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1 Regelungsziele
Mit dem Entwurf des Gesetzes zur Modernisierung des Rechts der Umweltverträglichkeitsprüfung (UVPModG) werden im Wesentlichen zwei Ziele verfolgt. Zum einen geht es um die Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie 2014/52/EU, zum anderen um eine Bereinigung des UVPG im Sinne „besserer Rechtsetzung“ (neuer Aufbau des Gesetzes, Vereinfachung unnötig komplizierter Regelungen, Präzisierung unbestimmter oder mehrdeutiger Begriffe, Aktualisierung überholter Bestimmungen und Anpassung an die neue UVP-Rechtsprechung).
2 Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie 2014/52/EU
Die UVP-Änderungsrichtlinie 2014/52/EU vom 16. April 2014 enthält wenige grundlegende, aber zahlreiche Detailänderungen. Dies führt dazu, dass sehr viele Vorschriften des UVPG an die neuen Anforderungen angepasst werden müssen. Die Umsetzungsfrist endet am
16. Mai 2017. Diesen Termin wird voraussichtlich geringfügig überschritten werden. Mit dem Abschluss des parlamentarischen Gesetzgebungsverfahrens wird für Juni/Juli 2017 gerechnet.
Die nachfolgende Übersicht enthält einige wichtige Neuerungen des Gesetzentwurfs, die auf die UVP-Änderungsrichtlinie zurückgehen.
2.1 Änderungen bei der UVP-Vorprüfung
Erstmalig wird die Dauer der Vorprüfung geregelt. § 7 Absatz 6 UVPG-E legt eine Regelvorprüfdauer von bis zu 6 Wochen mit Verlängerungsmöglichkeit um weitere 3 bzw. in schwierigen Fällen um bis zu weitere 6 Wochen fest. Die UVP-Änderungsrichtlinie sieht demgegenüber eine Regelvorprüfdauer von bis zu 90 Tagen mit Verlängerungsmöglichkeit vor. Eine so ausgedehnter Prüfzeitraum erschien der Bundesregierung überzogen und dem Sinn einer Vorprüfung nicht angemessen.
Erstmals soll für vorprüfbedürftige Vorhaben auch die Möglichkeit einer „freiwilligen UVP“ eingeführt werden (§ 7 Absatz 3 UVPG-E; in der UVP-Änderungsrichtlinie nicht vorgesehen).
2.2 Schutzgüter
Nach den Vorgaben der UVP-Änderungsrichtlinie soll es bei den Schutzgütern einige Ergänzungen geben (Fläche/Flächenverbrauch, Klimawandel, Anfälligkeit des Projekts für schwere Unfälle und Katastrophen). In der Sache handelt es sich dabei vorwiegend um Konkretisierungen. Nach dem Verständnis der UVP-Praxis in Deutschland gehörten die meisten dieser Gesichtspunkte bisher schon zu einer „ordentlichen“ UVP, auch wenn sie im UVPG nicht ausdrücklich erwähnt waren.
Ein wichtiger neuer Prüfaspekt, der künftig zunehmend an Gewicht gewinnen dürfte, ist der Klimawandel, der in der UVP unter zwei Gesichtspunkten zu betrachten ist:
– Beitrag des Vorhabens zum Klimawandel (auf Projektebene dürften hierzu in der Regel nur qualitative Aussagen möglich sein)
– Umweltauswirkungen aufgrund der Anfälligkeit des Vorhabens für bestimmte Folgen des Klimawandels (z. B. verstärkte Hochwassergefahr).
2.3 UVP-Bericht des Vorhabenträgers
Die neue Terminologie indiziert nicht nur begrifflich, sondern auch inhaltlich ein geändertes Verständnis. Die für die UVP benötigten Angaben sollen nicht über diverse Antragsunterlagen verstreut, sondern vorzugsweise in einer Unterlage vorgelegt werden.
Im Unterschied zur bisherigen Richtlinie enthält die UVP-Änderungsrichtlinie wesentlich konkretere und detailtiefere Vorgaben für die vom Vorhabenträger beizubringenden Angaben.
In struktureller Hinsicht unterscheidet die neue Richtlinie zwischen Basisinformationen, die jeder UVP-Bericht enthalten muss (§ 16 Absatz 1 UVPG-E), und ergänzenden/konkretisierenden Aspekten, die nur abgearbeitet werden müssen, wenn sie für das Vorhaben relevant sind (§ 16 Absatz 3 in Verbindung mit Anlage 4 UVPG-E).
Maßgebend für Inhalt und Umfang des UVP-Berichts sind
– die für die Zulassungsentscheidung relevanten Vorschriften (§16 Absatz 4 Nr. 1 UVPG-E)
– die Ergebnisse des Scopings (§16 Absatz 4 Nr. 2 UVPG-E).
Der Prüfmaßstab bestimmt sich nach dem gegenwärtigen Wissensstand, den aktuellen Prüfmethoden und dem zumutbaren Aufwand (§ 16 Absatz 5 UVPG-E). Doppelprüfungen sollen u. a. dadurch vermieden werden, dass Ergebnisse anderer Prüfungen (z. B. Artenschutz, FFH) in den UVP-Bericht einbezogen werden (§ 16 Absatz 6 und Anlage 4 Nr. 8 und 9 UVPG-E).
