FGSV-Nr. | FGSV 002/131 |
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Ort | online-Konferenz |
Datum | 24.03.2021 |
Titel | Umweltsensitive Verkehrssteuerung auf der Alfredstraße in Essen – Zielsetzung, Konzept und vorläufige Ergebnisse |
Autoren | Benjamin Dahmen, Andreas Demny, Christoph Doll, Uwe Brückner |
Kategorien | Luftqualität |
Einleitung | Die Alfredstraße ist eine der verkehrlich am stärksten belasteten Strecken in Essen und die gesetzlichen Luftschadstoffgrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) wurden in der Vergangenheit regelmäßig, zeitweise deutlich überschritten (2018: 48 µg/m³ NO2-Jahresmittelwert). Im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans Ruhrgebiet West - Essen, wurde die Projektidee einer Umweltsensitiven Verkehrssteuerung auf der Alfredstraße entwickelt, zum 3. Call des Förderprogramms "Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme" angemeldet und zur Umsetzung bewilligt. Dieser Sachverhalt ist Gegenstand eines in 2019 vereinbarten gerichtlichen Vergleichs der Deutschen Umwelthilfe (DUH) mit dem Land NRW und der Stadt Essen, in dessen Auflagenkatalog auch das Projekt „Umweltsensitive Verkehrssteuerung Alfredstraße” als erforderliche Maßnahme aufgenommen wurde. Es ist dabei das Ziel der umweltsensitiven Steuerung, in einem, im gerichtlichen Vergleich definierten, einjährigen Vergleichszeitraum (01.07.2020 bis 30.06.2021) nachweislich eine Minderung der NO2-Belastungen in der Alfredstraße mit Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte zu erreichen und dies dauerhaft abzusichern, um ein Dieselfahrverbot im Stadtgebiet abzuwenden. Referenzmaßstab ist die Messung der amtlichen Messstelle des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) in der Alfredstraße (Messstelle E-MAL). Der folgende Beitrag wird die Zielsetzung, das Konzept und die Ergebnisse des Projektes „Umweltsensitive Verkehrssteuerung Alfredstraße“ aus Sicht des Fachamtes der Stadt Essen und der Planer vorstellen. |
Volltext | Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.1 EinleitungDie Alfredstraße ist eine der verkehrlich am stärksten belasteten Strecken in Essen und die gesetzlichen Luftschadstoffgrenzwerte für Stickstoffdioxid (NO2) wurden in der Vergangenheit regelmäßig, zeitweise deutlich überschritten (2018: 48 µg/m³ NO2-Jahresmittelwert). Im Rahmen der Fortschreibung des Luftreinhalteplans Ruhrgebiet West - Essen, wurde die Projektidee einer Umweltsensitiven Verkehrssteuerung auf der Alfredstraße entwickelt, zum 3. Call des Förderprogramms "Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme" angemeldet und zur Umsetzung bewilligt. Dieser Sachverhalt ist Gegenstand eines in 2019 vereinbarten gerichtlichen Vergleichs der Deutschen Umwelthilfe (DUH) mit dem Land NRW und der Stadt Essen, in dessen Auflagenkatalog auch das Projekt „Umweltsensitive Verkehrssteuerung Alfredstraße” als erforderliche Maßnahme aufgenommen wurde. Es ist dabei das Ziel der umweltsensitiven Steuerung, in einem, im gerichtlichen Vergleich definierten, einjährigen Vergleichszeitraum (01.07.2020 bis 30.06.2021) nachweislich eine Minderung der NO2-Belastungen in der Alfredstraße mit Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte zu erreichen und dies dauerhaft abzusichern, um ein Dieselfahrverbot im Stadtgebiet abzuwenden. Referenzmaßstab ist die Messung der amtlichen Messstelle des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz (LANUV) in der Alfredstraße (Messstelle E-MAL). Der folgende Beitrag wird die Zielsetzung, das Konzept und die Ergebnisse des Projektes „Umweltsensitive Verkehrssteuerung Alfredstraße“ aus Sicht des Fachamtes der Stadt Essen und der Planer vorstellen. 