FGSV-Nr. FGSV 002/134
Ort Weimar
Datum 05.05.2022
Titel Chancen und Grenzen von BIM in der Landschaftsplanung
Autoren Dipl.-Geogr. Stephan Siegert
Kategorien Landschaftstagung
Einleitung

„BIM ist doch nur etwas für die technische Planung!“ Dieser Gedanke kann sich in der Tat bei der Vergegenwärtigung der bisherigen Integration von Building Information Modeling (BIM) in die Planung einstellen. Tatsächlich entspricht das allerdings nicht der Kernidee von BIM. Denn BIM ist eine Methode mit klaren Zielen: die Sicherstellung einer effizienten und qualitätsvollen Kollaboration zwischen allen an einem Vorhaben Beteiligten über das systematische, interdisziplinäre Zusammenführen, Vorhalten und Austauschen von Daten und Informationen. Fachplanungen ergänzen sich in Form von Fachmodellen zu einem gemeinsamen digitalen Bauwerksmodel. Dieses kann über alle Lebenszyklen mit seinen jeweiligen Auswirkungen betrachtet, simuliert und analysiert werden. Vor diesem Hintergrund muss konsequenterweise auch die Umwelt- und Landschaftsplanung Teil der BIM-Methodik sein. Kollisionen der technischen Planung mit der Natur und Umwelt lassen sich im digitalen Modell in ihrer Quantität und Qualität schneller ermitteln, so dass gemeinsam interdisziplinär darauf planerisch reagiert werden kann. Die datengestützte Visualisierung der Planung zeigt eindeutiger die Abhängigkeiten zwischen den Fachplanungen und deren Zusammenwirken. Lösungen werden gemeinsam gefunden, wodurch eine höhere Transparenz und Sicherheit der Planung entstehen. Dennoch steckt die Umwelt- und Landschaftsplanung beim digitalen Transformationsprozess bisher in den Kinderschuhen. Umweltplanungsbüros sind deshalb häufig aktuell nicht in der Lage, modellbasiert zu arbeiten. Es scheint die Notwendigkeit noch nicht richtig angekommen zu sein, an der digitalen Planung mitzuwirken. Aus diesem Grunde sollte der Mehrwert, der sich durch die Anwendung der BIM-Methode entfaltet, deutlicher über die Erzeugung intrinsischer Neugierde kommuniziert werden. Gleichwohl ist auch zu berücksichtigen, dass der Übergang von der konventionellen in die digitale Planung schrittweise erfolgt. Im Mittelpunkt steht derzeit das Bauwerksmodell der technischen Planung. Erst jetzt werden weitere Fachplanungen langsam hinzugezogen.

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1 Die Digitalisierung der Planung

Die Digitalisierung unseres Privatlebens ist mittlerweile so weit vorangeschritten, dass wir es gar nicht mehr wahrnehmen. Das Smartphone ist unser ständiger Begleiter, mit dem wir Nachrichten austauschen, fotografieren, Bilder und Notizen in die Cloud hochladen, Termine verwalten und Bestellungen durchführen. Die Daten in der Cloud teilen wir mit Familienmitgliedern und Freunden und verarbeiten diese bei Bedarf weiter. Was im Privatleben eine Selbstverständlichkeit darstellt, steckt im Berufsleben noch ein Stück weit in den Anfängen. Wir halten fest an unseren überholten Datensilos, betrachten Wissensteilung als Verlust der eigenen Datenhoheit und haben uns mit unseren bisherigen Arbeitsmethoden und -techniken in die eigene „Komfortzone“ zurückgezogen.

Dabei definiert der im Dezember 2015 verabschiedete „Stufenplan Digitales Planen und Bauen“ des damaligen Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) das eindeutige Ziel, neue Vorhaben ab dem Jahr 2020 digital zu planen (BMVI, 2015). Wir sind zwar auf einem guten Weg in die digitale Planung, das Ziel ist jedoch bei Weitem noch nicht erreicht. Deutschland hinkt der internationalen Entwicklung bei der digitalen Planung hinterher. In vielen Ländern wie Großbritannien, Schweden und den USA, dürfen öffentlich finanzierte Bauvorhaben ohne die Anwendung von Building Information Modeling (BIM) nicht mehr realisiert werden. Der Erwartungsdruck hinsichtlich der Digitalisierung der Planung und auch der Genehmigungsverfahren steigt in Deutschland kontinuierlich an. Planungs- und Genehmigungsverfahren sind in Deutschland äußerst zeitintensiv. Der Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung hat den Druck nochmals erhöht; ganze 226-mal wird der Begriff „digital“ genannt. Die Digitalisierung ist mit konkreten Erwartungen verknüpft: Überwindung des Silodenkens, schnelles Bereitstellen und Teilen von Informationen, Qualitätserhöhung und letztendlich signifikante Beschleunigung der Prozesse.

Die Implementierung des Building Information Modeling bei der digitalen Planung soll genau diese Erwartungen bedienen. Der Transformationsprozess von der konventionellen zur digitalen Planung ist allerdings nicht nur mit technischen und finanziellen Herausforderungen verbunden. Das digitale Planen bedingt auch veränderte Arbeitsweisen und Interaktionen zwischen den am Vorhaben beteiligten Personen. Vorhaben werden in der digitalen Welt modelliert. Bestandteil dieser Modellierung muss zwangsläufig auch die Umwelt- und Landschaftsplanung sein. Denn ein Vorhaben besteht nicht nur aus technischer Planung. Jedes Infrastrukturvorhaben oder jeder Hochbau ist mit Eingriffen in Natur und Landschaft verbunden. Diese sind zu bewerten und planerisch zu bewältigen. Technische Planung und Landschaftsplanung stellen eine Symbiose dar, die selbstverständlich auch bei der Arbeit am digitalen Modell zu berücksichtigen ist. Die Digitalisierung der Planung muss deshalb ganzheitlich erfolgen und darf sich nicht nur auf Teildisziplinen beschränken.

2 Was zeichnet BIM aus?

BIM verfolgt das Ziel, die Produktivität in den verschiedenen Phasen eines Vorhabens zu erhöhen. Im Fokus steht in diesem Zusammenhang die Steigerung der Effizienz und Qualität bei (idealerweise) gleichzeitiger Senkung der Gesamtprojektkosten. Dazu tragen die Aspekte

  • verbesserte Kommunikation und Schnittstellenkoordination zwischen den Beteiligten,
  • höhere Planungssicherheit mittels gesteigerter Termin- und Kostensicherheit,
  • höhere Transparenz für alle Beteiligten durch bessere Nachverfolgbarkeit von Entscheidungen,
  • Minimierung von Risiken sowie
  • Verwendung des „Wie-gebaut-Modells“ (der „digitale Zwilling“) bei (BIM4INFRA2020, 2019).

