbringung von Sole über Sprühdüsen streifenförmig in Streurichtung erfolgen. In weiterer Folge kommt es durch den Verkehr zu Aufwirbelungen und sukzessiver Austragung des ausgebrachten Streusalzes aus der Rollspur in Richtung des tiefer liegenden Fahrbahnrandes bzw. in Windrichtung.

Das Ziel der Restsalzmessungen bestand nunmehr darin, sowohl die Gleichmäßigkeit des Streubildes, als auch die Entwicklung der Verteilung und absolute Menge an Restsalz für unterschiedliche Ausbringungsarten und Soleanteile zu untersuchen. Um gleichmäßige Randbedingungen zu gewährleisten, wurden daher Streuungen in aufeinander folgenden Abschnitten der Versuchsstrecken vorgenommen. Die Streuungen erfolgten dabei sowohl mit den umgebauten herkömmlichen Feuchtsalzstreuern für FS30, FS50 und FS70, als auch mit einem Kombinationsstreuer für FS30 und FS100. Die Restsalzmessungen mit einem justierten SOBO20 erfolgten rasterförmig mit je 5 Messungen in Längsrichtung mit Wiederholung in 1,0 m Abstand über die Streu- bzw. Fahrbahnbreite. Die zeitliche Entwicklung der Restsalzverteilung auf der Fahrbahn konnte über wiederholte Messungen im beschriebenen Raster unmittelbar vor und mehrmals nach der Streuung abgebildet werden.

Bild 6:  Auswahl der Untersuchungsabschnitte zur Gewährleistung konstanter Bedingungen mit abschnittsweiser Streuung und einem Raster von Einzelmessungen mit dem SOBO20

Bei der Überprüfung von Streubildern und Restsalzmengen gibt es eine Reihe von Einflüssen, welche die Messergebnisse erheblich verfälschen können. Ist z.B. die absolut ausgebrachte Streumenge im Messabschnitt höher oder niedriger als eingestellt, kann dies zu Fehlinterpretationen bei Restsalzmengen und Liegedauer führen. Dieser Fehler ist nicht durch Messungen am Einzelabschnitt erkennbar, kann jedoch durch Wägung vor und nach einem Streuvorgang auf einer ganzen Streustrecke durch Rückrechnung bestimmt werden.

Ein verstellter Streuteller, Anlagerung des Streugutes am Streuteller oder verstopfte Sprühdüsen bzw. ein zu geringer Druck können die Streurichtung und die Gleichmäßigkeit des Streubildes negativ beeinflussen. Für eine systematische Kontrolle eines großen Fuhrparks wird eine optische Kontrolle als erster Schritt meist ausreichen. Stichprobenartige Restsalzmessungen als zweiter, aufwendigerer Schritt sind dann immer noch möglich. Bild 7 zeigt beispielhaft die Längs- und Querverteilung sowie absolute mittlere Restsalzmenge bei gleicher eingestellter Streumenge vor der Justierung (Ø1,3 g/m2) und nach der Justierung (Ø 3,1 g/m2) bei FS30. Ausgehend von einer im Schnitt erwarteten Restsalzmenge von etwa 40% ist der Wert von 11,7% ein deutlicher Hinweis auf insgesamt zu geringe ausgebrachte Streumengen und ein ungleichmäßiges Streubild. Grundsätzlich haben die Messungen gezeigt, dass erhebliche Abweichungen der ausgebrachter Streumenge und des Streubildes von den eingestellten Werten nicht die Ausnahme sind, weshalb regelmäßige Kontrollen und die Justierung für einen effizienten Winterdienst als unabdingbare Voraussetzung anzusehen sind.

Bild 7: Kontrolle von Streubild und Restsalzmengen vor Ort durch systematische Messungen mit erhöhtem Soleanteil vor und nach dem Streuvorgang unter jeweils definierten Bedingungen

Bild 8: Restsalzmessung vor und nach der Justierung der Streuautomaten bei FS30; Einstellung 15 g/m² bei 6,0 m bzw. 3,5 m Streubreite; vor der Justierung wurde viel zu wenig Salz ausgebracht;

3.4 Streubild und zeitliche Entwicklung der Restsalzverteilung

Die zeitliche Entwicklung der Restsalzverteilung durch Aufwirbelung und sukzessiver Austragung in Richtung Fahrbahnrand kann durch wiederholte Messungen nachvollziehbar gemacht werden. Generell hängt die Längsverteilung in Fahrtrichtung nahezu ausschließlich von der Gleichmäßigkeit der Streumittelausbringung sowie von der Verteilungswirkung durch den Verkehr ab. Die Querverteilung ist hingegen stark von der Querneigung sowie einem allfällig vorhandenem Seitenwind abhängig, wobei die Aufwirbelung durch den Sog vor allem hinter LKWs diesen Prozess beschleunigt. Während die Restsalzmenge analog zu anderen Untersuchungen unmittelbar nach der Streuung stark abnimmt (auf 74% nach 7 min.), erfolgt die Austragung danach deutlich langsamer (auf 69% nach 45 bzw. 95 min bzw. 60% nach 175 min.). Die Restsalzverteilung in Bild 9 zeigt zudem die langsame Abnahme der Restsalzmenge in der Fahrbahnmitte in Richtung Fahrbahnrand. Alle Messungen in Fällen ohne Niederschlag zeigen weiters eine gewisse Restsalzmenge von 1-2 g/m2, die in der Fahrbahntextur für längere Zeit verbleibt und relativ gleichmäßig verteilt ist.

