Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.
1 Einleitung
Im Rahmen eines von der Aif geförderten PAK-Projektes ,,Mobilität von PAK aus RecyclingBaustoffen unter realen Einbaubedingungen" (G o e t z, G l ä s e k e r et al. 2009) wurden auf insgesamt sechs Freilandstandorten RC-Materialien einer 0/32 mm Körnung mit PAKFeststoffgehalten der Einbauklassen Z1 bis größer Z2 verdichtet auf Versuchsflächen eingebaut. An drei je 25 m² großen Standorten wurden die RC-Materialien offen eingebaut. Zur Erfassung der Sickerwässer wurden im Quelltermbereich, also direkt unterhalb der RC-Schicht und in 1 m Tiefe unterhalb der RC-Materialien jeweils fünf Glasaugkerzen eingebaut. Darüber hinaus wurden RC-Materialien in drei Freilandlysimeter mit jeweils 4 m² großen Becken unter Betonrechtecksteinen eingebaut. Unter den RC-Materialien liegt ein 30 cm mächtiger 0/8 mm gestufter Sandkiesfilter. Die Saugkerzen liegen nur unter der RC-Schicht, an der Basis des Beckens werden die Sickerwässer der gesamten Fläche aufgefangen. Die Beprobung der jeweiligen Lysimeterausflüsse erfolgte über volumengesteuerte automatische Probennehmer, die zusammen mit den Probenahmeflaschen für die Saugkerzeneluate in einem Zentralschacht standen. Jede Saugkerze war über eine Edelstahlleitung mit einer Glasflasche verbunden, das Sickerwasser wurde über einen definierten Unterdruck in die Flaschen gesaugt. Bild 1: Querschnitt durch die Lysimeteranlage Ein Querschnitt durch die Lysimeteranlage ist im Bild 1 dargestellt. Durch die generelle Beprobung in zwei Tiefenstufen sollte eine mögliche Adsorption der PAK bzw. Festlegung anorganischer Parameter während der 30 cm Bodenpassage erfasst werden. An Rückstellproben dieses Projektes konnten aufgrund einer großzügigen Unterstützung durch die LBEG (Hannover) und GIU-Umwelt (Teningen-Nimburg) zusätzlich die nicht im Forschungsprojekt beantragten anorganischen Parameter aller Standorte und Tiefenstufen durch ICP-MS und -OES Messungen analysiert werden.
1.1 Material und Laborverfahren
1.1.1 Materialbeschreibung
Bei den in den Lysimetern eingebauten Materialen handelt es um zwei Betonmineralgemische mit den Bezeichnungen BMG 01 und BMG 02 und ein Mineralgemisch (MG 01) jeweils mit einer Lieferkörnung 0/32 mm für Schottertragschichten (FGSV, TLSoB-StB, 2004). Sowohl die PAKFeststoffgehalte, deren Einteilung in die Einbauklassen sowie die stoffliche Zusammensetzung der RC-Materialien sind in der Tabelle 1 aufgelistet, wobei das BMG 02 Material nur aufgrund einer Sondererlaubnis in das Lysimeter eingebaut werden durfte.
Tabelle 1: PAK-Feststoffgehalte und stoffliche Zusammensetzung der RC-Materialien
1.1.2 Laborverfahren
Die drei im Lysimeter eingebauten RC-Materialien wurden zusätzlich durch drei Laborelutionsverfahren untersucht, wobei pro Material und Verfahren jeweils 3 bis 4 Paralleluntersuchungen durchgeführt wurden. Zur Anwendung kam das ausführliche Säulenverfahren nach DIN 19528 mit vier Fraktionen mit den Eluat/Feststoffverhältnissen (E/F) 0,3; 0,7; 1 und 2, wobei jede Fraktion einzeln analysiert wurde. Die Materialeinwaage betrug durchschnittlich ca. 4 kg. Als zweites Verfahren wurde das modifizierte DEV-S4 (FGSV, TP Gestein-StB Teil 7.1.1, 2008) angewandt, bei dem 10 l demineralisiertes Wasser mit 1 kg Material (E/F 10:1) 24 h über Kopf geschüttelt wird. Das jetzt als Norm DIN 19529 verabschiedete Schüttelverfahren mit einem E/F-Verhältnis von 2:1 befand sich während der Untersuchungszeit noch im Entwurfsstadium. Als drittes Verfahren wurde die als Schnellelution konzipierte und ebenfalls in der TL GesteinStB aufgeführte Ultraschallschnellextraktion (FGSV, TP Gestein-StB Teil 7.1.5, 2008) ausgewählt, bei der 400 g Material mit 2 l demineralisiertem Wasser (E/F 5:1) bei 15 min und 75 °C Eluattemperatur in einem bis max. 80 °C temperierbaren Ultraschallbad eluiert werden.