Planung im Allgemeinen ist mit der Vielzahl der Beteiligten und Fachdisziplinen äußerst komplex. Die Komplexität geht mit einer großen Menge an unterschiedlichen Informationen einher, die für das Vorhaben sinnvoll zusammengetragen werden müssen. Der Informationsaustausch wird heute überwiegend in Form von technischen Zeichnungen, Bauwerksinformationen, schriftlichen Erläuterungen und Geoinformationen bewerkstelligt. Bei der konventionellen Planung ist der Informationsaustausch regelmäßig von Medienbrüchen gekennzeichnet. Das Sammeln und Vorhalten der Informationen erfolgt in getrennten, nicht miteinander kommunizierenden Datenspeichern. Ein und dieselben Daten müssen infolgedessen möglicherweise mehrfach erfasst werden, um sie anschließend weiterverarbeiten zu können. Diese Arbeitsweise birgt das Risiko von Übertragungsfehlern und mangelnder Datenaktualität.

Besonders deutlich wird dieser Umstand in der Planprüfung. Die Konsistenz von technischen Zeichnungen kann in der konventionellen Planung nur manuell geprüft werden. Die in den Zeichnungen zugrundeliegenden Informationen sind verstreut in verschiedenen Plänen und Berichten enthalten, die wiederum von unterschiedlichen Fachplanungen erstellt wurden. Allein dieser Sachverhalt stellt eine Quelle für Fehler dar. Die Gefahr der Inkonsistenz verstärkt sich bei auftretenden Änderungen in der Planung. Die analogen Informationen eines Bauwerks beispielsweise können darüber hinaus nicht direkt für Simulationen und Analysen genutzt werden. Vielmehr sind sie erneut in entsprechende Softwaretools einzugeben (Borrmann; König et al., 2021).

Mit der Digitalisierung der Planung werden die zuvor genannten Risiken erheblich reduziert. Das Building Information Modeling verfolgt die Idee der kollaborativen Datenbereitstellung, Wissensteilung und Datennutzung zwischen allen Akteuren eines Vorhabens. Das Vorhaben wird mit seinen spezifischen Informationen nicht mehr in Zeichnungen geplant, sondern in einem umfassenden digitalen Bauwerksmodell. Hierbei handelt es sich um ein multidimensionales Informationsmodell, in dem nicht nur die geometrischen Informationen des Bauwerks abgebildet werden. Zusätzlich kann das Bauwerksmodell mit weiteren Dimensionen verknüpft werden, wie zeitliche Informationen, Kosteninformationen, Informationen zur Nachhaltigkeit und vieles mehr (Bild 1).

Bild 1: BIM als multidimensionales Informationsmodell (Quelle: eigene Darstellung)

Bei der BIM-Methode müssen die erforderlichen Daten für das Bauwerksmodell nur einmalig erfasst werden. Gespeichert werden die Daten in einer zentralen Datenplattform, der sogenannten „Common Data Environment“ (CDE). In der CDE laufen alle vorhabenrelevanten Informationen modellreferenziert und qualitätsgesichert zusammen (Bild 2). Der Zugriff auf die CDE ist für alle Beteiligten des Vorhabens nach einem konkreten Rollen- und Rechtesystem möglich, so dass die CDE auch als „Single Source of Truth“, also die „einzig verlässliche Informationsquelle“ bezeichnet wird. Im Umkehrschluss bedeutet das, dass die Bereitstellung der Daten von den Vorhabenbeteiligten im Sinne einer Bringschuld ebenfalls in der CDE erfolgen muss (Siegert, 2020).

Bild 2: Traditioneller und kollaborativer Informationsaustausch (Quelle: eigene Darstellung)

Durch den Verzicht auf getrennte Datensilos zugunsten einer gemeinsamen Datenplattform können die einmal erfassten Daten medienbruchfrei und mühelos weiterverwendet werden. Aufwändige Wiedereingaben von Daten und Informationen entfallen. Allein das eliminiert Übertragungsfehler. Wiederkehrende Prozesse lassen sich infolgedessen automatisieren. Außerdem gewährleistet die CDE die Sicherung der erforderlichen Datenqualität, Datenaktualität sowie Verlässlichkeit der Daten. Das reduziert signifikant das Risiko inkonsistenter und damit widersprüchlicher Daten. Die Planung wird dadurch zuverlässiger, wodurch sich weniger Nacharbeiten ergeben, was wiederum Kosten spart. Besonders deutlich wird das in der Bauphase. Die Bauleitung kann anhand des Bauwerksmodells den Baufortschritt ablesen und mit den Sollwerten des Bauablaufplans vergleichen. Drohen Materialengpässe auf der Baustelle, werden sie frühzeitig erkannt. Geeignete Gegensteuerungsmaßnahmen können umgehend eingeleitet werden, um die Gefahr von kostenintensiven Baustillständen abzuwenden.

2.1 Die Modellierung und Prüfung des Vorhabens

Im Gegensatz zur konventionellen Planung mit ihrer zweidimensionalen Darstellungsform, wird das zu planende Vorhaben bei der BIM-Methode in seiner dreidimensionalen Geometrie modelliert. Das Modell ist in verschiedene Objekte aufgeteilt, wie Wand, Leitung, Widerlager, Pfeiler. Jedes Objekt ist mit zusätzlichen Informationen verbunden, z. B. Materialbeschaffenheit, technische Eigenschaften, Komponenten inklusive der Beziehungen zwischen den Komponenten. Mit Hilfe dieser Informationen lassen sich über entsprechende Analysetools Mengen ermitteln oder die Baustatik berechnen (Borrmann; König et al., 2021). Die Objekte selbst stehen natürlich ebenfalls in definierten Beziehungen zu anderen Teilen des Bauwerks.

Über sogenannte Anwendungsfälle wird der konkrete Zweck und Nutzen definiert, für den das Bauwerksmodell entwickelt wird (Tabelle 1). Davon hängt letztendlich auch die Frage ab, welche Informationen in welchem Detaillierungsgrad in das Modell eingearbeitet werden müssen. So ist der Informationsgehalt in der Projektphase der Entwurfsplanung naturgemäß geringer im Vergleich zur Ausführungsplanung. Gleiches gilt auch für den Anwendungsfall der reinen Visualisierung des Bauwerksmodells für die Öffentlichkeitsarbeit im Gegensatz zur BIM-gestützten Tragwerksplanung oder Planableitung. Die digitale Planung kann sich bei Bedarf nur auf einzelne oder wenige Anwendungsfälle beschränken. Die Anwendung der BIM-Methode bedeutet nicht zwangsläufig, dass alle Anwendungsfälle umzusetzen sind.

