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1 Einleitung
Das Regelwerk für Geokunststoffe im Erdbau des Straßenbaus der FGSV umfasst das „Merkblatt über die Anwendung von Geokunststoffen im Erdbau des Straßenbaues“ (M Geok E), das eine Beschreibung der Produkte und ihrer Anwendungen enthält. Mit Hilfe der dem Merkblatt beigefügten „Checklisten für die Anwendung von Geokunststoffen im Erdbau des Straßenbaues“ (C Geok E) können die wesentlichen Abläufe bei der Bauvorbereitung und der Bauausführung überprüft werden. Die „Technischen Lieferbedingungen für Geokunststoffe im Erdbau des Straßenbaues“ (TL Geok E-StB 05) enthalten Anforderungen an Geokunststoffe, die im Erdbau und in Entwässerungsanlagen des Straßenbaus verwendet werden.
Mit der Veröffentlichung der überarbeiteten „Zusätzlichen Technischen Vertragsbedingungen und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau“ (ZTV E-StB 09) ist dieses Regelwerk nun vollständig. Die ZTV E-StB enthalten Regelungen für das Lösen, Laden, Fördern, Einbauen und Verdichten von Boden und Fels sowie von sonstigen erdbautechnisch geeigneten Stoffen. Dazu zählen auch die Anwendung, die Prüfung und der Einbau von Geokunststoffen im Erdbau.
Die ZTV E-StB sind die Vertragsgrundlage zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber. Es wird vorausgesetzt, dass die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil C: Allgemeine Technische Vertragsbedingungen für Bauleistungen, insbesondere die
- ATV DIN 18299 „Allgemeine Regelungen für Bauarbeiten jeder Art“ und die
- ATV DIN 18300 „Erdarbeiten“
Bestandteile des Bauvertrages
In diesem Beitrag werden die Verantwortlichkeiten für die Qualitätssicherung bei der Lieferung, der Weiterverarbeitung und der Abnahme von Erdbauleistungen beim Einsatz von Geokunststoffen dargelegt, die durch die neuen ZTV E-StB 09 geregelt sind.
2 Qualitätssicherung und Verantwortlichkeiten
Die Qualitätssicherung von Geokunststoffen von der Herstellung bis zur Abnahme des Bauloses erfolgt schrittweise:
- Werkseigene Produktionskontrolle durch den Hersteller mit Überwachung und Zertifizierung durch eine zugelassene Stelle,
- Eignungsprüfung durch den Auftragnehmer,
- Eigenüberwachungsprüfungen durch den Auftragnehmer,
- Kontrollprüfungen durch den Auftraggeber.
Die Verantwortlichkeiten für diese Schritte sind auf den Hersteller bzw. Händler, den Auftragnehmer und den Auftraggeber verteilt. Vertragsgrundlage für die Lieferung der Geokunststoffe vom Hersteller/Händler an den Auftragnehmer sind die „Technischen Lieferbedingungen für Geokunststoffe im Erdbau des Straßenbaues“ (TL Geok E-StB). Das Vertragsregelwerk zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber bilden die ZTV E-StB. Im Bild 1 sind diese Zusammenhänge grafisch dargestellt.
Bild 1: Schematische Übersicht über die durchzuführenden Aufgaben und Verantwortlichkeiten für das Liefern und Einbauen von Geokunststoffen
Vom Hersteller wird die CE-Kennzeichnung gemäß System 2+ durchgeführt. Gemäß dem Konformitätsnachweisverfahren nach den Europäischen Normen EN 13249 ff. werden die Erstprüfung des Produktes und die regelmäßigen Probenahmen und Materialprüfungen ausschließlich im Verantwortungsbereich der Hersteller durchgeführt. Im System 2+ gibt es keine feststehenden Anforderungen an die Qualifikation und Kompetenz der Materialprüfstellen.
Die Überwachungsstelle überwacht und überprüft die ordnungsgemäße Durchführung der werkseigenen Produktionskontrolle (WPK) und den Produktionsablauf. Das CE-Zertifikat besagt, dass gemäß der Produktnormen DIN EN 13249 ff produziert worden ist und daher das CE-Zeichen verwendet werden darf. Eine stichprobenartige Produktprüfung durch ein unabhängiges Prüflabor erfolgt im System 2+ jedoch nicht.
