FGSV-Nr. FGSV 002/127
Ort online-Konferenz
Datum 13.04.2021
Titel Potenziale zur Emissionsreduktion durch umweltabhängige Steuerung von Streckenbeeinflussungsanlagen
Autoren Prof. Dr.-Ing. Peter Vortisch, Dr.-Ing. Claude M. Weyland, Dipl.-Ing. H. Sebastian Buck
Kategorien HEUREKA
Einleitung

Das Ziel dieser Untersuchung ist es, mittels einer mikroskopischen Verkehrsflusssimulation zu analysieren, inwiefern die Integration von Verkehrsemissionen in den Steuerungsalgorithmus einer Streckenbeeinflussungsanlage zu einer Reduktion der Emissionen führen kann.

Es wurde ein Verkehrsflussmodell einer deutschen Bundesautobahn, ausgestattet mit einer Streckenbeeinflussungsanlage, in PTV Vissim aufgebaut und kalibriert. Der aktuelle Steuerungsalgorithmus wurde in Python implementiert und über die COM-Schnittstelle in Vissim integriert. Die Akzeptanz der Verkehrsteilnehmenden gegenüber den angezeigten Geschwindigkeitsbeschränkungen wurde mit Hilfe von Verkehrsmessungen am betrachteten Streckenabschnitt untersucht und im Modell hinterlegt. Die Verkehrsemissionen während der Simulation wurden ermittelt und daraufhin der Steuerungsalgorithmus angepasst.

Eine Analyse der Emissionen vor und nach der Implementierung zeigt, dass die Integration von emissionsabhängigen Steuerungskriterien einen positiven Effekt hat. Alle Luft- und Lärmemissionen können durch die Anpassung des Steuerungsalgorithmus leicht gesenkt werden, ohne dass sich die Reisezeiten wesentlich ändern.

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1. Problemstellung und Forschungsziele

Streckenbeeinflussungsanlagen (SBA) werden eingesetzt, um den Verkehrsablauf zu optimieren und die Verkehrssicherheit zu erhöhen. Die untersuchte SBA verfügt über Mess- und Anzeigequerschnitte, welche mit Detektoren und Wechselverkehrszeichen ausgestattet sind. In Abhängigkeit von der Verkehrssituation werden automatisch Geschwindigkeitsbeschränkungen, Überholverbote und Stauwarnungen angeordnet. Außerdem besteht die Möglichkeit, den Seitenstreifen temporär für den Verkehr freizugeben. Basierend auf den erfassten Verkehrsdaten ermittelt der Steuerungsalgorithmus Schaltzustände, welche den Verkehrsfluss stabilisieren und eine gute Verkehrsqualität gewährleisten sollen. Neben Verkehrsflussdaten (Verkehrsstärke, Verkehrsdichte und Geschwindigkeit), fließen auch die Umfeldbedingungen wie Wetter und aktuelle, sicherheitsrelevante Informationen wie Verkehrsunfälle oder Baustellen als Eingangsdaten in den Steuerungsalgorithmus ein.

Luft- und Lärmbelastungen werden zu einem nennenswerten Anteil durch den Straßenverkehr verursacht. Im Bereich des Verkehrsmanagements führt dies oft zu der Forderung, Verkehrsemissionen mit Hilfe von Geschwindigkeitsbeschränkungen zu reduzieren. Hier stellt sich die Frage, ob Verkehrsemissionen als zusätzliches Steuerungskriterium in den Steuerungsalgorithmus einer SBA integriert werden können. Im Gegensatz zu statischen Geschwindigkeitsbeschränkungen zur Emissionssenkung werden dynamische umweltbezogene Geschwindigkeitsbeschränkungen nur angezeigt, wenn es erforderlich ist.

Das Ziel dieses Forschungsvorhabens ist es, mit Hilfe eines mikroskopischen Verkehrsflussmodells zu untersuchen, inwiefern die Integration von Verkehrsemissionen in die Steuerungskriterien von SBA zu einer Reduktion der Emissionen führen kann. Zur Analyse des Umwelteinflusses von verschiedenen Modifikationen des Steuerungsalgorithmus wird ein kalibriertes Verkehrsflussmodel in PTV Vissim verwendet, welches mit einer SBA gekoppelt wird. Die Berechnung und Bewertung der Luftemissionen erfolgt anhand des Handbuchs Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs (HBEFA) [1].

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2 Literaturübersicht

2.1 Umweltauswirkungen und Fahrerakzeptanz

Aus früheren Untersuchungen ist bekannt, dass die Luftemissionen eines Fahrzeugs wesentlich von seiner Geschwindigkeit und seiner Beschleunigung abhängen. Die Ergebnisse zeigen, dass im Kontext von Autobahnen höhere Geschwindigkeiten und Beschleunigungen zu höheren Emissionen führen [2] [3] [4] [5]. Konventionelle Steuerungsalgorithmen von SBA haben somit bereits einen positiven Einfluss auf Verkehrsemissionen, da sie den Verkehr harmonisieren und dadurch hohe Geschwindigkeiten und häufige Beschleunigungen reduzieren.