Tabelle 1: Übersicht der Anwendungsfälle für Verkehrsinfrastrukturvorhaben (in Anlehnung an BIM4INFRA2020, 2019)

Die Planung der einzelnen Gewerke und Fachdisziplinen wird von den jeweiligen Fachplanenden in eigenständigen Fachmodellen erstellt, die klar definierten Regeln und Konventionen unterliegen. Dadurch wird die störungsfreie Zusammenführung der Fachmodelle zu einem Gesamtmodell sichergestellt, welches dann das Bauwerksmodell ergibt (Bild 3).

Bild 3: Von den Fachmodellen zum koordinierten Gesamtmodell (Quelle: DEGES)

Ausgangpunkt für die Erstellung der Fachmodelle ist ein Bestandsmodell, welches zunächst erarbeitet werden muss. Je nach Erfordernis können unterschiedliche Daten dafür herangezogen werden, wie ein digitales Geländemodell aus der Vermessung, digitale Karten, georeferenzierte Orthofotos, aber auch spezifische Geoinformationen in Form von Umweltdaten (Bräunlich; Siegert, 2021).

Nachdem das Gesamtmodell aus den Fachmodellen erstellt worden ist, ergeben sich neue Möglichkeiten der Analyse der Planung und Arbeitsvorbereitung. Besonders hilfreich wirken sich hier die 3D-Geometrieinformationen aller Bauteile bzw. Objekte aus. Ebenso sind deren Eigenschaften und die Erfassung der zeitlichen Abfolge der Planung und baulichen Realisierung von Bedeutung (Tulke; Schumann, 2021). Das Vorhaben wird virtuell „gebaut“ und im Zuge dieses Prozesses analysiert. Mit dem Bauwerksmodell wird ein digitaler Zwilling erschaffen. Das ermöglicht vielfältige Prüfungen und Simulationen am Bauwerksmodell.

Die softwaregestützte Fehlerprüfung des Gesamtmodells unterstützt bei der Findung von Planungsfehlern und Konflikten. Durch die mehrdimensionale Visualisierung des künftigen Bauwerks, können Planungsfehler und Konflikte besser verstanden werden, was auch bei der Lösungsfindung hilft. Insbesondere bei sehr komplexen Bauvorhaben ist diese Form der Prüfung nicht zu unterschätzen. Ein besonderes Augenmerk bei der fachlichen Koordination der Fachmodelle stellt die sogenannte Kollisionsprüfung dar. Beim Zusammenführen der unterschiedlichen Gewerke können sich Bauwerkselemente unter Umständen überlagern bzw. gegenseitig behindern, weil beispielsweise die geometrischen Formen anderer Elemente oder die Lage von Leitungen nicht ausreichend berücksichtigt wurden.

Natürlich lässt sich auch der Bauablauf mit seinen Abhängigkeiten simulieren, wodurch frühzeitig und kostensparend mögliche Störungen erkannt werden können. Die räumliche und zeitliche Darstellung des Bauwerks bietet gegenüber der konventionellen Planung einen wesentlichen Vorteil. Die 4D-Bauablaufsimulation betrachtet nahtlos den gesamten Bauprozess. In diesem Rahmen kommen auch zeitbasierte Kollisionsprüfungen zur Anwendung, z. B. wenn Baumrodungen im Zuge der Baufeldfreimachung plötzlich in der Vegetationsperiode liegen. In der konventionellen Planung hingegen wird der Bauablauf zu konkreten Zeitpunkten geplant, in denen der jeweilige Bauzustand anhand von Bauphasenplänen dargestellt wird. Der Baufortschritt mit der gegenseitigen Beeinflussung von Teilbauprozessen zwischen den jeweiligen Bauzuständen unterliegt der individuellen Interpretation. Hier liegt eine Quelle für unerkannte Planungsfehler vor, die sich später auf der realen Baustelle nachteilig auswirken. In der digitalen Bauablaufsimulation werden etwaige Planungsfehler determiniert, so dass auf diese Weise zu einem frühen Zeitpunkt planerisch reagiert werden kann. Störungen im späteren, realen Bauablauf lassen sich erheblich reduzieren. Ebenso lässt sich über die Bauablaufsimulation die Baustellenlogistik belastbarer planen.

2.2 Digitales Management von Bauwerksinformationen

Zweifelsohne ist die dreidimensionale Modellierung von Bauwerken ein zentrales Element von BIM. Tatsächlich ist BIM jedoch viel mehr, nämlich ein digitales Management von Daten und Informationen sowie Aufgaben.

Die Anwendung der BIM-Methode dient der Kooperation. Die vielen Beteiligten eines Vorhabens können über Tools und standardisierte Prozesse in ihrer Arbeit klar gesteuert werden. Die Abhängigkeiten im Bearbeitungsprozess sind eindeutig definiert, so dass der Planungsprozess für alle transparent ist. Das sorgt für ein besseres Verständnis, wer wann was benötigt, um die eigene Aufgabe erledigen zu können. Der gemeinsame Zugriff auf die CDE dient ebenfalls der Transparenz. Letzteres impliziert eine Holschuld der Beteiligten. Alle sind verpflichtet, mit der CDE zu arbeiten. Die Kombination aus Prozesstransparenz sowie Bring- und Holschuld vereinfacht den Projektablauf, ermöglicht mehr Kontrolle über die Abbildung des aktuellen Workflows und reduziert etwaige Zwischenfälle. Aussagen wie „Das habe ich nicht gewusst“ oder „Das habe ich nicht gesehen“, sollten deshalb der Vergangenheit angehören.

Die in Rohform in der CDE verfügbaren Daten müssen über ein gezieltes Datenmanagement analysiert und verwaltet werden. Im Ergebnis ergeben sie in geordneter und visualisierter Form das Bauwerkmodell, welches mittels weiterer Daten zunehmend im Detail ausmodelliert wird. Liegen neue Daten vor, werden sie automatisiert vom System in das Modell eingepflegt.