In der Formulierung neu, in der Sache aber unverändert sind die Anforderungen an die Alternativenprüfung: „Beschreibung der vernünftigen Alternativen, die für das Vorhaben und seine spezifischen Merkmale relevant und vom Vorhabenträger geprüft worden sind“ (§ 16 Absatz 1 S. 1 Nr. 6 UVPG-E). Mit dieser Formulierung kann auch Vorhaben Rechnung getragen werden, für deren Zulassung genehmigungsrechtlich eine Alternativenprüfung nicht oder nur eingeschränkt vorgesehen ist (insbesondere Anlagen nach BImSchG).
Erstmals ausdrücklich (und relativ zurückhaltend) geregelt wird im UVPG die Notwendigkeit einer „Prognose Null-Betrachtung“: „Übersicht über die voraussichtliche Entwicklung der Umwelt bei Nichtdurchführung des Vorhabens, soweit diese Entwicklung gegenüber dem aktuellen Zustand mit zumutbarem Aufwand auf der Grundlage der verfügbaren Umweltinformationen und wissenschaftlichen Erkenntnissen abgeschätzt werden kann“ (Anlage 4 Nr. 3 UVPG-E).
2.4 Öffentlichkeitsbeteiligung
Die UVP-Unterlagen werden künftig nicht nur ausgelegt, sondern müssen der Öffentlichkeit auch elektronisch zugänglich gemacht werden. Dazu richten Bund und Länder jeweils zentrale Internetportale ein (§ 20 Absätze 1 und 2 UVPG-E). Einzelheiten sollen in einer Rechtsverordnung geregelt werden (§ 20 Absatz 4 UVPG-E).
2.5 Konsequenzen der UVP für die Zulassung und Durchführung des Vorhabens
Das Verhältnis zwischen der UVP und dem Genehmigungsrecht bleibt unverändert: die Ergebnisse der UVP sind bei der Zulassung des Vorhabens zu berücksichtigen (§ 25 Absatz 2 UVPG-E).
Neu ist:
– Nach der UVP-Änderungsrichtlinie muss der Zulassungsbescheid bestimmte Angaben enthalten (Darstellung umweltbezogener Nebenbestimmungen und vorgesehener Überwachungsmaßnahmen, Beschreibung des Verfahrens und der Ergebnisse der UVP in der Begründung des Bescheids; vgl. § 26 UVPG-E), durch deren Aufnahme sichtbar gemacht werden soll, wie die Ergebnisse der UVP in der Zulassungsentscheidung berücksichtigt worden sind. Für das deutsche Recht ist dies nichts Neues. Genehmigungsbescheide sind in Deutschland seit jeher entsprechend ausgestaltet.
– Aufnahme einer Überwachungsregelung (§ 28 UVPG-E). Zu überwachen sind (1) die Einhaltung der umweltbezogenen (Neben-)Bestimmungen des Zulassungsbescheids und (2) die erheblichen nachteiligen Umweltauswirkungen des Vorhabens, wenn die Auswirkungen schwer vorhersehbar oder die Wirksamkeit von Ausschluss-, Vermeidungs-, Verminderungs-, Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen unsicher sind.
Die zuständige Behörde kann die Überwachung dem Vorhabenträger aufgeben.
3 Bereinigung des UVPG
Schwerpunkte der Bereinigung sind die Neufassung der Vorschriften über die UVP-Pflicht (§§ 3a ff. UVPG) und die Regelungen zur grenzüberschreitenden Umweltprüfung.
Die bestehenden Regelungen über die UVP-Pflicht sind kompliziert, schwer verständlich und wenig vollzugsfreundlich. Während die UVP früher gerichtlich kaum überprüfbar war, findet seit Verabschiedung des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes 2006 eine effektive Kontrolle durch die Gerichte statt. Das Unterbleiben einer notwendigen UVP oder eine fehlerhafte UVP-Vorprüfung führen nach § 4 UmwRG zur Aufhebung der Zulassungsentscheidung. Vor diesem Hintergrund wird die Auslegung der §§ 3a ff. UVPG zunehmend durch die Rechtsprechung geprägt, die den Defiziten des geltenden Rechts mit originellen und kreativen Lösungsansätzen zu Leibe rückt (so z. B. Anerkennung einer „nachträglichen Kumulation“ durch das BVerwG im Wege einer Analogiebildung, mit der das Gericht eine aus seiner Sicht bestehende planwidrige Regelungslücke geschlossen hat).
Das UVPModG ist Ausdruck einer Rückkehr des Gesetzgebers in die Verantwortung. Das „Ob“ und die Reichweite der UVP-Pflicht soll nicht den Gerichten überlassen bleiben, sondern im Gesetz selbst klarer bestimmt werden. Dieser Ansatz richtet sich nicht gegen die neue UVP-Rechtsprechung der Gerichte; vielmehr knüpft er an diese Judikatur an und greift sie auf. So sind bespielsweise die neuen Kumulationsvorschriften maßgeblich von den überzeugenden Überlegungen des BVerwG geprägt. |