Im Folgenden wird die Mobilität und zeitliche Entwicklung der PAK-Konzentrationen für alle drei RC-Materialien in den Saugkerzenwässern, den Lysimeterausflüssen und den Niederschlägen mit den Eluaten der Laborverfahren verglichen. Die Betrachtung von Sulfat- und ausgewählten Schwermetallen erfolgt nur am BMG01 Material.
1.2 Mobilität der PAK in den RC-Baustoffen
Im Bild 2 sind die PAK-Konzentrationen der drei RC-Materialien im Niederschlag (Nds), in den Saugkerzen (SK) und im Lysimeterausfluss (Lys) in Form von Box- und Whisker-Plots zusammen mit dem Prüfwert von 200 ng/l nach der Bodenschutzverordnung (BBodScHV) dargestellt. Bild 2: Vergleich der Niederschlags-, Saugkerzen- und Lysimeterausflusskonzentrationen mit dem Prüfwert nach BBodSchV Die Lage der Mediane wird durch eine horizontale Linie, der Mittelwert durch ein Kreuz gekennzeichnet. Abgesehen von vereinzelten Extremwerten (Whiskerenden) liegen nur die 75 % Perzentilbereiche der Saugkerzenkonzentrationen des BMG 02 und MG 01 oberhalb des Prüfwertes nach Bodenschutzverordnung. Trotz der nur geringen Anzahl von Niederschlagsmessungen (Nds) ist es offensichtlich, dass auch die Niederschlagswerte an diesem im Stadtgebiet liegenden Lysimeter zeitweise den PAK-Prüfwert überschreiten können. Im Bild 3 sind die Benzo(a)pyrenkonzentrationen im Niederschlag (NDS) und Saugkerzen bereich (SK) denen im Lysimeterausfluss (Lys) gegenübergestellt. Bis auf vereinzelte Werte liegen alle übrigen Benzo(a)pyrenkonzentrationen unterhalb des GFS-Wertes nach LAWA 2004. Bild 3: Vergleich der Benzo(a)pyrenkonzentrationen der Niederschlags-, Saugkerzen- und Lysimeterausflusskonzentrationen mit dem GFS-Wert nach LAWA (2004) Bild 4: Vergleich der Benzo(a)pyrenkonzentrationen aus den Laborverfahren mit dem GSF-Wert nach LAWA (2004) Im Bild 4 sind die Benzo(a)pyrenkonzentrationen in den Eluaten aller angewandten Laborverfahren dargestellt. Im Gegensatz zu den im Bild 3, dargestellten Benzo(a)pyrenwerten im Freiland, die fast alle deutlich unterhalb des GFS Wertes der LAWA liegen, gilt dies für das Bild 4 dargestellten Werte nur für die Konzentrationen im mod. DEV-S4- und Ultraschallverfahren. Die Konzentrationen in den vier Fraktionen des Säulenversuches nach DIN 19528 liegen deutlich oberhalb dieses Wertes. Damit wird dieser Parameter durch das Säulenverfahren in allen Fraktionen sehr stark überschätzt. Im Bild 5 sind im Abschnitt A alle PAK-Saugkerzen und Lysimeterausflusskonzentrationen der drei Lysimeter über die Zeit zusammen aufgetragen. Im Verlauf des Untersuchungszeitraumes schwankten die Eluatkonzentrationen im Freiland an allen Untersuchungsstandorten, es konnte aber kein Trend ermittelt werden. Die maximale Konzentration liegt bei ca. 1.600 ng/l für das BMG 01 Material. In den Grafikabschnitten B, C und D sind die jeweiligen Summenwerte der 15 PAK für die Laborwerte der