Ein Ansatz, um Verkehrsemissionen auf Autobahnen weiter zu senken, ist eine Verschärfung der Geschwindigkeitsbeschränkungen. Allerdings ist die Akzeptanz der Verkehrsteilnehmenden gegenüber den Geschwindigkeitsbeschränkungen entscheidend für deren Effizienz. Idealisierte Annahmen zum Geschwindigkeitsverhalten führen zu einer Überschätzung des Einsparpotentials an Luftemissionen. Das standardmäßige Anordnen von schärferen Geschwindigkeitsbeschränkungen ist keine effiziente Lösung, da die Akzeptanz der Verkehrsteilnehmenden gegenüber nicht nachvollziehbaren Geschwindigkeitsbeschränkungen eventuell nicht gegeben ist. Ziel ist das Anordnen von transparenten und nachvollziehbaren Geschwindigkeitsbeschränkungen. Die Verkehrsteilnehmenden sollen erkennen, dass die Beschränkungen aus der vorherrschenden Verkehrssituation resultieren. Dies erfordert eine gewisse Glaubwürdigkeit der Anzeigen in Verbindung mit der aktuellen Verkehrssituation. Der Steuerungsalgorithmus sollte dabei so gut akzeptiert werden, dass keine weiteren Maßnahmen zur Durchsetzung der Geschwindigkeitsbeschränkung notwendig sind.

In mikroskopischen Verkehrsflusssimulationen spiegelt sich die Akzeptanz der Geschwindigkeitsbeschränkung hauptsächlich in der Wunschgeschwindigkeitsverteilung wider. Die Wunschgeschwindigkeit hängt unter anderem von der individuellen Wahrnehmung der Verkehrsteilnehmenden und wechselnden Faktoren wie Sichtbedingungen und der körperlichen Verfassung ab. Die gefahrene Geschwindigkeit, die einen messbaren Wert darstellt, resultiert aus der Wunschgeschwindigkeit in Kombination mit verkehrsabhängigen Einschränkungen bedingt durch die Verkehrsstärke und -dichte. Es ist daher nahezu unmöglich, die Wunschgeschwindigkeit zu messen oder genau zu bestimmen.

Das modifizierte Kaplan-Meier-Verfahren [6] wurde als geeignetes Verfahren zur Bestimmung der Wunschgeschwindigkeit ermittelt. Es handelt sich um ein Schätzverfahren, welches auf einer mathematischen Überlebensfunktion basiert. Es werden hierzu Einzelfahrzeugdaten verwendet, welche die gefahrenen Zeitlücken zwischen den Fahrzeugen beinhalten. Im modifizierten Kaplan-Meier-Verfahren wird dabei die Wahrscheinlichkeit bestimmt, dass ein Fahrzeug mit einer bestimmten Frontzeitlücke beeinflusst oder eben unbeeinflusst fährt.

 

2.2 Bestimmung der Luft- und Lärmemissionen

Die Umweltauswirkungen des Straßenverkehrs werden anhand des Handbuchs Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs (HBEFA, Version 3.3) bewertet [1]. Das HBEFA ist ein makroskopisches Verkehrsemissionsmodell, welches für verschiedene Fahrzeugkategorien die spezifischen Emissionen (u. a. CO2, NOx und Feinstaub) pro Fahrzeugkilometer zur Verfügung stellt. Dabei wird zwischen vier Zuständen des Verkehrs unterschieden: flüssig, dicht, gesättigt und stop and go. Die Flottenzusammensetzung umfasst die verschiedenen Abgasnormen in Europa (Euro-Klassen) und verschiedene Antriebskonzepte (Benzin, Diesel, elektrisch und hybrid-elektrisch). Um die Gesamtmenge der resultierenden Luftemissionen zu berechnen, müssen die ermittelten Emissionsfaktoren mit der Gesamtfahrleistung der betrachteten Fahrzeugflotte multipliziert werden.

Da Streckenbeeinflussungsanlagen aggregierte Daten an lokalen Messquerschnitten erheben, wird ein makroskopischer anstatt eines mikroskopischen Ansatzes gewählt. Für ein mikroskopisches Verfahren sind Fahrzeugtrajektorien auf individueller Fahrzeugebene notwendig. Im Falle einer realen Implementierung eines umweltbasierten Steuerungsalgorithmus könnten mikroskopische Verfahren wie PHEM [7] oder EnViVer [8] nicht angewendet werden, da die hierzu benötigten raumkontinuierlichen Daten auf Einzelfahrzeugebene nicht erfasst werden würden. Da die genannten mikroskopischen Modelle detailliertere Ergebnisse liefern, ist ihre Anwendung zur Modellvalidierung in einer Weiterführung des beschriebenen Forschungsvorhabens denkbar.

Durch den Straßenverkehr verursachte Lärmemissionen werden in dieser Untersuchung nach den Richtlinien für den Lärmschutz auf Straßen (RLS-90) [9] bewertet. In Deutschland haben Geschwindigkeitsbeschränkungen zur Lärmreduzierung geringere Priorität als technische Lärmschutzmaßnahmen. Die Anwendung von Geschwindigkeitsbeschränkungen basiert derzeit auf Berechnungen der Schallausbreitung gemäß RLS-90. Dabei spielt das Verkehrsaufkommen, der Lkw-Anteil, die Straßenoberfläche und die Steigung eine entscheidende Rolle.

Verkehrsrechtliche Geschwindigkeitsbeschränkungen aus Gründen des Lärmschutzes werden derzeit als statische Beschränkungen umgesetzt, diese können von der Tageszeit abhängen. Das steht im Widerspruch zum Funktionsprinzip einer SBA und wird dem Potenzial eines hochdynamischen Steuerungsalgorithmus nicht gerecht.

Sowohl das HBEFA als auch die RLS-90 gehören zu den anerkanntesten Methoden auf diesem Gebiet.