Die neuen ZTV E-StB beinhalten bei den Baustoffeingangsprüfungen (BEP) eine Öffnungsklausel, durch die der Umgang mit Geokunststoffen erleichtert und der Prüfumfang reduziert werden. Wenn der „In-den-Verkehr-Bringer“ (Hersteller oder Händler) den Nachweis einer gleichwertigen freiwilligen Überwachung (fÜ) erbringt, kann auf die Baustoffeingangsprüfung verzichtet werden.
Vom Industrieverband Geokunststoffe IVG wurde in Zusammenarbeit mit der BASt eine entsprechende Empfehlung für die Durchführung der Überwachung und Zertifizierung von Geotextilien, geotextilverwandten Produkten und Dichtungsbahnen, die nach dem europäischen Konformitätsnachweisverfahren System 2+ zugelassen sind, erstellt. Die Firmen und Verbände, die diese Empfehlung unterschreiben, verpflichten sich zu deren Einhaltung.
Die Verbandsempfehlung des IVG regelt die Handhabung der Probenahme und Prüfung von Materialproben. Für bestimmte Eigenschaften erfolgt eine regelmäßige Probenahme durch die zugelassene Überwachungsstelle. Ein Teil des Prüfumfanges der vom Hersteller durchzuführenden werkseigenen Produktionskontrolle wird von unabhängigen Prüflaboratorien mit besonderen Anforderungen an Personal, Ausstattung und fachliche und technische Kompetenz durchgeführt. Diese Voraussetzungen gelten als erfüllt, wenn eine Akkreditierung für die Prüfung von Eigenschaften gemäß DIN EN 13249 ff. nach einem Akkreditierungsverfahren erteilt ist, das auf international anerkannten Normen und Standards (DIN EN ISO/IEC 17025 und EN 45000 Reihe) beruht.
Produkte, die einer solchen freiwilligen Überwachung durch den Hersteller bzw. Händler unterliegen, sind am Produktqualitätszeichen des Industrieverbandes Geokunststoffe IVG (siehe: www.ivg.de) zu erkennen. Zusammen mit dem Zertifikat der CE-Kennzeichnung, durch die die werkseigene Produktionskontrolle nach dem System 2+ belegt wird, werden diese Produkte mit einem Produktzertifikat geliefert.
3 Prüfungen gemäß den ZTV E-StB
3.1 Allgemeines
ZTV E-StB, Abschnitt 1.6.1:
In den ZTV E-StB werden die Prüfungen unterschieden nach
- Eignungsprüfungen,
- Eigenüberwachungsprüfungen und
- Kontrollprüfungen.
Die Prüfungen umfassen, soweit erforderlich,
- die Probenahme,
- das sachgerechte Zubereiten, Lagern und versandfertige Verpacken der Probe,
- den Transport der Probe von der Entnahmestelle zur Prüfstelle und
- die Prüfungen selbst einschließlich Auswertung und Prüfbericht.
Die Prüfpunkte sind lage- und höhenmäßig in Plänen darzustellen (siehe Abschnitt 15). Die Ausführung der Prüfungen ist im Bautagebuch zu vermerken.
3.2 Probenahme
ZTV E-StB, Abschnitt 3.3.4.1:
Die Mindestgröße einer Probe beträgt 1,00 m in Längsrichtung mal der Bahnbreite und soll den Rollenaufdruck beinhalten. Entsprechend des Prüfumfanges kann sich die Notwendigkeit größerer Probenabmessungen ergeben. Über die Probenahme ist ein Protokoll zu fertigen und vom Auftragnehmer und dem Probenehmer zu unterzeichnen. In dem Protokoll ist die Nummer der Rolle anzugeben, von der die Probe entnommen worden ist. Ferner ist dem Protokoll das zugehörige CE – Etikett (DIN EN 13249 ff. bzw. DIN EN 13361 ff.) und das Verpackungsetikett (DIN EN ISO 10320) beizufügen.
Vom Auftragnehmer sind Rückstellproben für die Durchführung der Kontrollprüfungen durch den Auftraggeber zu nehmen.
