FGSV-Nr. FGSV 001/20
Ort Berlin
Datum 13.10.2004
Titel Minderung unebenheitsbedingter Lasteintragung durch Fahrwerkgestaltung
Autoren Univ.-Prof. Dr.-Ing. Henning Wallentowitz
Kategorien Kongress
Einleitung

Bis zum Jahr 2015 wird ein Anstieg der Transportleistung des Güterverkehrs in der Bundesrepublik Deutschland um über 50 % prognostiziert, der vornehmlich über die Straße abgewickelt werden muss. Die damit erforderliche Erhöhung der Transportkapazitäten wird bei Beibehaltung des derzeitigen Stands der Technik zu einer entsprechend größeren Anzahl von Nutzfahrzeugen auf den Straßen mit den Folgen einer verstärkten Straßen- und Umweltbelastung führen. Dieser Beitrag zeigt fahrzeugtechnische und verkehrliche Ansätze auf, wie diese Fragestellung bearbeitet und zumindest zu einem Teil gelöst werden kann. Insgesamt ist ein erheblicher „Kraftakt“ erforderlich, um die Zukunft des Güterverkehrs positiv gestalten und beherrschen zu können. Die technischen Möglichkeiten dazu existieren bereits. Zur Umsetzung ist allerdings das Zusammenwirken der verschiedenen technischen, juristischen und politischen Akteure wichtig.

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1 Einführung

 Das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen prognostizierte von 1997 bis zum Jahr 2015 einen Anstieg der Transportleistung des gesamten Güterverkehrs in Deutschland um 57 % und für den Straßengüterfernverkehr allein gar eine Erhöhung um 82 %, wenn die Rahmenbedingungen unverändert bestehen bleiben [1]. Ein vergleichbarer Trend zeigt sich für das EU-Gebiet (Bild 1).

Bild 1: Entwicklung der Gütertransportleistung in 15 Staaten der EU [2, 3]

Eine derartige Zunahme des Güterverkehrs auf deutschen Bundesautobahnen wird die Fahrbahnen verstärkt belasten und schädigen und damit mehr Instandsetzungsmaßnahmen erfordern. In Verbindung mit der erhöhten Verkehrsauslastung sind vermehrte Verkehrsstauungen die Folge, die eine zusätzlich verstärkte Straßenbeanspruchung hervorrufen. Dadurch wird die Volkswirtschaft erheblich geschädigt werden.

Um diesen Tendenzen entgegenzuwirken, sind Fahrzeug- und Straßenbauindustrie sowie der Gesetzgeber gleichermaßen gefordert. Auf der einen Seite müssen neue Technologien zur Straßen-, Fahrzeug- und Verkehrsflussverbesserung entwickelt werden, andererseits müssen die gesetzlichen Rahmenbedingungen die Einführung solcher Neuentwicklungen fördern.

Dem Fahrzeugentwickler stehen Möglichkeiten offen, die Zustandsentwicklung der Straße von Seiten der verkehrlichen Belastung zu beeinflussen (Bild 2). Das betrifft zunächst die Einzellasten als statische und dynamische, durch Fahrbahnunebenheiten hervorgerufene Radlasten am Fahrzeug. Solche Lasten lassen sich durch gezielte Eingriffe in die Fahrwerkgestaltung sowohl konstruktiver oder mechatronischer Art verringern. Daneben können auch Systeme eingesetzt werden, die den Fahrer unterstützen, sein Fahrzeug auf der Straße optimal zu betreiben.

Bild 2: Einfluss der Fahrzeugentwickler im Umfeld der Straßenzustandsentwicklung [2]

Die Summe der gewichteten Lasten lässt sich zum einen natürlich durch eine Reduktion der Einzellasten verringern, andererseits helfen hier aber auch Maßnahmen zu einer verbesserten Auslastung der Nutzfahrzeuge, d. h. durch eine Erhöhung des Verhältnisses von transportierter Nutzlast zu transportierter Leerlast. Das kann durch verbesserte Kommunikationsstrukturen bei den Logistikunternehmen geschehen aber auch durch den Einsatz neuer Fahrzeugkonzepte.

Die räumliche und zeitliche Verteilung der Lasten, die idealerweise eine gleichmäßige Verteilung auf den Fahrbahnen aufweisen sollte, lässt sich fahrzeugbezogen durch konstruktive Änderungen im Fahrwerksbereich verbessern, aber auch durch elektronische Systeme, die den Fahrer im Fahrzeugbetrieb unterstützen.

Das Bild 3 zeigt eine Zusammenstellung von Vorschlägen für Maßnahmen und Systeme, die zu einem straßenschonenderen Betrieb von Nutzfahrzeugen führen. Eine Auswahl der gezeigten Ansätze wird in den folgenden Abschnitten beschrieben. Das Schwergewicht liegt dabei auf Vorschlägen zur Reduktion des unebenheitsbedingten vertikaldynamischen Lasteintrags, deren Wirksamkeit abschließend miteinander verglichen wird. Im Anschluss daran werden vielversprechende weitere Vorschläge zur Schonung der Fahrbahnen angesprochen.

Bild 3: Ansätze zur Minderung des Lasteintrags in Fahrbahnen

2 Reduktion der unebenheitsbedingten dynamischen Lasten

Vor der Erläuterung einzelner Maßnahmen, werden zunächst einige grundlegende Anmerkungen zum Schwingungsverhalten von Nutzfahrzeugen gegeben.

Das Bild 4 skizziert eine typische Nutzfahrzeugkombination, wie sie zu nahezu 50 % auf deutschen Straßen zu finden ist [4]. Die statischen Rad- bzw. Achslasten Fstat ergeben sich aus der Gewichtsverteilung des Fahrzeugs und seiner Zuladung. Darüber hinaus treten dynamische Schwankungen der Radlasten Fdyn auf, die aus Bewegungen der Aufbaumasse und der Rad- bzw. Achsmasse resultieren. Letztere werden durch die Unebenheiten der Fahrbahnen angeregt. Aufbau- und Radmasse bilden auf Grund ihrer Lagerung auf Federn ein schwingungsfähiges System. Für die nachfolgenden Untersuchungen der verschiedenen Ansätze zur Fahrbahnschonung lässt sich eine Achse aus dem Auflieger auslösen und einzeln betrachten (Bild 4 rechts). Das System beinhaltet die Achsmasse mR, die anteilige Aufbaumasse über der Achse mA, die beiden Aufbaufedersteifigkeiten cA zwischen Achse und Aufbau mit den Aufbaudämpfern kA und die Federsteifigkeiten der Reifen cR zwischen der Achsmasse und der Fahrbahn. Dazu kommt eine Stabilisatorsteife cstab, die eine Winkelverdrehung zwischen Achse und Aufbau erschwert, um die Wankwinkel bei Kurvenfahrt gering zu halten.