2 Ausgangslage und Zielsetzung des ProjektesDie Stadt Essen gehört mit 591.000 Einwohnern zu den zehn größten Städten in Deutschland und liegt im Zentrum des Ruhrgebietes. Die Zentralität der Stadt Essen und die damit verbundene Attraktivität führt zu einem hohen Verkehrsaufkommen. Täglich kommen 156.000 Berufspendler nach Essen und auch die Einkaufs- und Bildungszentralität führt zu einer weit in die Region ausstrahlenden Attraktivität mit entsprechendem Verkehrsaufkommen. Essen ist sowohl über die Straße mit vier Autobahnen und 18 Anschlussstellen als auch die Schiene mit Fern- und Regionalverkehr sehr gut regional angebunden. Auch innerhalb der Stadt ist das Straßennetz leistungsfähig ausgebaut und das ÖPNV-Netz, bestehend aus U-Stadtbahn-, Straßenbahn- und Buslinien bietet auf wichtigen Strecken einen 5 Minuten-Takt. Wie die meisten großen Städte im Ruhrgebiet ist im Modal-Split ein starker Pkw-Anteil zu verzeichnen. Bei 55 % ihrer Wege nutzten die Essener*innen 2019 den Pkw, und z. B. nur zu 7 % das Fahrrad. Damit hat Essen einen hohen Aufholbedarf hinsichtlich der angestrebten Mobilitätswende. Die Stadt Essen hat im Rahmen der Grünen Hauptstadt 2017 einen Prozess zur Mobilitätswende in Gang gesetzt, in dem der Rat der Stadt das Modal-Split-Ziel „4-mal 25 %“ beschlossen hat. Das heißt, bis 2035 soll der Verkehrsmittelanteil bei den Wegen der Essener*innen für die Verkehrsmittel Fuß, Rad, ÖPNV und MIV gleich verteilt sein. In dem Leitbild wurden 34 Maßnahmen entwickelt, die in dem Masterplan 2018 bewertet und priorisiert wurden. Mittlerweile wurde ein weitergehendes Handlungskonzept 2035 entwickelt, das im September 2019 im Rat der Stadt Essen beraten wurde. Eine Maßnahme dieses Konzeptes ist die Erarbeitung eines Mobilitätsplans 2035, dessen Bearbeitungsprozess 2021 begonnen wird. Dass der Handlungsbedarf in Essen hoch ist, zeigen auch die hohen Umweltbelastungen, denen die Essener Bevölkerung durch den Verkehr und insbesondere dem Autoverkehr ausgesetzt sind. Neben der hohen Verkehrsbelastung ist dies auch durch die zentrale Führung von Bundesautobahnen mitten durch die Stadt verursacht, siehe Abbildung 1: Abbildung 1: Straßennetz Essen 2) Die wichtige Nord-Süd-Verbindung von der A 42 im Norden bis zur A 52 im Süden verläuft über die Bundesstraße B 224 durch dicht bebaute Straßenräume wie die Gladbecker Straße und die Alfredstraße. Diese beiden Straßen sowie die Autobahn A 40 mit den beiden Messstellen Krayer Straße (EKRS) und Hausackerstraße (EFRO) sind die Hotspots der Luftbelastung in Essen. Während die NO2-Belastungen an der A 40 überwiegend durch den Autobahnverkehr verursacht werden und durch städtische Maßnahmen nicht beeinflusst werden können, ist für die B 224 die Stadt Essen Baulastträger. 2) Masterplan Verkehr 2018, 2.4.1-1 Bis 2018 wurde der Jahresgrenzwert der NO2-Imissionen deutlich überschritten (vgl. Abbildung 2). Der Trend der Grenzwertüberschreitungen ist seit Jahren allerdings rückläufig. Abbildung 2: Entwicklung der NO2-Messwerte in Essen 3) Unter dem Eindruck der in 2018 immer noch deutlich über dem Grenzwert liegenden Jahresmittelwerte wurde der Luftreinhalteplan aus dem Jahre 2011 für die Stadt Essen fortgeschrieben. Hierbei ist anzumerken, dass die 2019 unter dem Grenzwert liegenden Jahresmittelwerte auf der Gladbecker Straße und der Alfredstraße vom Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz LANUV erst im März 2020 offiziell veröffentlicht wurden. Wichtige Grundlage für den ersten Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans waren Maßnahmen des von der Stadt Essen erarbeiteten Masterplans Verkehr 2018. 3) Luftreinhalteplan Ruhrgebiet 2011 Teilplan West – Planergänzung Stadt Essen 2020, Tabelle 4.2.2/1 (Auszug) In diesem vom Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) zu 100 % geförderten Masterplan wurden 36 Maßnahmen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit, Finanzierung und zeitlichen Umsetzung untersucht und bewertet. Als wirksamste Maßnahme wurde die „Umweltsensitive LSA-Steuerung“ identifiziert, die im Ranking lediglich bzgl. der Kosten auf einem hinteren Platz lag. Die Bedeutung dieser Maßnahme hinsichtlich einer kurzfristigen Verringerung der Luftschadstoffbelastung hebt sich unter den Top 10-Maßnahmen dadurch hervor, dass sie als Einzelmaßnahme wirksam ist, während die übrigen Maßnahmen einen gesamtstädtischen Projektansatz erfordern (vgl. Abbildung 3). Dementsprechend wurde die „Umweltsensitive LSA-Steuerung“ als Prüfauftrag in die