Die Probenahme erfolgt durch den Auftragnehmer. Die Festlegung der Probengröße richtet sich nach den erforderlichen Prüfungen. Diese sind wiederum abhängig von der Anwendung, die dem Anhang 2 (Umfang der Prüfungen und Nachweise für die Baustoffeingangsprüfungen) und dem Anhang 3 (Umfang der Prüfungen und Nachweise für die Kontrollprüfungen) der ZTV E-StB entnommen werden können (vgl. Abschnitte 3.4.4 und 3.5). Die in den Anhängen enthaltenen Tabellen unterscheiden die Anwendung von Geotextilien und geotextilverwandten Produkten nach den Funktionen „Filtern“, „Entwässern“, „Bewehren“ und „Schützen“ sowie die Anwendung von Dichtungsbahnen. Die Funktion „Trennen“ ist immer in Zusammenhang entweder mit der Funktion „Filtern“ oder „Bewehren“ zu betrachten.
Falls das Produkt einer freiwilligen Überwachung unterliegt, reduziert sich die Probengröße auf die erforderliche Menge für die Durchführung der Kontrollprüfungen, die vom Auftraggeber für erforderlich gehalten werden. Die genaue Menge ist dem Auftragnehmer mitzuteilen.
Die Proben sind in einer Niederschrift von den Vertragspartnern anzuerkennen. Sie dienen im Rahmen der Kontrollprüfung zur Beurteilung der vertragsgerechten Lieferung.
3.3 Eignungsprüfungen
ZTV E-StB, Abschnitt 3.3.4.2:
Der Auftragnehmer erklärt die Eignung für den Verwendungszweck des von ihm für den Einbau vorgesehenen Produktes gemäß den Anforderungen des Bauvertrages durch Vorlage der Produktbeschreibung des Herstellers nach den TL Geok E-StB.
Der Auftraggeber kann die Vorlage der Ergebnisse der werkseigenen Produktionskontrolle des Geokunststoffherstellers vom Auftragnehmer verlangen. Sie müssen dem Auftragnehmer zur Vorlage beim Auftraggeber vom Hersteller zur Verfügung gestellt werden. Dies ist im Liefervertrag zwischen Auftragnehmer und Hersteller zu vereinbaren.
Durch die Eignungsprüfung wird der Nachweis der Eignung der Geokunststoffe für den vorgesehenen Verwendungszweck entsprechend den Anforderungen des Bauvertrages erbracht. Der Nachweis der Eignung obliegt dem Auftragnehmer.
Bei Geokunststoffen erfolgt der Nachweis der Eignung durch die Vorlage der Produktbeschreibung gemäß den TL Geok E-StB. Hierin sind die Anforderungen an die Produktbeschreibung der Geokunststoffe aufgeführt.
Die Vorlage der Ergebnisse der werkseigenen Produktionskontrolle wird empfohlen. Falls das vorgesehene Produkt einer freiwilligen Überwachung unterliegt, sollte das entsprechende Produktzertifikat zusammen mit den Ergebnissen der werkseigenen Produktionskontrolle angefordert werden.
Falls vom Auftraggeber verlangt, werden ihm von allen für die Bauausführung vorgesehenen Geokunststoffen genügend große Musterstücke übergeben, der diese unter Verschluss aufbewahrt. Dadurch ist ein schneller Vergleich der bestellten mit den gelieferten Produkten möglich. Diese Möglichkeit empfiehlt sich insbesondere dann, wenn ein unbekanntes Material oder ein Sonderprodukt bestellt wird.
3.4 Eigenüberwachungsprüfungen
3.4.1 Allgemeines
ZTV E-StB, Abschnitt 3.3.4.3:
Siehe DIN-Fachbericht CEN/TR 15019
Der Auftraggeber hat im Rahmen seiner Eigenüberwachungsprüfung die gelieferten Produkte und die fertige Leistung zu überprüfen. Die Überprüfung und ihre Dokumentation umfassen:
- den Nachweis, dass jede Rolle mit dem Verpackungsetikett gemäß Kennzeichnung nach DIN EN ISO 10320, mit dem CE-Etikett und das Produkt selbst alle 5 m mit Produktnamen und -typ gekennzeichnet sind und die Angaben dem vertraglich vereinbarten Produkt entsprechen,
- den Nachweis anhand CE-Etikett und Produktbeschreibung nach den TL Geok E-StB, dass die Produkteigenschaften den vertraglich vereinbarten Anforderungen entsprechen,
- den Nachweis der Übereinstimmung der Produkteigenschaften mit den Anforderungen des Bauvertrags durch eine Baustoffeingangsprüfung (Anhang 2, Tabellen 1 2),
- den Nachweis der Einhaltung der Anforderungen an die Behandlung der Produkte auf der Baustelle und an den Einbau.