Elutionsverfahren über das E/F-Verhältnis für die drei RCMaterialien dargestellt. Bild 5: Maximale PAK-Konzentrationen im Freiland (A) im Vergleich zu den Auslaugverfahren für die RC-Materialien BMG 01 (B), BMG 02 (C) und MG 01 (D) mit Angabe der jeweiligen Feststoffgehalte Zur besseren Übersicht wurden die Ordinaten zwischen dem Abschnitt A und den restlichen Teilgrafiken vereinheitlicht. Es ist zu erkennen, dass die PAK-Summenwerte in allen Fraktionen des Säulenverfahrens bei allen drei RC-Materialien extrem stark gegenüber den Freilandwerten erhöht sind. So werden bis zu 60.000 ng/l mit dem Säulenverfahren bei BMG 02 in der 1. Fraktion bei E/F 0,3 eluiert. Die Eluatkonzentrationen im DEV-S4 Verfahren liegen aufgrund der 10:1 Verdünnung im Bereich der Lysimeterwerte, die der Ultraschalleluate liegen zwischen diesen Werten. Zwischen den im Freiland und den in den Laborverfahren gemessenen PAK-Konzentrationen besteht kein Zusammenhang zu den PAK-Feststoffgehalten. Es kann davon ausgegangen werden, dass mit dem Säulenverfahren die im Freiland aus den Feststoffen eluierbaren Anteile sehr stark überschätzt werden. Eine Überprüfung der Glas- und Edelstahlgeräte nach den Versuchen ergab nur vereinzelt sehr geringe Rückstände, so dass die Ergebnisse nicht durch Adsorptionen oder Verschleppungen verfälscht sein können.
1.3 Auslaugverhalten der anorganischen Parameter
Bei allen untersuchten Standorten wurden die Konzentrationen der Bodensickerwässer und Laboreluate teilweise durch Doppel- oder Dreifachmessungen ermittelt und damit Extremwerte bestätigt. Neben den relevanten Schwermetallen und Salzen wurden über 30 weitere Elemente gemessen. Im Folgenden werden nur die Parameter Sulfat, pH-Wert, Kupfer und Vanadium im Saugkerzenbereich, dem Lysimeterausfluss sowie in den Eluaten des Säulenversuches des Betonmineralgemisches BMG 01 eingehender betrachtet.
1.3.1 Sulfat
Die Sulfatkonzentrationen der Sickerwässer der fünf im Lysimeter eingebauten Saugkerzen nehmen im Verlauf eines Jahres ab und pendeln sich dann auf Gehalte zwischen ca. 100 und 400 mg/l ein. Zeitgleich können in der Fläche Konzentrationen unterhalb von RC-1 und oberhalb von RC-2 auftreten. Die Konzentrationen im Lysimeterausfluss liegen fast kontinuierlich oberhalb der Saugkerzenkonzentrationen. Im rechten Bild sind die Sulfatkonzentrationen in den Fraktionen der drei Laborverfahren bei den verschiedenen E/F-Verhältnissen dargestellt. Insbesondere in der ersten Fraktion des Säulenversuches liegen die Sulfatgehalte mit bis zu 3.400 mg/l fast um den Faktor drei höher als in den Sickerwässern des Lysimeters, was auf den gesättigten Fluss in der Säule gegenüber dem ungesättigten Sickerwasserfluss in dem Lysimeter zurückzuführen ist. Die Konzentration in der vierten Säulenfraktion repräsentiert ähnlich wie die anderen Laborverfahren gut die langfristigen SO42--Konzentrationen.