Darüber hinaus dient das Management von Bauwerksinformationen der Entscheidungsfindung. Es ist möglich, über das 3D-Modell Mengen wie Volumen und Oberflächen präzise zu berechnen. Ferner bildet das Modell die Grundlage für fotorealistische Visualisierungen des Bauvorhabens. Über die bereits angesprochenen Simulationen können Veränderungen am Modell, also Planungsvarianten, hinsichtlich ihrer Auswirkungen konkret geprüft werden. Wie und in welchem Umfang beeinflussen sie die Auswirkungen auf Natur und Landschaft? Wirkten sich die Veränderungen auf den Bauablauf oder die Kosten aus? Verschiedene Szenarien können am digitalen Modell durchgespielt werden, ohne physische Ressourcen dafür aufwenden zu müssen. Gerade vor diesem Hintergrund wird deutlich, weshalb bei der BIM-Methodik von Modellierung und weniger von Planung gesprochen wird.

Der Modellierungsgedanke wird noch verständlicher, wenn der digitale Zwilling des Bauvorhabens in Erinnerung zurückgerufen wird. Mit ihm lässt sich der gesamte Lebenszyklus (die Biografie) eines Bauwerks abbilden, also von der Designphase, über die Planung, bauliche Ausführung, Bewirtschaftung bis hin zum möglichen Um- oder Rückbau (Bild 4). Jede Phase kann mit ihren spezifischen Anforderungen individuell in den Blick genommen und simuliert werden. Beim Übergang von einer Phase in die nächste gehen keine Informationen und Daten verloren, sondern können konsequent weiterverarbeitet werden. Im Ergebnis ist ein effektiver und nachhaltiger Einsatz der benötigten Ressourcen planbar sowie die kontinuierliche Optimierung des Bauvorhabens in allen seinen Lebenszyklusphasen.

Bild 4: Gesamter Lebenszyklus des digitalen Bauwerksmodells (Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Borrmann; König et al., 2021)

2.3 Die technischen Anforderungen

Die Anwendung der BIM-Methode ist natürlich ohne entsprechende Hard- und Software nicht möglich. Standardsoftware ist generell auch „BIM-fähige“ Software. Neben gängigen Office-Anwendungen gehören auch viele andere weit verbreitete Softwarelösungen zu dieser Auflistung. Das Vorhaben wird weiterhin mit CAD-Software geplant. Viele Softwareanbieter haben sich sehr schnell auf die neuen Anforderungen eingestellt und bieten in den aktuellen Versionen 3D-modellbasiertes Planen in gewohnter Softwareumgebung an. Mit bekannten Terminplanungssoftwareprodukten wird ein Ablaufterminplan erstellt. Dieser wird für die 4D-Ablaufsimulation verwendet, nachdem er in einer speziellen Software zusammen mit einem entsprechend aufbereiteten 3D-Modell verknüpft wurde. Die Verknüpfung zwischen Vorgang und 3D-Objekt kann manuell oder regelbasiert erfolgen. Als spezielle BIM-Software sind Datenbanksysteme für die CDE zu nennen sowie Anwendungen zur Modellierung und Koordinierung von Fachmodellen.

Je nach konkretem Anwendungsfall kommen weitere Softwareprodukte hinzu. Das können beispielsweise Apps für die Datenerfassung im Rahmen von Kartierungen vor Ort sein.

Grundsätzlich sollten die Daten in offenen Formaten bereitgestellt werden, um unabhängig von proprietärer Software zu sein. Die Weiterverarbeitung der Daten wird so wesentlich erleichtert, weil der Erwerb von kostenintensiven Softwareprodukten zumindest reduziert wird. Auch das Betriebssystem spielt dann keine Rolle mehr. Die Beteiligten eines BIM-Vorhabens müssen sich nicht an neue Anwendungen gewöhnen. Das gleiche gilt auch für die Erstellung und Arbeit mit den Fachmodellen.

Ähnlich verhält es sich bei der Hardware. Auch hier ist festzustellen, dass nicht alle Projekt-beteiligten einen Hochleistungsrechner benötigen, um am modellbasierten Planen zu partizipieren. Hier ist es durchaus ausreichend, dass wenige Poweruser auf Hochleistungsrechner zurückgreifen können. Ein Großteil des Planungsteams kann weiterhin Standard-Hardwareprodukte nutzen.

Für die Bestandserfassung finden zunehmend Drohnen Verwendung. Sie vermessen und kartieren georeferenziert große Flächen innerhalb kürzester Zeit. Das gewonnene Bildmaterial fließt in die Erstellung von dreidimensionalen Geländemodellen ein. Unter Umständen muss eine entsprechende Genehmigung der zuständigen Behörde für den Drohneneinsatz eingeholt werden, falls keine Freigabe des Luftraums vorliegt. Für die Georeferenzierung müssen die Bodenpasspunkte bekannt sein.

Investiert werden sollte allerdings in einen geeigneten BIM-Besprechungsraum, für die kollaborative Betrachtung und Abstimmung der datenintensiven Modelle. Ein solcher Raum hat sich als förderlich für das kollaborative Arbeiten am Modell erwiesen. Der Raum sollte mit moderner, leistungsstarker Hardware ausgestattet sein. Zu empfehlen ist auch ein interaktives, großflächiges Whiteboard für die Projektion des Bauwerkmodells anstelle einer klassischen Leinwand. Ein solches Whiteboard ermöglicht das direkte Beschreiben, welches direkt im angeschlossenen Computer übernommen wird. Ferner kann am Whiteboard per Hand durch das digitale Modell navigiert werden.

2.4 Die neuen Rollen in der digitalen Planung

Die Anwendung der BIM-Methode erfordert zusätzliche Rollen, die in der bisherigen konventionellen Planung unbekannt sind: BIM-Manager/in, BIM-Gesamtkoordinator/in und BIM-Fachkoordinator/in. Allen Rollen ist gemein, dass sie keine fachtechnischen Prüfungen durchführen, sondern ausschließlich die Einhaltung der vereinbarten BIM-Anforderungen und Konventionen prüfen. Die fachtechnischen Prüfungen liegen weiterhin bei den gleichen Personen wie in der konventionellen Planung.

Der BIM-Manager ist auf Seiten des Auftraggebers zu finden. Er/sie erstellt die Auftraggeber-Informationsanforderungen (AIA) mit den projektbezogenen Anforderungen, die der Auftragnehmer zu erfüllen hat. Gegenstand der AIA sind die BIM-Zielsetzungen im Vorhaben, die Anwendungsfälle sowie die Standards und Regelungen zu Modellerstellung, Modellnutzung und Modellaustausch. Die AIA sind somit Bestandteil der Ausschreibung. Des Weiteren prüft der BIM-Manager nach der Übergabe des Gesamtmodells die Einhaltung der Anforderungen und Konventionen.