Die Baustoffeingangsprüfung kann entfallen, wenn der Nachweis einer gleichwertigen freiwilligen Überwachung des Herstellers oder des Lieferanten vorgelegt wird.
Die Prüfbescheinigungen zu 1., 2. und 3. sind dem Auftraggeber vor dem Einbau der Produkte vorzulegen. Protokolle zu 4. sind dem Auftraggeber entsprechend dem Baufortschritt vorzulegen. …
Die Durchführung der Eigenüberwachungsprüfung obliegt dem Auftragnehmer, der dadurch nachweist, dass die Güteeigenschaften der gelieferten Geokunststoffe und die fertige Leistung den vertraglichen Anforderungen entsprechen. Die Eigenüberwachungsprüfungen sind unbedingt mit der gebotenen Sorgfalt und im erforderlichen Umfang durchzuführen. Werden Abweichungen von den vertraglichen Anforderungen festgestellt, sind die entsprechenden Mängel und deren Ursachen unverzüglich zu beseitigen.
Die im Rahmen der Eigenüberwachungsprüfungen zu erbringenden Prüfungen bzw. Dokumentationen sind nachfolgend im Einzelnen aufgeführt.
3.4.2 Bestätigung der Produktidentität gemäß DIN EN ISO 10320
Die Produkte sind gemäß DIN EN ISO 10320 mit einem Verpackungsetikett gekennzeichnet. Bei Bedarf kann jede Einheit durch einen Code bis zur Produktion rückverfolgt werden. Das Verpackungsetikett enthält die in der Tabelle 1 aufgeführten Angaben.
Zusätzlich muss das Produkt in Abständen von maximal 5 m mit Produktnamen und -typ so gekennzeichnet sein, dass auch eine Identifikation ohne die Originalverpackung möglich ist. Bei Geotextilien wird dies meist durch einen ausreichend beständigen Aufdruck an der Kante erzielt. Produkte, bei denen ein Aufdruck nicht möglich ist, können durch die Befestigung von Etiketten oder durch eine farbliche Markierung der Stirnseiten gekennzeichnet werden. Im letzten Fall müssen die Etiketten Einzelheiten über diese Farbmarkierung enthalten.
Vom Auftragnehmer ist zu überprüfen, ob die Angaben dem vertraglich vereinbarten Produkt entsprechen.
Tabelle 1: Beispiel für ein Verpackungsetikett gemäß DIN EN ISO 10320
3.4.3 Bestätigung der Produkteigenschaften
Die CE-Kennzeichnung erfordert nur die Ergebnisse der mandatierten Prüfungen gemäß der Produktnormen DIN EN 13249 ff. (CE-Begleitdokument). Um zu überprüfen, ob das gelieferte Produkt die vertraglich vereinbarten Anforderungen erfüllt, sind diese Angaben nicht ausreichend. Daher ist bei jeder Lieferung die Produktbeschreibung gemäß den TL Geok E-StB zu überprüfen.
Die Verbindung zwischen der zuvor bestätigten Produktidentität wird über die Prüfung der Produktbeschreibung mit den Angaben des CE-Etikettes hergestellt.
3.4.4.Durchführung der Baustoffeingangsprüfung
Da bei der Produktion gemäß dem System 2+ eine stichprobenartige Prüfung durch ein unabhängiges Prüflabor fehlt, ist die Baustoffeingangsprüfung unverzichtbar. Sie kann jedoch entfallen, wenn ein Produktzertifikat als Nachweis einer gleichwertigen freiwilligen Überwachung des Vertragspartners (Hersteller oder Lieferant) vorgelegt wird (vgl. Abschnitt 2).
Die Art der durchzuführenden Prüfungen ist abhängig von der Funktion des Produktes. Die erforderlichen Prüfungen sind dem Anhang 2 der ZTV E-StB zu entnehmen. Sie sind nachfolgend in der Tabelle 2 (Geotextilien und geotextilverwandte Produkte) und der Tabelle 3 (Dichtungsbahnen) korrigiert wiedergegeben.
ZTV E-StB, Abschnitt 3.3.4.3:
Die erforderliche Probenanzahl hängt von der Bedeutung des Produktes für die Sicherheit des Bauwerkes und der Fläche des gelieferten Produktes ab.