Bild 6: Entwicklung der Sulfatwerte im Sickerwasser der Saugkerzen und des Lysimeterausflusses im Vergleich zu den Eluaten der Laborverfahren
1.3.2 pH-Wert
Im Bild 7 ist die zeitliche Entwicklung der pH-Werte in den Sickerwässern, die parallel dazu verlaufenden pH-Werte im Lysimeterausfluss und die der Laborverfahren dargestellt. Im Freiland verlaufen innerhalb der ersten sieben Monate die pH-Wertkurven der 5 Saugkerzen mit Schwankungen zwischen pH 6,9 und 8,6 weitgehend parallel. Anschließend erhöhen sich die Werte signifikant und streuen stärker mit Werten zwischen pH 8,74 und 10,66. Die pH-Werte der Eluate des Säulenversuchs zeigen in den vier Fraktionen eine gute Übereinstimmung mit den Freilanddaten, erreichen aber nicht die dort auftretenden Maximalwerte. Diese werden eher bei dem Ultraschallverfahren erreicht. Bild 7: Entwicklung der pH-Werte im Sickerwasser der Saugkerzen und des Lysimeterausflusses im Vergleich zu den Eluaten der Laborverfahren
1.3.3 Kupfer
Die Kupferkonzentrationen in den Saugkerzenwässern (Bild 8) zeigen ähnliche Differenzierungen wie die pH-Werte. Innerhalb der ersten Untersuchungsmonate liegen die Konzentrationen unter dem Grenzwert für RC-1, überschreiten diesen im Weiteren zeitlichen Verlauf aber deutlich und erreichen fast den RC-2 Grenzwert von 185 g/l. Am Ende des Untersuchungszeitraumes liegen sie wieder deutlich unterhalb des RC-1 Grenzwertes. Nach Durchströmen des Sand/Kiesfilters, liegen die Kupferkonzentrationen im Lysimeterausfluss deutlich niedriger als die in den Saugkerzen. Während die Kupferkonzentrationen in den Saugkerzen im Mittel leicht ansteigen, nehmen sie im Säulenversuch mit steigendem E/F Verhältnis stark ab. Die Maximalgehalte der Saugkerzenlösungen werden nur vereinzelt erreicht. In den Eluaten des DEVS4 Verfahrens werden deutlich geringere Kupferkonzentrationen gemessen. Etwas höhere Kupferkonzentrationen weisen die Ultraschalleluate auf. Im Säulenverfahren entsprechen nur die ersten und vierten Fraktionen diesen hohen Konzentrationen.
Bild 8: Entwicklung der Kupferkonzentrationen im Sickerwasser der Saugkerzen und des Lysimeterausflusses im Vergleich zu den Eluaten der Laborverfahren
1.3.4 Vanadium
Die Vanadiumgehalte der Saugkerzenwässer (Bild 9) streuen zwischen 4,1 und 124 g/l. Die Spitzenwerte liegen im Bereich des RC-1 Wertes von 130 g/l. Im Lysimeterausfluss steigen die Konzentrationen deutlich langsamer an. Die Ergebnisse des Säulenverfahrens weisen ebenso wie die Freilandkonzentrationen ansteigende Konzentrationen auf und weisen zusammen mit den Konzentrationen des Ultraschallverfahrens eine gute Übereinstimmung mit den Freilanddaten auf. Die Eluate aller Laborverfahren liegen überwiegend im Streubereich der Saugkerzenkonzentrationen.
Bild 9: Entwicklung der Vanadiumkonzentrationen im Sickerwasser der Saugkerzen und des Lysimeterablusses im Vergleich zu den Eluaten der Laborverfahren
2 Diskussion
In die Auswertung wurden die Parameter eingebunden, die im Rahmen der erweiterten Fremdüberwachung für RC-Materialien im ausführlichen Säulenversuch nach DIN 19528 (2009) zu bestimmen sind. Darunter fallen pH-Wert, elektrische Leitfähigkeit, Chlorid, Sulfat, Antimon, Arsen, Blei, Cadmium, Chrom gesamt, Kupfer, Molybdän, Nickel, Vanadium und Zink.
2.1 Zeitliche Entwicklung der Lösungskonzentrationen im Freiland und im Säulenversuch
In allen drei Lysimeterbecken wurde nach fast 21 Monaten Versuchzeit ein E/F-Verhältnis von etwa 1 erreicht, was ungefähr dem addierten E/F Verhältnis der ersten und zweiten Fraktion im Säulenverfahren entspricht. Aussagen über eine möglicherweise weitere zeitliche Entwicklung mit Parallelen zwischen Freiland und der dritten und vierten Fraktion des Säulenversuchs können nicht gemacht werden.