Daraus ergibt sich ein Schwingungssystem mit vier Bewegungsfreiheitsgraden: den Hub- und Trampelbewegungen der Achse und den Hub- und Wankbewegungen des Aufbaus. Für ähnliche Betrachtungen ist es häufig üblich, ein so genanntes Viertelfahrzeugmodell mit zwei Bewegungsfreiheitsgraden (Huben von Rad und Aufbau) zu verwenden, bei dem man nur eine Achshälfte mit der anteiligen Aufbaumasse betrachtet. Für einige der vorgestellten Vorschläge zur Straßenschonung sind die Wank- und Trampelbewegungen von Aufbau und Achse aber von besonderer Bedeutung.

Bild 4: Übergang vom Gesamtfahrzeug zum Einachsfederungsmodell

Das System wird während der Fahrt durch Längs- und Querunebenheiten zE der Fahrbahn zu Schwingungen in allen vier Freiheitsgraden angeregt. Stellt man die Newton’schen und Euler’schen Bewegungsgleichungen für das Einachsmodell auf, dann lässt sich das Übertragungsverhalten von der eingehenden Unebenheit auf die Radlastschwankungen, also die Fahrbahnbelastung, berechnen. Neben der Fahrbahnbelastung ist für den Gütertransport auch die Ladegutschonung von Bedeutung. Sie wird maßgeblich durch die Aufbaubeschleunigung bestimmt, da sich daraus die auf das Ladegut einwirkenden Kräfte ergeben. Die hierfür relevanten Übertragungsfunktionen auf Unebenheitsanregungen lassen sich ebenfalls berechnen.

Bild 5: Übertragungsfkt. Radlastschwankung FZdyn und Aufbaubeschleunigung Z··A bei reiner Hubanregung durch Fahrbahnunebenheiten

Für reine Hubanregungen aus der Fahrbahnunebenheit sind diese Übertragungsfunktionen im Bild 5 für eine beispielhafte Fahrzeugauslegung bei linearen Feder- und Dämpferkennungen dargestellt. Man erkennt in beiden Kurven jeweils zwei deutliche Maxima der Übertragungsfunktion. Dies sind bei niedrigen Frequenzen im Bereich von 1 Hz die Aufbauhubeigenfrequenz und bei hohen Frequenzen im Bereich von 10 Hz die Radhubeigenfrequenz. Die Frequenzlage dieser Eigenschwingungen wird maßgeblich durch die Aufbau-, bzw. Reifenfedersteife in Verbindung mit den Aufbau-, bzw. Achsmassen bestimmt, die Höhe der Maxima der Übertragungsfunktion wird bei festliegender Eigenfrequenz wesentlich durch die Dämpfereinstellung geprägt.

Die spektrale Leistungsdichte (PSD) der Unebenheitshöhen der Straße in Längsrichtung lässt sich bekanntermaßen bei einer doppeltlogarithmischen Darstellung im Wegfrequenzbereich durch eine Gerade mit der Steigung –w (Welligkeit) und dem Amplitudenwert f(Ω0) bzw. AUN (Allgemeiner Unebenheitswert) bei einer Unebenheitswellenlänge von 2p m darstellen. Dieses wegbezogene Leistungsdichtespektrum der Unebenheiten lässt sich über die Fahrgeschwindigkeit v in ein zeitbezogenes Spektrum umrechnen. Damit steht die Anregungsfunktion zE(f) für das Schwingungssystem zur Verfügung. Wird diese mit der Übertragungsfunktion multipliziert, dann ergibt sich daraus die spektrale Leistungsdichte der Aufbaubeschleunigung, bzw. der Radlastschwankungen.

Das zweispurige Fahrzeug wird neben der reinen Hubanregung auch zum Wanken und Trampeln angeregt. Das wird durch die voneinander verschiedenen Höhenverläufe der linken und rechten Fahrspur hervorgerufen. Betrachtet man lang gezogene Hügel oder Senken in der Fahrbahn, so sind die Anregungen hier an linker und rechter Spur für Amplitude und Phasenlage annähernd gleich. Im Bereich sehr kurzwelliger Unebenheiten können diese in der rechten und linken Spur unabhängig voneinander auftreten. Die Amplituden können zwar gleich sein, die Phasenlage der Unebenheiten ist jedoch stochastisch verteilt. Den Zusammenhang zwischen den Unebenheiten von linker und rechter Spur im Frequenzbereich beschreibt die Kohärenzfunktion.

Für die nachfolgend dargestellten Rechnungen wurden Unebenheitswegverläufe mittels inverser Fouriertransformation aus allgemeinem Unebenheitswert AUN und Welligkeit w erzeugt. Die zweite Spur wurde dazu über einen Ansatz zur Beschreibung gemessener Kohärenzfunktionen von [5] generiert. Damit lassen sich neben den oben dargestellten analytischen Rechnungen im Frequenzbereich auch Simulationen im Zeitbereich durchführen.

Bild 6: Spektrale Leistungsdichten von Aufbaubeschleunigung und Radlastschwankung

Das Bild 6 zeigt die spektrale Leistungsdichte für eine Simulation des Modells aus Bild 4 mit zwei Spuren, also mit Wank- und Trampelanregung. Dabei wurde der Höhenverlauf der Fahrbahn zur Darstellung der Reifenaufstandsfläche über 0,2 m geglättet. Die beiden Maxima im Bereich der Aufbau- und Radhubeigenfrequenzen sind auch hier noch erkennbar, jedoch sind die Überhöhungen im Bereich der Radeigenfrequenz entsprechend des zu hohen Frequenzen hin abfallenden Verlaufs der Fahrbahnunebenheitsamplituden, die als Anregung wirken, abgesenkt. Neben dem Maximum bei der Aufbauhubeigenfrequenz ist ein weiteres Maximum erkennbar, das der Wankeigenfrequenz zuzuordnen ist. Die Trampeleigenfrequenz der Achse liegt sehr nahe bei der Achshubeigenfrequenz.

