FGSV-Nr. | FGSV 002/132 |
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Ort | Hamburg |
Datum | 11.05.2022 |
Titel | Einsatz von BIM zur Unterstützung des Asset-Managements von Verkehrsinfrastrukturanlagen |
Autoren | Prof. Dr.-Ing. Markus Stöckner, Prof. Dr. Rade Hajdin, Prof. Dr.-Ing. Markus König |
Kategorien | OKSTRA |
Einleitung |
Die bestehenden Asset-Managementsysteme werden sowohl als Auskunftssysteme als auch als Basis für die Entscheidungsfindung im Erhaltungsmanagement benutzt. Die Verkehrsinfrastruktur wird dabei meist in einem 2D-GIS visualisiert, auf einer 3D-Geometrie basieren die Asset-Managementsysteme bisher nicht. Erste Pilotprojekte haben deutlich gezeigt, dass das BIM-basierte Asset-Management ein großes Nutzenpotenzial hat. Dies beschränkt sich nicht nur auf intuitive Interaktionen bei den Datenabfragen, sondern trägt auch zum visuellen und fachlichen Verständnis der Verknüpfung der einzelnen Bestandteile der Verkehrsinfrastruktur und der umfassenden Dokumentation bei, welche dem Betreiber nach dem Neubau oder der Erhaltungsmaßnahme übergeben wird. Zudem können bisherige Unterbrüche in der Informationskette zwischen Bauausführung und Erhaltungsmanagement geschlossen werden. Somit ist eine sehr detaillierte Informationsbasis vorhanden, welche über die Lebensdauer genutzt werden kann. Die Asset-Managementsysteme ihrerseits enthalten gut strukturierte Daten mit adäquater Semantik und Ontologie, welche sich als eine Grundlage für diese Verknüpfung anbieten. Eine Verknüpfung dieser Daten mit den BIM-Modellen aus dem Bereich der Bauausführung steigert die Nützlichkeit von bereits vorhandenen Informationssystemen und ermöglicht ein intuitives Asset-Management. In diesem Beitrag wird aufgezeigt, wie diese Verknüpfung über die gesamte Lebensdauer erfolgen kann. |
Volltext | Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.1 EinleitungDer Einsatz von BIM (Building Information Modeling) im Straßenbau und bei Ingenieurbauwerken nimmt seit einiger Zeit kontinuierlich zu. Die Ergebnisse bisher durchgeführter Pilotprojekte zeigen deutlich, dass wichtige BIM-Anwendungsfälle im Bau von Straßen- und Brückenbauwerken bereits jetzt mit Hilfe von BIM umgesetzt werden können. Es ist zu vermuten, dass diese BIM-basierte Vorgehensweise auch im Asset-Management vorteilhaft eingesetzt werden kann. Nach Fertigstellung eines Straßen- oder Brückenbauwerks wird heute eine umfassende Dokumentation, welche auch die Ergebnisse von Abnahmeprüfungen umfasst, dem Betreiber übergeben. Somit ist eine sehr detaillierte Informationsbasis vorhanden, diese wird jedoch über die Lebensdauer nur in begrenztem Maß oder auch gar nicht genutzt. Durch die fehlende Verknüpfung der Informationen aus dem Bauprozess und der vorhandenen AM-Datenbanken gehen diese oftmals verloren. In den meisten Straßenbauverwaltungen existieren Informationssysteme für die Straßenbefestigungen und die Ingenieurbauwerke. Diese Systeme beinhalten bereits sehr umfangreiche und feingliedrige Fachkataloge, welche sich als eine Grundlage für diese Verknüpfung anbieten. Eine Verknüpfung der Daten bzw. der BIM-Modelle aus Bauprozess und Asset-Management ermöglicht die Nutzung der Potenziale von bereits vorhandenen Informationssystemen und u. a. auch eine Visualisierung der Sachverhalte und ein intuitives Asset-Management. Die Visualisierung der Straßeninfrastruktur mit Hilfe von BIM in Asset-Managements-Systemen erleichtert intuitives Arbeiten. Der Zugriff auf diverse Informationen zur Verkehrsinfrastruktur wird maßgeblich erleichtert. Die Verortung von Schäden oder gar direkte grafische Erfassung von Befunden im Rahmen der Bauwerksprüfung oder der Zustandserfassung und -bewertung (ZEB) wird ebenfalls wirksam unterstützt. Im Weiteren erlaubt eine Einbettung des Tragwerksmodell im BIM bei Ingenieurbauwerken eine effiziente statische Nachrechnung und Erbringung von rechnerischen Nachweisen. Die Einbettung der Strasseninfrastruktur in der Umgebung bietet ferner Simulationsmöglichkeiten von Gefährdungsszenarien, welche bis anhin möglich waren. Ähnlich wie bei der damaligen Einführung von GIS ist gegenwärtig kaum absehbar, welche Vorteile ein BIM-orientiertes Asset-Management mit sich bringt, aber sein Potenzial ist so groß, dass es sich lohnt, mögliche Lösungen zu untersuchen. In den Projekten AMSFree (AMSFree, 2022) und BIM4AMS (BIM4AMS, 2022) wurden die Möglichkeiten einer Verknüpfung der BIM-Modelle mit den bestehenden Asset-Management Systemen untersucht und eine Lösung vorgeschlagen. 