Hohe Sicherheitsanforderungen liegen bei Bewehrungen oder anderen Anwendungen vor, in denen die Langzeitfestigkeit bestimmend ist und/oder in denen das Produkt entscheidend für die Sicherheit der Konstruktion und des Bauwerkes ist. Die Anzahl der Proben beträgt mindestens 2 Proben je Lieferung bis 6.000 m², danach 1 Probe je weitere 6.000 m².
Normale Sicherheitsanforderungen gelten bei allen anderen Anwendungen. Die Anzahl der Proben beträgt mindestens 2 Proben je Lieferung bis 10.000 m², danach 1 Probe je weitere 10.000 m² (vgl. Bild 2).
Bild 2: Baustoffeingangsprüfungen in Abhängigkeit von der Durchführung einer freiwilligen Überwachung und den Sicherheitsanforderungen
Hohe Sicherheitsanforderungen betreffen z. B. Bewehrungsaufgaben (Eurocode 7 Klasse 2). Normale Sicherheitsanforderrungen betreffen alle anderen Anwendungen (Eurocode 7, Klasse 1).
Wenn bei bis zu 4 Prüfergebnissen jedes Einzelne die bauvertraglich vereinbarten Anforderungswerte einhält, ist die Lieferung anzunehmen. Wenn ein oder mehrere Prüfergebnisse diese Anforderungswerte nicht einhalten, ist die Lieferung zurückzuweisen oder es sind weitere Proben von dem gelieferten Produkt zu entnehmen, zu prüfen und zu bewerten. Die Bewertung erfolgt dann nach dem nachfolgend beschriebenen, statistischen Verfahren. Die Ergebnisse der ersten Prüfungen sind in die Bewertung einzubeziehen.
Bei 5 oder mehr Prüfergebnissen sind aus deren Mittelwert x und der Standardabweichung s im Falle eines 5 %-Mindestquantils TM die statistische Prüfgröße z
z = ̅x - k · s zu berechnen.
Im Falle des 5%-Höchstquantils TH ist die statistische Prüfgröße z
z = ̅x + k · s
zu bilden, wobei in beiden Fällen k der Annahmefaktor von 1,645 ist.
Die Lieferung ist anzunehmen, wenn im Falle eines geforderten Mindestquantils z ³ TM und im Falle eines Höchstquantils z £ TH ist; andernfalls ist die gesamte Lieferung zurückzuweisen und durch vertragsgemäße Produkte zu ersetzen.
Überprüft werden die im Vertrag festgelegten Anforderungswerte an die Mindestquantile (TM) bzw. Höchstquantile (TH). Mindestquantile sind:
bei Geokunststoffen und geokunststoffverwandten Produkten: Masse pro Flächeneinheit, Dicke, Höchstzugkraft und Höchstzugkraftdehnung, Durchdrückverhalten, Wasserdurchlässigkeit normal zur Fläche, Wasserdurchlässigkeit in der Ebene, Abflussleistung,
bei Dichtungsbahnen: Dicke, flächenbezogene Masse, Schmelzindex, Quellverhalten, Zugfestigkeit und Höchstzugkraftdehnung, Weiterreißfestigkeit, Wasseraufnahme und Montmorillonitgehalt.
Für die Wasserdurchlässigkeit bei Dichtungsbahnen ist das Höchstquantil maßgebend.
Tabelle 2: Geotextilien und geotextilverwandte Produkte – Umfang der Prüfungen und Nachweise bei Baustoffeingangsprüfungen
Anmerkung: Die Funktion „Trennen“ ist immer mit den Funktionen „Filtern“ oder „Bewehren“ zusammen zu betrachten. Der Prüfumfang ergibt sich aus der Summe der jeweils durchzuführenden Prüfungen.
Tabelle 3: Kunstoffdichtungsbahnen und Geotextile Dichtungsbahnen – Umfang der Prüfungen und Nachweise bei Baustoffeingangsprüfungen
3.4.5 Nachweis der Einhaltung der Anforderungen an die Behandlung der Produkte auf der Baustelle und an den Einbau
Zur Eigenüberwachungsprüfung gehört auch der Nachweis der Einhaltung der Einbauregeln, wie sie im „Merkblatt über die Anwendung von Geokunststoffen im Erdbau des Straßenbaues (M Geok E)“ und den ZTV E-StB festgelegt sind. Hierzu werden im Anhang 4 des M Geok E Formulare angeboten.