Die Bewertung des Federungssystems hinsichtlich Ladegutschonung, bzw. Straßenschonung wird häufig anhand des Effektivwerts von Aufbaubeschleunigung, bzw. Radlastschwankung durchgeführt. Der Effektivwert lässt sich als Fläche unter der Kurve im Leistungsdichtespektrum berechnen; im Bild 6 sind diese Flächen schraffiert dargestellt. Für alle folgenden Ergebnisse wurden die Effektivwerte im Frequenzband von 0,2 bis 25 Hz berechnet. Die Effektivwerte von Aufbaubeschleunigung und Radlastschwankung lassen sich im sog. Konfliktschaubild gegenüberstellen (Bild 7) [6]. Die Bezeichnung Konfliktschaubild rührt daher, dass sich in der Regel keine Einstellung des Federungssystems finden lässt, die sowohl Radlastschwankungen als auch Aufbaubeschleunigungen minimiert. Bei der Auslegung des Federungssystems wird normalerweise zunächst die Federsteifigkeit an die zur Verfügung stehenden Federwege und ggf. an zulässige Wankwinkel bei Kurvenfahrt angepasst. Dabei wird versucht, die Aufbaueigenfrequenz möglichst niedrig zu wählen, also eine weiche Feder zu verwenden, denn dies führt, wie das Bild 7 verdeutlicht, sowohl zu geringeren Aufbaubeschleunigungen als auch zu einer Reduktion der Radlastschwankungen. Anschließend erfolgt die konfliktbehaftete Auslegung der Schwingungsdämpfer. Es lässt sich leicht vorstellen, dass bei der Überfahrt einer erhabenen Fahrbahnunebenheit eine Einfederbewegung des Rades gegenüber dem Aufbau stattfinden muss, um der Unebenheit auszuweichen. Idealerweise sollte dieser Einfederbewegung keine Kraft entgegenwirken, denn diese muss am Aufbau abgestützt werden und führte in der Folge zu Aufbaubeschleunigungen. Genauso würde diese Kraft entgegengesetzt auf die Achsmasse wirken und damit eine erhöhte Radlast bewirken. Ein Schwingungsdämpfer führt zu solchen Kräften zwischen Achse und Aufbau. Für diesen Fall sollte ein Dämpfer also eher weich sein. Ist die Fahrbahnunebenheit überfahren, dann schwingen Aufbau und Achse im Bereich ihrer Eigenfrequenz. Diese Schwingungen sollten durch die

Dämpfer so schnell wie möglich abgebaut werden, d. h. es sind eher harte Dämpfer erforderlich. Dieser Konflikt lässt sich zum Teil damit lösen, dass man bei realen Dämpferauslegungen die Druckstufe für Einfederbewegungen deutlich weicher auslegt als die Zugstufe für das Ausfedern. Dennoch muss eine weitere Optimierung der Dämpfereinstellung durchgeführt werden.

Bild 7: Konfliktschaubild Fahrbahnschonung – Ladegutschonung

Solche Optimierungskurven zeigt das Bild 7 für drei unterschiedliche Auslegungen der Aufbauhubeigenfrequenz feA. Das Aufbauhubdämpfungsmaß DA wurde darin von 0,15 bis 0,9 in mehreren Schritten variiert. DA und feA berechnen sich nach folgenden Zusammenhängen:

Dementsprechend wurden die Aufbaufedersteifigkeit cA und die Aufbaudämpferkonstante kA für die Simulation eingestellt. Die Stabilisatorsteife wurde in Abhängigkeit der Aufbaufedersteifen so gewählt, dass sich bei einer Querbeschleunigung von aY = 5 m/s2 ein Wankwinkel von 5° einstellt. Die Radlastschwankungen wurden am rechten Rad ermittelt, die Aufbaubeschleunigungen am Aufbau über dem rechten Rad.

Wie oben bereits angesprochen, zeigt das Bild 7, dass geringe Aufbaueigenfrequenzen, also weiche Aufbaufedern, sowohl die Ladegutschonung als auch die Fahrbahnschonung verbessern. Der Einsatz von Luftfedern in Nutzfahrzeugen macht dies weitgehend möglich. Durch das große Verhältnis von Zuladung zu Leerlast bei Nutzfahrzeugen sind bei Einsatz von Stahlfedern relativ harte Federn erforderlich, um die Einfederung bei Beladung in Grenzen zu halten. Dies führt dazu, dass im unbeladenen Zustand Aufbaueigenfrequenzen von 6 Hz und mehr erreicht werden können. Luftfedern können beladungsabhängig niveaureguliert werden, dadurch tritt dieser Nachteil nicht auf. Hinzu kommt, dass Luftfedern prinzipbedingt eine mit der Zuladung nahezu proportional ansteigende Federsteifigkeit aufweisen. Vergleicht man das mit Gl. (1) zeigt sich, dass die Aufbaueigenfrequenz unabhängig von der Last nahezu gleich bleibt, d. h. für alle Beladungszustände kann eine niedrige Aufbaueigenfrequenz und damit eine hohe Ladegut- und Fahrbahnschonung erzielt werden. Dies ist unter anderem der Grund für die weitgehende Verbreitung der Luftfederung im Nutzfahrzeugbereich.

Begrenzend wirken sich hinsichtlich der minimalen Federsteifigkeit dynamische Einfederwege und maximale Wankwinkel aus. Hier besteht noch Optimierungspotenzial an den Abrollkolben der Luftfeder, die so gestaltet werden können, dass sich in Mittellage eine weiche Federsteife ergibt, die zu größeren Federwegen aber härter wird, um eine Federwegbegrenzung zu bewirken. Zur Wankwinkelreduktion können zusätzlich Stabilisatoren eingebaut werden, die ggf. schaltbar ausgeführt werden können. Darauf wird später noch eingegangen. Die beladungsabhängige Adaption der Schwingungsdämpfer wird ebenfalls später diskutiert.