2 Asset ManagementDer Begriff „Asset-Management“ kommt ursprünglich aus der Finanzbranche und bezeichnet die Dienstleistung zur Verwaltung von Vermögen mit dem Ziel, dieses zu vermehren. Im engeren Sinne werden dabei die Gelder aus diversen Quellen produktiv investiert, das heißt das Vermögen wird als Mittel zur Generierung von zusätzlichem Vermögen eingesetzt. In diesem Sinne kann man dieses zu investierende Vermögen als Produktionsmittel bezeichnen, mit welchem ein Mehrwert erzielt wird. Das Konzept wird etwas klarer, wenn man als Beispiel für Vermögen anstelle von Geldern und diversen Wertpapieren materielle Gegenstände betrachtet, wie z. B. Immobilien. Immobilien können vermietet werden und dies generiert Einnahmen. Obwohl jede Art des Vermögens als Asset gilt, stehen im Fokus des Asset-Managements jene Assets, welche gewinnbringend investiert werden können. Im Laufe der Zeit hat sich der Begriff „Asset-Management“ auch in der Industrie ausgebreitet, sodass der Bedarf genau zu definieren, was man unter diesem Begriff versteht, offenkundig geworden ist. Dies führte im Jahre 2004 zu einer ersten Normierung des Asset-Managements durch das BSI (British Standard Institution) mit dem Dokument PAS 55 (Publicly Available Specification 55, (BSI, 2008)). Darauf basierend wurde im Jahre 2010 die ISO Projektkommission 251 mit dem Ziel gegründet, eine ISO Norm zu verfassen und im Jahre 2014 wurden schließlich drei Normen veröffentlicht (ISO, 2014):
In diesen Normen wird Asset als abstrakter oder konkreter Gegenstand definiert, welcher einen potenziellen oder tatsächlichen Wert für eine Organisation hat. Die Norm definiert „Asset-Management“ wie folgt: Asset-Management umfasst alle organisatorischen und technischen Aktivitäten, die es ermöglichen einen Nutzen (Mehrwert) aus Assets zu erzielen. Ähnlich wie in der Finanzbranche wird der Fokus auf den mit den Assets zu erzielenden Mehrwert gelegt. Die Norm fasst diesen Sachverhalt mit folgendem Grundsatz zusammen: AM fokussiert sich nicht auf das Asset selbst, sondern auf den Nutzen (Mehrwert), welchen es für das Unternehmen generieren kann. In der Industrie wird der Mehrwert anhand des angeeigneten Knowhows mit Produktionsanlagen erzielt. Dabei wird unterschieden zwischen den Gegenständen zur kurzfristigen Verwendung und jenen, welche dauernd der Produktion dienen. Die letzteren werden gemäß der Norm als Assets verstanden. Die zum Asset-Management gehörenden organisatorischen und technischen Aktivitäten zielen z. B. auf das optimale Gleichgewicht zwischen den Produktionsunterbrüchen und Instandhaltungskosten ab. Es versteht sich, dass die Produktionsbedürfnisse, welche wiederum durch die Marktlage gesteuert werden, die im Rahmen des Asset-Managements einzuleitenden Maßnahmen bedingen. In diesem Zusammenhang wird in der Norm das Asset-Management als die Umsetzung von risikobasierten, informationsgetriebenen Aktivitäten bezeichnet, welche auf die Unternehmensziele ausgerichtet sind. Die Entscheidungen welche Aktivitäten wann eingeleitet werden sollen, um die Produktion optimal zu gewährleisten, müssen auf belastbaren Informationen über den Zustand der Assets basieren. Hierfür werden zusammenhängende und zusammenwirkende Verfahren sowie Regeln zur Verarbeitung der verfügbaren Informationen benötigt, welche nachvollziehbare Entscheidungen ermöglichen. Dieser Satz von zusammenhängenden und zusammenwirkenden Verfahren sowie Regeln wird in der Norm als Asset-Managements-System definiert. Ein solches System wird in der Regel durch die Informatikwerkzeuge unterstützt, weswegen – nicht ganz korrekt – diese Informatikwerkzeuge als Asset-Managements-Systeme verstanden werden. 2.1 Asset-Management von VerkehrsinfrastrukturanlagenIm Bereich der Verkehrsinfrastruktur wurde der Begriff „Asset-Management“ lange nicht verwendet. Stattdessen waren Begriffe, wie z. B. Instandhaltungsmanagement, Erhaltungsmanagement und Infrastrukturmanagement, gebräuchlich. Im Jahre 1999 wurde in den USA mit der Buchhaltungsanweisung GASB 34 (FHWA, 1999) verordnet, dass die Verkehrsinfrastruktur zum Staatsvermögen, das heißt zum Asset, gehört und als solche in den Büchern geführt werden muss. Dabei wurde empfohlen, dass im Wesentlichen der Wert der Infrastruktur den Erstellungskosten gleichzusetzen ist. Es versteht sich, dass die Infrastruktur auch abgeschrieben werden muss, wobei unterschiedliche Auffassungen entstanden, wie diese Abschreibung erfolgen soll. Mit der Zeit hat sich allmählich die Einsicht durchgesetzt, dass das Asset-Management der Verkehrsinfrastruktur primär der nachhaltigen Sicherstellung der gesamtwirtschaftlich nutzenstiftenden Wirkung dient. Dies bedeutet, dass die Abschreibung dem Finanzbedarf entsprechen sollte, um die optimale Funktionstüchtigkeit der Verkehrsinfrastruktur, das heißt ihre gesamtwirtschaftlich nutzenstiftende Wirkung sicherzustellen. Dieser Grundsatz ist ganz im Geiste des Asset-Managements. Mit den Assets der Verkehrsinfrastruktur wird ein Nutzen (Mehrwert) für die Volkswirtschaft generiert und somit fokussiert sich Asset-Management von Verkehrsinfrastrukturanlagen auf die Minimierung der Schäden für die Volkwirtschaft. Folgerichtig ist das Ziel des