Bild 9: Abnahme und Wanderung der Restsalzmenge zum Fahrbahnrand für FS30 mit 15 g/m2 (justiert) nach +7 min, +45 min, +95 min, +175 min bei feuchter Fahrbahn und Windstille

3.5 Gleichmäßigkeit des Streubildes nach Soleanteil

Der erste optische Eindruck des Streubildes mit erhöhtem Soleanteil von FS50 und FS70 zeigte eine tendenziell bessere Verteilung als bei FS30. Ohne einen systematischen Vergleich der Streubilder können Beobachtungen im Einzelfall jedoch immer zufällige Abweichungen in die eine oder andere Richtung aufweisen. Bei einer gemeinsamen Betrachtung aller gemessenen Streuvorgänge unmittelbar nach dem Streuvorgang (+5 min bis +70 min) sind jedoch nach dem zentralen Grenzwertsatz zunehmend stabile Ergebnisse zu erwarten. Als Bezugsgröße wurde die auf die mittlere Restsalzmenge normierte Standardabweichung gewählt, wodurch ein Vergleich aller Messungen trotz unterschiedlicher Streumengen und Soleanteile möglich wird. Das Streubild wird mit Abnahme der normierten Standardabweichung statistisch gesehen gleichmäßiger, wobei der Bereich plus/minus einer Standardabweichung etwa 68% aller Werte entspricht.

Bild 10 zeigt die Ergebnisse dieser Auswertung, wobei jeder Balken für einen untersuchten Streuvorgang und Auswertung von 6 bis 36 Einzelmesswerten mit dem SOBO20 steht. Die ermittelte Standardabweichung bzw. Gleichmäßigkeit des Streubildes schwankt von Fall zu Fall stark und ist mit ± 94% (n=9) bei Feuchtsalzstreuung FS30 am höchsten und für FS50 (± 59%) und FS70 (± 67%) deutlich niedriger, wenn auch noch immer sehr hoch. Die Wahrscheinlichkeit eines zufälligen Zustandekommens dieser Unterschiede zu FS30 liegt für FS50 bei p=2% bzw. FS70 bei p=7% recht niedrig, weshalb mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen ist, dass erhöhte Soleanteile bei umgebauten Streuern zu deutlich gleichmäßigeren Streubildern führen und daher aus dieser Sicht nur Vorteile und keine Nachteile zu erwarten sind. Die Analyse der Streubilder des Kombinationsstreuers bei FS100 ist mit ± 62% von ähnlicher Gleichmäßigkeit wie bei erhöhtem Soleanteil, weist jedoch aufgrund der geringeren Anzahl an Messungen einen größeren p-Wert mit 23,3% auf.

Bild 10: Relative Standardabweichungen der Einzelmessungen im Verhältnis zum Mittelwert der Restsalzmessungen als Maß für die Gleichmäßigkeit des Streubildes nach Soleanteil

3.6 Restsalzmengen nach Soleanteil

Die Auswertung gemessener Restsalzmengen liefert nur dann valide Ergebnisse hinsichtlich möglicher Einsparungen, wenn die absolut ausgebrachte Menge weitgehend den Einstellungen am Streuautomaten entspricht. Um diesbezügliche Einflüsse auszuschließen, wurden alle Streuer vor dem Einsatz entsprechend durch die Hersteller justiert. Nachdem bei allen Messungen auf jeweils weitgehend gleichbleibende Bedingungen geachtet wurde, kann weiters davon ausgegangen werden, dass die Unterschiede der Restsalzmenge in erster Linie auf den Soleanteil zurückzuführen sind.

Die ermittelte Restsalzmenge als Mittelwert aus 6 bis 36 Einzelmesswerten gemäß Bild 11 schwankt von Fall zu Fall und ist u.a. durch den Fahrbahnzustand beeinflusst, wobei die Bedingungen grundsätzlich bei den jeweiligen Vergleichsmessungen dieselben waren. Mit einer durchschnittlichen Restsalzmenge von 35% der Streumenge waren die Ergebnisse der Feuchtsalzstreuung FS30 am schlechtesten und entsprachen weitgehend den Ergebnissen bereits früher durchgeführter Messungen. Für FS50 (Ø 51% Restsalzmenge), FS70 (Ø49% Restsalzmenge, FS100 (Ø 56% Restsalzmenge) waren die Ergebnisse deutlich besser, wobei die statistische Signifikanz aufgrund der großen Schwankungen und geringen Anzahl an Messtagen begrenzt ist (p=0,19 bis 0,28).