Der BIM-Gesamtkoordinator befindet sich auf der Seite der Auftragnehmenden. Er/sie erstellt auf Grundlage der AIA den BIM-Abwicklungsplan (BAP). Hierbei handelt es sich um eine Konkretisierung der in den AIA definierten Anforderungen und Konventionen im Sinne eines Umsetzungskonzepts. Darüber hinaus überwacht er/sie die Planungsleistungen, unterstützt die Fachplanenden bei der Modellierung und führt die Fachmodelle im Gesamtmodell zusammen.

Der BIM-Fachkoordinator ist verantwortlich für die Sicherstellung der Vollständigkeit und Qualität der digitalen Fachmodelle der jeweiligen Fachplanung.

Zusätzlich ist der BIM-Modellierer bzw. die BIM-Modelliererin zu nennen. Er/sie erstellt das Fachmodell durch die Eingabe und Pflege der modellbezogenen Daten aus der Fachplanung.

3 Ist die Landschaftsplanung ein Teil von BIM?

Die Antwort lautet eindeutig JA! Bauvorhaben sind nicht nur in ihrer gewerkeübergreifenden Ausgestaltung komplex. Die Komplexität begründet sich auch in den Auswirkungen, die zwangsläufig vom geplanten Vorhaben auf Dritte und Schutzgüter ausgehen. Besonders deutlich wird das im Planfeststellungsverfahren. Die eigentliche technische Planung steht eher im Hintergrund. Primär dient das Genehmigungsverfahren der Prüfung, Bewertung und Bewältigung der vom Vorhaben ausgelösten Konflikte. Besonders die Umweltauswirkungen stehen im Fokus. Eingriffe in Natur und Landschaft müssen beschrieben, bewertet und bilan-ziert werden. Artenschutzrechtliche, Natura 2000 und wasserschutzfachliche Belange können im Widerspruch zum Bauvorhaben stehen, es letztendlich gar verhindern. Die technische Planung hat auf diese Zwangspunkte zu reagieren. Die umweltfachlichen Planfeststellungsunterlagen müssen eine gewisse Datenaktualität aufweisen. Es sprechen viele Gründe für die Einbindung der Landschaftsplanung in das digitale Bauwerksmodell.

3.1 Geobasisdaten und Geofachdaten als Grundlage der technischen Planung

Ganz zum Beginn der Planungen eines Vorhabens gilt es, möglichst konfliktarme Bereiche zu finden, in denen das Bauwerk realisiert werden kann. Besonders für linienhafte Infrastrukturvorhaben, wie Verkehrswege, stellt die konfliktarme Trassenfindung eine Herausforderung dar. Der Planungsraum ist überlagert mit einer Vielzahl von unterschiedlichen Ausprägungen, Nutzungen und Schutzgebieten. Das Schutzniveau artenschutzrechtlich geschützter wildlebender Tiere und Pflanzen sowie ihrer Lebensräume ist sehr streng ausgestaltet. FFH-Gebiete unterliegen einem Verschlechterungs- und Störungsverbot. Die kollaborative Arbeitsweise in der BIM-Methodik ermöglicht eine frühzeitige Sensibilisierung für die Umweltbelange und den daraus entstehenden Zwangspunkten für alle Planenden. Erkannte Nutzungskonflikte, gerade im Zusammenspiel zwischen technischer Planung und umweltfachlichen Anforderungen, können infolge der Sensibilisierung gemeinsam gelöst oder in ihren Auswirkungen minimiert werden.

Für die Ermittlung der Raumwiderstände im Planungsgebiet wird eine Vielzahl unterschiedlicher Geoinformationen benötigt. Einige dieser Informationen sind über verschiedene Geoportale des Bundes und der Länder als Geodienste abrufbar (z. B. https://www.geoportal.de/ oder https://www.umweltkarten-niedersachsen.de/). Es ist daher konsequent im Sinne der Digitalisierung, diese Daten in die CDE des gegenständlichen Vorhabens zu integrieren, zumal viele Daten als Shapes heruntergeladen werden können. GIS-Daten müssen von Anfang an in die gemeinsame Datenplattform aufgenommen werden, allein schon um das Umwelt-Bestandsmodell erstellen zu können. Mit der Überlagerung der verschiedenen Geoinformationen lassen sich im Modell Raumwiderstände und konfliktarme Bereiche darstellen, in die die Trassen des Vorhabens hineingelegt werden können.

Mit dem Eintritt in die weiteren Planungsphasen des Vorhabens wird weiterhin auf die Umweltinformationen zugegriffen. Das technische Bauwerk wird in seinen Fachmodellen modelliert und in das digitale Geländemodell eingebettet. Ferner findet eine Verschneidung des Modells mit den Umweltdaten statt. Nach der Idee des „digitalen Zwillings“ können die umweltfachlichen Eingriffe anhand des Modells quantifiziert, analysiert und beurteilt werden. Letztendlich handelt es sich auch hier um nichts anderes als um eine Kollisionsprüfung: nämlich die Kollisionen, die vom technischen Bauwerk auf die Umwelt ausgelöst werden. Die zuvor geschilderte softwaregestützte Fehlerprüfung des Gesamtmodells zur Findung von Konflikten findet auch in diesem Fall ihre Anwendung. In einer frühen Planungsphase können bereits erste Optimierungen an der technischen Bauwerksplanung vorgenommen werden, um die Umwelteingriffe zu reduzieren. In einer späteren Planungsphase wäre es denkbar, eine belastbare Eingriffs- und Ausgleichsbilanzierung für den Landschaftspflegerischen Begleitplan aus dem Modell abzuleiten.

In der Umwelt- und Landschaftsplanung sind ebenfalls verschiedene Fachmodelle erstellbar. Denkbar sind Fachmodelle für den Natur- und Artenschutz, Biotoptypen inklusiv derer Vernetzungsstrukturen, Boden und Vegetationsstrukturen, um nur einige Beispiele zu nennen. Ebenso reihen sich Fachmodelle zur Lärmausbreitung, Schadstoffemissionen und Lichtverschmutzung in die Liste der Umweltmodelle ein. Die Datenquellen für diese Modelle sind generell die gleichen, wie in der konventionellen Welt. Bereits vorhandene Dateninformationen werden abgerufen und in die jeweilige Fachplanung integriert. Örtliche Kartierungen ergänzen den Datenpool.