Asset-Managements von Verkehrsinfrastrukturanalagen eine Risikoreduktion für die Verkehrsteilnehmer und die Volkswirtschaft. Es umfasst somit risikobasierte, informationsgetriebene Planungs- und Entscheidungsprozesse und Aktivitäten ganz im Sinne der ISO-Norm (ISO, 2014). Unter den diversen oben erwähnten Begriffen hat man bereits in den 1970-iger Jahren v. a. in den USA mit der Digitalisierung des Asset-Managements unter damals gebräuchlichen Begriffen angefangen. Zuerst haben die Inventar- und Zustandsdatenbanken v. a. in den USA die Karteien ersetzt und in den 1990-iger Jahren wurden auch analytische Informatikwerkzeuge entwickelt, mit welchen der mittelfristige bis langfristige Erhaltungs- und Finanzbedarf anhand des Zustands der Verkehrsanlagen ermittelt werden konnte. Die Inventar- und Zustandsdatenbanken bilden dabei einen digitalen Realitätsausschnitt der realen Verkehrsinfrastruktur und diese Abbildung wird maßgeschneidert nach den unterschiedlichen Anforderungen diverser Infrastrukturbetreiber. Das bedeutet, dass sich die Begriffe und deren Beziehungen im Zusammenhang mit der Verkehrsinfrastruktur z. T. stark unterscheiden. In der Informatiksprache ausgedrückt: Sowohl die Semantik als auch die Ontologie, auf welcher diese Datenbanken beruhen, sind unterschiedlich. Bild 1: Lebensspanne eines Infrastrukturobjektes Die analytischen Werkzeuge verwenden die Daten aus den Datenbanken, um den Entscheidungsprozess zu unterstützen. Die Algorithmen, welche in diese analytischen Werkzeuge implementiert werden, unterscheiden sich ebenfalls von Infrastrukturbetreiber zu Infrastrukturbetreiber sehr stark. Diese Datenbanken, im weiteren Text als AM-DB bezeichnet, und analytische Werkzeuge werden gemeinsam als Asset-Managementsysteme für Verkehrsinfrastrukturanlagen bezeichnet. Die Vielfalt dieser Systeme ist, bedingt durch die unterschiedlichen Ontologien und Algorithmen, recht groß. Eine Vereinheitlichung dieser Systeme wird vermutlich nur sehr langsam voranschreiten, da viele Infrastrukturbetreiber kaum bereit sind ihre bewährte Praxis zu verändern und ihre wertvolle Datengrundlage zu verlieren. Es ist deshalb davon auszugehen, dass die maßgeschneiderten Asset-Managementsysteme für Verkehrsinfrastrukturanlagen erhalten bleiben. Der Nutzen der Asset-Managementsysteme hängt sehr stark von der Aktualität der Daten in den AM-DB ab. Idealerweise soll der aktuelle Stand der Verkehrsinfrastruktur in der AM-DB abgebildet werden. Der Detaillierungsgrad hängt dabei von der gewählten Ontologie ab. Im Weiteren wird in der Regel auch die Historie der Verkehrsinfrastruktur in der AM-DB abgebildet. Dies bedeutet, dass die AM-DB nicht nur die digitale Darstellung der aktuellen Situation, sondern auch jene der vergangenen Situationen umfassen muss. Versteht man die Darstellung von Objekten aus der realen Welt in der digitalen Welt als digitale Zwillinge1), so umfassen die Datenbanken von Asset-Managementsystemen sowohl den aktuellen Zwilling als auch die vergangenen Zwillinge der Verkehrsinfrastruktur. Im Bild 1 ist die Lebenspanne eins Infrastrukturobjektes sowie die Datenbank (AM-DB), welche das ganze Inventar umfasst, dargestellt. Das analytische Werkzeug basiert auf der AM-DB und kann die Daten aller Infrastrukturobjekte, des Inventars, mit einem Algorithmus verarbeiten und schlägt Maßnahmen für Infrastrukturobjekte vor. Die im Rahmen der Bauwerksprüfung oder der Zustandserfassung und -bewertung des Straßenoberbaus (ZEB) erfassten Befunde oder Bewertungen werden in der Datenbank gespeichert und dienen dem analytischen Werkzeug zur Simulation der Zustandsentwicklung der Infrastrukturobjekte. Anhand dieser Simulation werden weitere Maßnahmen vorgeschlagen z. B. eine detaillierte Untersuchung oder die Vorbereitung und Ausführung einer Maßnahme. Die Details, wie dies beim Straßenoberbau bzw. bei den Ingenieurbauwerken erfolgt, werden hier nicht behandelt, sondern lediglich auf die Literatur verwiesen z. B. (Ullerich; Wenner; Herbrand, 2021). 2.2 Datenaktualisierung im Asset-ManagementDer Reifegrad bei der Umsetzung des Asset-Managements spiegelt die Vielfalt der Asset-Managementsysteme wider. Eine PIARC Umfrage (Hajdin et al., 2019) hat ergeben, dass Asset-Management auch ohne oder nur mit rudimentärer Informatikunterstützung betrieben wird, wohingegen andere Infrastrukturbetreiber über ausgereifte GIS-Systeme verfügen. Wenige Infrastrukturbetreiber verwenden BIM zur Abbildung ihres Inventars. Dennoch hat sich gezeigt, dass fast alle Infrastrukturbetreiber auf Probleme bei der Datenerfassung und Datenaktualisierung verweisen. Es ist deshalb notwendig, Aktivitäten zu untersuchen, mit welchen die Situation der realen Infrastruktur mit ihrer digitalen Abbildung synchronisiert wird. 1) Der Begriff Zwilling ist, obwohl inzwischen sehr gebräuchlich etwas irreführend. Die Zwillinge sind zwar genetisch identisch, aber ihre Lebensläufe sind in der Regel unterschiedlich. Die digitale Abbildung eines realen Objektes ist ihrem Wesen nach kaum mit ihm vergleichbar, widerspiegelt aber im Idealfall dessen Lebenslauf. Es handelt sich somit eher um einen Avatar als um einen Zwilling. 