Es ist zu überprüfen, ob die in der Planung angenommenen Baustellenbedingungen mit den tatsächlichen Bedingungen übereinstimmen.
Beispielsweise sollten die Baustellenbedingungen auf folgende Punkte hin überprüft werden:
- abzudeckender Boden und Schüttboden (Einfluss auf die Einbaubeschädigung, chemische Beanspruchung B. durch hohe oder niedrige pH-Werte),
- Methode von Einbau und Verdichtung der Schüttung auf das Produkt (Einfluss auf die Einbaubeschädigung),
- Beanspruchung durch Bauverkehr (Spurrinnenbildung),
- Einfluss der Baustellenbedingungen auf Verhalten und Dauerhaftigkeit des Produktes.
Die Behandlung der Produkteinheiten (Rollen oder Pakete) auf der Baustelle muss den Anweisungen des Herstellers entsprechen und es ist zu sichern, dass Beschädigungen des Produktes, z. B. durch Abschürfen, Schlitzen, Einkerben oder Zerreißen, vermieden werden. Derart beschädigte Produkte dürfen nicht eingebaut werden.
Die Produkte müssen entsprechend den Herstellerangaben gelagert werden. Längere Bewitterung ist unbedingt zu vermeiden. Bei längerer Lagerung sind die Produkte in der Originalverpackung des Herstellers zu belassen.
Generell gilt, dass vom Auftragnehmer und stichprobenartig vom Auftraggeber während des Einbaus überprüft werden muss, ob der Einbau mit dem Entwurf gemäß der Planunterlagen und der Baubeschreibung übereinstimmt, das heißt dass:
- das Produkt so verlegt wird, wie es in den Planunterlagen dargestellt oder in der Baubeschreibung vorgegeben ist (z. B. in einem Einbauplan),
- das Produkt mit seiner Herstellrichtung (MD, machine direction) entsprechend der Planung verlegt wird,
- die Überlappung der Bahnen ausreichend ist,
- die Richtung der Überlappung korrekt ist,
- dort, wo erforderlich, die Verbindungen oder Nähte hergestellt werden,
- das Produkt mit der richtigen Seite nach oben zum Bauwerk verlegt wird.
Produkte, deren technische Eigenschaften durch Wasser beeinträchtigt werden können, sind unter trockenen Bedingungen einzubauen. Produkte, die durch Frost geschädigt werden können, müssen bei frostfreiem Wetter verlegt werden.
3.5 Kontrollprüfungen
Kontrollprüfungen sind Prüfungen des Auftraggebers, um festzustellen, ob die Güteeigenschaften der Geokunststoffe und der fertigen Leistung den vertraglichen Anforderungen entsprechen. Die Ergebnisse der Kontrollprüfungen werden der Abnahme zugrunde gelegt. Kontrollprüfungen sind unabdingbar, wenn die Entscheidung über die Abnahme auf der Basis von materiellen Prüfungen und nicht alleine auf der Grundlage von Verpackungsetikett, CE-Etikett oder Produktbeschreibung erfolgen soll.
Der Auftraggeber sollte sich durch örtliche Begehung und Kontrolle der Prüfzeugnisse laufend von der ordnungsgemäßen Durchführung der Eigenüberwachungsprüfungen überzeugen.
Es ist hilfreich, sich bei Vertragsabschluss Musterproben des vereinbarten Produktes aushändigen zu lassen, um einen schnellen optischen Vergleich mit den gelieferten Produkten bzw. den Rückstellproben durchzuführen.
Die Probenahme sowie die Prüfungen, die auf der Baustelle erfolgen, führt der Auftraggeber in Anwesenheit des Auftragnehmers durch. Es kann zweckmäßig sein, die Kontrollprüfungen gleichzeitig mit den Eigenüberwachungsprüfungen durchzuführen. Wie bei den Baustoffeingangsprüfungen wird auch bei den Kontrollprüfungen das 5 %-Quantil des festgelegten Anforderungswertes überprüft. Die erforderlichen Prüfungen werden vom Auftraggeber festgelegt. Es sollten die Prüfungen vorgesehen werden, mit denen die Identität und die Mindesteigenschaften festgestellt werden.
Die ZTV E-StB enthalten im Anhang 3 Vorschläge für den Umfang der Kontrollprüfungen in Abhängigkeit von Funktion und Material, die in der Tabelle 4 (Geotextilien und geotextilverwandte Produkte) und in der Tabelle 5 (Dichtungsbahnen) korrigiert wiedergegeben sind.