 

2.3 Aktuelle Beispiele von umweltbedingten Verkehrsregelungen

In einigen europäischen Ländern gibt es Beispiele für verkehrsregelnde Maßnahmen zur Verringerung der Umweltauswirkungen des Verkehrs. In Spanien, Portugal, Italien, Frankreich, Belgien, den Niederlanden, dem Vereinigten Königreich und Deutschland gelten in einigen Städten Verkehrsbeschränkungen, die zur Einhaltung der europäischen Luftqualitätsnormen beitragen sollen. So gibt es beispielsweise Einschränkungen oder Fahrverbote für ältere Fahrzeuge, sowie wechselnde Fahrverbote in Abhängigkeit des Kfz-Kennzeichens, Umweltvignetten oder emissionsbezogene Mautgebühren, welche teilweise auch von gemessenen Luftimmissionen abhängen.

Einige Autobahnbetreiber haben bereits Immissionsmessungen in ihre SBA integriert. In Luxemburg wird beispielsweise die Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h auf 90 km/h reduziert, wenn der Ozongehalt einen gewissen Schwellenwert überschreitet [10]. Die reduzierte Höchstgeschwindigkeit wird über Wechselverkehrszeichen angezeigt.

Im Großraum Graz (Österreich) werden SBA seit 2008 mit einer Messung der Verkehrsimmissionen gekoppelt. Der Steuerungsalgorithmus verarbeitet die gemessene Luftqualität und erfassten Verkehrsdaten, welche mit Windmodellen kombiniert werden. Diese Daten dienen als Eingabe für einen speziell entwickelten Umweltsteuerungsalgorithmus, der die Höchstgeschwindigkeit bei schlechter Luftqualität auf 100 km/h reduziert [11]. Diese Daten werden halbstündlich aktualisiert. Eine Auswertung für das Jahr 2015 ergab eine Reduktion von 9,1 % NOX-Emissionen und 4,7 % Feinstaub-Emissionen im Vergleich zu einer statischen Geschwindigkeitsbeschränkung [12].

Im Jahr 2007 wurde im Raum Innsbruck (Österreich) ein verkehrs- und immissionsabhängiger Steuerungsalgorithmus in Betrieb genommen. Diese SBA hat hauptsächlich Geschwindigkeitsbeschränkungen im Falle von erhöhten Luftbelastungen angezeigt. Bei hohen Luftemissionen wurde die Höchstgeschwindigkeit auf 100 km/h begrenzt. Um die Einhaltung des Tempolimits zu gewährleisten, wurden Geschwindigkeitskontrollen eingesetzt. Somit konnte ein hoher Anteil des Potentials zur Emissionsreduzierung genutzt werden [13]. Im Jahr 2014 wurde die immissionsabhängige dynamische Höchstgeschwindigkeit durch eine statische Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h ersetzt. Grund dafür war, dass der Grenzwert für die Luftbelastungen mit dynamischen Geschwindigkeitsbeschränkungen nicht eingehalten werden konnte [14].

 

3 Methodischer Ansatz

Die theoretischen Überlegungen zu den Umweltauswirkungen des Straßenverkehrs und die Bewertung bestehender umweltabhängiger Steuerungsalgorithmen beinhalten keinen Vergleich zwischen einem regulären Steuerungsalgorithmus und einem Algorithmus, der zusätzlich Verkehrsemissionen berücksichtigt. Ein solcher Vergleich wird innerhalb dieses Forschungsprojekts durchgeführt.

Hierzu wird ein Verkehrsflussmodell einer deutschen Autobahn aufgebaut und kalibriert. Der nachgebildete Streckenabschnitt ist mit einer SBA ausgestattet. Die Verkehrsemissionen werden während der Simulation ermittelt, der Steuerungsalgorithmus wird angepasst und es wird eine Emissionsbewertung durchgeführt.

 

3.1 Untersuchter Streckenabschnitt

Der modellierte Abschnitt der Bundesautobahn 5 verläuft entlang von Frankfurt am Main und stellt einen der höchstbelastetsten Abschnitte in Deutschland dar. Der Abschnitt ist etwa 28 Kilometer lang und die Hauptfahrbahn besteht aus drei Fahrstreifen pro Fahrtrichtung. Das Modell repräsentiert die Verkehrssituation zwischen den Anschlussstellen Friedberg (Nr. 16) und dem Westkreuz Frankfurt (Nr. 19) in südlicher Fahrtrichtung während der morgendlichen Spitzenstunde. Bild 1 zeigt den Abschnitt mit seinen wichtigsten Eigenschaften. Die Fahrbahngeometrie wird in PTV Vissim basierend auf Luftbildern des Abschnitts aufgebaut.

(Bild siehe PDF)

Bild 1: Untersuchter Autobahnabschnitt

Der untersuchte Autobahnabschnitt ist mit einer SBA ausgestattet, die unter anderem Geschwindigkeitsbeschränkungen und Lkw-Überholverbote anordnet. Die SBA besteht aus 34 Mess- und Anzeigequerschnitten, welche mit Detektoren und Wechselverkehrszeichen ausgestattet sind. Es wird ebenfalls eine temporäre Seitenstreifenfreigabe (TSF) betrieben. Zur Verbesserung des Verkehrsflusses bei Kapazitätsengpässen kann der Seitenstreifen temporär über eine Länge von 17,7 Kilometern für den Verkehr freigegeben werden.

Reale Verkehrsdaten des untersuchten Autobahnabschnitts werden für die Bestimmung der Fahrzeugzuflüsse und Wunschgeschwindigkeitsverteilungen in PTV Vissim sowie zur Kalibrierung des Modells benötigt. Radare und Induktionsschleifen liefern an jedem Messquerschnitt die Verkehrsstärke, Durchschnittsgeschwindigkeit und Verkehrsdichte separat für Pkw und Lkw, minutenfein aggregiert. Zusätzlich zu den erfassten Verkehrsdaten stehen an jedem Anzeigequerschnitt die dynamischen Geschwindigkeitsbeschränkungen und Warnungen zur Verfügung.