2.2.1 Neubau – Anwendungsfall 0Die Erfassung der Daten zu einem neu erstellten Infrastrukturobjekt ist im Bild 1 mit dem Punkt 0 dargestellt. Der Unternehmer ist zwar verpflichtet die Daten/Pläne des ausgeführten Infrastrukturobjektes zu liefern, diese können aber in der Regel nicht in eine Datenbank automatisch importiert werden. Die Daten des fertigen Infrastrukturobjektes werden entweder von einem externen oder internen Team anhand der Pläne manuell erfasst. Dies hat gewisse Vorteile, da dadurch eine Qualitätskontrolle durchgeführt wird. Es handelt sich dabei um eine aufwendige und an sich nicht notwendige Aktivität. Es muss dennoch festgehalten werden, dass die Ersterfassung, obwohl aufwendig in der Regel in einer guten Qualität durchgeführt wird. Dies bedeutet, dass die Inventardaten zu einem Infrastrukturobjekt in der Regel in einer AM-DB vorhanden sind. Mit dem zunehmenden Einsatz von BIM im Bau der Verkehrsinfrastruktur stehen alle notwendigen Daten bereits digital zur Verfügung. Eine direkte Erfassung ist damit noch nicht möglich, da die Datenstruktur in BIM nicht jener der Asset-Managementsysteme entspricht. 2.2.2 ZEB und Bauwerksprüfungen – Anwendungsfall 1Im Laufe der Zeit unterliegt ein Infrastrukturobjekt einem oder mehreren Verfallsprozessen, welche diverse Schäden verursachen können. Im Rahmen der ZEB für den Straßenoberbau und die Bauwerksprüfungen für Ingenieurbauwerke werden diese „Veränderungen“ an den Infrastrukturobjekten in der Datenbank erfasst. Diese Aktualisierung der AM-DB erfolgt im Punkt 1 im Bild 1. Die meisten Asset-Managementsysteme unterstützen eine direkte Erfassung dieser Daten. Manche Systeme verfügen über Tablet-Anwendungen oder haben Schnittstellen zu Datenerfassungsgeräten, so dass die Erfassung dieser Daten automatisch erfolgt. Je nach Datensicherheitsregel kann es notwendig sein, unmittelbar vor einer ZEB oder Bauwerksprüfung die Inventar- und Zustandsdaten der zu behandelnden Infrastrukturobjekte zu exportieren und in die Tablet-Anwendung oder in die Datenerfassungsgeräte zu importieren. Die Daten werden für die ZEB bzw. Bauwerksprüfung somit ausgeliehen. Nach durchgeführter ZEB bzw. Bauwerksprüfung werden die erfassten Daten in die AM-DB zurückgespielt. Dieser Datenaustausch birgt gewisse Gefahren des Datenverlustes, welche allerdings mit guter Organisation eliminiert werden können. 2.2.3 Detaillierte Untersuchung und OSA – Anwendungsfall 1aFalls weitere tiefgreifende Untersuchungen erforderlich sind, wie z. B. eine objektspezifische Analyse (OSA) bei Ingenieurbauwerken oder eine Bohrkernuntersuchung beim Straßenoberbau, werden die Daten manuell, und zwar in einem reduzierten Umfang, in der AM-DB erfasst. Diese Aktualisierung erfolgt im Punkt 1a im Bild 1. In der Regel ist hierfür keine geeignete Datenstruktur in AM-DB vorhanden, so dass nur ein PDF-Bericht in der Datenbank abgelegt wird. Dies bedeutet, dass die gewonnenen Erkenntnisse aus den tiefgreifenden Untersuchungen im analytischen Werkzeug nicht oder nur marginal berücksichtigt werden. 2.2.4 Erhaltungsplanung – Anwendungsfall 2Wie bereits ausgeführt, wird ein analytisches Werkzeug zur Ermittlung von Maßnahmenkandidaten aufgrund von Zustandsdaten verwendet. In den meisten Asset-Managementsystemen werden hierfür keine Daten ausgetauscht, da das analytische Werkzeug mit der Datenbank modulartig verknüpft wird. Mit der Ausnahme von Konfigurationsdaten, wie z. B. Zielzustand, Budget, maximale Länge der Baustelle, werden auch keine Daten zu Infrastrukturobjekten erfasst. Es gibt allerdings Verfahren, bei welchen externe, allenfalls proprietäre analytische Werkzeuge eingesetzt werden. In diesem Fall müssen die Inventar- und Zustandsdaten aus der AM-DB exportiert und in die analytischen Werkzeuge importiert werden, worin sie verarbeitet werden. Die Ergebnisse werden entweder im analytischen Werkzeug direkt angezeigt oder in die Datenbank importiert. Dieser Import ist mit dem Punkt 2 im Bild 1 dargestellt und ist unproblematisch. Es gilt zu beachten, dass in diesem Anwendungsfall keine Veränderung der realen Infrastruktur in den Datenbanken abgebildet wird. Bei einigen Systemen werden die Ergebnisse der Erhaltungsplanung gar nicht in der Datenbank abgespeichert, sondern lediglich als eine Tabelle mit Maßnahmenkandidaten oft auch Arbeitsprogramm genannt, ausgegeben. Diese Arbeitsprogramme können in den meisten Fällen „on-the-fly“ berechnet werden. Falls die Ergebnisse diverser Erhaltungsplanungen aufbewahrt werden sollten, dann gelten die gleichen Regeln wie bei jeder Simulation. Dies bedeutet, dass die Ausgangsdaten inklusive Konfigurationsdaten, welcher einer Simulation zu Grunde liegen, ebenfalls aufbewahrt werden müssen, um die Nachvollziehbarkeit sicherzustellen. 