Werden die festgelegten Anforderungswerte nicht erfüllt, muss die gesamte Lieferung abgelehnt und durch vertragsgemäßes Material ersetzt werden.
Tabelle 4: Geotextilien und geotextilverwandte Produkte – Umfang der Prüfungen bei Kontrollprüfungen
Tabelle 5: Dichtungsbahnen – Umfang der Prüfungen bei Kontrollprüfungen
Beispiel für die Bewertung von Prüfergebnissen einer Kontrollprüfung
Gefordert ist ein Produkt mit einer Kurzzeitzugfestigkeit von ³ 47,5 kN/m.
Das angebotene Produkt hat gemäß Herstellerangaben einen Mittelwert der Kurzzeitfestigkeit von 50 kN/m bei einer Produktionsabweichung (Toleranz) von 2,5 kN/m. Der charakteristische Wert der Kurzzeitfestigkeit FB, k0 beträgt also 47,5 kN/m, die Anforderung gemäß Ausschreibung ist damit genau erfüllt.
Anmerkung: Die Produktionsabweichung wird vom Hersteller im Rahmen der Konformitätsbewertung bestimmt. Durch Rückrechnung (Division des angegebenen Toleranzwertes durch den Annahmefaktor) kann die Standardabweichung s dieser Prüfergebnisse bestimmt werden.
Die Standardabweichung s beträgt im Beispielfall also: 2,5 kN/m : 1,645 = 1,52 kN/m.
1. Fall: 2 Proben
Beispiel A: Prüfergebnisse: 47,5 kN/m und 50 kN/m: Beide Prüfergebnisse sind größer als der bauvertraglich vereinbarte Anforderungswert ⇒ Annahme!
Beispiel B: Prüfergebnisse: 46,5 kN/m und 50 kN/m: Ein Prüfergebnis ist kleiner als der Anforderungswert ⇒ Zurückweisung der gesamten Lieferung!
oder: Überprüfung einer weiteren Probe und anschließende statistische Auswertung:
drittes Prüfergebnis: 53 kN/m ⇒ z = x - 1,645 · s; z = 44,5 kN/m
Forderung an die Prüfgröße z gemäß den ZTV E-StB:
z ³ Mindestquantil TM; TM = 47,5 kN/m Þ Zurückweisung!
2. Fall: 5 Proben
Beispiele A bis C für fiktive Prüfwerte an jeweils 5 Proben:
Tabelle in PDF
Im Fall A sind alle Prüfwerte größer als der geforderte Wert von 47,5 kN/m, im Fall B ist ein Prüfwert kleiner. Die Forderung z ³ 47,5 kN/m ist jedoch in beiden Fällen erfüllt, die Lieferung ist also anzunehmen.
Obwohl im Fall C alle Prüfwerte oberhalb des vom Hersteller angegebenen Mittelwertes von 50 kN/m liegen und somit sogar höher als der geforderte Wert von 47,5 kN/m sind, ist das Annahmekriterium gemäß den ZTV E-StB nicht erfüllt, da die Prüfgröße z kleiner als das geforderte Mindestquantil TM ist! Grund hierfür ist die hohe Standardabweichung der Prüfwerte.
4 Zusammenfassung der erforderlichen Schritte nach Zuständigkeit
In den vorangegangen Abschnitten des Beitrages sind sehr viele Informationen enthalten. Um einen Überblick über die tatsächlichen Aufgaben von Auftragnehmer und Auftraggeber in den einzelnen Phasen des Bauablaufes zu geben, werden nachfolgend die einzelnen erforderlichen Schritte stichpunktartig aufgeführt. Detaillierte Hinweise zur einfachen und sicheren Durchführung aller Schritte enthalten die Checklisten im M Geok E.
Aufgaben des Auftragnehmers
- Eignungsprüfung:
- Vorlage der Produktbeschreibung nach den TL Geok E-StB zum Nachweis der Eignung der Geokunststoffe gemäß den Anforderungen des Bauvertrags beim
- Empfohlen:
- • Vorlage der werkseigenen Produktionskontrolle,
- • Nachfrage nach Musterprobe,
- • bei freiwilliger Überwachung: Nachfrage nach dem Produktzertifikat.