Der Unterschied in der digitalen Planung liegt in der Verwendung der Tools und der Datenerfassung. Auf die in den Geoportalen verfügbaren Daten und deren Einbindung in die CDE ist bereits kurz eingegangen worden. Für Kartierungen kann die Datenerfassung on-site mittels Smartphone, Tablet oder Drohne erfolgen. Auch hier ergeben sich verschiedene Möglichkeiten. Ein Beispiel: Die in der CDE vorliegenden Karten können über das mobile Endgerät abgerufen werden. Vor Ort erfolgt die Erfassung der gewünschten Daten, welche sich sofort georeferenziert in die Karte einbinden lassen. Bilder und Videos ergänzen die Datenerfassung. Gleichzeitig findet eine Datensynchronisation zwischen dem mobilen Endgerät und der CDE statt. Selbst wenn vor Ort keine Verfügbarkeit zum mobilen Netz besteht, startet die Synchronisation sofort, sobald eine Netzverbindung wieder hergestellt ist. Zuvor werden die erfassten Daten im mobilen Endgerät zwischengespeichert. Ein anderes Beispiel: Drohnen helfen bei der Kartierung in schwer zugänglichen Gebieten. Sie sind klein, schnell und wendig. Über Sensoren, Kameras und Scanner können sie Daten erheben und an die CDE weiterleiten. Für die Umweltdatenerhebung ist das zugegebenermaßen noch ein Stück weit Zukunftsmusik. Im technischen Bereich gibt es erste Fortschritte. Bereits heute werden Drohnen für die Erfassung von Bauwerken eingesetzt. Über Laserscanner werden Punktwolken erstellt, die das erfasste Bauwerk mit seinen jeweiligen Elementen und Objekten abbilden. Die technische Entwicklung geht jedoch weiter. Mit Hilfe von Algorithmen der künstlichen Intelligenz (KI) wird die luftgestützte Detektion von Baustellen entwickelt. Während eine Drohne über eine Baustelle fliegt, erkennt sie Bauwerkselemente. Über einen Abgleich mit dem Gebäudeinformationsmodell wird das detektierte Bauwerkselement automatisch beschriftet und verortet (Braun; Borrmann, 2019). Ähnliches ist auch für die Erfassung umweltrelevanter Daten denkbar. Mit Drohen könnten nicht nur Geländestrukturen erkannt werden, sondern auch beispielsweise Baum- und Vogelarten, inklusive deren Verortung im Raum.

Die Pflanzenbestimmung per App ist bereits heute möglich. Grundlage sind optische Mustererkennungsverfahren. Mit dem Smartphone werden Bilder von Blüten, Blättern und Stängel einer Pflanze aufgenommen, die die App analysiert und anschließend Vorschläge zur Art unterbreitet. Das Max-Planck-Institut für Biogeochemie in Jena und die Technische Universität Ilmenau haben das gemeinsame Forschungsprojekt „Flora Incognita“ ins Leben gerufen, welches mit einer innovativen Bilderkennung arbeitet und mit Hilfe von KI die halbautomatische Bestimmung von Pflanzenarten ermöglicht (Bilo, 2021). Nun könnte bemängelt werden, dass Flora Incognita ein klassisches Citizen-Science-Projekt ist. Die Erfassung von Arten setzt eine mehrjährige Ausbildung und Erfahrung voraus, die Laien nicht unbedingt vorweisen können. Fachlich mag die Kritik unter Umständen begründet sein. Sie lenkt jedoch vom eigentlichen Mehrwert ab, nämlich der innovativen Methode zur Pflanzenbestimmung. Damit ist ein erster, wichtiger Schritt zur automatisierten Kartierung und Bestimmung von Pflanzen getan. Nun gilt es, die Qualität der automatisierten Pflanzenbestimmung zu erhöhen. In Kombination mit dem Einsatz von Drohen können im zu kartierenden Raum sowohl Aufnahmen von Pflanzen gemacht, als auch deren Arten über Algorithmen automatisiert bestimmt werden. Zusätzlich wird die Lage und Verbreitung der jeweiligen Pflanzenarten erfasst. Im Ergebnis der Synchronisation mit der CDE wären die Daten in Echtzeit für die Planenden abruf- und verwertbar.

Ähnliche Apps sind beispielsweise auch für die Insekten- und Vogelbestimmung verfügbar.

Das unter Abschnitt 2.2 beschriebene BIM-Management von Bauwerksinformationen beschränkt sich also nicht nur auf die technischen Daten des Vorhabens, sondern auf alle für das Vorhaben relevanten Daten und Informationen.

3.2 Herausforderungen

Das interdisziplinäre und kollaborative Arbeiten am Modell ist offensichtlich für alle Beteiligten von Vorteil. Es stellt sich die Frage, weshalb nicht schon längst die Umwelt und Landschaftsplanung in die BIM-Methodik umfassend integriert ist? Die ernüchternde Antwort lautet: Weil BIM noch nicht soweit ist.

Der Transformationsprozess von der konventionellen zur digitalen Planung beschränkt sich bisher weitgehend auf das technische Ingenieurwesen. Die Standardisierung von Prozessen mit deren Workflows ist eine Voraussetzung für die Digitalisierung. Dazu ist es zunächst erforderlich, Standards zu definieren und anhand von Piloten zu testen, was an singulären Ingenieurbauwerken durchgeführt wurde. Im Ergebnis der Evaluation der Piloten sind Anpassungen erforderlich gewesen, weil einiges in der praktischen Anwendung nicht rund lief. Die Standardisierung für einen Prozess musste sich also erst „einspielen“ und iterativ entwickeln, bis sich die gewünschten Effekte einstellten. In der technischen Planung liegen inzwischen viele Standards vor.

Das Feld der Prozessstandardisierungen erweitert sich kontinuierlich. Neue Gewerke kommen hinzu. Erste Gehversuche sind nun auch in der modellbasierten Landschaftsplanung zu erkennen. Allerdings liegen für diesen Bereich bis heute nicht vollständig integrierte und standardisierte BIM-Prozesse für alle Leistungsphasen der HOAI vor. Für den Datenaustausch werden unterschiedliche, teils konkurrierende BIM-Normen entwickelt (Gnädiger, 2019). Es fehlen beispielsweise einheitliche Vorgaben für die Merkmale von Bestands- und Planungsflächen, so dass teilweise dieselben Informationen je nach verwendetem Tool unterschiedlich dargestellt werden (Bilder 5 und Bild 6). Hier ist eine eindeutige Standardisierung dringend angeraten.