Im Freiland erfolgt innerhalb des Zeitraumes bis E/F 1, insbesondere bei den Salzen, die deutlichste Konzentrationsabnahme. Langfristig ist mit einer weiteren, jedoch geringer werdenden Konzentrationsabnahme zu rechnen. Die Konzentrationen der Schwermetalle nehmen im Saugkerzenbereich ab. Ausnahmen bilden die Metalle Vanadium, Arsen, Chrom und Zink. Arsen und Vanadium weisen sowohl im Säulenversuch als auch im Freiland ansteigende Konzentrationen auf, der Parameter Chrom dagegen nur vereinzelt im Freiland. Da die Lysimeter direkt in einem Industriegebiet liegen, kann für Zink eine zusätzliche Belastung durch Niederschläge nicht ausgeschlossen werden. Die Konzentrationsentwicklungen der meisten anorganischen Parameter der Saugkerzenwässer und der Säuleneluate stimmen bei gleichen E/F-Verhältnissen relativ gut überein.
2.2 Extremwerte
Das Auslaugverhalten von Materialien in einem Freilandlysimeter unterscheidet sich grundsätzlich von dem in dem Säulenverfahren. In der Säule wird das verdichtet eingefüllte Material in einem aufsteigenden Eluatstrom mit demineralisiertem Wasser unter gesättigten Bedingungen innerhalb von ca. 2 Tagen eluiert. Die Auslaugung im Freiland erfolgt über Zeiträume von Jahren, periodisch in Abhängigkeit von den Niederschlägen, sodass auch Trocknungsphasen zwischengeschaltet sind. Die Niederschlagswässer enthalten mehr oder weniger Salze und verschiedene weitere Spurenstoffe. Das Wasser durchströmt nicht gleichmäßig alle Porensysteme des Materials, sondern bewegt sich auf bevorzugten Sickerwegen (fingerig flow). Bei der Beprobung mehrerer Saugkerzen erfasst man verschiedene Teilabschnitte der Versikkerungszone, sodass durch Inhomogenitäten in der Materialverteilung und unterschiedliche Strömungsbereiche die mit den Saugkerzen entnommenen Sickerwässer in ihrer Zusammensetzung stark variieren können. Die Streuung der Ergebnisse für die einzelnen Inhaltsstoffe sowie die Anzahl einzelner Höchstwerte ist deshalb weitaus höher als bei Paralleluntersuchungen mit dem Säulenverfahren nach DIN 19528.
Im Freiland real auftretende hohe Konzentrationsstreuungen in der Fläche mit einzelnen Extremwerten können auch im Säulenversuch auftreten und würden regelkonform als Überschreitung eines Grenz- oder Richtwertes betrachtet. Da zur Prüfung jeweils nur ein Säulenversuch vorgeschrieben ist, könnte es zu einer schlechteren Einstufung des RCMaterials bzw. zu unnötigen Wiederholungsprüfungen kommen.
2.3 Vergleich der Konzentrationsmediane zwischen Freiland und dem Säulenverfahren
Mit dem Säulenverfahren nach DIN 19528 sollen die Quelltermkonzentrationen ermittelt werden. Um das zu überprüfen wurden die Datensätze der fünf Saugkerzenwässer für das jeweilige Material und die einzelnen Parameter je zu einem Datensatz zusammengefasst. Dies erfolgte für alle 19 Parameter der 3 Materialien in den Lysimetern. Diese Datensätze wurden mit den zusammengefassten Konzentrationen der ersten und zweiten Fraktion des Säulenverfahrens verglichen. Zusätzlich wurden noch die Konzentrationen der Lysimeterausflüsse (Lys.Ausfl.) mit den beiden ersten Fraktionen des Säulenverfahrens verglichen als auch die Quelltermkonzentrationen und die jeweiligen Lysimeterausflüsse. Für diese Vergleiche wurde das statistische Verfahren nach Mann-Whitney angewendet. Beispielhaft ist dies im Bild 10 für einen signifikanten Unterschied zwischen den Medianen der Saugkerzenkonzentrationen und dem Lysimeterausfluss der Kupferkonzentration des Materials BMG 01 dargestellt. Bild 10: Signifikanter Unterschied der Kupferkonzentrationen zwischen Quelltermbereich und Lysimeterausfluss Im Bild 11 sind die signifikanten Konzentrationsunterschiede aller Salze und Schwermetalle zwischen den jeweiligen Medianen der Saugkerzen, der Lysimeterausflüsse und der Säulenverfahren in einer