FGSV-Nr. FGSV 002/132
Ort Hamburg
Datum 11.05.2022
Titel IT-Anwendungen OkWS-fähig machen mit der OKSTRA®-Klassenbibliothek
Autoren Dipl.-Phys. Arnold Vogelsang
Kategorien OKSTRA
Einleitung

Nach den Vorstellungen des IT-Koordinierungsausschuss Bund-Länder im Straßenwesen (ITKo) sind OKSTRA®-konforme Webservices (OkWS) die bevorzugte Möglichkeit zum Datenaustausch zwischen IT-Systemen im Straßenwesen. Verfügt ein System über einen OkWS, dann können die im System enthaltenen Daten in Form von OKSTRA®-Objekten über eine Schnittstelle im Internet abgefragt werden, wobei je nach Auslegung des OkWS auch diverse Filterkriterien angegeben werden können.

Zur Realisierung von OkWS-Diensten wurde vom ITKo eine entsprechende Softwarekomponente entwickelt, in der u. a. die OKSTRA®-Klassenbibliothek (OKLABI) zum Einsatz kommt. Soll ein IT-System für den ITKo-OkWS befähigt werden, muss diese Komponente an das System angeschlossen werden. Dabei ist für jede der vom ITKo-OkWS-Dienst abzugebenden OKSTRA®-Objektarten festzulegen, wie die einzelnen Objekte aus den im System vorliegenden Datenstrukturen gebildet werden sollen. Spätestens dann, wenn auch Filterkriterien in Anfragen berücksichtigt werden sollen, wird dieser Anschluss zu einer komplexen Aufgabe. Durch eine neue Erweiterung der OKLABI lässt sich der Anschluss der ITKo-OkWS-Komponente an ein IT-System deutlich vereinfachen: nämlich durch den Anschluss der OKLABI. Technisch wurde dies durch die Integration der neuen Schnittstelle Kommunikationskanal erreicht, mit der zwei OKLABI-Instanzen miteinander kommunizieren können, nämlich der ITKo-OkWS und die Datenhaltung. Ein wesentlicher Aspekt dieser Schnittstelle ist die technische Entkopplung des ITKo-OkWS von den datenhaltenden Systemen, z. B. einer Straßeninformationsbank (SIB). Unter Verwendung eines einfachen Protokolls werden Anfragen an die Datenhaltungen geschickt. Dabei ist es nicht erforderlich, Datenstrukturen und Verarbeitungsprozesse offen zu legen. Ein datenhaltendes System muss für die Anbindung an den ITKo-OkWS lediglich lernen, die Anfragen des ITKo-OkWS zu interpretieren, die Fachdaten im OKSTRA-Format zu erzeugen und zurückzuliefern, wobei Unterstützung durch den Kommunikationskanal geleistet wird. Dabei obliegt die Aufgabe der Filterung der Anfragen gemäß WFS-Spezifikationen beim ITKo-OkWS. Die datenhaltenden Stellen werden befähigt, vordefinierte Prozeduren auszuführen.

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1 Einführung

1.1 Vorstellung

Die interactive instruments GmbH ist ein Softwareunternehmen mit Sitz in Bonn, welches 1985 gegründet wurde und auf Entwicklungen im Bereich raumbezogene Informationen spezialisiert ist. Die Firma ist seit 20 Jahren die OKSTRA-Pflegestelle und hat die OKSTRA-Klassenbibliothek OKLABI entwickelt und pflegt diese. Der Autor ist seit der Übernahme von Erstellung und Pflege für die technische Umgebung der OKLABI verantwortlich.

1.2 ITKo-OkWS

Zur Realisierung von OkWS-Diensten (OKSTRA®-konformer Web-Service) wurde vom ITKo eine Softwarekomponente entwickelt, in der unter anderem auch die OKSTRA®-Klassenbibliothek (OKLABI) zum Einsatz kommt.

Die Funktionsweise des OkWS basiert auf den Festlegungen im veröffentlichten OKSTRA-Dokument N0112, „Datenbereitstellungs-Schnittstelle für OKSTRA-Daten auf Basis des OGC Web Feature Service“.

Inhalt des vorliegenden Dokuments ist der Ansatz, mit dem die OKLABI den ITKo-OkWS bei der Kommunikation unterstützt. Zur Dokumentation des Aufbaus und der Funktionsweise findet sich weitere Information auf der OKSTRA-Webseite www.okstra.de

1.3 IT-Systeme im Straßenwesen

Bei der Betrachtung von IT-Systemen, die mit Daten aus dem Straßenwesen arbeiten, lohnt

sich zuerst ein kurzer Überblick der Grundlagen.

Daten befüllen die Schatztruhe des Informationszeitalters. Es gibt heutzutage kaum eine Tätigkeit, bei der keine Daten beteiligt sind. Viele Prozesse sind zudem aufwändig und teuer: es geht um viel Geld. Ferner ist im Laufe der Jahre eine große Menge an Erfahrungen gesammelt worden im Umgang mit den Daten, die sich in den vorhandenen technischen Lösungen widerspiegeln, und die nicht verloren gehen dürfen.