2.2.5 Durchgeführte Erhaltungsmaßnahmen – Anwendungsfall 3In der Regel wird das im Anwendungsfall 2 erarbeitete Arbeitsprogramm iterativ verfeinert, ergänzt und bildet schließlich die Grundlage zur Projektierung von Erhaltungsmaßnahmen. Nach der Projektierung werden die Maßnahmen durchgeführt. Dabei werden die betreffende Infrastrukturobjekte in ihrem Zustand und dem Aufbau verändern. Diese Veränderung soll zeitnah in der AM-DB abgebildet werden. Diese Aktualisierung gilt bei fast allen Infrastrukturbetreibern als ein großes Problem. Die Aktualisierung der AM-DB auf den aktuellen physischen Stand der Verkehrsinfrastruktur, dargestellt mit dem Punkt 3 im Bild 1, wird wenn überhaupt sehr zögerlich durchgeführt. Dies führt zu veralteten oder gar irreführenden Angaben, wenn z. B. eine Rückbaumaßnahme nicht erfasst wurde und ein „digitaler Zwilling“ eines nicht mehr real existierenden Infrastrukturobjektes in der AM-DB vorhanden ist. Im Weiteren wird durch die fehlende Erfassung die Datenbasis zur Ermittlung der Wirksamkeit von Maßnahmen zu klein, um zuverlässige Simulationen mit einem analytischen Werkzeug durchzuführen. 3 Verbesserungspotenzial dank BIMIn diesem Abschnitt wird diskutiert, wie BIM vorteilhaft im Asset-Management eingesetzt werden kann. Im ersten Teil dieses Abschnittes werden die Vorteile von BIM in der täglichen Arbeit eines Infrastrukturbetreibers hervorgehoben. Im zweiten Teil wird erläutert, ob und wie BIM zur Verbesserung der im Abschnitt 1.3 geschilderten Datenmanagementprobleme beitragen kann. 3.1 Asset-Managementsystem als AuskunftssystemIn täglicher Arbeit setzen die Infrastrukturbetreiber Asset-Managementsysteme als Auskunftssysteme ein. Auf der Netzebene werden verschiedene Daten zu einzelnen Infrastrukturobjekten und Abschnitten ausgewertet und aggregiert. In Bezug auf Einzelobjekte können die verfügbaren Informationen zu seinem Typ, Gliederung, Materialeigenschaften, Ortung usw. einfach und schnell abgerufen werden. Die meisten modernen Asset-Managementsysteme sind zudem GIS-basiert, so dass Infrastrukturobjekte und Abschnitte auf einer Landkarte dargestellt werden können. Diese Funktionalität deckt die Bedürfnisse in Bezug auf den Straßenoberbau ab, da für die Darstellung der Schichten die dritte Dimension nicht unbedingt erforderlich ist. Für intuitives Handling der Verkehrsinfrastruktur bringt die 3D-Geomterie sicherlich Vorteile, in dem die Straße in seiner Umgebung dargestellt wird und die Querprofile samt des Schichtenaufbaus und dessen Eigenschaften in einem Querprofil mit einem Mausklick abgerufen werden kann. Mit der richtigen Platzierung der Verkehrsinfrastruktur in ihrer Umgebung können Simulationen von z. B. Naturereignissen durchgeführt werden. Dennoch ist ein BIM-Modell in den bestehenden Asset-Managementsystemen für den Straßenoberbau eher ein „nice to have“. Bild 2: Darstellung eines Infrastrukturobjektes in einem BIM-orientierten Asset-Managementsystem Bei den Ingenieurbauwerken und Tunneln ist die Situation eine etwas andere. Die GIS-Darstellung reicht v. a. bei den Brücken nicht aus. Gegenwärtig werden zur Identifikation von Bauwerksteilen markierte Pläne verwendet, aber deren genaue Lokalisierung ist nicht möglich. Wie im Bild 2 dargestellt, ist die Position von Bauwerksteilen in einer 3D-Darstellung direkt ersichtlich und deren Eigenschaften können direkt, das heißt mit einem Mausklick abgerufen werden. Im Weiteren ist die genaue Verortung von Schäden bei Ingenieurbauwerken zur Beurteilung der Tragsicherheit sehr wichtig. Dies kann nur mit einem 3D-Modell effizient erfolgen. Hier steht die Geometrie im Vordergrund, welche mit den Daten in der AM-DB verknüpft werden kann. Wie bereits erwähnt basieren Asset-Managementsysteme auf sehr umfangreichen und feingliedrigen Fachkatalogen, welche sich als eine Grundlage für diese Verknüpfung anbieten. Im Bild 3 sind Abplatzungen, welche anhand einer fotogrammetrischen Aufnahme als eine 3D-Oberfläche modelliert wurden, in grün dargestellt (Isailovic et al., 2020). Die Eigenschaften dieser Schäden, welche aus der AM-DB abgerufen werden, sind in der Tabelle oberhalb des 3D-Modells eingeblendet. Eine 3D-Geometrie fördert auch hier intuitives Arbeiten, bietet aber auch Möglichkeiten, durch die genauere Verortung von Messinstrumenten und mit Hilfe von dadurch gewonnenen Messdaten das Tragverhalten von Ingenieurbauwerken realitätstreu vorherzusagen. Hierfür, kann auch das Tragwerksmodell in das 3D-Modell eingebettet werden, was die Nachrechnungen maßgeblich erleichtern könnte. Eine Integration der als BIM modellierten Verkehrsinfrastruktur in das 3D-Geländemodell im Sinne eines 3D-Katasters erlaubt eine Überprüfung von