- Eigenüberwachungsprüfungen:
- Bestätigung der Produktidentität:
- Überprüfung der Übereinstimmung zwischen Verpackungsetikett, CE-Etikett und der auf dem Produkt angebrachten Kennzeichnung.
- Überprüfung der Produkteigenschaften bei jeder Lieferung:
- Vergleich von CE-Etikett und der Produktbeschreibung nach den TL Geok E-StB,
- Überprüfung der Angaben der Produktbeschreibung mit den vertraglich vereinbarten Anforderungen.
- Baustoffeingangsprüfung:
- Probenahme mit Anfertigung eines Protokolls, dem CE-Etikett und Verpackungsetikett beizufügen sind. Das Protokoll ist vom Auftragnehmer und dem Probenehmer zu unterzeichnen,
- Durchführung der Prüfungen in Abhängigkeit von der Funktion des Produktes und den Sicherheitsanforderungen. Bewertung der Prüfergebnisse abhängig von deren Anzahl; statistische Auswertung bei 5 oder mehr Prüfergebnissen,
- falls das Produkt einer freiwilligen Überwachung unterliegt: BEP entfällt; Anforderung des Produktzertifikates,
- Entnahme von Rückstellproben für die Durchführung der Kontrollprüfungen durch den Auftraggeber.
- Nachweis der Einhaltung der Anforderungen an die Behandlung der Produkte auf der Baustelle und an den Einbau:
- Prüfung in Abhängigkeit von der Funktion des Produktes,
- Empfohlen: Durchführung der Baustellenbehandlung und Einbaukontrolle gemäß Checklisten des M Geok E.
Alle mitgelieferten Dokumente (Verpackungsetikett, CE-Etikett, CE-Begleitdokument, Produktbeschreibung, Produktzertifikat) sind zu archivieren.
Aufgaben des Auftraggebers
- Kontrolle der Eignungsprüfung des Auftragnehmers:
- Kontrolle der vom Auftragnehmer vorgelegten Produktbeschreibung mit den bauvertraglich geforderten Eigenschaften des Produktes,
- Empfohlen:
- Vorlage der Prüfberichte zur WPK,
- falls das Produkt einer freiwilligen Überwachung unterliegt: Vorlage des Produktzertifikates,
- Nachfrage nach einer Musterprobe zum späteren einfacheren Vergleich mit dem gelieferten Produkt.
- Kontrolle der Eigenüberwachungsprüfungen des Auftragnehmers:
- Laufende Kontrolle der vom Auftragnehmer durchgeführten Nachweise und Prüfungen,
- örtliche Begehung zur Kontrolle der Einbaubedingungen und der Behandlung der Produkte,
- Empfohlen: Vergleich des gelieferten Produktes mit der Musterprobe,
- Mitteilung der für Kontrollprüfungen erforderlichen Probenmenge an den
- Durchführung der Kontrollprüfungen, Umfang gemäß den ZTV E-StB.
- Falls das Produkt keiner freiwilligen Überwachung unterliegt: Gegebenenfalls gemeinsame Durchführung von Baustoffeingangs- und Kontrollprüfungen.
Literaturverzeichnis
DIN EN ISO 10320: Geotextilien und geotextilverwandte Produkte – Identifikation auf der Baustelle
DIN EN 13249: Geotextilien und geotextilverwandte Produkte – Geforderte Eigenschaften für die Anwendung beim Bau von Straßen und sonstigen Verkehrsflächen
DIN EN 15382: Geosynthetische Dichtungsbahnen – Eigenschaften, die für die Anwendung in Verkehrsbauten erforderlich sind
DIN-Fachbericht CEN/TR 15019: Geotextilien und geotextilverwandte Produkte - Baustellenkontrolle; Deutsche Fassung DEN/TR 15019:2005
Müller-Rochholz, J. (2005 Hrsg): Geokunststoffe im Erd- und Straßenbau, Werner Verlag, München
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Merkblatt über die Anwendung von Geokunststoffen im Erdbau des Straßenbaues (M Geok E) mit Checklisten (C Geok E), Ausgabe 2005, Köln, FGSV 535
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Technische Lieferbedingungen für Geokunststoffe im Erdbau des Straßenbaues (TL Geok E-StB 05), Ausgabe 2005, Köln, FGSV 549
Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Zusätzliche technische Vertragsbedingungen und Richtlinien für Erdarbeiten im Straßenbau (ZTV E-StB), Köln, FGSV 599
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