Bild 5: Darstellung der Informationen/Merkmale der Fläche auf Grundlage eines Datenblatts (Quelle: DEGES)

Bild 6: Darstellung der Informationen/Merkmale der Fläche auf Grundlage gefilterter Informationen (Quelle: DEGES)

Ein Grund für diese Situation ist sicherlich auch die unterschiedliche Fachterminologie, in denen die Umwelt- und Digitalisierungsfachleute unterwegs sind. Für die digitale Prozessentwicklung müssen Erstere ihre Anforderungen präzise und strukturiert darstellen. Häufig verbleiben sie dabei in ihrer Fachsprache, die wiederum für die Digitalisierungsfachleute unbekannt ist. Dennoch muss die „Umweltfachsprache“ für die Definition der Anwendungsfälle in eine „Modellierungssprache“ übersetzt werden. Es ist nicht überraschend, wenn sich dieser „Übersetzungsprozess“ als recht aufwändig darstellt. Prozessentwicklungen und die damit einhergehenden Standardisierungen können nur dann erfolgreich sein, wenn ein gemeinsames Verständnis für den konkreten fachlichen Prozess besteht. Dazu ist das „Filetieren“ des Prozesses in seine Einzelschritte notwendig. Welche Aktivitäten fallen an? Wer ist wann zu was und aus welchem Grund beteiligt? Bedarf es tatsächlich jeden einzelnen Schritt zum Erreichen eines Ziels oder hat sich eine unnötige Praxis eingeschlichen? Was sind die relevanten Informationen bzw. Daten? Welche Entitäten (also Attribute, Attributwerte und Beziehungen untereinander) müssen die Daten aufweisen? Auf diesem Weg wird der gesamte Prozess für alle Beteiligten eindeutig und damit verständlich und nachvollziehbar; alles wichtige Voraussetzungen für die Erarbeitung eines konkreten und zielführenden Anwendungsfalls. Liegt der Anwendungsfall vor, muss dieser zunächst pilotiert und evaluiert werden, bis er die nötige Reife als Standard erhält.

Das Arbeiten am digitalen Modell ist auch mit einem Kulturwandel verbunden. Die Nutzung einer gemeinsamen Datenplattform, das Kümmern um Dateikonventionen, die neue Agilität im Projektteam und die neuen Rollen, haben zwangsläufig auch Änderungen von Gewohnheiten zur Folge. Gewohnheiten lassen sich nicht von heute auf morgen ändern. Häufig wurde und wird teilweise noch immer die konventionelle Planung parallel zur modelbasierten Planung betrieben. Zu verstehen ist diese Parallelität als eine Art Backup. Das konventionelle Planen mit seinen eingespielten Interkationen zwischen den Planenden entspricht der gut geübten Gewohnheit. Projekte stehen häufig unter Zeitdruck, so dass allein schon aus diesem Grund auf die konventionelle Planung zurückgegriffen wird. Das modellbasierte Planen hingegen ist etwas Unbekanntes. Die Folge war nicht selten, dass die modellbasierte Planung eher stiefmütterlich behandelt wurde, auch vor dem Hintergrund, dass BIM nur auf ein oder wenige Gewerke sowie auf eine Leistungsphase beschränkt war.

Der Übergang zur digitalen, modellbasierten Planung kann nur erfolgreich sein, wenn die Akteure den Mehrwert dieser neuen Methode für sich erkannt haben. Im Umkehrschluss wird das pure Oktroyieren der BIM-Methode als Zwang empfunden, stößt auf Ablehnung und droht am Ende zu scheitern. Erfolgsversprechend ist hingegen das Erzeugen von intrinsischer Neugierde, die eine Motivation und Bereitschaft erzeugt, das Neue auszuprobieren. Zusätzlich muss auch eine Fehlerkultur etabliert werden, die Fehler zulässt und nicht sanktioniert. Die Erfahrung zeigt, dass das Ausprobieren von neuen Dingen natürlich auch zu Momenten des Scheiterns führen kann. Vergleichbar ist das mit dem Erlernen des Radfahrens. Es fällt schwer am Anfang, das Gleichgewicht zu halten. Die ersten Fahrversuche enden schlimmstenfalls mit Stürzen. Vorwürfe werden eher zur Folge haben, dass das Interesse am Radfahren erstickt, am Ende womöglich ganz aufgegeben wird. Hilfestellungen motivieren hingegen. Die Fahrversuche werden besser und sicherer, bis schließlich das Radfahren in einen Automatismus übergeht. Der sich dann einstellende Mehrwert ist die Erkenntnis, bei nahezu gleicher Kraftanstrengung mit dem Rad erheblicher schneller das Ziel zu erreichen als zu Fuß. Im Ergebnis wird das Rad oft genutzt.

Übertragen auf die modellbasierte Umwelt- und Landschaftsplanung heißt das, dass ein Bewusstsein für die modellbasierte Planung geschaffen werden muss. Die Vorteile des kollaborativen Informationsaustauschs und der interdisziplinären Zusammenarbeit am digitalen Modell müssen vermittelt werden. Wissen wird für alle gewinnbringend geteilt und nicht als Machtfaktor betrachtet. Zur Wahrheit gehört auch, dass in die neue Arbeitsmethode investiert werden muss, in Form von Anschaffungen in Hard- und Software sowie von Schulungen. Die Umweltplanungsunternehmen müssen technologisch in der Lage sein, kollaborativ in einer gemeinsamen Datenumgebung zu arbeiten. Die Arbeitsergebnisse sind in den eigenen BIM-Fachmodellen so aufzubereiten, dass sie problemlos in die Datenumgebung des Gesamtmodells zusammengeführt werden können. Für diese Aufgabe bedarf es BIM-Modellierer und BIM-Fachkoordinatoren. Sie stellen sicher, dass die zuvor definierten Konventionen eingehalten sind. Und natürlich müssen auch die neuen Arbeitsweisen und Rollen geschult werden, weil sich andernfalls schnell das Gefühl der Überforderung einstellen kann. Schulungen unterstützen ferner, das benötigte technische Verständnis für das Modellieren zu entwickeln.

Die Erfahrungen, die in den ersten BIM-Piloten gemacht wurden, sollten auch mit den Umwelt- und Landschaftsplanenden geteilt werden. Das baut Berührungsängste ab. Mit Piloten können konkrete Umwelt-Anwendungsfälle getestet werden. Erste Erfahrungen liegen bei Umwelt-Bestandsmodellen bereits vor. Auch die Einbettung der Ergebnisse der Schalltechnischen Berechnung oder Luftschadstoffprognose in das digitale Modell ist heute kein Hexenwerk mehr (Bilder 7 und 8).