Zur Ableitung von Quell-Ziel-Strömen wird PTV Validate, ein Verkehrsnachfragemodell für Deutschland, verwendet. PTV Validate umfasst das Pkw- und Lkw-Aufkommen für das gesamte deutsche Hauptverkehrsnetz sowie die Routenwahl der Verkehrsteilnehmenden [15].

 

3.2 Akzeptanzstudie

Ein entscheidender Faktor für die Wirksamkeit einer Streckenbeeinflussungsanlage ist die Akzeptanz der Verkehrsteilnehmenden gegenüber den dynamischen Anzeigen. Geschwindigkeitsbeschränkungen, die nicht mit der aktuellen Verkehrssituation in Zusammenhang stehen, könnten von den Verkehrsteilnehmenden als Fehlschaltungen wahrgenommen und folglich nicht akzeptiert werden. Daher sinkt die Akzeptanz der Verkehrsteilnehmenden voraussichtlich, wenn die angezeigte Geschwindigkeitsbeschränkung in keinem Zusammenhang mit der Verkehrssituation steht, wie es bei einem emissionsabhängigen Steuerungsalgorithmus der Fall sein könnte.

Um zuverlässige Ergebnisse zu erhalten, müssen die Wunschgeschwindigkeitsverteilungen die beobachteten Geschwindigkeiten widerspiegeln. Mit zunehmender Verkehrsdichte steigt der Einfluss der Verkehrsteilnehmenden aufeinander, sodass sich Wunsch- und gefahrene Geschwindigkeiten stark unterscheiden. Zur Bestimmung von sinnvollen Wunschgeschwindigkeitsverteilungen werden auf dem untersuchten Abschnitt Einzelfahrzeugdaten über einen Zeitraum von neun Tagen an zwei Messquerschnitten aufgezeichnet. Diese Daten werden mit Fokus auf gefahrene Geschwindigkeiten in Abhängigkeit von den angezeigten Geschwindigkeitsbeschränkungen, angezeigten Warnungen und der Verkehrsdichte anhand des Kaplan-Meier-Verfahrens analysiert [6].

(Bild siehe PDF)

Bild 2: Wunschgeschwindigkeitsverteilungen für Pkw und Lkw (dynamische Geschwindigkeitsbeschränkung auf 120 km/h)

Das Ergebnis sind Wunschgeschwindigkeitsverteilungen in Abhängigkeit von der angezeigten Höchstgeschwindigkeit, separat für Pkw, leichte Nutzfahrzeuge (Lnf) und Lkw. Bild 2 zeigt ein Beispiel solcher Wunschgeschwindigkeitsverteilungen. v_frei beschreibt die Geschwindigkeitsverteilung aller frei fahrenden Fahrzeuge, v_Wunsch die daraus resultierende Wunschgeschwindigkeitsverteilung nach dem modifizierten Kaplan-Meier-Verfahren. v_norm beschreibt die an die v_Wunsch-Kurve angepasste Normalverteilung, die als Modelleingabe dient.

Diese Modellierung der Akzeptanz basiert auf der Annahme, dass es keinen Unterschied zwischen der Akzeptanz gegenüber konventionellen und emissionsbedingten Geschwindigkeitsbeschränkungen gibt. Ob die Akzeptanz der Verkehrsteilnehmenden gegenüber verkehrsbedingten Geschwindigkeitsbeschränkungen auf emissionsbasierte Geschwindigkeitsbeschränkungen übertragbar ist, wurde noch nicht untersucht.

Für die Bewertung der Akzeptanz der TSF wird die Nutzung des Seitenstreifens auf dem untersuchten dreistreifigen Autobahnabschnitt mit der Nutzung des rechten Fahrstreifens auf einer vierstreifigen Autobahn verglichen, welche in [16] untersucht wurde. Ein Vergleich zeigt keine signifikanten Unterschiede der Aufteilung der Fahrzeuge auf die einzelnen Fahrstreifen. Die Akzeptanz des Seitenstreifens auf dem untersuchten Abschnitt wird daher als sehr gut bewertet.

Die Akzeptanz des Überholverbots für Lkw wird durch eine Analyse der Lkw-Verteilung auf die Fahrstreifen bei aktivem und inaktivem Überholverbot untersucht. Bei der Interpretation der Ergebnisse ist eine mögliche Fehlerquote zu berücksichtigen, die aus der fehlerhaften Zuordnung der Fahrzeuge zu den Fahrzeugklassen resultieren könnte. Zudem werden Busse und Fahrzeuge mit Anhänger als Lkw gezählt, obwohl diese nicht vom Lkw-Überholverbot betroffen sind. Der Lkw-Anteil auf dem rechten Fahrstreifen ist tendenziell höher, wenn ein Überholverbot für Lkw angezeigt wird. Gleichzeitig ist der Lkw-Anteil auf dem mittleren Fahrstreifen leicht reduziert. Fast keine Lkws benutzen den linken Fahrstreifen, weshalb dieser im Modell für Lkw gesperrt ist. Insgesamt unterscheidet sich die Fahrstreifenaufteilung der Lkw zwischen aktivem und inaktivem Überholverbot nur geringfügig, weshalb im Verkehrsflussmodell nur eine geringe Akzeptanz angenommen wird.