Im Folgenden sollen nun verschiedene Ansätze zur Reduktion des unebenheitsbedingten dynamischen Lasteintrags in die Fahrbahn diskutiert werden. Die gezeigten Vergleichsrechnungen wurden dabei mit dem oben beschriebenen Simulationsmodell durchgeführt.

2.1 Einsatz veränderter Reifenkonzepte

Besonderen Einfluss auf die dynamischen Radlastschwankungen hat seitens der Reifen die vertikale Reifenfedersteife. Es lässt sich vorstellen, dass bei Über-fahrt einer Fahrbahnunebenheit die Eindrückung des weicheren Reifens weniger Kräfte hervorrufen wird, als bei einem härteren Reifen. Damit werden die schwingungsanregenden Kräfte, die auf Achse und Aufbau einwirken, geringer. Das wird demnach zu einer Reduktion der Aufbaubeschleunigung und der Achslastschwankung führen. Das Bild 8 bestätigt diese Überlegungen.

Bild 8: Wirkung einer um 40 % reduzierten Vertikalfedersteife der Reifen

Geringere Reifenfedersteifigkeiten lassen sich z. B. durch eine Absenkung des Reifenfülldrucks erzielen. Damit einhergehend ergibt sich eine größere Reifenaufstandsfläche, die bei gleicher Radlast eine Verringerung der Fahrbahnbeanspruchung, besonders der Deckschichten, bringt [7]. Bei heutigen Reifen führt eine Reduktion des Fülldrucks allerdings in der Regel zu einer deutlichen Rollwiderstandserhöhung und kann auf Grund der verstärkten Erwärmung einen frühzeitigen Ausfall des Reifens hervorrufen. Reifendrucküberwachungssysteme, die heute zur Kontrolle der Fülldrücke aller Reifen eines Lastzugs von der Fahrerkabine aus erhältlich sind, können neben der Warnung vor gefährlichem Druckverlust auch auf zu hohen Luftdruck hinweisen. So können unnötige Fahrbahnbelastungen durch steife Reifen mit geringer Aufstandsfläche vermieden werden. Bei teilbeladenen Fahrzeugen ist der auf Volllast ausgelegte Reifenfülldruck nicht erforderlich. Bei Einsatz von Reifendruckregelsystemen, die beladungsabhängig den Reifenfülldruck einstellen, lässt sich durch die dann verringerte Vertikalfedersteife des Reifens und die vergrößerte Reifenaufstandsfläche für Teilbeladungen ein Gewinn an Fahrbahnschonung erzielen. Solche Reifendruckregelsysteme werden heute teils in Militärfahrzeugen verwendet, um zu starkes Einsinken bei Fahrten auf weichem Untergrund zu verhindern, oder in landwirtschaftlichen Fahrzeugen, um der Bodenverdichtung entgegenzuwirken.

2.2 Einsatz von Einzelradaufhängungen

Im Pkw-Bereich hat die Einzelradaufhängung die Starrachse fast vollständig verdrängt. Dies liegt neben den nachfolgend noch beschriebenen Bauraum- und Komfortvorteilen (vergleichbar mit der Ladegutschonung) an den erweiterten Möglichkeiten die Radstellungskinematik und Elastokinematik zu beeinflussen. Damit lässt sich ein deutlich verbessertes querdynamisches Fahrverhalten erzielen, das die Fahrsicherheit wesentlich erhöht.

Bei einer Einzelradaufhängung wirken bei Betrachtung aus Sicht der Schwingungseigenschaften maßgeblich drei Effekte, die im Bild 9 zusammengefasst sind. Bedingt durch den Wegfall des Achsrohrs wird eine gewichtsreduzierte Bauweise der Achse möglich. Feder und Dämpfer wirken nicht mehr relativ nahe zur Fahrzeugmitte auf die Starrachse, sondern dicht am Radaufstandspunkt, die Feder- und Dämpferspurweite wird also erhöht. Dies führt zum einen zu einer Erhöhung der Wankdämpfung bei gleicher Hubdämpfung, zum anderen wird aber auch die Wankfedersteife erhöht, die aus der Hubfederung resultiert. Damit kann ein Stabilisator mit geringerer Verdrehsteifigkeit eingesetzt werden, wenn bei Kurvenfahrt gleiche Wankwinkel wie mit der Starrachse erlaubt werden. Die Wirkung dieser Einzelmaßnahme wird in einem späteren Abschnitt erläutert. Die Einzelradaufhängung erlaubt bei entsprechender konstruktiver Gestaltung ein Anheben des Wankpols gegenüber herkömmlichen Starrachskonstruktionen, die heute in der Regel in Sattelaufliegern eingesetzt werden. Um den Wankpol finden die Wankbewegungen statt und um diesen Punkt erzeugen die im Schwerpunkt angreifenden Fliehkräfte das durch die Federung abzustützende Wankmoment bei Kurvenfahrt. Dieser Fliehkrafthebelarm wird bei Anhebung des Wankpols geringer, dadurch kann bei gleichen zulässigen Wankwinkeln die Stabilisatorsteife weiter abgesenkt werden.

Bild 9: Wirkungsweisen einer Einzelradaufhängung

Die Wirkung auf die Fahrbahn- und die Ladegutschonung beim Übergang von der Starrachse auf die Einzelradaufhängung zeigt das Bild 10. Dabei wurde eine Verschiebung des Wankpols um 300 mm nach oben berücksichtigt. Im Bereich der niedrigen Aufbaueigenfrequenz ergibt sich eine deutliche Minderung der Fahrbahnbelastung.

Bild 10: Wirkung einer Einzelradaufhängung im Vergleich zur Starrachse

Einzelradaufhängungen finden sich heute oft in Schwertransportern oder in Aufliegern zum Glastransport, denn durch den Wegfall des Achsrohrs kann ein Niederflurmittelgang eingerichtet werden, der die Laderaumhöhe für sperrige Güter erhöht. Solche Einzelradaufhängungen sind in der Regel als Längslenkerradaufhängungen ausgeführt, sodass der Wankpol gegenüber der Starrachsvariante eher abgesenkt als angehoben wird. Längslenkerradaufhängungen bieten den Vorteil, dass das Rad gerade nach oben einfedert und somit nur ein geringerer Freiraum für das Rad vorgesehen werden muss. Damit wird mehr Laderaum geschaffen.

