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1 Einleitung
Die Nutzung von Asphaltdeckschichten unterliegt technischen Grenzen, insbesondere wenn die Befestigung hohen statischen Belastungen ausgesetzt ist. Durch das Bremsen von Bussen und Lastkraftwagen an immer der gleichen Stelle vor Ampeln bzw. an Bushaltestellen kann es beispielsweise zu erheblichen Verformungen kommen. Diese Probleme würden bei der Betonbauweise nicht entstehen. Allerdings ist die Bauzeit ein immer größer werdender Entscheidungsfaktor für die Auswahl der Bauweise und hier hat die Betonbauweise Nachteile. Für einen dauerhaften Einsatz von Betonplatten ist eine regelmäßige Fugenpflege notwendig. Insbesondere im industriellen Bereich wurden aber immer auch Unebenheiten durch ungleichmäßige Setzungen beobachtet. Die Fugenproblematik ist bei der Pflasterbauweise noch verschärft und führt zusammen mit den ungünstigen akustischen Eigenschaften dazu, dass die Pflasterbauweise für Verkehrsflächen mit hohen dynamischen und statischen Belastungen nur selten eingesetzt wird.
Eine ideale Deckschicht für stark belastete Verkehrsflächen müsste eben, fugenlos, verformungsstabil und dicht sein. Für den Einsatz im industriellen Bereich ist weiterhin eine Beständigkeit gegen die Beaufschlagung von Chemikalien wünschenswert. Alle diese Eigenschaften erfüllen halbstarre Deckschichten [1, 2]. Es handelt sich dabei um eine Kombinationsbauweise, bestehend aus einem hohlraumreichen Asphalttraggerüst, dass mit einem anderen Baustoff hoher Druckfestigkeit in einem zweiten Arbeitsgang verfüllt wird. In gewisser Weise wird dadurch versucht die Eigenschaften von Asphalt (Flexibilität und Fugenlosigkeit, mit denen von Beton, hohe Tragfähigkeit und Verschleißfestigkeit) zu vereinen.
Das System der halbstarren Deckschicht wurde bereits in den 70er Jahren entwickelt und unter Einsatz von normalen Zementen gebaut. Leider stellten sich die damaligen Flächen als sehr rissanfällig heraus. Die Rissbildung und teilweise Verformungen wurden durch zu hohlraumarme Traggerüste und durch zu steife Mörtel verursacht. Trotz Einsatz von Rüttelplatten gelang selten eine vollständige Verfüllung der Hohlräume. Folglich wurde die halbstarre Bauweise in den 80er Jahren praktisch nicht mehr eingesetzt. Die Entwicklung von Superverflüssigern für Beton und der Einsatz von Mikrosilica hat die Herstellung von hochwertigen Verfüllmörteln der 2. Generation in den 90er Jahren ermöglicht. Diese Hochleistungsfließmörtel müssen eine niedrige Viskosität bei gleichzeitig hoher Frühfestigkeit aufweisen, denn die Fließfähigkeit des Mörtels ist beim Einbau ohne Rüttelplatte Vorraussetzung für die Verfüllung der Hohlräume. Die hohe Frühfestigkeit macht eine Nutzung der Flächen nach zwei bis drei Tagen möglich. Die STRABAG AG hat zur Verbesserung der Wirtschaftlichkeit und Ausweitung der Anwendungsmöglichkeiten die Kombinationsbauweise weiterentwickelt und setzt neben Verfüllmörteln der 3. Generation, unter dem Produktnamen STRABAPHALT, auch flexibilisierte Expoxidharze, unter dem Produktnamen STATIFLEX, zum Verfüllen der hohlraumreichen Asphalttraggerüste ein [3].
Die meisten Erfahrungen liegen bisher mit der Verfüllung von Hochleistungsfließmörteln vor und mittlerweile gibt es verschiedene Mörtel, die auf dem deutschen Markt für die Herstellung von halbstarren Deckschichten angeboten werden. Auf Ingenieurbauwerken mit schwingenden Bauteilen würde diese Art von halbstarren Deckschichten schnell Risse bilden. Deshalb wurde für den Einsatz auf Ingenieurbauwerken das halbstarre System weiterentwickelt. Durch Verfüllung des hohlraumreichen Asphalttraggerüstes mit einem speziell entwickelten flexibilisierten Epoxidharz können z. B. Bushaltestellen auf Brücken sowie komplette Brückenbeläge verformungsstabil und dauerhaft in kurzer Bauzeit hergestellt werden [4].