Fortschreibung des Luftreinhalteplans aufgenommen. Gegen diesen ersten Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans von 2018 reichte der Verein „Deutsche Umwelthilfe“ beim Verwaltungsgericht Gelsenkirchen Klage gegen das Land Nordrhein-Westfalen und die für den Luftreinhalteplan zuständige Bezirksregierung Düsseldorf ein. Ziel dieser Klage war es, schneller wirksamere Maßnahmen zur nachhaltigen Senkung der NO2-Belastung unter den Grenzwert von 40 µg/m³ auf dem Stadtgebiet der Stadt Essen bis 2020 umzusetzen. In erster Instanz verhängte das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen im November 2018 ein zonales Dieselfahrverbot auf einer Teilstrecke der A 40 in Essen und für insgesamt 18 Essener Stadtteile, welches ab dem 01. Juli 2019 in Kraft treten sollte, wenn die NO2-Werte sich nicht verbessern. Das Land NRW ging zu diesem Urteil in Berufung. Abbildung 3: Top-10-Maßnahmen Bewertung des Masterplan Verkehr 2018 4) 4) Masterplan Verkehr 2018, Abbildung 3.3-6 Maßnahmenbewertung und Ranking (Auszug) Um die Kosten der Umweltsensitiven LSA-Steuerung als wirksamste Ad-hoc-Maßnahme im städtischen Haushalt darstellen zu können, wurde im September 2019 beim Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur BMVI ein Förderantrag im Rahmen des 3. Call zum Förderprogramm „Digitalisierung kommunaler Verkehrssysteme“ gestellt. Hierfür entwickelte die Stadtverwaltung Essen innerhalb weniger Wochen ein Umsetzungskonzept für eine Umweltsensitive LSA-Steuerung auf der Alfredstraße. Der Zuwendungsbescheid erging dann im Januar 2020. Auf der Basis des für den Förderantrag ausgearbeiteten Konzeptentwurfs konnte die Maßnahme „Umweltsensitive LSA-Steuerung“ im zweiten Entwurf der Fortschreibung des Luftreinhalteplans als Umsetzungsprojekt mit Inbetriebnahme Mitte 2020 festgeschrieben werden. Mit dieser Konkretisierung sowie weiteren, kurzfristig entwickelten zusätzlichen Maßnahmen konnte mit dem Verein „Deutsche Umwelthilfe“ am 05.12.2019 ein Vergleich vor dem OVG Münster erreicht werden, der keine Dieselfahrverbote mehr enthielt. Dafür verpflichtete sich die Stadt Essen unter anderem, die „Umweltsensitive LSA-Steuerung“ auf der Alfredstraße bis Mitte 2020 in Betrieb zu nehmen und sicherzustellen, dass der NO2-Mittelwert für den Zeitraum vom 01.07.2020 bis 30.06.2021 unter den Grenzwert von 40 µg/m³ reduziert wird. In Abbildung 4 ist das Untersuchungsgebiet im Zuge der Alfredstraße mit den Lichtsignalanlagen (LSA) im Kernbereich und im Zulauf dargestellt. Die Alfredstraße verläuft im Essener Stadtgebiet ca. 2 km quer zwischen den beiden Autobahnen A 52 und A 40, vom Stadtteil Essen-Bredeney bis Essen-Stadtmitte. Abbildung 4: Untersuchungsgebiet Alfredstraße und LSA im Kernbereich sowie im Zulauf 5) Die Lichtsignalanlagen mit Nummerneintrag waren im Projekt Gegenstand verschiedener verkehrstechnischer Maßnahmen. Die diskontinuierliche LANUV-Messstelle mit der Bezeichnung EMAL (ein sogenannter Passivsammler) steht im Fokus des gerichtlichen Vergleiches mit der DUH und befindet sich zwischen der Kahrstraße und der Krawehlstraße. 5)Quelle Hintergrundkarte: Esri, HERE, Garmin, USGS, Intermap, INCREMENT P, NRCAN, Esri Japan, METI, Esri China (Hong Kong), NOSTRA, © OpenStreetMap contributors, and the GIS User Community 3 Projektgruppe und -konzept ProjektgruppeDie Planungsleistungen wurden von Seiten der Stadt Essen kontinuierlich und umfassend begleitet:
Nachfolgend sind einige wichtige Planungsaufgaben des Projektteams und Planungsinhalte aufgeführt:
Wesentliche Projektphasen Das Projektkonzept ist als Phasenmodell gegliedert, wobei in jeder Projektphase gleichermaßen die Belange der Verkehrstechnik, der Verkehrsplanung, der Umweltauswirkung und der systemtechnischen Umsetzung an den Lichtsignalanlagen, dem Verkehrsrechnersystem und dem städtischen Informationssystem berücksichtigt bzw. betrachtet wurden. Die wesentlichen Projektphasen waren dabei:
Im Folgenden werden zu jeder Projektphase einige wesentliche Aspekte auszugsweise vorgestellt. 4 BestandsanalyseIn einer Analysephase wurde durch TSC die Ausgangsbasis des Projektes objektiviert und festgeschrieben, um in der weiteren Planung eine belastbare Vergleichsgrundlage zur Verfügung zu haben. Als ein Beispiel für die Ergebnisse dieser Projektphase zeigt die Abbildung 5 das Verkehrsnetz mit seinen Verkehrsbelastungen als DTV-Werte (Kfz/24 h) im Ist-Stand 2019. Abbildung 5: Ist-Stand der Verkehrsbelastung im Jahr 2019 (Quelle: büro stadtVerkehr, Basis: Verkehrsmodell Stadt Essen) Ergänzend wurden die üblichen Kenngrößen zur Beschreibung des Verkehrs und der Verkehrsqualität auf Basis des Handbuchs zur Bemessung von Verkehrsanlagen (HBS) ermittelt. 5 System zum Monitoring der Verkehrs- und UmweltdatenAls wichtiges Werkzeug zur erweiterten Bestandsanalyse und zur Wirkungskontrolle wurden von TSC Beratende Ingenieure im Untersuchungsgebiet drei Verkehrs-Messstellen und fünf Umwelt-Messstellen installiert (vgl. Abbildung 6). Abbildung 6: Standorte der Verkehrs- und Umwelt-Messstellen Die Verkehrs-Messstellen nutzen echtzeitfähige, magnetoresistive Bodensensoren und erfassen neben der Verkehrsmenge auch die Belegung, die Fahrgeschwindigkeit und die Fahrzeuglängen. Daraus wird zur Steuerung auch die Verkehrsdichte berechnet. Die Umwelt-Messstellen basieren auf elektrochemischen Sensoren zur Erfassung der Spurenstoffe NO, NO2 und O3 sowie Sensoren zur Erfassung der Temperatur, Luftfeuchtigkeit und des Luftdrucks. Die Umwelt-Messstelle UM 2 in der Alfredstraße besitzt zudem einen Windsensor. Um meteorologische Einflüsse zu erfassen, wurde zudem eine Daten-Schnittstelle zu einem Wettermodell aufgebaut. Alle Daten fließen in eine zentrale Datenbank bei TSC ein und werden dort verarbeitet und ausgewertet. Einige Hinweise zum Aufbau der Systeme und zum Vorgehen Es hat sich bezüglich der Datenqualität als notwendig gezeigt, zur initialen sowie zur fortlaufenden Qualitätskontrolle der Verkehrs-Messstellen und der Umwelt-Messstellen untereinander und zum Abgleich der Umwelt-Messstellen mit den amtlichen Messergebnissen ein Qualitätssicherungssystem zu definieren. Es wurde bei der Wahl der Standorte der Verkehrs- und Umwelt-Messstellen darauf geachtet, dass der Verkehr räumlich möglichst in direkter Nähe der Umwelt-Messstellen erfasst wird, um bei den späteren Maßnahmenuntersuchungen den Einfluss der Verkehrsmenge und der Verkehrsflüsse auf die NO2-Immissionen eindeutiger bewerten zu können. Die Messgenauigkeit der Verkehrs-Messstellen wurde nach Inbetriebnahme mit videobasierten Vergleichszählungen kontrolliert, die Abweichung beider Messsysteme bewegt sich im Bereich unter einem Prozent. Die Umwelt-Messstellen UM 2 bis UM 5 werden regelmäßig mit Hilfe einer mobilen Umwelt-Messstelle angepasst, dem sogenannten „Master-Pod“. Über einen jeweils mehrwöchigen Messwertvergleich wird der Master-Pod mathematisch an die Werte einer kontinuierlich messenden LANUV-Messstelle angeglichen, um anschließend zur Anpassung der weiteren Umwelt-Messstellen eingesetzt zu werden. Die Umwelt-Messstelle UM 1 in der Alfredstraße ist direkt über der diskontinuierlich arbeitenden LANUV-Messstelle EMAL montiert. Hier wird eine Niveauanpassung vorgenommen auf Basis der vorläufigen Ergebnisse des LANUV, die allerdings mit ca. zweimonatigem Versatz bereitgestellt werden. Insgesamt soll durch die Qualitätskontrollen und das Anpassungskonzept gewährleistet werden, dass die mittlere Abweichung der NO2-Messwerte der Umwelt-Messstelle in der Alfredstraße von den amtlichen LANUV-Messwerten des Passivsammlers EMAL weniger als 2 % beträgt. 6 Aufbau eines Wirkungs- und Prognosemodells der NO2-ImmissionenFür die Umweltsensitive Verkehrssteuerung wurde von TSC auf Basis der Verkehrs- und Umweltdaten sowie von Meteorologie-Daten mit Hilfe von Machine Learning und Verfahren der Künstlichen Intelligenz (KI) ein Wirkungs- und Prognosemodell der NO2-Immissionen entwickelt. Die Daten aus dem Messstellennetz und weitere Datenquellen (Meteorologie, amtliche Umweltdaten) werden dabei in einen Data Lake überführt, der fortlaufend mit neuen Daten angereichert wird und die Grundlage eines Modells bildet, in das folgende Daten Eingang finden:
Die verfügbaren Daten wurden zeitlich getrennt in Trainings- und Testdatensätze. Die künstliche Intelligenz wurde fortlaufend mit der im Projekt täglich zunehmenden Datenmenge trainiert und an getrennten Datensätzen getestet und verbessert. Parallel dazu wurden die Daten von TSC statistisch und analytisch untersucht und logische Zusammenhänge in Form von mathematischen Regeln im Prognosemodell hinterlegt (u. a. der Zusammenhang zwischen Luftschadstoff-Immissionen und der Windgeschwindigkeit oder der Temperatur). Das allgemeine Vorgehen ist in Abbildung 7 dargestellt. Insgesamt ist es mit dem Wirkungsmodell gelungen, die nichtlinearen Zusammenhänge zwischen Verkehr und NO2-Immissionen abzubilden. Zudem ist es gelungen, auch äußere, zufallsbedingte sowie nicht isoliert messbare Einflussfaktoren modelltechnisch zu beherrschen und ein zusätzliches Bewertungswerkzeug für die Reallaborphasen bereitzustellen. In der Umweltsensitiven Steuerung wird das NO2-Prognosemodell eingesetzt, um für den nächsten Tag eine Über- oder Unterschreitung des Tagesgrenzwertes von 40 µg/m³ an der Umwelt-Messstelle UM2 (Alfredstraße Nord) korrekt vorherzusagen. Es ist dabei unterstellt, dass der Algorithmus eine Genauigkeit von 85 % erreicht. Abbildung 7: Training, Test und Prognose des entwickelten NO2-Prognosemodells und exemplarische Einflussfaktoren 7 Erarbeiten verschiedener Planungsfälle und Tests im Rahmen von ReallaborphasenIn Zusammenarbeit mit der Stadt Essen wurden verschiedene verkehrstechnische und verkehrsplanerische Maßnahmen zur Reduktion der NO2-Immissionen in der Alfredstraße ausgewählt und in Form von zeitlich befristeten Reallaboren umgesetzt. Dabei wurden die verkehrstechnischen und die umwelttechnischen Wirkungen methodisch fundiert untersucht und bewertet. Folgende Reallabore (RL) wurden von Februar 2020 bis Juni 2020 durchgeführt:
Die verkehrlichen und umwelttechnischen Wirkungen der Maßnahmen wurden vorab mit Hilfe der mikroskopischen Verkehrsfluss-Simulation modellhaft abgebildet, um die grundsätzliche Machbarkeit bzw. die grundsätzliche Verträglichkeit der Maßnahmen vorab einzuschätzen. Am meisten Beachtung in der Öffentlichkeit und im politischen Raum fand dabei das Reallabor 1 mit der Anordnung von Tempo 30 auf einem etwa 400 m langen Abschnitt der Alfredstraße. Deshalb wird nachfolgend darauf etwas ausführlicher eingegangen. Reallabor 1, Tempo 30 im nördlichen Abschnitt der Alfredstraße (im Bereich der LANUV-Messstelle EMAL) Das Reallabor 1, Tempo 30 fand vom 03.02.2020 bis zum 28.02.2020 statt, die Tempo 30-Beschilderung wurde in beiden Fahrtrichtungen eingerichtet (vgl. Abbildung 8). Die Maßnahme wurde im Vorfeld und während der Reallaborphase über die Medien kommuniziert. Es erfolgten stichprobenhaft, vorher angekündigte Kontrollen durch das Ordnungsamt. In Abbildung 9 ist die mittlere, tägliche Reisegeschwindigkeit an der Verkehrs-Messstelle VM 1, Alfredstraße Nord, im Langzeitverlauf dargestellt. Es zeigt sich während der Reallaborphase 1 insgesamt eine Geschwindigkeitsminderung um durchschnittlich ca. 4 bis 5 km/h. Dabei ist zu beachten, dass die Befolgungsquote tagsüber hoch war, in den Nachtstunden und an Wochenenden jedoch auch deutliche Geschwindigkeitsüberschreitungen zu verzeichnen waren. Hierbei wurden ähnliche Überschreitungsprofile analog zur Tempo 50-Beschilderung von der Verkehrsbehörde bestätigt, da auf der mit vier Fahrstreifen ausgebauten Alfredstraße auch ohne Tempobeschränkung in den verkehrsschwachen Zeiten oftmals zu schnell gefahren wird. 6) Quelle Hintergrundkarte: Esri, HERE, Garmin, USGS, Intermap, INCREMENT P, NRCAN, Esri Japan, METI, Esri China (Hong Kong), NOSTRA, © OpenStreetMap contributors, and the GIS User Community. Amtliche Basiskarte: © Geologischer Dienst NRW, Abrufdatum: Januar 2020. Abbildung 9: Mittlere Reisegeschwindigkeit auf der Alfredstraße Nord vor, während und nach Reallabor 1 Tempo 30 Nach Beendigung von Reallabor 1 stieg die mittlere, tägliche Reisegeschwindigkeit wieder auf das übliche Niveau und anschließend, nach dem starken Verkehrsrückgang infolge des ersten Corona-Lockdowns, wurden