Zur Modellierung der Akzeptanz werden zwei Fahrzeugklassen Akzeptierer und Nicht-Akzeptierer angelegt. Es wird angenommen, dass 30 % der Lkw von dem mittleren auf den rechten Fahrstreifen wechseln, wenn das Überholverbot angezeigt wird. 70 % der Lkw würden nicht auf den rechten Fahrstreifen wechseln. Die meisten Lkw fahren jedoch ohnehin auf dem rechten Fahrstreifen, unabhängig davon, ob sie Akzeptierer oder Nicht-Akzeptierer sind. Aufgrund ihrer niedrigen Geschwindigkeiten und ihres Fahrverhaltens wird im Modell eine realistische Verteilung der Lkw auf die unterschiedlichen Fahrstreifen erreicht.

 

3.3 Streckenbeeinflussungsanlage

Auf deutschen Autobahnen sind verschiedene Steuerungsalgorithmen im Einsatz. Die modellierte SBA wird mit dem SARAH-Steuerungsalgorithmus betrieben, welcher auf hessischen Autobahnen zum Einsatz kommt. SARAH (Streckensteuerung mit Antizipierendem Regelbasiertem Ansatz in Hessen) ist eine Weiterentwicklung der MARZ-Algorithmen [17] mit dem Ziel einer verbesserten Steuerungsqualität. SARAH arbeitet, im Gegensatz zu anderen Steuerungsalgorithmen, mit Verkehrsdaten für jeden einzelnen Fahrstreifen. In Hessen werden zur Aktivierung verschiedener Steuerungsprogramme die Verkehrsdaten jedes Fahrstreifens mit verschiedenen Grenzwerten verglichen [18]. Anschließend wird das ermittelte Schaltbild jedes Fahrstreifens und jedes Anzeigequerschnitts einer Priorisierung und einer Anpassung in Quer- und Längsrichtung unterzogen. Als Ergebnis zeigt jedes Wechselverkehrszeichen Geschwindigkeitsbeschränkungen und Warnungen in Abhängigkeit von der aktuellen Verkehrssituation an. Der SARAH-Steuerungsalgorithmus wird für das Forschungsvorhaben in Python reimplementiert und als Skript über die COM-Schnittstelle in PTV Vissim integriert.

An jedem Messquerschnitt der realen SBA (siehe Bild 1) wird in PTV Vissim eine Querschnittsmessung angelegt. Diese Querschnittsmessungen zeichnen Verkehrsdaten auf, die für den Steuerungsalgorithmus notwendig sind. Diese Daten werden von dem Skript ausgelesen und für die Ermittlung der Geschwindigkeitsbeschränkungen und Warnungen nach dem SARAH-Steuerungsalgorithmus verwendet.

An jedem Anzeigequerschnitt werden im Modell Wunschgeschwindigkeitsentscheidungen hinzugefügt. Wenn der Steuerungsalgorithmus eine neue Geschwindigkeitsbeschränkung für einen oder mehrere Anzeigequerschnitte festlegt, wird die entsprechende Wunschgeschwindigkeitsverteilung, welche in der vorausgegangenen Akzeptanzstudie bestimmt wurde, der jeweiligen Wunschgeschwindigkeitsentscheidung zugeordnet. Jedem Fahrzeug in der Simulation wird ein Perzentil für Wunschgeschwindigkeitsverteilungen zugewiesen. Das Perzentil bleibt über die Lebensdauer eines Fahrzeugs bestehen. Ein Fahrzeug, das eine Wunschgeschwindigkeitsentscheidung überfährt, erhält entsprechend seines Perzentils eine neue Wunschgeschwindigkeit aus der entsprechenden Wunschgeschwindigkeitsverteilung. Diese Verteilungen unterscheiden sich je nach Fahrzeugklasse (Pkw, Lnf und Lkw).

Überholverbote für Lkws werden durch das Sperren der Überholstreifen für die entsprechenden Fahrzeugklassen modelliert.

Der modellierte Autobahnabschnitt verfügt über eine temporäre Seitenstreifenfreigabe. Wenn der Seitenstreifen für den Verkehr freigegeben wird, können die Fahrzeuge im regulär dreistreifigen Abschnitt für eine gewisse Zeit vier Fahrstreifen nutzen. Um eine TSF in PTV Vissim zu modellieren, reicht eine Sperrung des Seitenstreifens für alle Fahrzeugklassen nicht aus. Das Sperren eines Fahrstreifens hat zur Folge, dass die Fahrzeuge den Fahrstreifen zwar so schnell wie möglich verlassen möchten. Wenn ein Fahrzeug auf diesem Fahrstreifen fährt und ein Fahrstreifenwechsel nicht möglich ist, z. B. aufgrund der Verkehrssituation, fährt das besagte Fahrzeug allerdings weiter auf dem gesperrten Fahrstreifen. Bei wachsender Verkehrsstärke verbleiben in der Simulation immer mehr Fahrzeuge auf dem Seitenstreifen, da sie es nicht schaffen den Fahrstreifen zu wechseln.