Farbcodierung dargestellt. Gelbe Balken bedeuten, dass der Median der Saugkerzenkonzentration für die unten stehenden einzelnen Parameter signifikant höher ist als der des Lysimeterausflusses bzw. dem des vereinigten Datensatzes aus den ersten zwei Fraktionen des Säulenverfahrens. Grüne Balken symbolisieren, dass zwischen den Datensätzen keine signifikanten Konzentrationsunterschiede bestehen. Die roten Balken, zeigen an, dass entweder die Datensätze der Lysimeterausflüsse oder die des Säulenverfahrens signifikant höhere Konzentrationen gegenüber denen der Saugkerzen aufweisen. Horizontal von unten nach oben sind die drei Untersuchungsmaterialien BMG 01, MG 01 und BMG 02, vertikal auf der Abszisse die jeweiligen Parameter angeordnet. Bild 11: Signifikante Unterschiede zwischen den Medianen der Sickerwässerkonzentrationen im Quelltermbereich (SK) und denen der Lysimeterausflüsse (Lys-Ausfluss) Die Sickerwasserkonzentrationen der Saugkerzen sind für die verschiedenen Parameter überwiegend höher (gelbe Balken) als die der Lysimeterausflüsse (Bild 11). Nur Nickel und Kalzium weisen für das BMG 02 höhere Konzentrationen im Lysimeterausfluss gegenüber denen der Saugkerzen auf. Im Bild 12, in dem die einzelnen Mediane der Quelltermkonzentrationen mit denen aus dem Säulenverfahren verglichen werden, liegen vermehrt höhere Konzentrationen in den Säuleneluaten gegenüber denen der Saugkerzen vor. Bild 12: Signifikante Unterschiede zwischen den Medianen der Sickerwasserkonzentrationen im Quelltermbereich und denen der 1. und 2. Fraktion des Säulenverfahrens Das Bild 13 zeigt, dass sich die Mediane der Konzentrationen des Lysimeterausflusses deutlich weniger von denen der ersten und zweiten Fraktion des Säulenverfahrens unterscheiden. Bild 13: Signifikante Unterschiede zwischen den Medianen der Sickerwasserkonzentrationen der Lysimeterausflüsse (Lys-Ausfluss) und denen der ersten und zweiten Fraktion des Säulenverfahrens
Die einzelnen Farbsegmente wurden für jedes Bild getrennt addiert und prozentual umgerechnet. Diese Ergebnisse sind in der Tabelle 2 dargestellt. Die Mediane der Konzentrationen der Saugkerzenwässer von 19 Parametern liegen zu 75 % oberhalb der jeweiligen Mediane der Lysimeterausflusskonzentrationen, ein gewisser Konzentrationsanteil wird nicht mehr im Gesamtablauf des Lysimeters nach passieren des Sand/Kiesfilter gefunden. Gleichzeitig liegen die Werte zu 49 % über denen der Säulenkonzentrationen. Vergleicht man die Mediane der Konzentrationen der Lysimeterausflüsse mit denen der Säulenverfahren ergibt sich ein etwas stärker differenziertes Bild. Der Anteil der Mediane, höherer Konzentrationen gegenüber denen des Säulenverfahren liegt nur noch bei 26 %, der Anteil bei denen sich die Mediane nicht unterscheiden ist auf 42 % angestiegen.
Tabelle 2: Prozentuale Unterschiede der Mediane der Lösungskonzentrationen aller drei vorgestellten Messreihen
Nach der Passage eines 30 cm mächtigen gestuften Sandkiesfilters (0/8 mm) liegen die Lysimeterausflusskonzentrationen deutlich näher an den Ergebnissen aus dem Säulenverfahren, als die der Saugkerzenkonzentrationen direkt unterhalb der RC-Schicht. Eine derartige Reduktion der Lösungsinhalte ist durch die Filterwirkung einer 30 cm starken Lage aus gewaschenem Kies und Sand nicht vorstellbar. Es ist wahrscheinlicher, dass mit dem an die Saugkerzen angelegten Unterdruck feinere Porenräume des RC Materials abgesaugt werden. Diese feineren Porensysteme sättigen sich bei Befeuchtung des Materials zwar kapillar auf, nehmen aber an der weiteren Versickerung des Wassers nicht teil. Diese erfolgt auf gröberen Porensystemen die nur Teilbereiche des Materials auslaugen. Ein Konzentrationsausgleich zwischen den unterschiedlichen Porensystemen erfolgt nur über einen sehr langen Zeitraum durch Diffusionsvorgänge.