2 Merkblatt
Die Erfahrungen der letzten 10 Jahre mit dem Bau von halbstarren Deckschichten unter Verwendung von Hochleistungsfließmörteln wurde von der Arbeitsgruppe Asphaltstraßen der Forschungsgesellschaft gesammelt, bewertet und in Form eines Merkblattes 2004 veröffentlicht [5]. Dieses Merkblatt wird sicherlich die Akzeptanz der halbstarren Deckschichten bei Ausschreibenden und Bauherren erhöhen. Es birgt aber auch die Gefahr, dass es als reine Arbeitsanleitung – insbesondere von Baufirmen ohne Erfahrung – verstanden wird. Es ist deshalb sehr wichtig darauf hinzuweisen, dass es sich um eine sehr sensible Bauweise handelt, bei der bereits kleine Fehler zu großen Schäden führen können. Die Auftraggeber sollten daher darauf achten, dass der Einbau von halbstarren Deckschichten nur von qualifizierten Fachfirmen unter Vorlage entsprechender Referenzen ausgeführt wird.
Gemäß dem „Merkblatt für die Herstellung von Halbstarren Deckschichten“(M HD) [5] wird für die Befestigung von Industrieflächen mit hohen statischen Lasten ein zweilagiger gebundener Oberbau vorgeschlagen. Die halbstarre Deckschicht mit einer Dicke von 4 bis 6 cm liegt auf einer Asphalttragschicht CS mit einer Dicke von 16 bis 18 cm, so dass der gebundene Oberbau insgesamt ca. 22 cm beträgt. Bisher wurden mit diesem Aufbau, z. B. bei Containerstellflächen, aber auch bei Panzerwaschplätzen u. Ä. gute Erfahrungen gemacht. Mittlerweile haben drei halbstarre Systeme eine baurechtliche Zulassung vom Deutschen Institut für Bautechnik als Flächenabdichtungssystem nach § 19 g des Wasserhaushaltsgesetzes.
Für öffentliche Verkehrswege mit hohen dynamischen Belastungen ist die Dimensionierung an die RStO angelehnt. Die 4 bis 6 cm dicke halbstarre Deckschicht liegt auf einem 8 cm dicken Asphaltbinder, der wiederum auf 8 bis 10 cm Asphalttragschicht CS eingebaut wird. Insgesamt ergibt sich auch hier ein gebundener Oberbau von ca. 22 cm. Bisher wurden neben Bushaltestellen, halbstarre Deckschichten auch in Kreisverkehren, Kreuzungsbereichen und Lkw-Rastplätzen erfolgreich gebaut. Entsprechende Leistungsverzeichnisse stehen im Internet Ausschreibenden zur Verfügung (www.halbstarrerbelag.de).
3 Einbau
Folgende Arbeitschritte sind für eine fachgerechte Herstellung einer halbstarren Deckschicht notwendig. Die Unterlage – also die Asphalttragschicht oder der Asphaltbinder – wird beispielsweise mit einer Bitumenemulsion versiegelt, damit der dünnflüssige Verfüllmörtel nicht in die Unterlage eindringen kann. Auf der versiegelten Unterlage wird mit einem herkömmlichen Straßenfertiger ein hohlraumreiches Asphalttraggerüst, in der Regel mit einem Einkorngerüst 8/11 eingebaut. Das Mischgut ist nach dem Merkblatt für die Herstellung von halbstarren Deckschichten [5] und nicht nach dem Merkblatt für die Herstellung von offenporigen Asphalten zu konzipieren. Eine strikte Eingangskontrolle der Mischgutlieferung ist essentiell, denn nach der Verdichtung müssen die Hohlräume zugänglich sein. Der Einbau des hohlraumreichen Asphalttraggerüstes 8/11 erfolgt mit den üblichen Straßenbaugeräten. Die Verdichtung erfolgt mit leichten Walzen und ohne Vibration, um die Zugänglichkeit der Hohlräume zu gewährleisten. In dem eingebauten Asphalttraggerüst sollte der Hohlraumgehalt zwischen 25 und 30 Vol.-% liegen. Die Ebenheit der halbstarren Deckschicht wird durch das Asphalttraggerüst bestimmt. Einbaufehler sind durch spätere Korrekturen nicht mehr auszugleichen. Nach der Abkühlung wird das hohlraumreiche Asphalttraggerüst mit einem auf der Baustelle hergestellten Hochleistungsfließmörtel verfüllt. Vor dem Verfüllen müssen Abflüsse, Kanaldeckel und offene Kanten des Traggerüstes abgedichtet werden, damit der dünnflüssige Mörtel nicht wegfließen kann.