auch tagsüber vermehrt zu hohe Geschwindigkeiten gemessen. Alle Messungen und die ergänzenden Analysen zeigten auf, dass die Reduktion der mittleren Reisegeschwindigkeit im Abschnitt der Alfredstraße Nord zu einer Verflüssigung des Verkehrs und zu einer Reduktion der NO2-Immissionen in der Größenordnung von bis zu 1 µg/m³ führen kann. Im konkreten Fall ist dies darin begründet, dass eine Geschwindigkeitsreduktion einen Beitrag zur Verringerung von Schadstoffimmissionen und Treibstoffverbräuchen leisten kann, wenn hierdurch Anfahrts- und Beschleunigungsvorgänge reduziert werden oder eine Verflüssigung des Verkehrs bewirkt wird und es dabei nicht zu erhöhten Widerständen im Netz oder Ausweichverkehren kommt. Dies ist allerdings von Fall zu Fall individuell an den lokalen Gegebenheiten zu prüfen. Die Maßnahme Tempo 30 wurde im Laufe des Projektes dennoch nicht in die Umweltsteuerung aufgenommen, da eine ähnliche umweltschonende Wirkung im Nachgang durch weitere Anpassungen der Lichtsignalprogramme und der Zuflüsse zur Alfredstraße erzielt werden konnte. In einem Reallabor 6 wurden die Lichtsignalanlagen im nördlichen Abschnitt der Alfredstraße im Bereich Friedrichstraße/Bismarckstraße umgerüstet, so dass die Grünen Wellen und Zuflüsse zur Alfredstraße in dem Zusammenhang durch TSC weiter optimiert werden und Halte des einbiegenden Verkehrs bzw. Anfahrvorgänge im Zuge der Grünen Welle reduziert werden konnten. Weitere Reallaborphasen 2 bis 5 Die weiteren Reallabore waren leider mehr oder weniger stark von den Verkehrsveränderungen während des ersten Corona-Lockdowns und den danach weiterhin reduzierten Verkehrsbelastungen beeinträchtigt, so dass die Wirkungen in der Praxis zwar gemessen wurden, aber letztlich mit Erkenntnissen aus den mikroskopischen und makroskopischen Modellberechnungen abgeglichen werden mussten. Die Abbildung 10 zeigt den Verkehrsrückgang während der zweiten Reallaborphase zu Beginn des Lockdowns, die später noch folgende Abbildung 16 zeigt die Wirkungen der Corona-Pandemie im weiteren Jahresverlauf. Abbildung 10: 24h-Kfz-Zählwerte der Alfredstraße Nord nach der Reallaborphase 1 im Zuge der Corona-Lockdown-Maßnahmen Reallabor 2: Optimierte Grüne Welle mit bestehender Umlaufzeit von 104 Sekunden Das Reallabor 2, Optimierung der bestehenden Grünen Welle mit einer Umlaufzeit von 104 Sekunden, fand zwischen dem 09.03. und dem 27.03.2020 statt. Grundlage waren mikroskopische Verkehrsfluss-Simulationen relevanter Abschnitte und eine verkehrstechnische Überarbeitung der LSA und der Grünen Welle auf der Alfredstraße. Im Zuge des Lockdowns ging der Verkehr ab Anfang März zunächst bis zu 14 % und bis Mitte März um fast 50 % zurück. Die mittlere Reisegeschwindigkeit auf der Alfredstraße stieg parallel an und die gemessenen NO2-Immissionen sanken im Durchschnitt. Zeitgleich änderten sich die meteorologischen Rahmenbedingungen im Vergleich zum Frühjahr, naturgemäß war es wärmer und windärmer. Es konnte daher kein eindeutiger Nachweis erbracht werden, welchen Beitrag die optimierte Grüne Welle für sich allein genommen zur Reduktion der NO2-Immissionen in der Alfredstraße geführt hat. Generell wurde eine Verflüssigung des Verkehrs festgestellt, sodass die Maßnahme grundsätzlich als sinnvoll erachtet und beibehalten wurde. Reallabore 3 und 4: Verkehrsreduzierung (Pförtner) oder Veränderung der Grüne-Wellen-Umlaufzeiten Im Jahr 2019 wurde von der Stadt Essen eine Anfrage an das LANUV gestellt, welche Verkehrsminderung im Jahr 2020 auf der Alfredstraße erforderlich sei, um zusammen mit weiteren, im Luftreinhaltehalteplan Essen beschlossenen Maßnahmen eine Einhaltung des Jahresmittelwertes für NO2 mit 40 µg/m³ erreichen zu können. Die Berechnungen des LANUV ergaben, dass dies ab einer Verkehrsreduktion um ca. 10 % zu erwarten sei. Mit dieser Zielgröße einer Verkehrsreduktion wurden die Reallabore 3 und 4 konzipiert. Durch verkehrsreduzierende Eingriffe an mehreren LSA sollte eine Verteilung der Pförtnerwirkung und damit eine wirkungsvolle aber dennoch akzeptable Begrenzung des Zuflusses erreicht werden. Die Pförtner-LSA