Stattdessen werden am Anfang und am Ende des Abschnitts mit der Seitenstreifenfreigabe jeweils zwei Verbindungsstrecken angelegt. Eine Verbindungsstrecke führt über die drei regulären Fahrstreifen und die zweite Verbindungsstrecke führt über alle vier Fahrstreifen (drei reguläre Fahrstreifen und der Seitenstreifen). Bild 3 zeigt die Vorgehensweise zur Modellierung einer TSF in PTV Vissim. Im nächsten Schritt wird eine Fahrzeugteilrouten-Entscheidung angelegt, die jeweils eine Teilroute über die dreistreifige Verbindungsstrecke und eine über die vierstreifige Verbindungsstrecke umfasst. Die relativen Belastungen der beiden Teilrouten werden, je nachdem ob die TSF an- oder ausgeschaltet ist, verändert. Wenn der Seitenstreifen nicht freigegeben ist, wählen alle Fahrzeuge die Teilroute über die Verbindungsstrecke zu den drei Fahrstreifen. Zusätzlich wird der Seitenstreifen für alle Fahrzeugklassen gesperrt, damit die Fahrzeuge nicht auf den Seitenstreifen zurück wechseln. Im Modell erfolgen die Freigabe und die Sperrung des Seitenstreifens zeitabhängig und entspricht der Freigabe am modellierten Tag.

(Bild siehe PDF)

Bild 3: Modellierung einer temporären Seitenstreifenfreigabe in PTV Vissim

 

3.4 Kalibrierung und Validierung

In einer detaillierten Plausibilisierung wird das Verkehrsflussmodell zunächst auf Modellierungsfehler untersucht. Unstimmigkeiten im Verkehrsfluss können so durch Anpassung des Modells korrigiert werden.

Im nächsten Schritt wird das Fahrverhalten basierend auf den Verkehrsstärke- und Geschwindigkeitsverläufen kalibriert. An den Messquerschnitten erfasste reale Verkehrsdaten werden mit dem Verkehrsfluss in der Simulation verglichen. Während der Kalibrierung werden Modifikationen verschiedener Parameterwerte ausgewertet. Jeder Modifikation folgen mehrere Simulationsläufe, um die Zuverlässigkeit der Ergebnisse zu gewährleisten. Die Auswertung erfolgt automatisiert über eine eigens entwickelte Auswertungsumgebung in Python. Das Fehlermaß wird durch den mittleren quadratischen Fehler (RMSPE) gemessen. Der RMSPE beschreibt den prozentualen Fehler einer Simulation und gibt an, wie groß der Fehler im Verhältnis zum Mittelwert ist [19].

Bild 4 zeigt ein Beispiel für den zeitlichen Verlauf von Verkehrsstärke und Geschwindigkeit an einem Messquerschnitt. Dabei werden die Verkehrsstärke und die Geschwindigkeit in der Simulation (gestrichelt dargestellt) mit dem gemessenen Verkehrsfluss (durchgezogen) auf der Autobahn verglichen.

(Bild siehe PDF)

Bild 4: Verlauf der Verkehrsstärke und Geschwindigkeit an Messquerschnitt 28

Es ist wichtig, dass der Steuerungsalgorithmus im Modell so schaltet, wie er es in der Realität getan hätte. Um den Steuerungsalgorithmus in Python zu validieren, wird das reimplementierte Skript auf die realen Messdaten angewendet. Anstatt das Skript an die Simulation zu koppeln, werden also die realen Messdaten als Eingangswerte benutzt. Die resultierenden Geschwindigkeitsbeschränkungen und Warnungen werden mit den realen Anzeigen verglichen. Bei Abweichungen können Fehler in der Nachbildung des Steuerungsalgorithmus erkannt und korrigiert werden. Bild 5 zeigt ein Beispiel für einen solchen Abgleich.

Um das Verkehrsflussmodell zu validieren, wird der Steuerungsalgorithmus in Python sowohl auf reale Messdaten, als auch auf die Simulation angewendet und die Ergebnisse verglichen. Da der Steuerungsalgorithmus Geschwindigkeitsbeschränkungen und Warnungen auf Basis von Verkehrsdaten anordnet, liefert ein solcher Vergleich Informationen darüber, wie realitätsnah der Verkehrsfluss in der Simulation den Verkehrsfluss der Realität abbildet. Insgesamt stimmen die Ergebnisse gut überein. Nur ein paar kurze Geschwindigkeitseinbrüche treten in der Simulation nicht auf und werden somit nicht vom Steuerungsalgorithmus erfasst.

(Bild siehe PDF)

Bild 5: Vergleich zwischen den Schaltbildern der realen Steuerungslogik und der Python-Steuerung an Messquerschnitt 41 (rechter Fahrstreifen)

Damit steht ein Verkehrsflussmodell zur Verfügung, das eine aktuelle Verkehrssituation mit allen Steuerungsmaßnahmen realitätsnah abbildet.

 

3.5 Implementierung von Verkehrsemissionen in der Steuerungslogik

In dieser Untersuchung werden die Verkehrsemissionen anhand des HBEFA für Luftemissionen und der RLS-90 für Lärmemissionen berechnet. Beide Berechnungsmethoden werden in ein Python-Skript implementiert und an Vissim gekoppelt. Die in der Simulation entstandenen Verkehrsemissionen werden lokal an jedem Messquerschnitt berechnet und während der Simulation kontinuierlich in einminütigen Intervallen ausgewertet.

Es ist somit möglich, Emissionen als Steuerungskriterium in den Steuerungsalgorithmus einzufügen. Wenn die Emissionswerte einen bestimmten Grenzwert überschreiten, werden schadstoffbedingte Geschwindigkeitsbeschränkungen aktiviert. Nach Abschluss jedes Simulationslaufs werden für das gesamte untersuchte Netz und für die gesamte Simulationszeit die entstandenen Emissionen ausgewertet. Die Simulationsergebnisse mit und ohne zusätzlichem Steuerungskriterium werden miteinander verglichen.