Basierend auf den zur Verfügung stehenden Messungen ist davon auszugehen, dass die Streuverluste bei erhöhtem Soleanteil verringert werden können und diese bei reiner Solestreuung FS100 noch geringer ausfallen.

Bild 11: Relative Restsalzmengen für FS30,50,70,100 im Verhältnis zum Mittelwert der eingestellten Streumenge unmittelbar nach der Streuung als Maß für die Streuverluste nach Soleanteil

Nachstehend nun drei Beispiele von Restsalzmessergebnissen für FS30, FS50 und FS70 in der niederösterreichischen Straßenmeisterei Gaming, durchgeführt im Dezember 2013. Versuchsstrecke war die Landesstraße L6172 und gestreut wurde mit dem 7m³ Feuchtsalzstreuautomat der Marke Schmidt. Sämtliche Messungen wurden mit dem Messgerät SOBS20 durchgeführt. Beeindruckend sind vor allem das gleichmäßigere Streubild bei FS50 und zudem der Umstand, dass bei FS50 zufolge der geringeren Salzverluste ein höherer Restsalzgehalt gemessen wurde im Vergleich zur FS30-Anwendung. Bei FS70 ist die ausgebrachte und in weiterer Folge verbleibende Salzmenge auf der Fahrbahn bereits deutlich gering.

Bild 12: Restsalzmessung für FS30 nach einer Streuereinstellung von 15g/m² und bei 3,5m Streubreite; die durchschnittlich gemessene Restsalzmenge betrug 8,2 g/m²

Bild 13: Restsalzmessung für FS50 nach einer Streuereinstellung von 15g/m² und bei 3,5m Streubreite; die durchschnittlich gemessene Restsalzmenge betrug 10,5 g/m²; im Mittel wurde bei FS50 ein höherer Restsalzmenge gemessen als bei FS30

Bild 14: Restsalzmessung für FS70 nach einer Streuereinstellung von 15g/m² und bei 3,5m Streubreite; die durchschnittlich gemessene Restsalzmenge betrug 4,0 g/m²

4 Einsatzempfehlungen und Wirtschaftlichkeit

4.1 Umstellungsstrategie der Salzstreuautomaten von FS30 auf FS50

Aufgrund der Ergebnisse der Berechnungen, der Restsalzmessungen sowie der Reichweite des bestehenden Fuhrparks wurde zunächst für das Bundesland Niederösterreich als erster Schritt ein genereller Umstieg von FS30 auf FS50 aus betriebswirtschaftlicher Sicht untersucht. Für die praktische Umsetzung mit dem bestehenden Fuhrpark sowie neuen Kombinationsstreugeräten ist jedenfalls auf die Routenlänge und Kapazität der Soletanks sowie den möglichen zusätzlichen Bedarf für Solemischanlagen zu achten, um eine entsprechende Netzabdeckung zu erzielen. Ob die erhöhte Restsalzmenge aufgrund eines erhöhten Soleanteils zu tatsächlichen Einsparungen im Winterdienst führt, hängt von den notwendigen Zusatzinvestitionen ab, die in der Folge näher betrachtet werden sollen.

Von den derzeit in Niederösterreich im Einsatz befindlichen 284 Salzstreuautomaten werden 180 Salzstreuautomaten auf die neue FS50-Streutechnik umgestellt. Die restlichen 104 Streuer werden nicht umgestellt. Diese werden im Zuge des aus technischen Gründen erforderlichen jährlichen Austauschprogrammes sukzessive durch neue Streuautomaten mit bereits integrierter FS50- und FS70-Technologie ersetzt. 

4.2 Einsparungspotential für eine durchschnittliche Straßenmeisterei

Einer „durchschnittlichen“ Straßenmeisterei in Niederösterreich stehen im Regelfall fünf5 Salzstreuautomaten zur Verfügung. Diese sind nun in dieser Betrachtung entweder umzustellen oder im Laufe der Zeit auszutauschen. Vergleichsweise haben Straßenmeistereien mit einem besonders großen Betreuungsnetz bis zu 15 Salzstreuautomaten im Einsatz.

Das nachstehende Beispiel betrachtet nun die Umstellung einer durchschnittlichen Straßenmeisterei mit fünf Streuautomaten. Davon werden drei Streuautomaten umprogrammiert/umgebaut und zwei Streuautomaten werden im Zuge des technischen Streueraustausches erneuert. Einer davon durch einen 5m³-Streuer plus 800l Zusatztank und einer durch einen 5m³-Streuer plus 4.600l Zusatztank.