waren räumlich so verteilt und eingestellt, dass der Verkehr an mehreren Stellen anteilig begrenzt wurde. Diese Verteilung wurde so dimensioniert, dass sich die Gesamtreduktion des Verkehrs erst im Bereich der Messstelle auf insgesamt ca. 10 % aufsummierte. Eine Nachsteuerung der Höhe und der Verteilung ist dabei jederzeit möglich (vgl. Abbildung 11). Abbildung 11: Räumliche Verteilung der verkehrsreduzierenden Eingriffe durch LSA mit Pförtnerwirkung Die Reallabore 3 und 4 waren konzeptionell identisch und unterschieden sich lediglich bei der Umlaufzeit der optimierten Grünen Welle (Reallabor 3: 104 Sekunden; Reallabor 4: 80 Sekunden). Beide Reallabore waren über drei Wochen geschaltet: Reallabor 3 startete am 27.04.2020 und dauerte bis zum 17.05.2020; Reallabor 4 startete am 25.05.2020 und lief bis zum 14.06.2020. Die Reallabore 3 und 4 und die Auswirkungen der Verkehrsmengenbegrenzung auf die NO2-Immissionen wurden nach Abschluss der Reallabore modelltechnisch untersucht. Neben Szenarien-Betrachtungen mit Hilfe des von TSC entwickelten NO2-Prognosemodells erfolgten Simulationen und umwelttechnische Bewertungen mit dem Modell MISKAM. Der Wechsel der Grünen Welle auf eine Umlaufzeit von 80 Sekunden brachte keine Verbesserung und wurde nicht weiterverfolgt. Beide Modellierungsansätze zeigten aber für die bestehende Grüne Welle mit 104 Sekunden Umlaufzeit auf, dass bei einer Verkehrsreduktion von ca. 10 % insgesamt ein Rückgang der NO2-Immissionen an der Messstelle EMAL von bis zu 3 µg/m³ zu erwarten ist. Die Ergebnisse dieser Modellberechnungen decken sich somit mit den Erwartungen des LANUV. Beispielhaft sind nachfolgend zwei Abbildungen der MIS-KAM-Modelle eingefügt. Abb. 12: NO2-Belastung im Teilgebiet I – Alfredstraße Nord im Bestand 2019 (Quelle: Ing.-büro Rau) Abb. 13: NO2-Belastung im Teilgebiet I – Alfredstraße Nord Prognose 2020 mit Verkehrsreduzierung (Quelle: Ing.-büro Rau) Es bestätigt sich auch grafisch der Rückgang bezüglich der Umweltbelastung in der Alfredstraße. Reallabore 5: Erhöhung der Grüne-Wellen-Umlaufzeiten auf 120 Sekunden Diese Maßnahme wurde nur theoretisch betrachtet, da eine derart lange Umlaufzeit keine deutliche Verbesserung des Verkehrsflusses auf der Alfredstraße erbracht hätte, sich aber gleichzeitig die Wartezeiten aller Verkehrsteilnehmer*innen in den Nebenrichtungszufahrten (Kfz, ÖPNV, Radverkehr und Fußverkehr) deutlich und negativ wahrnehmbar erhöht hätten. Deshalb wurde dieser Ansatz nicht weiterverfolgt. 8 Bewertung der Maßnahmen und Auswahl des RealisierungskonzeptesDie sich in der Analysephase als vielversprechend erkannten Maßnahmen wurden dann in einer anschließenden Planungs- und Konzeptionsphase ab Juli 2020 in eine dauerhafte, echtzeitfähige, umweltsensitive Verkehrssteuerung überführt. Dies war somit ein Maßnahmenbündel wie folgt:
9 Technisches Konzept Umweltsensitive SteuerungDas Konzept der Umweltsensitiven Verkehrssteuerung basiert vereinfacht dargestellt auf einem Regelkreis, der in der neuen Herangehensweise wesentlich durch die Umweltsituation beeinflusst wird (vgl. Abbildung 14). Abb. 14: Modell zum Regelkreis der umweltsensitiven Verkehrssteuerung in der Alfredstraße Die wesentlichen technischen Komponenten sind dabei die Lichtsignalanlagen mit speziellen Umweltprogrammen, der Verkehrsrechner – ausgestattet mit Aktionsplänen zur Aktivierung der Umweltsteuerung, den dynamischen Anzeigetafeln zur Verkehrsinformation und dem TSC -Datenbankserver mit hinterlegten Steuerungsalgorithmen sowie dem Decision-Support-System. Zwischen diesen Systemen wurden Daten- und Kommunikationsschnittstellen eingerichtet. Der Datenbank-Server mit seiner Logik steht im Zentrum der Steuerung. Er bewertet die aktuelle Verkehrs- und Umweltlage und initiiert die Schaltung oder Deaktivierung von Maßnahmen. Im Falle einer Aktivierung sendet der TSC-Server auch Nachrichtenmeldungen, unter anderem an die Stadtverwaltung, die Pressestelle sowie die Verkehrsleitzentrale. Die Medien werden bei Bedarf durch die Pressestelle informiert. Die Webseite der Stadt Essen stellt den aktuellen Status der