Einzelradaufhängungen werden üblicherweise an den Vorderachsen von Reisebussen eingesetzt, um damit Komfortvorteile für die Passagiere zu erzielen.

Zusammenfassend ist also festzustellen: Die weich gefederte Einzelradaufhängung ist vorteilhaft für Fahrbahn und Ladung.

2.3 Optimierung der Achsabstände

An Sattelaufliegern werden heute auf Grund der gesetzlichen Bedingungen, die am Dreiachsaggregat ab einem Achsabstand von 1,3 m je Achse eine Achslast von 8 t zulassen, die Achsen in der Regel in einem Abstand von 1,31 m eingebaut. Das Bild 11 zeigt, dass veränderte Achsabstände ein wesentliches Potenzial zur Reduzierung der dynamischen Fahrbahnbelastung beinhalten. Es lässt sich vorstellen, dass im Extremfall sehr geringer Achsabstände, wenn alle Achsen aufeinander liegen, eine Fahrbahnunebenheit mit einem ‚Schlag’ auf Achse und Aufbau einwirken. Wandern die Achsen weiter auseinander teilt sich der ‚Schlag’ in drei zeitlich voneinander getrennte Impulse auf. Betrachtet man weiterhin periodische Unebenheiten mit kurzer Wellenlänge, z. B. 2 m, dann wird bei einem Achsabstand von 1 m zu einem Zeitpunkt die erste Achse in einem Tal stehen, die zweite auf einem Berg und die dritte wiederum in einem Tal. Dies bedeutet, dass auf den Aufbau zwei ‚Krafteinheiten’ nach unten wirken und eine nach oben. In Summe ergibt das eine nach unten gerichtete ‚Krafteinheit’. Liegen alle Achsen in einem Punkt, würden 3 ‚Krafteinheiten’ in eine Richtung wirken, die Anregung des Aufbaus zu Schwingungen wäre, vereinfacht formuliert, also 3-Mal stärker. Bei auf der Fahrbahn statistisch verteilten Unebenheiten verringert sich der statistische Zusammenhang der Unebenheiten mit zunehmendem Abstand. Damit verringert sich auch die Wahrscheinlichkeit, dass mehrere Achsen ‚auf einem Berg stehen’.

Bild 11: Wirkung veränderter Achsabstände am Sattelauflieger

Die Simulationen für das Bild 11 wurden nicht mit dem zuvor verwendeten Einachs-Zweispurmodell, sondern mit einem Vierachs-Einspurmodell nach dem Bild 12 durchgeführt. Die erste Achse steht darin für den Sattelpunkt mit untergelagerter Antriebsachse der Zugmaschine, die weiteren drei Achsen für die Aufliegerachsen. Durch die symmetrische Achsverschiebung ergibt sich keine Veränderung der statischen Achslasten. Die Ergebnisse sind hinsichtlich der Absolutwerte nicht unmittelbar mit den Rechnungen des Einachs-Zweispurmodells vergleichbar, da beim Vierachsmodell keine Wankanregung in die Rechung eingeht und die Aufbaubeschleunigungswerte im Schwerpunkt bestimmt wurden. Eine Reduktion der dynamischen Achslastschwankungen lässt sich an allen vier Achsen feststellen; im Bild 11 ist der arithmetische Mittelwert aller Achsen dargestellt.

Bild 12: Vierachs-Einspurmodell zur Achsabstandsvariationsrechnung

Durch die größeren Achsabstände werden für Kurvenfahrten Lenkachsen am Auflieger erforderlich, um den Reifenverschleiß und die Scherbelastungen auf der Fahrbahn zu reduzieren. Auf Lenkachsen wird in einem späteren Abschnitt noch eingegangen.

2.4 Einsatz schaltbarer oder aktiver Stabilisatoren

Stabilisatoren haben vornehmlich die Aufgabe, bei Lenkmanövern bzw. Kurvenfahrten die Wankwinkel gering zu halten. Bei freier Geradeausfahrt sind Stabilisatoren daher nicht erforderlich. Durch den Stabilisator wird die Wanksteifigkeit und damit auch die Wankeigenfrequenz angehoben. Es wurde bereits gezeigt, dass geringe Aufbauhubeigenfrequenzen zu geringen Aufbaubeschleunigungen und geringen Radlastschwankungen führen. Gleiches gilt für die Wankeigenfrequenz, wie das Bild 13 zeigt. Ein während der Geradeausfahrt abgeschalteter Stabilisator führt zu einer deutlichen Verbesserung der Ladegut- und Straßenschonung.

Bild 13: Wirkung eines schaltbaren Stabilisators

Bei Aufliegern mit herkömmlicher Längslenker-Starrachse werden in der Regel keine Stabilisatoren verbaut. Die erforderliche zusätzliche Wankfedersteife wird durch Tordieren der Längslenker hervorgerufen, wenn Wankwinkel auftreten. Hier müsste zum Einsatz schaltbarer Stabilisatoren das Achsführungskonzept geändert werden. Besonders vorteilhaft wären Einzelradaufhängungen. Bei Zugmaschinen werden in der Regel Stabilisatoren verbaut, die prinzipiell die Möglichkeit zur Schaltbarkeit bieten.

2.5 Beladungsadaptive Dämpfer

Für die vorhergehenden Rechnungen wurde immer von einer vollen Beladung des Nutzfahrzeugs ausgegangen. Im Konfliktschaubild der Dämpferauslegung ergibt sich dann eine für die Fahrbahnschonung optimale Dämpfereinstellung. Diese Dämpfereinstellung ist nur für diesen Beladungszustand optimal, für andere Lasten werden auch andere Dämpferkräfte erforderlich, wie die bereits vorgestellte Gleichung zur Bestimmung des Dämpfungsmaßes zeigt:

Eine geringere Aufbaumasse mA würde bei gleichem Dämpferfaktor kA zu einer Überdämpfung des Fahrzeugaufbaus führen, auch wenn eine Luftfeder die Aufbaueigenfrequenz konstant hält. Damit würde die Ladegut- und Straßenschonung herabgesetzt werden. Um diesen Konflikt zu bewältigen, werden passive Schwingungsdämpfer etwa auf Halblast ausgelegt.