Um das Sickerwasser ohne Einstau in das grobkörnige RC Material gewinnen zu können ist versuchstechnisch ein gestufter Kiessandfilter an der Basis des Auftragmaterials absolut notwendig. Eine direkte Messung des Quellterms mit Saugkerzen ist demnach nicht möglich. Für die vorliegenden Untersuchungen wurde die 30 cm starke Kies-Sandpackung als neutrale Übergangsschicht eingesetzt. Die Beeinflussung der Sickerwasserzusammensetzung dürfte durch diese Filterpassage weitgehend vernachlässigbar sein. Das heißt, die Lysimeterausflusskonzentrationen entsprechen für die anorganischen Parameter demnach eher dem Quellterm als die Saugkerzensickerwasserkonzentrationen.
Die PAK werden unabhängig von den Feststoffgehalten der RC Materialien im Lysimeter nur in so geringen Mengen ausgelaugt, dass sie zumindestens im Stadtbereich unter den Konzentrationswerten des Niederschlagswassers liegen. In den einzelnen Fraktionen des Säulenversuches werden demgegenüber weitaus erhöhte Konzentrationen gemessen bei denen die GFS Werte nach LAWA (2004) deutlich überschritten werden. Die realen Werte werden für diese Stoffe am besten mit dem Schüttelversuch nach mod. DEV S4 abgebildet. Grundsätzlich werden mit dem Säulenverfahren nach DIN 19528 wie auch mit dem modifizierten Schüttelversuch nach DEV S4 und dem Ultraschallschnellverfahren nur unterschiedliche verfahrensabhängige Kennwerte erzeugt, von denen aus nur sehr eingeschränkt auf den tatsächlichen Quellterm geschlossen werden kann. Die material- und parameterabhängigen Unterschiede zu den realen Quelltermen ermöglichen auch nicht die Definition eines Umrechnungsfaktors. Unter diesen Voraussetzungen würde sich das einfachste bzw. kostengünstigste Prüfverfahren für Untersuchungen von RC-Baustoffen anbieten.
3 Literaturverzeichnis
DIN 19528 (2009): Elution von Feststoffen Perkolationsverfahren zur gemeinsamen Untersuchung des Elutionsverhaltens von organischen und anorganischen Schadstoffen für Materialien mit einer Korngröße bis 32 mm Grundlegende Charakterisierung mit einem ausführlichen Säulenversuch und Übereinstimmungsuntersuchung mit einem Säulenschnelltest, Beuth Verlag, Berlin
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Lieferbedingungen für Baustoffgemische und Böden zur Herstellung von Schichten ohne Bindemittel im Straßenbau (TL SoB StB 04), Ausgabe 2004, Köln, FGSV 697
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Prüfvorschriften für Gesteinskörnungen im Straßenbau (TP Gestein-StB), Teil 7.1.1 Modifiziertes DEV-S4Verfahren, Ausgabe 2008, Köln, FGSV 610
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Prüfvorschriften für Gesteinskörnungen im Straßenbau (TP Gestein-StB), Teil 7.1.5 Schnellelution mit dem Ultraschall, Ausgabe 2008, Köln, FGSV 610
G o e t z, D.; G l ä s e k e r, W. (2004): Entwicklung eines Schnellauslaugungsverfahrens zur Beurteilung von industriellen Nebenprodukten und Recyclingbaustoffen für den Einsatz im Straßenbau, Forschungsbericht FE-Nr. 06.076/2001/BGB im Auftrag des Bundesministeriums für Verkehr, Bau- und Verkehrswesen, Heft 903
G o e t z, D.; G l ä s e k e r, W.; B a a s c h, A. (2010): Mobilität von polyzyklischen aromatischen Kohlenwasserstoffen aus Recyclingbaustoffen unter realen Einbaubedingen, AiF Vorhabennr. 14536N, Laufzeit 1.9.06-30.4.09 |