Bild 7: Darstellung der Schallausbreitung im Modell (Quelle: DEGES)

Bild 8: Analyse und Prognose der Luftschadstoffe im Modell (Quelle: DEGES)

Landschaftspflegerische Begleitpläne (LBP) oder FFH-Verträglichkeitsstudien hingegen werden bislang nach der konventionellen Planungsmethode erstellt. Folglich können sie nicht in das digitale Modell integriert werden (Brückner; Remy, 2020). Vermutlich bedarf es einer gemeinsamen Initiative von Auftraggebern, Auftragnehmern und der Politik, gezielt Pilotprojekte für die modellbasierte Landschaftsplanung zu starten, die mit den nötigen finanziellen Mitteln ausgestattet sind. Denn auch das ist eine Wahrheit: die Implementierung eines modellbasierten Datenmanagements kostet am Anfang Geld, ohne dass ein echter Return of Investment entsteht. Hoffnung für eine solche Initiative macht der Masterplan BIM Bundesfernstraßen des BMVI (heute Bundesministerium für Digitales und Verkehr – BMDV). Das Rahmendokument „Definition der Fachmodelle – Version 1.0“ definiert ein „Fachmodell Landschaftsbau“ mit dem Schwerpunkt der landschaftspflegerischen Begleit- und Ausführungsplanung. Mit diesem Rahmendokument sollen die Anwendenden der BIM-Methode strukturelle als auch inhaltliche Vorgaben für die Fachmodelle erhalten sowie Standards für die modellbasierte Realisierung von Projekten der Bundesfernstraßeninfrastruktur (BMVI, 2021). Derzeit erfolgt die Ausarbeitung dieser Vorgaben und Standards. Spannend bleibt die Frage, wann die ersten BIM-Piloten im Landschaftsbau gefahren werden.

4 Fazit

Es sprechen viele gute Gründe für die Implementierung der modellbasierten Umwelt- und Landschaftsplanung in die BIM-Methodik. Das vernetzte digitale Arbeiten in einer gemeinsamen Datenumgebung schafft viele Effekte und Synergien, vor allem ein gemeinsames Verständnis für die Abhängigkeiten zwischen der Landschafts- und technischen Planung. Allerdings ist die Landschaftsplanung in der BIM-Anwendung noch weitgehend außen vor, weil es an einer Harmonisierung und an Standards für die digitale Landschaftsplanung fehlt. Es ist verständlich, wenn sich die bisherigen BIM-Anstrengungen auf die technische Planung beschränkt haben. Denn der Transformationsprozess von der konventionellen 2D-Planung zur mehrdimensionalen digitalen Planung ist herausfordernd und umfangreich. Dennoch ist es jetzt an der Zeit, auch die Landschaftsplanung in diesen Transformationsprozess aufzunehmen. Das erfordert nicht nur die Unterstützung der Politik und Auftraggeber, sondern auch den Mut der Umwelt- und Landschaftsplanenden, den Weg der Digitalisierung mitzugehen. Dabei darf nicht gleich das ganz große Ziel angestrebt werden. Es ist von Vorteil, dem Grundsatz „Weniger ist mehr“ mit dem Fokus auf das geplante Ziel zu folgen, um in kleinen Schritten in Richtung Ziel zu laufen.

Literaturverzeichnis

Bilo, M. (2021): Digitalisierung in Naturschutz und Gesellschaft. In: Umweltinformationssysteme – Grundlagen einer angewandten Geoinformatik/Geo-IT, 3. Auflage, Fischer-Stabel, P. (Hrsg.), Wichmann, Berlin, S. 47–56

BIM4INFRA2020 (2019): Handreichungen und Leitfäden – Teil 06 – Steckbriefe der wichtigsten BIM-Anwendungsfälle. Berlin

BMVI – Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2015): Stufenplan Digitales Planen und Bauen – Einführung moderner, IT-gestützter Prozesse und Technologien bei Planung, Bau und Betrieb von Bauwerken. Berlin, 9.

BMVI – Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (2021): Masterplan BIM Bundesfernstraßen. Rahmendokument: Definition der Fachmodelle – Version 1.0. Berlin

Borrmann, A.; König, M.; Koch, C.; Beetz, J. (2021): Die BIM-Methode im Überblick. In: Building Information Modeling – Technologische Grundlagen und industrielle Praxis, 2. Auflage, Borrmann, A.; König, M.; Koch, C.; Beetz, J. (Hrsg.), Springer Vieweg, Wiesbaden, S. 1–31

Bräunlich, A.; Siegert, S. (2021): BIM – die digitale Revolution in der Verkehrsinfrastrukturplanung? In: Umweltinformationssysteme – Grundlagen einer angewandten Geoinformatik/Geo-IT, 3. Auflage, Fischer-Stabel, P. (Hrsg.), Wichmann, Berlin, S. 198–207

Braun, A.; Borrmann, A. (2019): Combining inverse photogrammetry and BIM for automated labeling of construction site images for machine learning, Automation in Construction 106, Elsevier B.V., 1–13, https://publications.cms.bgu.tum.de/2019_Autolabels_Braun.pdf (zuletzt aufgerufen am 23. 3. 2022)

Brückner, I; Remy, M. (2020): BIM – Jetzt auch in der Landschaftsplanung? Neue Landschaft, 8, 2020, Patzer Verlag, Berlin – Hannover, S. 23–27

Gnädiger, J. (2019): GIS trifft BIM – Building Information Modeling und die Relevanz für Landschaftsplaner, https://www.psu-schaller.de/cmediacenter/cfiles/Veroeffentlichungen/GIS%20trifft%20BIM.pdf (zuletzt aufgerufen am 23. 3. 2022)

Siegert, S. (2020): Der Kulturwandel steht vor der Tür – Wie die Digitalisierung das Planen verändert. Umwelt und Planungsrecht, 40, Sonderheft 2020, Verlagsgruppe Hüthig Jehle Rehm, Heidelberg, S. 433–437

Tulke, J.; Schumann, R. (2021): BIM zur Unterstützung der ingenieurtechnischen Planung. In: Building Information Modeling – Technologische Grundlagen und industrielle Praxis, 2. Auflage, Borrmann, A.; König, M.; Koch, C.; Beetz, J. (Hrsg.), Springer Vieweg, Wiesbaden, S. 393–405