Bild 14: Wirkung einer lastabhängigen Dämpfereinstellung

Eine Verbesserung lässt sich demnach erzielen, wenn die Dämpferkräfte an den Beladungszustand angepasst werden können. Das Bild 14 zeigt das Konfliktschaubild für das Einachszweispurmodell für halbe und volle Beladung. Darin sind die Punkte eingezeichnet, die sich bei einem Dämpfer ergeben, der auf mittlere Last optimiert ist. Bei voller Beladung sind für diesen Dämpfer Fahrbahnschonung und Ladegutschonung deutlich vom Optimum entfernt.

Lastabhängige Dämpfer sind seit einigen Jahren als Sonderausstattung für Nutzfahrzeuge erhältlich. Sie werden in der Regel pneumatisch gesteuert ausgeführt, sodass sich der Steueranschluss des Dämpfers unmittelbar an den Luftfederbalg anschließen lässt. Damit entfällt jegliche Elektronik zur Steuerung des Dämpfers.

2.6 Fahrzustandsselektiv geregelte Dämpfer

Eingangs wurde bereits auf den Konflikt bei der Dämpferauslegung hingewiesen, bei dem unmittelbar bei der Überfahrt über eine Unebenheit eher eine geringe oder gar keine Dämpfung gewünscht ist, hinter der Unebenheit zur schnellen Abdämpfung der Eigenschwingungen aber wieder eine sehr starke Dämpfung erforderlich ist. Dieser Konflikt ließe sich zu einem Teil lösen, wenn die Dämpfkraft der Schwingungsdämpfer eine Frequenzabhängigkeit besäße. Im Bereich der Eigenfrequenzen wäre eine hohe Dämpfung vorteilhaft, außerhalb dieser Frequenzbänder eine niedrige. Das Bild 15 zeigt die spektralen Leistungsdichten für Aufbaubeschleunigung und Radlastschwankung für unterschiedliche Dämpfereinstellungen [8].

Bild 15: Spektrale Leistungsdichten bei unterschiedlichen Dämpfereinstellungen

Es ist aus den spektralen Leistungsdichten leicht erkennbar, dass weiche Dämpfereinstellungen im Bereich der Eigenfrequenzen von Aufbau und Achse zu großen Amplituden führen, im Bereich außerhalb der Eigenfrequenzen eher zu geringen Werten. Im Bereich der Radeigenfrequenz kommt es zu dem Zielkonflikt in der Auslegung der Dämpfung auf Ladegutschonung und Fahrbahnschonung. Für die Reduktion der Aufbaubeschleunigung in den höherfrequenten Bereichen ist eine zur Radlastschwankungsreduktion abweichende Dämpfereinstellung vorteilhaft (Bild 15).

Die Potenziale, die sich aus einer frequenzselektiven Dämpfereinstellung ergeben, sind im Bild 16 in das Konfliktschaubild des Einachszweispurmodells eingezeichnet [8].

Bild 16: Potenzial einer frequenzselektiven Dämpfereinstellung

Die Ansteuerung der Dämpfer kann fahrzustandsadaptiv oder semiaktiv geschehen. Bei adaptiven Ansteuerungen werden die aktuellen Schwingungen des Fahrzeugs ausgewertet, ggf. auf die aus der Fahrbahn resultierenden Anregungsfrequenzen geschlossen und daraufhin die Dämpfer optimal eingestellt. Bei Brems- oder Ausweichmanövern und Kurvenfahrten wird zur Erhöhung der Fahrsicherheit eine härtere Einstellung gewählt. Eine Lastadaption, wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, kann damit ebenfalls realisiert werden. Die Anforderungen an die Schaltfrequenzen der Dämpfer sind hier geringer als bei den semiaktiven Systemen. Diese beobachten die Schwingbewegungen von Rad und Aufbau und wechseln dementsprechend schnell die Dämpfereinstellungen. Dies führt z. B. bei einer abwärtsgerichteten Aufbaubewegung und aufwärtsgerichteter Achsbewegung zu einer harten Dämpfereinstellung. Federt die Achse aber mit höherer Geschwindigkeit aus als der Aufbau nach unten schwingt, wird der Dämpfer weich gestellt, um ein Anfachen der Schwingung zu vermeiden. Solche Regelstrategien sind als Sky-Hook-Strategie bekannt.

Während im Pkw-Bereich sowohl adaptive als auch semiaktive Regelstrategien serienmäßig eingesetzt werden, findet man im Nutzfahrzeugbereich nur adaptive Systeme im Sonderzubehör.

2.7 Vergleich der Potenziale zur Reduzierung des dynamischen Lasteintrags

Im Bild 17 sind die Ergebnisse zur Reduktion des dynamischen Lasteintrags in die Fahrbahn, bezogen auf den Wert einer gewöhnlichen Starrachse mit der beschriebenen Fahrzeugauslegung zusammengefasst. Zum Vergleich wurde noch ein Rechenergebnis aufgenommen, das die Verminderung der dynamischen Radlastschwankungen bei einer Geschwindigkeitsverringerung von 95 km/h auf 85 km/h berücksichtigt.

Bild 17: Reduktion des dynamischen Lasteintrags relativ zur Standardachse

Ein verhältnismäßig großes Potenzial zur Reduktion des Lasteintrags liegt offensichtlich in der Variation des Achsabstands an Sattelaufliegern; dieses Potenzial reduziert sich aber mit weicherer Aufbaufederung. Die adaptiven Systeme zeigen neben weichen Aufbaufedern ebenfalls hohe Potenziale zur verbesserten Straßenschonung. Eine striktere Geschwindigkeitsbegrenzung bringt hier deutlich weniger Erfolg. Die geringsten Vorteile verschaffen reduzierte Achsmassen. Das hängt jedoch auch damit zusammen, dass die Gewichtseinsparung wieder unmittelbar der Zuladung aufgeschlagen wird. Die daraus verbesserte Transporteffizienz kann bei der hier dargestellten Betrachtung der Einzellasten nicht berücksichtigt werden.