Verschiedene Aspekte sind wichtig beim Umgang mit Daten, eine Auswahl:

  • Welche Tätigkeiten werden ausgeführt?
  • Was sind die Rahmenbedingungen?
  • Wer ist verantwortlich?
  • Welche Prozesse sind beteiligt?
  • Welche Akteure kommen zum Einsatz?
  • Wer hält die Daten vor und pflegt diese?
  • usw.

Es wichtig zu bedenken, dass nicht nur die Struktur der Daten beschrieben werden muss, sondern dass jegliche Nutzung der Daten – insbesondere auch die ablaufenden Prozesse – eine Anwendung mit eigenen Parametern darstellt. So ist es z. B. notwendig, die Daten aus einer Straßeninformationsbank (SIB) mit vielen Prozessen zu verknüpfen, die auf dem Straßennetz organisiert werden müssen. Nennen könnte man:

  • Unterhaltung und Instandsetzung,
  • Zustandsprüfungen,
  • Verkehrsstärkenermittlungen,
  • Winterdienst,
  • Schwertransporte,
  • usw.

Ein dazu passendes Stichwort lautet Interaktion: es steht alles mit allem im Bezug.

Wir haben eine Situation, die sich zusammenfassend wie folgt beschreiben lässt:

  • Es gibt strukturell sehr unterschiedliche Datenhaltungen, verteilt im ganzen Land mit verschiedenen Zuständigkeiten.
  • Unterschiedliche technische Ansätze werden eingesetzt.
  • Es gibt über Jahrzehnte gewachsene Systeme, aber auch Neuimplementierungen aus jüngerer Zeit.
  • Die fachlichen Grundlagen der Datenhaltungen basieren auf denselben Regelwerken, z. B. der ASB.
  • Für den Datenaustausch wird eine gemeinsame Sprache benötigt.
  • Vermieden werden sollte auf jeden Fall die Haltung redundanter Daten, das erzeugt eine Menge neuer Probleme.

Die technische Lösung, wie man eine gemeinsame Nutzung der Daten organisieren kann, liegt in der Schaffung von Auskunftssystemen, die es unter Einsatz von Webtechnolgie gestatten, auf die verschiedenen Datenhaltungen zuzugreifen. Dabei kommt zugute, dass mit dem OKSTRA-Datenmodell bereits die benötigte gemeinsame Sprache für den Datenaus-tausch vorliegt, und dass ein Konzept für die Realisierung eines OGC-WFS mit OKSTRA-Daten vorhanden ist. Darauf basiert auch der ITKo-OkWS, der eine mögliche technische Umsetzung des OkWS-Konzepts darstellt.

2 ITKo-OkWS und OKLABI

2.1 Funktionsprinzip

An einer Darstellung, die von der ITKo-Geschäftsstelle stammt, soll die Funktionsweise des ITKo-OkWS beschrieben werden.

Bild 1: Funktionsweise des ITKo-OkWS (Ausschnitt, Dank an Herrn Czerny, Fernstraßenbundesamt)

Wesentliches Merkmal des Aufbaus ist, dass es zwei getrennte Komponenten gibt:

  • Webdienst (Entgegennahme und Bearbeitung von Anfragen, Filterung),
  • Datenhaltung (Bereitstellung von Daten).

Beide Komponenten setzen die OKLABI ein und benutzen als Hilfsmittel den sogenannten Kommunikationskanal, der im Jahr 2021 in der OKLABI als Schnittstellenfunktionalität hinzugefügt wurde.

Die Arbeitsweise ist wie folgt:

  • Anfrage eines Nutzers an den Server (rechts im Bild),
  • Durchreichen der Anfrage an die Datenhaltung (links im Bild), die eine Abbildung zwischen ihren eigenen inneren Strukturen und dem OKSTRA-Datenformat vornimmt,
  • Auswahl der Daten in der Datenhaltung,
  • Herstellung des Ergebnisses im OKSTRA-Format, dabei ist wiederum eine Abbildung in der Datenhaltung auszuführen,
  • Ablieferung an den Server,
  • Rückgabe an den Nutzer.

In der Ausbaustufe 1 des ITKo-OkWS sind noch keine komplexen Filterungsmöglichkeiten vorgesehen. Man kann entweder einzelne per Objekte per Kennung anfragen oder vorbereitete Anfragen ausführen, die vordefinierte fachlich festgelegte Situationen abbilden. Später wird in der Ausbaustufe 2 auf der Seite des Servers eine Cache-Datenbank im OKSTRA-Datenbankformat eingerichtet, in der eine vollwertige fachliche Filterung nach OGC-Regeln erfolgt.