Die konventionellen Steuerungskriterien (Verkehrsstärke, Verkehrsdichte und Geschwindigkeit) werden um die umweltrelevanten Emissionen NOX und Feinstaub ergänzt. Es werden zwei verschiedene Szenarien für die Berücksichtigung von Verkehrsemissionen im Steuerungsalgorithmus untersucht.

  • Szenario I: Verschärfung der Grenzwerte für konventionelle Steuerungsprogramme

Wird ein bestimmter Emissionswert überschritten, werden die Grenzwerte der konventionellen Steuerungsprogramme verschärft. Geschwindigkeitsbeschränkungen werden schon bei geringerem Verkehrsaufkommen angezeigt. Die Beschränkungen beginnen somit früher und dauern länger als ohne Grenzwertüberschreitung.

  • Szenario II: Entwicklung eines Umweltprogramms

Überschreiten die berechneten NOX- oder Feinstaubemissionen einen gewissen Grenzwert, so wird das Umweltprogramm aktiviert. Meldet ein Messquerschnitt eine Emissionsüberschreitung, wird anschließend ein Geschwindigkeitstrichter auf 100 km/h angezeigt. Der Messquerschnitt, der die Emissionsüberschreitung feststellt, zeigt eine zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h an. An dem Messquerschnitt stromaufwärts zeigen die Wechselverkehrszeichen eine Höchstgeschwindigkeit von 120 km/h. Dies gilt allerdings nur, wenn kein anderes Steuerungsprogramm eine geringere Höchstgeschwindigkeit anordnet.

 

4 Ergebnisse

Um den Einfluss des Steuerungsalgorithmus auf die resultierenden Verkehrsemissionen zu bewerten, wird der konventionelle SARAH-Steuerungsalgorithmus mit den Szenarien I und II verglichen. Die Auswertung der Emissionen zeigt, dass die Integration von umweltrelevanten Steuerungskriterien eine positive Wirkung hat. Bild 6 zeigt die entstandenen Gesamtemissionen im Simulationszeitraum.

(Bild siehe PDF)

Bild 6: Luft- und Lärmemissionen im Vergleich

Die berechneten Luftemissionen aller Fahrzeuge in der Simulation zeigen im Durchschnitt eine leichte Reduktion der Emissionen in Szenario I und eine etwas stärkere Reduktion in Szenario II. Dieses Ergebnis gilt für die untersuchten CO2-, NOX- und Feinstaubemissionen.

Im Durchschnitt zeigen beide Szenarien eine leichte Reduktion der Lärmemissionen. Der Wert der Reduktion liegt jedoch unter dem Schwellenwert der menschlichen Wahrnehmung, sodass es keinen hörbaren Unterschied zwischen den untersuchten Steuerungsalgorithmen gibt. Dennoch besteht durch die Anpassung des Steuerungsalgorithmus ein Potential zur Lärmreduktion, wenn auch in geringem Maße.

Szenario I zeigt durchschnittlich eine leichte Erhöhung der gesamten Reisezeiten (1,7 %). Dahingegen führt Szenario II zu einer leichten Reduktion der Reisezeiten (-1,0 %). Der Eingriff in den Verkehrsfluss kann in beiden Szenarien als sehr gering eingestuft werden, sodass keine nennenswerten Änderungen durch umweltbezogene Steuerungen zu erwarten sind.

Insgesamt ist der erzielte Nutzen für Szenario II größer als Szenario I und damit erweist das Umweltprogramm das größere Potenzial für eine Reduktion der Umweltwirkung.

Das größte Potenzial der untersuchten umweltbezogenen Steuerungen liegt außerhalb der Hauptverkehrszeiten. In beiden Szenarien kommen die emissionsbedingten Höchstgeschwindigkeiten nur zum Einsatz, wenn das Verkehrsnetz nicht vollständig ausgelastet ist. Zum einen befinden sich bei hoher Auslastung die Verkehrsstärke und -dichte oberhalb der Einschaltgrenzwerte der konventionellen Steuerungsprogramme, sodass eine Grenzwertverschärfung hier keinen Einfluss mehr hat. Zum anderen kommt das Umweltprogramm nur zum Einsatz, wenn die Emissionen hoch sind, jedoch kein anderes Steuerungsprogramm eine Schaltanforderung stellt. Auch dies ist nur in einem schmalen Fenster zwischen geringen und mittleren Auslastungen der Fall.

Da das Verkehrsmodell den Verkehrszustand in der morgendlichen Hauptverkehrszeit widerspiegelt, ist die Verkehrsbelastung in der Simulation größtenteils sehr hoch und damit das Potenzial des Umweltprogramms gering. Alle berechneten Emissionen beziehen sich auf den gesamten Analysezeitraum. Bei geringerer Verkehrsbelastung ist das Potential zur Emissionsreduzierung größer als hier dargestellt. Es gilt zu überprüfen, welches Potenzial für die Vermeidung von Emissionen außerhalb der Hauptverkehrszeiten besteht.

 

5 Fazit und Ausblick

Diese Untersuchung zeigt, dass es möglich ist, Verkehrsemissionen durch die Anpassung des Steuerungsalgorithmus einer SBA zu reduzieren. Die Luft- und Lärmemissionen können leicht reduziert werden, ohne dass sich die Reisezeiten wesentlich verändern.

Eine abschließende Bewertung kann im Rahmen dieser Potentialstudie nicht vorgenommen werden. Zu diesem Zweck sind weitere Untersuchungen mit dem beschriebenen Modell notwendig. Der Workflow von der Datenerfassung, -lieferung, -vorbereitung und -integration über die Bestimmung der Emissionen in der Simulation bis hin zur Implementierung von umweltrelevanten Steuerungskriterien wurde aufgebaut. Im Laufe dieses Prozesses wurden einige Aspekte identifiziert, die weiterentwickelt werden sollten.