Die eingesetzten Mörtel müssen den technischen Anforderungen des Merkblattes entsprechen [5]. Die gelegentlich im Markt angebotenen Mörtel, die die dort geforderten Eigenschaften nicht einhalten, dürfen nicht verwendet werden. Eine besonders wichtige Eigenschaft ist die Fließfähigkeit des Mörtels nach einer Stunde – da es auf jeder Baustelle irgendwann immer zu Stillständen kommt und der Mörtel trotzdem noch verarbeitbar bleiben muss. Ebenso wichtig für die technischen Eigenschaften von halbstarren Deckschichten ist die Druckfestigkeit nach einem Tag, die mindestens 40 N/mm² betragen sollte. Die bisherigen Erfahrungen haben gezeigt, dass der Mischprozess, das heißt Mischer, Zugabedosierung, Mischintensität und Mischdauer, zur Herstellung des Verfüllmörtels auf die jeweiligen im Markt angebotenen Mörtel abgestimmt sein muss. Dies erfordert viel Erfahrung der Fachbauleitung. Die STRABAG hat deshalb vor einigen Jahren für den STRABAPHALT®-Mörtel einen eigenen Mischer entwickelt. Der Trockenmörtel wird in der Regel in einem Silo angeliefert bzw. dort eingeblasen. Durch den Einsatz des speziell entwickelten, computergesteuerten Chargen-Mischers wird der Mörtel schnell aufgeschlossen. Trotz des geringen Wasser-Feststoffwertes fließt der Mörtel von selbst – also ohne Einsatz von Rüttelplatten in das Traggerüst. Überschüsse in den Einbauabschnitten werden solange mit Gummischiebern verteilt bis kein Nachsickern mehr zu beobachten ist. Um Mörtelverluste zu vermeiden, müssen nicht nur die Unterlage, sondern auch die offenen Seiten des hohlraumreichen Asphalttraggerüstes abgedichtet sein. Anschließend wird die Fläche scharf über den Splittköpfen abgezogen und mit einem üblichen Nachbehandlungsmittel für Beton vor Verdunstung geschützt. Um eine ausreichende Anfangsrauhigkeit zu erzielen, sollten halbstarre Deckschichten vor der Verkehrsfreigabe kugelgestrahlt werden.
Die Erfahrungen der letzten Jahre haben gezeigt, dass es notwendig ist, für den zielsicheren Einbau von halbstarren Deckschichten eine qualifizierte Fachbauleitung für dieses Gewerk zu installieren, die den Einbauprozess beherrscht und für die notwendige Qualitätssicherung verantwortlich ist. Letztlich hängt aber der Erfolg der Baumaßnahme von der Qualifikation und Erfahrung der Mitarbeiter vor Ort ab. Deshalb muss vor jeder Baumaßnahme eine gezielte Schulung und Einweisung des Baustellenpersonals durchgeführt werden.
Die fertige halbstarre Deckschicht ist in der Regel nach zwei Tagen mit Lkw befahrbar bzw. kann bei Containerstellflächen nach drei Tagen voll genutzt werden. Die Druckfestigkeit der fertigen Deckschicht liegt um die 10 N/mm², das heißt sie ist um ein Vielfaches höher als bei Deckschichten aus Asphalt. Im Spurbildungstest bei 50 °C im Wasserbad zeigen sich nach 20 000 Überrollungen mit dem Stahlrad Spurrinnentiefen um die 0,5 mm. Für Industrieflächen bedeutet diese Endfestigkeit, dass zwei voll beladene 30 Tonnen-Container – ohne Eindrücke ihrer scharfkantigen Containerfüße – übereinander gestapelt werden können. Werden mehr voll beladene Container übereinander gestapelt, kann es, insbesondere in den Sommermonaten, zu Verformungen der halbstarren Deckschicht kommen.
4 Schlussfolgerung
Es ist möglich zielsicher halbstarre Deckschichten mit hoher Qualität herzustellen. Den Bauherren und Kunden müssen die technischen Möglichkeiten – aber auch die Grenzen – dieses Belagssystems erläutert werden. Dabei ist die Tragfähigkeit des Unterbaues zu berücksichtigen. Die ausführenden Bauunternehmen müssen sich im Klaren sein, dass es sich um eine sensible Bauweise handelt, die auch kleinste Fehler nicht verzeiht. Der entscheidende Erfolgsfaktor ist, dass die verschiedenen Arbeitsschritte und Baustoffe aufeinander abgestimmt und optimiert sind. Nur mit geschulten und motivierten Einbaukolonnen, sowie einer qualifizierten Fachbauleitung sind gute Ergebnisse erzielbar.
Literaturverzeichnis
- Simmleit, N; Loose, A.: Halbstarre Deckschichten für extrem stark beanspruchte Verkehrsflächen, 2004, Straße und Autobahn 55, S.65-70
- Simmleit, N; Loose, A.: STRABAPHALT® ChemR - fugenlose und chemikalienbeständige Flächenbefestigung für hohe Punktbelastungen, 2003, GDCh Monographie Bd. 25, 185-187
- Neuß, H.; Stratmann, R.; Sikinger, T.; Simmleit, N.; Pucker, H.; Hatebur P.: 2003, Straße und Autobahn 54, S. 447-452
- Weyer, P.: Standfeste Sonderbeläge, 1998, Straße und Tunnel, Heft 3/1998, 6-8
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt für die Herstellung von Halbstarren Deckschichten (M HD), Köln 2004 (FGSV 729)
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