Einleitung |
Zusammenfassung
Soll die Schadstoffbelastung an einem verkehrlichen Hotspot gemindert werden, dann werden häufig Emissionsmodelle wie HBEFA zur Planung möglicher Maßnahmen eingesetzt. Daher ist es wichtig, diese Modelle möglichst gut zu validieren, um zuverlässige Aussagen erhalten zu können.
Die Remote Sensing Messtechnik bietet die Möglichkeit, die Schadstoffemissionen der vorbeifahrenden Fahrzeuge direkt im fließenden Verkehr zu messen. In einem umfangreichen UBA Projekt wurden zwei kommerzielle Remote Sensing Messsysteme an verschiedenen Straßen in Frankfurt am Main eingesetzt. Die gemessenen Emissionsraten wurden detailliert mit dem HBEFA bzw. noch genauer mit dessen zugrunde liegenden Berechnungen verglichen. Dadurch konnten erstmals viele Annahmen für das HBEFA 4.1 durch direkte Flottenmessungen für Pkw validiert werden. Außerdem wurden die Ergebnisse mit Remote Sensing Messungen aus Berlin verglichen, über die hier schon einmal berichtet wurde (Rauterberg-Wulf et al., 2021). Der Fokus der Untersuchung liegt auf den NOx-Emissionen der Diesel-Pkw; die Emissionen der anderen Schadstoffe und von Otto-Pkw sind im Allgemeinen im Bereich der jeweiligen Typprüfgrenzwerte, angepasst um die jeweilige Alterung (vgl. Chen & Borken-Kleefeld 2016; Sintermann et al., 2020).
Verglichen werden im Folgenden die NOx-Emissionen der Diesel-Pkw zwischen den Messorten Berlin (aus dem Okt/Nov 2019) und Frankfurt/M (aus dem Aug/Sept 2020) einerseits und zu den Emissionsfaktoren nach HBEFA 4.1, die für die jeweiligen Fahrsituationen und angepassten lokalen Flotten und Temperaturen berechnet wurden.
Bei den Remote Sensing Messungen und auch in der Modellierung sind die durchschnittlichen NOx-Emissionen in Berlin um bis zu 50% höher als in Frankfurt/M (Abbildung 1, links). Die Unterschiede sind in erster Linie auf die Umgebungstemperaturen zurückzuführen, weil bei kalten Temperaturen, wie in Berlin, die Abgasreinigung durch die Hersteller heruntergeregelt wird; in zweiter Linie gehen die Unterschiede auf Fahrbedingungen und Alterseffekte zurück. Das belegt sehr deutlich, wie wichtig es für eine adäquate Modellierung ist, die lokalen Verhältnisse zu abzubilden. Die Emissionen in Berlin werden je Fahrzeugschicht (Euro-Stufe) sehr gut mit HBEFA reproduziert, während die entsprechenden Emissionen in Frankfurt leicht überschätzt werden. Ev. gehen die geringeren Emissionen der Euro 5/6b Fahrzeuge auf die Wirkung eines zwischenzeitlichen Softwareupdates zurück. Bei beiden Messungen sind zwar die Emissionen der Euro 6d-TEMP Fahrzeuge sehr niedrig, allerdings deutlich höher als in der HBEFA 4.1 Modellierung. Dies könnte u. a. auf einen erheblichen Beitrag von Fahrzeugen mit nicht betriebswarmer („kalter“) Abgasreinigung im städtischen Bereich hindeuten; dies sollte weiter beobachtet werden.
Abbildung 1: NOx-Emissionen von Diesel Pkw in Berlin und Frankfurt (RS OPUS RSD 5000 Daten) und Emissionen nach HBEFA 4.1: Links, differenziert nach Euro-Stufe und dem Mittel der Diesel-Pkw; rechts für Euro 6ab Pkw differenziert nach Motorlast (VSP = Vehicle specific power).
Die Remote Sensing Messungen werden darüber hinaus auch nach der angelegten Motorlast je Fahrzeugschicht differenziert verglichen. Dafür bietet sich die sogenannte vehicle specific power (VSP) an, die aus der Fahrwiderstandsgleichung unter Kenntnis von Längsneigung, Geschwindigkeit und Beschleunigung abgeleitet werden kann. Beispielhaft werden hier die in Frankfurt gemessenen Euro 6b Diesel Pkw mit den Werten nach HBEFA 4.1 über verschiedene Motorlasten verglichen (Abbildung 1, rechts). Über ein typisches Innerorts-Lastspektrum von 0 und 12 kW/t verhalten sich die gemessene und die im Modell hinterlegte Emissionskurve ähnlich, sie verlaufen nahezu parallel zueinander. Das ist wichtig, weil damit bestätigt werden kann, dass die Emissionsmodellierung mit der Messung auch an ganz unterschiedlichen Fahrbedingungen zusammenpasst. Der Offset in der absoluten Höhe lässt sich entweder leicht durch eine Re-Skalierung korrigieren oder er kürzt sich heraus, wenn man verschiedene Fahrsituationen, z.B. mit oder ohne Tempolimit, miteinander ins Verhältnis setzt.
Durch diese und weitere detaillierte Vergleiche konnten bereits Verbesserungen im HBFA 4.2 aufgenommen werden. Dazu gehören die Annahmen zu den direkten NO2-Emissionen, die eine deutliche Abhängigkeit vom Fahrzeugalter zeigen. Die einzelnen Fahrzeugmarken weisen z. T. deutliche Unterschiede bei den NOx-Emissionen auf. Daher trifft ein durchschnittlich europäischer Markenmix die Realität nicht immer. Die genannten Unterschiede werden mit zunehmender Durchdringung der neuesten Euro 6d Fahrzeuggeneration allerdings weniger wichtig. Dagegen steigt der Einfluss der (wenigen) Fahrzeuge mit nicht wirksamer Abgasreinigung stark. Demzufolge sollte größere Aufmerksamkeit auf die Erhebung der entsprechenden Eingangsgrößen für eine gute Modellierung gelegt werden sollte.
Diskrepanzen zu den RSD-Messungen mit einem zweiten kommerziellen Gerät konnten nicht vollständig erklärt werden. Hier sind weitere Untersuchungen und eine bessere Erhebung der Eingangsdaten angeraten. Für interessierte Kommunen wurden Einsatzmöglichkeiten und Randbedingungen für Remote Sensing Messungen zusammengefasst; der Leitfaden wird beim Umweltbundesamt Dessau erhältlich sein.
Referenzen
Chen, Y., Borken-Kleefeld, J. (2016): NOx emissions from diesel passenger cars worsen with age. Environmental Science & Technology (50) 2016, 3327-3332.
Rauterberg-Wulff, A., Schmidt, W., Düring, I., & Borken-Kleefeld, J. (2021). Bestimmung der Real-Emissionen von Kraftfahrzeugen im Berliner Straßenverkehr. Immissionsschutz (3)
Sintermann, J., Alt, G-M., Götsch, M., Baum, F., Delb, V. (2020. Langjährige Abgasmessungen im realen Fahrbetrieb mittels Remote Sensing. Kanton Zürich / Baudirektion / Amt für Abfall, Wasser, Energie und Luft, 12. Dez. 2020. |