geometrischen Anforderungen wie z. B. raumplanerischen oder ZTV-Anforderungen. Diese Einbettung in das Geländemodell bietet aber auch kaum absehbare Simulationsmöglichkeiten, mit welchen z. B. die Resilienz eines Gebiets bezüglich Naturgefahren untersucht werden kann. Die weiteren Möglichkeiten des Einsatzes der 3D-Geometrie (bzw. von BIM) insbesondere bei der Ausschreibung von Maßnahmen sind in z. B. in (Weißbrod; Hein; Brungsberg, 2021) und (New Zealand, 2019) zu finden. Bild 3: Darstellung von Schäden in einem BIM-orientierten Asset-Managementsystem 3.2 DatenmanagementEs wurde bereits darauf hingewiesen, dass der Nutzen der Asset-Managementsysteme sehr stark von der Aktualität der Daten in der AM-DB abhängig ist. Dies bedeutet, dass auch die 3D-Geometrie (bzw. BIM) dem aktuellen Stand der Verkehrsinfrastruktur entsprechen soll. Im Abschnitt 1.3 werden die Anwendungsfälle einer Aktualisierung der AM-DB von bestehenden Asset-Managementsystemen beschrieben. Es ist zu vermuten, dass diese Anwendungsfälle noch komplexer werden, wenn zusätzlich die 3D-Geometrie in den vier Aktualisierungspunkten mitberücksichtigt werden muss. Im Rahmen von zwei Forschungsprojekten AMSFree (AMS-Free, 2022) und BIM4AMS (BIM4AMS, 2022) wurde eine Lösung für diese Problemstellung ausgearbeitet, welche folgende Randbedingungen erfüllt:
Bild 4: Zuweisung der 3D-Geometrie den Bauwerksteilen auf Basis der ASB-ING Die in den Projekten AMSFree und BIM4AMS erarbeitete Lösung umfasst die Verknüpfung und Überführung unterschiedlicher Datenquellen, -modelle oder -formate. Dies ist eine bekannte Herausforderung, die nicht allgemeingültig gelöst werden kann. Der Einsatz der Semantic Web Technology (SWT) bietet die Möglichkeit, Daten aus unterschiedlichen Datenquellen miteinander zu verknüpfen (Domingue, 2011). Um domänenspezifische, semantische Informationen zu beschreiben, in diesem Fall konkret aus dem Umfeld der Straßeninfrastruktur und dem Asset-Management, können entsprechende auf Resource Description Framework (RDF) (Cyganiak; Wood; Lanthaler, 2014) und Web Ontology Language (OWL) basierende Ontologien entwickelt werden (Motik; Patel-Schneider; Parsia, 2012). Der Information Container for linked Document Delivery (ICDD) nach ISO 21597-1 (ISO, 2020) bietet eine Umgebung für die Erfassung und Verlinkung von Daten aus unterschiedlichen Formaten. In diesem Information-Container können datei-basierte Dokumente, z. B. IFC-Modell, Excel-Tabelle, Fotos etc. und die Ontologie miteinander verknüpft werden. Der Austausch von komplexen Daten zwischen den Beteiligten wird somit mittels ICDD erleichtert. Hierbei gilt es, die feingliedrigste Granularität der Asset-Management-Datenbank zu berücksichtigen, um BIM mit den unterschiedlichen Datenmodellen verknüpfen zu können, wie im Bild 4 beispielhaft dargestellt. Zur Verdeutlichung, wenn Brücken in Bauwerksteile mit feiner Granularität zerlegt werden, z. B. in die obere Platte, die untere Platte, die Stege und den Fahrbahnbelag anstelle eines ganzen Kastenträgers, muss die geometrische Darstellung dieser einzelnen Elemente in BIM aufgenommen werden (Isailovic; Hajdin, 2022). Dieses Konzept wird in allen vier Anwendungsfällen einer Aktualisierung näher beschrieben. Um die Umsetzbarkeit dieses Konzeptes nachzuweisen, wurde eine prototypische Plattform entwickelt, in welcher unterschiedliche Datenquellen verknüpft werden können. Diese Plattform ist in (Liu et al., 2022) detailliert beschrieben. 3.2.1 Neubau – Anwendungsfall 0Der Anwendungsfall Neubauerfassung entspricht jenem Vorgehen, welcher im Abschnitt 1.3.1 beschrieben wird. Der wesentliche Unterschied besteht darin, dass der Infrastrukturbetreiber dem Unternehmer einen leeren Container übergibt, in welchem die Ontologie der AM-DB im maschinenlesbaren Format enthalten ist. Der Container kann auch die Prüfregel gemäß SHA-CL (Shapes Constraint Language) (Knublauch; Kontokostas, 2017) enthalten, welche sicherstellen, dass die Daten, mit welchen der Unternehmer den Container befüllt, korrekt sind. Der Container enthält auch ein IFC-Model mit der Geometrie des neuen Infrastrukturobjektes. Die Verknüpfung zwischen den geometrischen Elementen und den Bauwerksteilen kann entweder mit einer Autorensoftware modelliert werden oder direkt im Container mit Hilfe einer webbasierten Anwendung erfolgen. Der Prototyp dieser Anwendung wurde im Rahmen der Projekte AMSFree und BIM4AMS entwickelt. Der Container wird daraufhin dem Infrastrukturbetreiber geliefert und die Daten und allenfalls die 3D-Geometrie werden mit Hilfe von SPARQL (Harris; Seaborne, 2013) Befehlen in die AM-DB geschrieben. Die Verbindung der Einzelteile des Infrastrukturobjektes zu seiner Geometrie bleibt aufrechterhalten und kann zu Auskunftszwecken verwendet werden. Bild 5: Anforderungscontainer für eine Bauwerksprüfung 3.2.2 ZEB und Bauwerksprüfungen – Anwendungsfall 1Im Wesentlichen wird das gleiche Vorgehen auch im Abschnitt 1.3.2 verfolgt. Es ist natürlich vorstellbar, dass die Erfassung der Ergebnisse der ZEB und der Bauwerksprüfungen innerhalb des Asset-Managementsystems erfolgt. Hierfür muss das Asset-Managementsystem über eine rudimentäre 3D-Autorensoftware verfügen, um die Schäden in einer 3D-Geometrie direkt zu erfassen. Alternativ kann eine fotogrammetrisch erfasste Schadensoberfläche mit der 3D-Geometrie verschnitten werden, wie im Bild 3 dargestellt. Verfügt das Asset-Managementsystem nicht über die Autorenfunktionen, muss der Infrastrukturbetreiber einen Anforderungscontainer vorbereiten, welches die Ontologie (inklusive Schadensontologie) der Datenbank umfasst, die Inventar- und Zustandsdaten der letzten Zustandserfassung und Bewertung (Straßenoberbau) bzw. der Bauwerksprüfungen (Ingenieurbauwerke), die IFC-Datei mit der unbeschädigten Geometrie und die IFC-Datei mit den zuletzt erfassten Schäden. Diese Daten bzw. Dateien sind innerhalb des Containers ordnungsgemäß verknüpft. Im Bild 5 ist der Anforderungscontainer in der Benutzerschnittstelle der im Rahmen des AMS-Free Projekts entwickelten Plattform dargestellt. Die Schadensontologie ist in der Datei DamageClasification.ttl spezifiziert und die darin enthaltene Klassen sind in der mittleren Spalte abgebildet. Die Ontologie DamageClasification.ttl ist im Bild 6 dargestellt. Die Klassenhierarchie diverser Risstypen ist ersichtlich sowie die Beziehung zu ausgewählten Schadensprozessen. Bild 6: Ausschnitt der Schadensontologie aus (Hamdam; Bonduel; Scherer, 2019) Der Zustandserfasser bzw. der Bauwerksprüfer entpackt den Container, erfasst die Schäden anhand der Ontologie (u. U. in einer Exceldatei) und erzeugt eine IFC-Datei mit der Schadensgeometrie. Danach verknüpft er diese mit dem Prüfbericht und dem Einzelteil, an welchem sich der Schaden befindet, befüllt den Container mit diesen Daten und schickt diesen Ergebniscontainer dem Infrastrukturbetreiber zurück. Der Infrastrukturbetreiber entpackt wiederum den Container und lässt die Daten und allenfalls die 3D-Geometrie in die Datenbank mit Hilfe von SPARQL Befehlen in die AM-DB schreiben. Der Zustand der Infrastrukturobjekte und deren Einzelteile kann in einem separaten Layer bei Bedarf farbig eingeblendet werden. Im Bild 7 ist der Ergebniscontainer einer Bauwerksprüfung in der Benutzerschnittstelle der im AMSFree Projekt entwickelten Plattform dargestellt. Das IFC-Modell des Schadens LocalPlacement.ifc, in diesem Fall mit einer gelben Kugel visualisiert, wird mit dem IFC-Modell des Bauwerks in der mittleren Spalte der Benutzerschnittstelle als DamagePlacement.rdf verknüpft. Auf ähnlicher Weise wird der Schaden mit dem Prüfbericht Report.xml verknüpft. Bild 7: Ergebniscontainer einer Bauwerksprüfung 3.2.3 Detaillierte Untersuchung und OSA – Anwendungsfall 1aWie schon im Abschnitt 1.3.3 erläutert, besteht in der Regel für die Ergebnisse einer objektspezifischen Analyse (OSA) bei Ingenieurbauwerken oder einer Bohrkernuntersuchung beim Straßenoberbau keine geeignete Struktur in den Datenbanken. Der auszuhändigende Container zum Punkt 1a enthält somit nur die Geometrie und keine Daten aus der AM-DB und keine Ontologie. Falls ortspezifische Untersuchungen durchgeführt werden, kann der genaue Ort in einer IFC-Datei und auch weitere Ergebnisse dieser Untersuchung in einem IFC-Propertyset erfasst werden. Diese Daten können zwar in die AM-DB nicht abgespeichert werden, aber bleiben mit der Geometrie verbunden und können bei Bedarf später wiederum abgefragt werden. Die vollständigen Ergebnisse der detaillierten Untersuchung können allerdings mittelfristig auch in der AM-DB Eingang finden, mit dem Tragwerksmodell verknüpft und bei den Nachrechnungen berücksichtigt werden. 3.2.4 Erhaltungsplanung – Anwendungsfall 2Beim Einsatz eines analytischen Werkzeugs, das heißt beim Anwendungsfall 2 ändert sich sehr wenig im Vergleich zum Abschnitt 1.3.4. Die analytischen Werkzeuge verwendet zurzeit die Geometrie nicht, obwohl sie zur besseren Erhaltungsplanung durchaus nützlich sein könnte. Das Ergebnis der Erhaltungsplanung, das heißt das Arbeitsprogramm wird visualisiert in dem jene Infrastrukturobjekte bzw. deren Einzelteile, welche Maßnahmen unterzogen werden müssen, in einem separaten Layer gezeigt werden. Für den Straßenoberbau unterscheidet sich diese Darstellung kaum von jener herkömmlicher Asset-Managementsysteme. 3.2.5 Durchgeführte Erhaltungsmaßnahmen – Anwendungsfall 3In diesem Anwendungsfall wird zuerst das gleiche Vorgehen befolgt, wie im Abschnitt 1.3.5. Nach der Fertigstellung einer Erhaltungsmaßnahme erhält das ausführende Bauunternehmen einen Anforderungscontainer mit einem Datenauszug des behandelten Infrastrukturobjekts aus der AM-DB inklusive deren Geometrie mit dem Stand vor der Maßnahme. Das Bauunternehmen editiert diesen Container wie folgt:
Bild 8: Ergebniscontainer einer durchgeführten Maßnahme Im Bild 8 ist der Ergebniscontainer einer durchgeführten Maßnahme am Straßenoberbau auf der ICDD-Plattform für das Projekt BIM4AMS dargestellt. Dieser Container umfasst sowohl das IFC-Modell des ursprünglichen Bestands als auch die neu eingebauten Belagsschichten in der Datei BIM4AMS_Update_III-3-Sanierungsmassnahme.ifc. Der Belag wurde in mehreren Einbauabschnitten eingebaut und diese sind separat in einer Autorensoftware modelliert. Die Deckschicht eines Einbauabschnitts ist im Viewer hervorgehoben. Die Eigenschaften dieser Deckschicht, das heißt die Ortung durch lineare Referenzierung sowie die Gesteinserstprüfung sind in der mittleren Spalte ersichtlich. Nach dem Einbau dieser Deckschicht wurde auch ein Bohrkern entnommen und im Rahmen der Abnahme untersucht. Der Bohrkern befindet sich als IFC-Modell samt den entsprechenden Prüfergebnissen im Container. Die Verknüpfung des Bohrkerns zu den betroffenen Schichten des Einbauabschnitts sowie zum Prüfbericht ist aus der mittleren Spalte im Bild 9 zu entnehmen. Der Import der Daten dieses Containers in die AM-DB erfolgt mit Hilfe von SPARQL, wobei die Ontologie des Containers entweder direkt mit den Datenbanktabellen bzw. Attributen verknüpft ist oder hierfür eine Middleware zur Überführung der Containerdaten in die AM-DB genutzt wird. Bild 9: Bohrkernergebnisse 4 SchlussbemerkungenViele Verkehrsinfrastrukturbetreiber haben mit der Zeit eigene, proprietäre Asset-Management Systeme entwickelt und inzwischen enthalten ihre AM-DB einen bedeutenden Datenbestand. Diese Daten unterliegen einer reichen Semantik und die in den Datenstrukturen abgebildete Ontologie erlaubt nutzbringende Auswertungen, welche die Entscheidungsfindung im Erhaltungsmanagement erheblich unterstützen. Diese reiche Semantik kompensiert teilweise fehlende Visualisierung der Verkehrsinfrastruktur. Leider unterscheidet sich sowohl die Semantik als auch die Ontologie von Infrastrukturbetreiber zu Infrastrukturbetreiber. Dies bedeutet, dass das gleiche Infrastrukturobjekt bei unterschiedlichen Infrastrukturbetreibern in der jeweiligen AM-DB unterschiedlich abgebildet wird. Da die Geometrie dieses Infrastrukturobjektes in den AM-DB nicht oder nur rudimentär beschrieben wird, kann die 3D-Geometrie aus der vorhandenen BIM-Dokumentation als Bindeglied verwendet werden, sofern diese 3D-Geometrie mit den Daten in der AM-DB verbunden werden kann. Eine ausreichend feingliedrige 3D-Geometrie kann in der Regel mit allen bekannten AM-DB verknüpft werden. Dies ist bedeutend, da die 3D-Geometrie bzw. BIM-Dokumentation in der Regel nicht von den Infrastrukturbetreibern erzeugt wird, sondern von Projektverfassern bzw. Unternehmen. Der Infrastrukturbetreiber muss lediglich die Anforderungen bezüglich der feingliederigen 3D-Geometrie z. B. auf der Grundlage des aktuellen IFC-Formats (IFC 4) aufstellen. Der Datenaustausch kann auf dieser minimalen Basis erfolgen, wobei der Verknüpfungsaufwand auf den Infrastrukturbetreiber fällt. In diesem Artikel geht man allerdings ein Schritt weiter, in dem die Anforderungen bezüglich des Datenaustausches auch die Ontologie des jeweiligen Infrastrukturbetreibers umfassen. Dies erfolgt mit Hilfe von ICDD-Containern, und zwar nicht nur bei den baulichen Maßnahmen, sondern auch bei den Bauwerksprüfungen bzw. der ZEB. Es muss auch festgehalten werden, dass die Aufbereitung von BIM mit einer Autorensoftware in diesem Artikel nicht behandelt wird. Diese Aufbereitung kann manuell erfolgen, in dem die Zuweisung von Attributen der geometrischen Elemente anhand der Ontologie erfolgt. Im Rahmen des Projektes BIM4AMS hat man diesen Weg gewählt. Durch Anpassungen der Autorensoftware könnte dieser Prozess noch benutzerfreundlicher gestaltet werden. Schließlich, ist festzuhalten, dass die bei der Projektierung und der Ausführung verwendeten BIM-Modelle auch bezüglich der 3D-Geometrie nicht immer den Anforderungen der Infrastrukturbetreiber entsprechen. Dies muss entsprechend angepasst werden. Es ist deshalb unabdingbar, dass die Infrastrukturbetreiber klare Anforderungen an die BIM-Dokumentation stellen, welche ihnen nach dem Neubau oder nach dem Abschluss von Erhaltungsmaßnahmen zu übergeben ist. Nur so können die in der BIM-Dokumentation enthaltenen Daten mit den AM-DB erfolgreich verknüpft werden. LiteraturverzeichnisAMSFree. (2022): Exchange and exploitation of data from Asset Management Systems using vendor free format. Von http://www.amsfree.eu BIM4AMS. (2022): Building Information Modeling für Straßenbauwerke – Implementierung der Nutzung bautechnischer Daten von Straßen. Von http://www.bim4ams.tech. BSI. (2008): Asset Management. British Standards Institution (BSI) Cyganiak, R.; Wood, D.; Lanthaler, M. 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