Vor allem die Akzeptanz der Verkehrsteilnehmenden gegenüber den angezeigten Geschwindigkeitsbeschränkungen sollte genauer betrachtet werden. Die Modellierung der Akzeptanz basiert auf der Annahme, dass es keinen Unterschied zwischen der Akzeptanz gegenüber konventionellen und emissionsbedingten Geschwindigkeitsbeschränkungen gibt. Die Akzeptanz gegenüber Beschränkungen aus Umweltgründen wurde jedoch noch nicht untersucht.

Zusätzlicher Forschungsbedarf besteht in der Analyse des Einflusses von SBA auf das Fahrverhalten. Es stellt sich die Frage, ob eine Änderung des Abstandsverhaltens in Abhängigkeit von der angezeigten Höchstgeschwindigkeit oder einer zusätzlichen Warnung festgestellt werden kann. Ein solcher Einfluss wird derzeit nicht im Modell abgebildet.

Darüber hinaus sollte in Zukunft der Einsatz von mikroskopischen Emissionsmodellen wie PHEM, PHEMlight oder EnViVer zur Validierung in Betracht gezogen werden, da deren Emissionsbestimmung den Detaillierungsgrad weiter erhöhen könnte.

 

6 Hintergrund

Diese Untersuchung basiert auf Arbeiten, die vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) im Rahmen der Forschungsinitiative mFUND gefördert wurden. Alle Daten und Informationen zu dem Steuerungsalgorithmus SARAH wurden von Hessen Mobil zur Verfügung gestellt.

7 Literatur

[1]    M. Keller, S. Hausberger, C. Matzer, Ph. Wüthrich, B. Notter. (2017). Handbuch Emissionsfaktoren des Straßenverkehrs (HBEFA 3.3).

[2]    L. Int Panis, S. Broekx, R. Liu. (2006). Modelling instantaneous traffic emission and the influence of traffic speed limits. The Science of the total environment 371 (1-3), S. 270-285.

[3]    R. Joumard, P. Jost, J. Hickman, D. Hassel. (1994). Hot passenger car emissions modelling as a function of instantaneous speed and acceleration. The Science of the total environment 169, S. 167-174.

[4]    I. de Vlieger, D. de Keukeleere, J. Kretzschmar. (2000). Environmental effects of driving behaviour and congestion related to passenger cars. Atmospheric Environment 34 (27), S. 4649-4655.

[5]    J. Thudium. (2006). Lufthygienische Auswirkungen der Zukunftsszenarien 2005 - 2010 für die Verkehrsentwicklung auf der Inntalautobahn A12.

[6]    S. P. Hoogendoorn. (2004). Unified approach to estimating free speed distributions.

[7]    M. Rexeis, S. Hausberger, M. S. Zallinger, C. Kurz. (2007). PHEM and NEMO: Tools for micro and meso-scale emission modelling. Abstracts of the 6th International Conference on Urban Air Quality.

[8]    PTV Group. Emissions modelling. [Online] http://vision-traffic.ptvgroup.com/nl/products/ptv-vissim/use-cases/emissions-modelling/.

[9]    Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen. (1990). Richtlinien für den Lärmschutz an Straßen RLS-90. Köln (334).

[10]  Luxemburger Wort Online. (2105). Ozon-Smog: 90 km/h auf allen Autobahnen. [Online] https://www.wort.lu/de/lokales/ozon-smog-90-km-h-auf-allen-autobahnen-5593d2f50c88b46a8ce5c18b.

[11]  V. Höferl. (2018). ASFINAG: Verkehrsbeeinflussungsanlage Umwelt Steiermark in Betrieb. [Online] https://www.ots.at/presseaussendung/OTS\_20081215\_OTS0016/asfinag-verkehrsbeeinflussungsanlage-umwelt-steiermark-in-betrieb.

[12]  C. Kurz, C. Harringer, R. Reifeltshammer. (2016). Evaluierung der VBA-Umwelt Steiermark für den Betriebszeitraum 2015.

[13]  C. Nagl, W. Spangl, G. Lichtblau. (2007). Programm nach 9A IG-L für das Bundesland Tirol.

[14]  Amt der Tiroler Landesregierung. Geschwindigkeitsbeschränkungen nach IG-L (Tempo 100km/h). [Online] https://www.tirol.gv.at/umwelt/umweltrecht/luftreinhalterecht/100-kmh-luft/.

[15]  PTV Group. (2013). Validate: Verkehrsmodell und Verkehrsdatenlieferant für Deutschland. [Online] http://vision-traffic.ptvgroup.com/de/produkte/traffic-data/verkehrsmodelle/.

[16]  J. Geistefeldt. (2007). Verkehrsablauf und Verkehrssicherheit auf Autobahnen mit vierstreifigen Richtungsfahrbahnen.

[17]  Bundesanstalt für Straßenwesen. (1999). Merkblatt für die Ausstattung von Verkehrsrechnerzentralen und Unterzentralen (MARZ). Bergisch Gladbach.

[18]  G. Riegelhuth, M. Glatz. (2015). Zuverlässiger Betrieb von Streckenbeeinflussungsanlagen auf Basis einer antizipierenden, regelbasierten Steuerung. Straßenverkehrstechnik 2015 (4), S. 245-258.

[19]  Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen. (2008). Hinweise zur mikroskopischen Verkehrsflusssimulation.