Umweltsensitiven Verkehrssteuerung zusammen mit weiteren Verkehrshinweisen auf www.essen.de/verkehrshinweise prominent und in Echtzeit bereit. Die Verkehrsteilnehmer*innen werden vor Ort durch die dynamischen Verkehrsinformationstafeln im Zulauf zur Alfredstraße im Falle einer Pförtnerschaltung mit Hilfe von Wechselbildern informiert und zur Nutzung von Alternativen animiert. Die Schaltung wird jeweils bereits am Vortag angekündigt. Die nachfolgende Abbildung 15 zeigt die räumliche Verteilung der acht Standorte, der Anzeigeinhalt ist nur ein Systembeispiel, die beiden Bildhälften werden nicht nebeneinander, sondern auf der ganzen Bildfläche nacheinander angezeigt. Abbildung 15: Übersicht der LSA mit Pförtnerwirkung und der Verkehrsinformationstafeln Die Standorte der temporären Verkehrsinformationstafeln waren während einer Übergangsphase nach Abschluss der Reallabore im Einsatz. Die Komponenten und Elemente des Steuerungsmodells sind im Wesentlichen: Datenbank und Prognosemodell mit Nutzung Künstlicher Intelligenz KI: Qualitative Bewertung der zu erwartenden NO2-Überschreitung: Kontinuierliche Messung des Umweltdetektors Alfredstraße Nord: Stauüberwachung Autobahnverkehr und Berücksichtigung Messeverkehr: Ausgewählte Maßnahmen zur konkreten Umsetzung: Kommunikation Datenbank mit Verkehrsrechner Verkehrsrechner ausgestattet mit Aktionsplänen und Steuerungs- und Überwachungsfunktion Verkehrsinformationsrechner zur Ansteuerung der Verkehrsinformationstafeln mit Schnittstelle zum Verkehrsrechner Monitoring des NO2-Jahresbudgets im Decision-Support-System 10 Kontinuierliches Ergebnis-Monitoring mit Definition eines Decision-Support-SystemsDie Daten des Verkehrs- und Umwelt-Messstellennetzes werden in einem Onlineportal https://www.mvup.online als projektbezogene, interaktive Dashboards visualisiert, um den Entscheidungsträger*innen tages- und stundenaktuelle Auswertungen der Verkehrs- und Umweltdaten aktuell bereitzustellen, wie beispielsweise den tagesaktuellen NO2-Jahresmittelwert sowie den bis Ende des Jahres bzw. bis Ende des Vergleichszeitraumes höchstzulässigen NO2-Tagesmittelwert (sogenanntes Budget, vgl. Abbildung 16). Das Online-Portal ist die Visualisierungsoberfläche des Decision-Support-Systems, das im Hintergrund kenngrößenbasierte Entscheidungen trifft auf Grundlage der aktuellen Verkehrs- und Umweltwerte und der NO2-Online-Prognose. Abbildung 16: Beispiele für Dashboards auf der Onlineplattform MVUP.online im Projekt Umweltsensitive Verkehrssteuerung Alfredstraße 11 FazitDie Umweltsensitive Verkehrssteuerung Alfredstraße konnte im Jahr 2020 auf Basis umfangreicher, methodisch fundierter Untersuchungen mit den erforderlichen technischen Komponenten erfolgreich realisiert werden. Insbesondere ist es gelungen die nichtlinearen Zusammenhänge von Verkehr, Umwelt und Meteorologie in einem Modell abzubilden. Hierdurch konnte ein Steuerungsinstrument geschaffen werden, das es dem Amt für Straßen und Verkehr der Stadt Essen erlaubt, zur Einhaltung der gesetzlichen Grenzwerte situationsgerecht Maßnahmen zu ergreifen und somit die Beeinflussung des Verkehrs und mögliche Beeinträchtigungen für die Verkehrsteilnehmer*innen auf ein bedarfsgerechtes und kleinstmögliches Maß zu begrenzen. Seit der Inbetriebnahme im Herbst 2020 war es bisher (Stand Januar 2021) aufgrund des Verkehrsrückgangs während der Corona-Pandemie nur wenige Male erforderlich, die Pförtnerschaltung in der Alfredstraße zu aktivieren. Der bisher zu erwartende vorläufige NO2-Jahresmittelwert wird für das Jahr 2020 auch an der Alfredstraße deutlich unter dem zulässigen Jahresgrenzwert liegen. Es zeichnet sich zudem ab, dass der im Vergleich mit der DUH einzuhaltende NO2-Mittelwert von 40 µg/m³ auch im gerichtlich definierten Vergleichszeitraum (Juli 2020 bis Juni 2021) eingehalten werden kann. Aber nach Überwindung der Corona-Pandemie werden mit einer Verkehrsrückkehr auch die Umweltwerte wieder stärker in den Fokus rücken. Für diese zukünftigen Entwicklungen und Szenarien steht der Stadt Essen ein wirkungsvolles Instrumentarium zur Umweltsteuerung zur Verfügung. |