Ein wesentliches Merkmal dieser Konstruktion ist, dass mittels eines OKSTRA-Profils beschrieben wird, welche fachlichen Umfänge lieferbar sind. Bei der Umsetzung ist zu gewährleisten, dass beide, die Datenhaltung und der Server, auf dasselbe OKSTRA-Profil abgestimmt werden. Die Serverkomponente kann weitestgehend generisch arbeiten, ihre Funktionsweise ist unabhängig von der Art der angeschlossenen Datenhaltung.

Die dargestellte Zweiteilung erlaubt es, Aufgaben voneinander zu separieren:

  • Der Server muss keine Interna der angeschlossenen Datenhaltung kennen (man beachte: es gibt viele Datenhaltungen!).
  • Der Server benutzt zur Filterung das OKSTRA-Datenformat. Diese Fähigkeit müsste andernfalls in allen Datenhaltungen realisiert werden.
  • Das Übertragungsprotokoll im Kommunikationskanal ist ein einfaches textbasiertes Format, das leicht zu implementieren ist.
  • Das Einsammeln der Daten geschieht dort, wo die Kenntnis über die Daten bestens vorhanden ist, nämlich in der Datenhaltung selbst.
  • Die Aufbereitung der Daten in das Rückgabeformat des Dienstes (eine sogenannte WFS-Feature-Collection) kann unter Einsatz der OKLABI geschehen, die es ermöglicht zusätzlich zum OKSTRA-XML-Format auch diese XML-Variante zu erzeugen.

2.2 Die OKLABI im ITKo-OkWS

Der ITKo-OkWS kann an verschiedenen Stellen von den Fähigkeiten der OKLABI profitieren.

Das sind z. B. die

  • Kenntnis des OKSTRA-Datenformats in allen bekannten Versionen,
  • Unterstützung für OKSTRA-Profile,
  • Programmierschnittstellen in vielen gängigen Sprachen: Java, C#, C++, C,
  • Einsetzbarkeit unter Windows und Linux.

Nimmt man den Kommunikationskanal in der OKLABI hinzu, rundet sich das Bild ab. Hierdurch wird es möglich, zwei Anwendungen miteinander zu verbinden, die durch das Netzwerk miteinander kommunizieren. Die technischen Voraussetzungen dafür werden dabei von der OKLABI bereitgestellt, von den nutzenden Anwendungen ist lediglich eine einfach strukturierte Schnittstelle mit geringem Umfang zu bedienen.

In der folgenden Übersicht wird die grundsätzliche Funktionsweise bei der Benutzung des Kommunikationskanals beschrieben:

Server

–     Sendet Anfragen an Datenhaltung

–     Freie Parametrisierung der Anfragen durch Schlüssel-Wert-Paare

Datenhaltung

–     Bereitet Ergebnis für die Anfrage auf

–     Schickt Ergebnis an Server zurück

–     Fehlernachweis OGC-konform (Service Exception)

OKLABI

–     Verbindet Server und Datenhaltung

–     Organisiert Datenfluss

–     Erlaubt parallele Anfragen

–     Nutzt Standard-Netzwerktechnologie (Socket)

 

2.3      Einsatzbereiche

Die Entwicklung des ITKo-OkWS ist noch nicht abgeschlossen. Zurzeit werden Teststellungen vorbereitet und durchgeführt, um die Funktionalität zu prüfen und die Arbeitsweise zu optimieren. Hierzu wird prototypisch unter anderem die Vermessungsdatenbank der Landesstraßenbaubehörde Sachsen-Anhalt angeschlossen, um die darin vorgehaltenen Informationen nutzen zu können. Es zeichnen sich einige Bereiche ab, in denen der ITKo-OkWS wertvolle Dienste leisten wird. Andere Fachumgebungen wie etwa die neue Bauwerksdatenbank sind für ihren Betrieb darauf angewiesen, einen OkWS zur Verfügung zu haben.

Auswahl vorhandener Datenhaltungen:

  • Straßeninformationsbanken der Länder und der Autobahn GmbH des Bundes,
  • Bauwerksdatenbank SIB-Bw-2 (der Vorläufer wird abgelöst),
  • Organisation von Großraum- und Schwerlasttransporten (VEMAGS),
  • Planung von Um- und Neubaumaßnahmen,
  • Fachanwendungen in den Straßenbaubehörden.

Die Art und Weise, wie man die über den ITKo-OkWS bereitgestellten Daten später für eigene Zwecke mischt und benutzt, ist nicht festgelegt, dabei kommt es auf den Einsatzzweck an.

Literaturverzeichnis

OKSTRA-Pflegestelle (31. 3. 2016): Dokument N0112: Datenbereitstellungs-Schnittstelle für

OKSTRA-Daten auf Basis des OGC Web Feature Service. abgerufen von www.okstra.de.

OKSTRA-Pflegestelle: OKSTRA-Webseite: www.okstra.de