Die vorliegenden Untersuchungen wurden mit Simulationsmodellen durchgeführt, die in einigen Fällen hohe Potenziale zur Straßenschonung aufdecken konnten. Das zeigt, dass es lohnenswert ist, einzelne Ansätze weiter auszuarbeiten, in genaueren Simulationen zu validieren und an Prototypen in die Realität umzusetzen. Damit lassen sich auch sinnvolle Kombinationen der gezeigten Einzelmaßnahmen erproben, um weitere Minderungen des Lasteintrags zu erzielen.

Im Folgenden seien noch einige zusätzliche Ansätze zur Reduktion der Lasteinträge in Fahrbahn und Ladung betrachtet.

3 Weitere Ansätze zur Reduktion der Lasten auf der Fahrbahn

Durch das Eigengewicht von Nutzfahrzeugen werden beim Gütertransport Lasten bewegt, die keinen Anteil an der Gütertransportleistung haben, aber dennoch zur Belastung der Straße beitragen. Im Transportwesen sollte deshalb das Ziel verfolgt werden, das Verhältnis von Nutzlast zu Leerlast so groß wie möglich zu machen, ohne dabei die Fahrbahn durch Einzellasten zu überlasten. Das kann z. B. durch verbesserte Logistikorganisation zur Vermeidung von Leerfahrten und Teilbeladungen geschehen. Es besteht aber auch die Möglichkeit, das Transportvolumen der Nutzfahrzeuge zu erhöhen. So genannte Roadtrains bieten hier eine sinnvolle Option. Durch das Anhängen eines zweiten Sattelaufliegers an einen Sattelzug kann die Nutzlast eines Zugs nahezu verdoppelt werden, ohne die Einzellasten auf der Fahrbahn nennenswert zu erhöhen. Da für den zweiten Auflieger keine zusätzliche Sattelzugmaschine erforderlich ist, sondern nur ein verhältnismäßig leichteres Hilfsfahrgestell mit Sattelkupplung (Dolly), wird das Verhältnis von Nutzlast zu Leerlast deutlich verbessert. Die Achsanordnung am Auflieger muss abgeändert werden, um an der Zugmaschine ausreichend Traktion sicherzustellen.

Überschlägige Rechnungen zur Straßenbeanspruchung aus den statischen Achslasten, ausgedrückt in Überrollungen mit einer 10t-Aquivalenzachse, werden häufig mit der 4.-Potenzregel durchgeführt. Wendet man das auf die im Bild 18 angegebenen Achslasten des Roadtrains an, dann ergeben sich für ein Transportgut von 48 t ca. 3,4 Zehntonnenachsüberrollungen (ZTA). Für das gleiche Transportgut auf herkömmlichen Sattelaufliegern sind rund 4,4 ZTA nötig. Die Straßenbeanspruchung wird demnach durch den Einsatz von Roadtrains bei gleicher Transportleistung um ca. 25 % reduziert.

Die Steigerung des Verhältnisses aus Nutzlast zu Leerlast und die Verringerung des Luftwiderstands des Roadtrains im Vergleich zu zwei Standard-Sattelzügen führt daneben zu einer erheblichen Einsparung von Kraftstoff je beförderter Tonne Ladegut. Zur Berechnung solcher Einspareffekte kann das Programmpaket PELOPS verwendet werden, das vor einigen Jahren am ika erstellt und seither kontinuierlich weiterentwickelt wurde. Das Programm wurde zur Verkehrsflussoptimierung im Zusammenspiel von Infrastruktur und Fahrzeugkollektiven aufgebaut. Die Simulationstiefe der einzelnen Fahrzeuge geht dabei so weit, dass unterschiedliche Fahrzeugtypen mit den ihnen eigenen Antriebs- und Verbrauchscharakteristiken abgebildet werden können. So lassen sich z. B. die Einflüsse neuartiger Abstandsregelelektroniken einzelner Fahrzeuge auf das gesamte Verkehrsgeschehen berechnen. Durch den Einsatz von Roadtrains verringert sich bei gleicher Transportleistung der auf der Fahrbahn benötigte Raum, da zwischen den sonst nötigen zwei Sattelzügen kein Sicherheitsabstand mehr erforderlich ist. Daraus ergibt sich ein zusätzliches Potenzial zur Verbesserung des Verkehrsflusses und damit zur Stauvermeidung. PELOPS kann auch für solche Rechnungen eingesetzt werden, um dieses Potenzial genauer zu erfassen.

Das Bild 19 zeigt einen Roadtrain im BO-Kraftkreis, dessen innere und äußere Grenzen bei einem 360° Wendemanöver im Rahmen der StVZO nicht überschritten werden dürfen. Durch den Einsatz von Nachlauflenkachsen lassen sich diese Grenzen auch für Roadtrains einhalten.

Bild 18: Achslasten am Roadtrain

Nachlauflenkachsen führen neben der dargestellten Verringerung des Breitenbedarfs bei Wendemanövern zu einer wesentlichen Reduktion der in die Fahrbahn eingeleiteten Scherbelastungen bei Kurvenfahrt. Die Scherbelastungen resultieren an Sattelaufliegern aus Verzwängung der Achsen, da die ungelenkten Räder querrutschen müssen. Bei engen Kurvenradien, wie im BO-Kraftkreis, können dabei an der ersten und dritten Aufliegerachse Schräglaufwinkel deutlich über 10° auftreten. Dadurch werden Reifenquerkräfte in die Fahrbahn eingeleitet, die in der Größenordnung der Radlasten liegen können.

Bei Einsatz einer Nachlaufachse am Dreiachsaggregat können diese Querkräfte etwa halbiert werden. Mit zwei Nachlaufachsen lassen sich die Kräfte vollständig eliminieren. Es sind dann nur noch die relativ geringen Kräfte zum Einschlagen der Lenkachsen aufzubringen.