Weiters wird die vorhandene Soleanlage mit händischer Mischung auf eine automatische Soleanlage mit integriertem 12.000l Vorratstank plus 20.000l externen Vorratstank umgestellt.

Die Mehrkosten für diese geplanten Maßnahmen betragen insgesamt rund € 56.000,--. Davon werden rd. € 11.000,-- für den Streuer und rd. € 45.000,-- für die neue Soleanlage veranschlagt. Nicht berücksichtigt sind die vergleichsweise geringen Mehrkosten für den erhöhten Wasserverbrauch sowie allfällige Kosten für die Errichtung eines möglicherweise erforderlichen Brunnens.

Bei den Winterdiensteinsätzen der Straßenmeisterei wird angenommen, dass 75% aller Streueinsätze mit FS50 anstatt bisher mit FS30 gefahren werden. Die Streumengeneinstellung bei FS50 wird gleich gewählt wie für FS30. Das ergibt eine Einsparung zufolge des geringeren Salzverbrauches von rd. € 22.000,-- in einer Winterperiode.

Die Mehrkosten zufolge der Umstellung auf die FS50-Technologie von den vorgenannten € 56.000,-- amortisieren sich demnach bereits in drei Winterperioden, da bis dahin bereits € 66.000,-- zufolge des weniger verbrauchten Auftausalzes eingespart werden konnten.

Bild 15: neuer Feuchtsalzstreuautomat mit einem zusätzlichen Soletank für die FS50- und FS70-Streuung in der Straßenmeisterei Sierndorf, Niederösterreich 

4.3 Streuempfehlungen für Feuchtsalzstreuung mit erhöhtem Soleanteil FS50

Die in Österreich auf Basis eines ganzheitlichen Winterdienstmodells entwickelten Streuempfehlungen sind auf die FS30-Technik ausgerichtet. Mit diesem Winterdienstmodell ist es möglich, den optimalen Streuzeitpunkt und die erforderliche Streumenge für jede Situation zu ermitteln. Im Rahmen der Versuche und der ersten Winterdienstpraxis hat nun gezeigt, dass eine Umrüstung herkömmlicher Feuchtsalzstreuer von FS30 auf FS50 bis FS70 problemlos und kostengünstig möglich ist. Die Ergebnisse der Streubildanalysen belegen zudem, dass mit erhöhtem Soleanteil trotz herkömmlicher Streuteller sowohl ein gleichmäßigeres Streubild, als auch wesentlich höhere Restsalzmengen erzielbar sind. Mit einer durchschnittlichen Restsalzmenge von 35% der Streumenge nach ca. 10 Minuten waren die Ergebnisse für FS30 am schlechtesten und entsprachen weitgehend den Ergebnissen bereits früher durchgeführter Messungen. Bei FS50 und FS70 mit umgebauten herkömmlichen Feuchtsalzstreuern hingegen lag die Restsalzmenge bei etwa 50% unter vergleichbaren Bedingungen. Die Restsalzmengen bei reiner Solestreuung (FS100) mit einem neuen Kombinationsstreuer lagen mit 55-60% noch höher, erfordern jedoch erhebliche Zusatzinvestitionen in den Fuhrpark. Aus Sicht eines effizienten und umweltfreundlichen Winterdienstes belegen die Untersuchungsergebnisse klar die Vorteile eines erhöhten Soleanteils. Zusammenfassend ist daher die Adaption der herkömmlichen Feuchtsalzstreuer auf erhöhte Soleanteile betriebs- und volkswirtschaftlich zu empfehlen.

Bezüglich der Einstellung der erforderlichen Streumengen bei einer FS50-Streuung wird der praktische Ansatz, die gleiche Streumengeneinstellung wie bei einer FS30-Streuung zu verwenden. Dies ergibt in weitere eine ca. 21%-ige Salzeinsparung bei einer zugleich etwas höheren effektiven Restsalzmenge.

Abschließend ist noch festzuhalten, dass durch die mit dieser erweiterten Feuchtsalztechnik weniger ausgebrachten Salzmengen ein deutlicher Beitrag zur Verringerung der Chloridbelastung für die Umwelt mit sich bringt. 

Literaturangaben

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HOFFMANN, M. & STEININGER, M. & BÖHMER, A. & NEUHOLD; Technische und wirtschaftliche Aspekte von Streuungen mit erhöhtem Soleanteil; Straße & Autobahn Heft 09/2015

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HOFFMANN, M. & STEININGER, M. & NEUHOLD, J (2014); Optimierung von Streuungen mit erhöhtem Soleanteil; Winterdienst-Fachtagung „Effektive Salz- und Solestreuung“ in Tulln am 31. März 2014