Bild 19: Roadtrain im BO-Kraftkreis

Ein Problem hinsichtlich der Straßenbelastung ergibt sich bei Nutzfahrzeugen prinzipiell daraus, dass besonders auf Autobahnen in der Regel stets die gleiche rechte Fahrspur benutzt wird. Das resultiert häufig in eine starke Spurrinnenbildung, die frühzeitige Reparaturmaßnahmen an der Fahrbahn erfordert. Die Räder heutiger Fahrzeuge laufen vorwiegend in einer gemeinsamen Spur. Die Problematik der Spurrinnenbildung ließe sich abschwächen, wenn die Räder der einzelnen Achsen einen Spurversatz zueinander aufweisen würden. Das ist am Beispiel eines Sattelaufliegers im Bild 20 skizziert. Vergleicht man die Straßenbeanspruchung in der gekennzeichneten Hauptspur mittels der 4.-Potenzregel und legt dabei die im Bild 20 dargestellten Achslasten zu Grunde, dann ergeben sich für den konventionellen Sattelzug rund 1,4 ZTA-Überrollungen, für den Sattelzug mit Spurversatz am Auflieger aber nur 0,6 ZTA. Ein Spurversatz am Sattelauflieger kann die Fahrbahnbeanspruchung im Bereich der Deckschicht also um ca. 50 % reduzieren.

Bild 20: Spurversatz am Sattelauflieger zur verminderten Spurrinnenbildung

Ähnliche Effekte ließen sich durch spurversetzte Fahrzeugführung der gesamten Sattelzüge erreichen (Bild 21). Hierzu sind sowohl Sensoren erforderlich, die die Querposition des vorausfahrenden Fahrzeugs auf der Fahrbahn bestimmen, als auch Aktuatoren, die aktiv Lenkwinkel stellen, um die versetzte Spur einzustellen. Hochauflösende Umfeldsensoren sind zurzeit in Entwicklung, ein System für aktive Lenkeingriffe befindet sich im Pkw-Bereich bereits im Serieneinsatz.

Bild 21: Spurversetzte Fahrzeugführung zur verminderten Spurrinnenbildung

Weitere Ansätze zur Reduktion des Lasteintrags in die Fahrbahn ergeben sich aus Überlegungen zu Statistiken im Transportwesen. Hier zeigt sich, dass der Volumenauslastungsgrad der Transporte bei 80 % liegt, die Gewichtsauslastung aber lediglich bei ca. 70 % [4]. Bei einer Erhöhung des Ladevolumens ließe sich die Auslastung der Fahrzeuge verbessern. Damit kann ein Teil der Transportfahrten entfallen. Eine Volumenvergrößerung kann z. B. erzielt werden, wenn unter Beibehaltung der Außenabmaße des Lastzugs zwischen den Rädern ein Mittelflur eingerichtet wird. Dazu sind aber andere Konstruktionen der Radaufhängung erforderlich, da die geraden Achsrohre hier stören. Einzelradaufhängungen oder gekröpfte Achsrohre können dabei helfen. Durch die Einrichtung eines Mittelgangs im Niederflurbereich kann ein Laderaumgewinn bis zu 10 % erreicht werden. Damit ist ein Angleich von Volumen- und Gewichtsauslastung möglich.

Durch die fortschreitende elektronische Vernetzung von Infrastruktur und Individualverkehr ergeben sich neue Möglichkeiten zur optimierten Routenplanung, um Verkehrsstauungen und die damit einhergehende verstärkte Fahrbahnschädigung zu vermeiden. Hier sind besonders Online-Updates von elektronischen Karten mit Informationen über aktuelle und prognostizierte Staudaten, Baustellen usw. erforderlich. An der Entwicklung solcher Systeme wird zurzeit gearbeitet.

4 Zusammenfassung

Der Beitrag untersucht Ansätze zu fahrbahnschonenden Bauweisen von Nutzfahrzeugen. Dabei werden konstruktive und elektronisch unterstützte Systeme betrachtet. Es zeigen sich eine Vielzahl von Ansatzpunkten, die helfen die Lebensdauer der Straßen zu verlängern, was angesichts der prognostizierten Zunahme der Gütertransportleistung dringend notwendig ist.

Zum Teil sind die Technologien für eine straßenschonende Bauweise von Nutzfahrzeugen bereits vorhanden; sie werden aber mangels ausreichender ‚Incentivierung’ nur sporadisch eingesetzt. In anderen Fällen besteht noch Forschungs- und Entwicklungsbedarf, um die erforderlichen Komponenten und Systeme aufzubauen. Hier ist der Gesetzgeber gefragt, um dem Logistikunternehmer z. B. mit finanziellen Anreizen die kostenintensivere Anschaffung der Systeme zu ermöglichen. Das zukünftig eingeführte elektronische Mautsystem eröffnet dazu vielfältige Möglichkeiten. Weiterhin sind forschungsfördernde Stellen gefragt, um durch gezielte Förderung die Entwicklung neuer Systeme möglich zu machen.

Dann wird auch auf deutschen Straßen die Aufnahme des zukünftig größeren Transportbedarfs mit geringerer Belastung der Volkswirtschaft möglich sein.

Literaturverzeichnis

  1. Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen: Verkehrsprognose 2015 für die Bundesverkehrswegeplanung, FE-Nr. 96.578/1999, Bonn 1999
  2. Zirngibl, : Straßenbau und Schwerverkehr – Die Last mit der Last; In: Workshop Moderne Nutzfahrzeugfahrwerke, Institut für Kraftfahrwesen, Aachen, März 2000
  3. Eurostat, Statistisches Amt der Europäischen Gemeinschaften: Goods Transport by Road, Railways, Waterways and Pipelines, http://europa.eu.int/comm/eurostat/
  4. Glaeser, -P.: Neue Super-Breitreifen für Antriebsachsen von Nutzfahrzeugen – Auswirkungen auf die Straßenbelastung und Fahrsicherheit; In: Workshop Moderne Nutzfahrzeugfahrwerke, Institut für Kraftfahrwesen Aachen, März 2000
  5. Ammon, : Modellbildung und Systementwicklung in der Fahrzeugdynamik, Habilitationsschrift Universität Karlsruhe, B.G. Teubner Verlag, Stuttgart 1997
  6. W allentowitz, : Vertikal-/Querdynamik von Kraftfahrzeugen, Schriftenreihe Automobiltechnik, Forschungsgesellschaft Kraftfahrwesen, Aachen, September 2002
  7. European Commission, Directorate General Transport: COST334: Effects of Wide Single Tyres and Dual Tyres, Final Report of the Action, Brüssel 2001
  8. W allentowitz, ; Kohlstruck, R.: Hardware and Software Demands on Adjustable Shock Absorbers for Trucks and Passenger Cars, IEE Colloquium, Automotive Applications of Advanced Modelling and Control, Lucas Advanced Engineering Centre, Birmingham 1994