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1 Einleitung
Seit etwa 20 Jahren werden Retentionsbodenfilter in der Bundesrepublik Deutschland für die Siedlungsentwässerung eingesetzt. Dazu existieren seit etwas mehr als 10 Jahren länderspezifische Regeln. Eine bundesweite Richtlinie ist 2005 als Merkblatt DWA-M 178 „Empfehlungen für Planung Bau und Betrieb von Retentionsbodenfiltern zur weitergehenden Regenwasserbehandlung im Misch- und Trennsystemen“ [1] erschienen.
Auch bei der Reinigung der Niederschlagsabflüsse stark befahrener Fernstraßen werden Bodenfilter seit etlichen Jahren vermehrt eingesetzt. Diese Filter werden in der Regel nach den „Richtlinien für die Anlage von Straßen (RAS) Teil: Entwässerung“ (RAS-Ew) der FGSV [2] bemessen und gebaut.
Die Unterscheide der beiden Regelwerksempfehlungen sowie Betriebsergebnisse von Bodenfilteranlagen im Trennsystem und in der Straßenentwässerung werden nachfolgend dargestellt. Daraus werden Empfehlungen für die Dimensionierung von Bodenfilteranlagen für Straßenabflüsse abgeleitet.
2 Retentionsbodenfilter
Bodenfilter sind Becken mit einem künstlich eingebrachten bewachsenen Filtersubstrat über einer Drän- und einer Dichtungsschicht. Bei Retentionsbodenfiltern (RBF) ist über dem Bodenfilter ein Retentionsraum vorhanden. Nach Passage des Filterkörpers wird das gereinigte Wasser in einer Dränage gefasst und gedrosselt oberhalb der Beckendichtung in ein Gewässer eingeleitet (Bild 1).
Bild 1: Retentionsbodenfilter mit vorgeschaltetem Absetzbecken nach den RAS-Ew [2]
In der bewachsenen, vertikal durchströmten Filterschicht werden durch Filtration partikuläre Feststoffe und auch etliche gelöste Stoffe durch Sorption und biochemische Prozesse zurückgehalten bzw. entfernt. Durch den gedrosselten Bodenfilterablauf kommt es zu einer Reduzierung der hydraulischen Gewässerbelastung.
Dem Retentionsbodenfilter ist immer eine Vorstufe zur Sedimentation vorgeschaltet (sogenannte Retentionsbodenfilteranlage RBFA). Damit soll die Kolmationsgefahr für den Filter begrenzt werden. Der Bewuchs der Filterfläche soll den Filterkörper ebenfalls vor Kolmation schützen.
3 Retentionsbodenfilter RAS-Ew und DWA-M 178
Die wesentlichen Unterschiede zwischen Retentionsbodenfiltern nach DWA-M 178 und den RAS-Ew sind in der Tabelle 1 zusammengefasst. Wie unten gezeigt wird, resultieren daraus vor allem deutlich größere Anlagen für die Straßenentwässerung.
3.1 Vorstufe
Ein wesentlicher Unterschied besteht in der Vorentlastung der Regenwasserbehandlungsanlage. Während nach DWA-M 178 der Zufluss zur Vorstufe auf eine kritische Regenspende begrenzt ist (üblich sind rkrit = 15 l/s(ha), gelangt bei den Bodenfiltern für Straßenabflüsse der gesamte Abfluss in Vorstufe und auf den Bodenfilter („Vollstrombehandlung“). Mit der Begrenzung auf rkrit = 15 l/s/ha werden in der Regel über 80 % der Niederschlagsabflusssumme erfasst.
Tabelle 1: Unterschiede in den Empfehlungen zu Retentionsbodenfiltern für Trennsystem und Straßenentwässerung nach DWA-M 178 und den RAS-Ew [2]
Durch die Vollstrombehandlung sind die Vorstufen nach den RAS-Ew bzw. RiStWag [3] in der Regel größer als die nach DWA-M 178. Das Bild 2 stellt die spezifischen Volumina der Vorstufen (als Rechteckbecken im Dauerstau) der angeschlossenen Fläche gegenüber. Bis zu einer Einzugsgebietsfläche von etwa 12 ha sind für die Vorstufen nach DWA-M 178 die geometrischen Randbedingungen maßgebend und die Anlagen haben unabhängig von der angeschlossenen Fläche ein Dauerstauvolumen von knapp 180 m³. Im Bild 1 sinken daher die spezifischen Dauerstauvolumina. Ab 12 ha Fläche sind ca. 15 m³/ha Dauerstauvolumen nötig.
Bild 2: Größe der Vorstufen von Retentionsbodenfiltern nach DWA-M 178 und den RAS-Ew/RiStWag, (Annahme r15,1 = 119 l/s/ha) verändert aus [4]
Werden die Vorstufen nach den RAS-Ew bzw. RiStWag bemessen, so sind ohne Fließzeitabminderung unabhängig von der angeschlossenen Fläche fast 90 m³/ha nötig. Werden dagegen die Bemessungsregenspenden für Fließzeiten > 15 min abgemindert, so ergeben sich ähnliche Werte wie für die DWA-M 178 Vorstufen. Bei den gebauten RistWag Abscheideanlagen wird von dieser Möglichkeit jedoch oft kein Gebrauch gemacht. Eine in [5] durchgeführte Erhebung von Abscheideanlagen nach den RiStWag ergab bei 10 detailliert untersuchten Becken in Betonbauweise mit senkrechten Wänden als Medianwert ein spezifisches Dauerstauvolumen von 108 m³/ha bei (Median von AE,b = 5,6 ha).
Ein weiterer bedeutsamer Unterschied ist die vorgeschlagene Betriebsweise der Vorstufen. Nach DWA-M 178 ist als Vorstufe ein RKB ohne Dauerstau (RKBoD) den RKB mit Dauerstau (RKBmD) vorzuziehen. Nach den RAS-Ew sind Absetzbecken mit Leichtflüssigkeitsabscheidung, die dadurch zwangsläufig im Dauerstau betrieben werden müssen, vorzusehen. Den Vorteilen der RKBmD wie
- guter Schutz im Havariefall und gesicherter Rückhalt von Leichtflüssigkeiten durch ständig eingestaute Tauchwand,
- kein Schmutzwasserkanalanschluss erforderlich,
stehen potenzielle Nachteile wie:
- Remobilisierung von weichen, wassergesättigten Sedimenten bei hoher hydraulischer Belastung,
- Rücklösung von im Sediment gebundenen Stoffen (z. B. Schwermetalle, P) bei anaeroben Verhältnissen,
- interne Biomassenproduktion durch Algenwachstum in den Trockenzeiten mit der Gefahr der Gewässerbelastung beim Verdrängen des Wasservolumens im Becken bei Niederschlagszufluss
gegenüber. Gerade bei stark befahrenen Bundesfernstraßen steht der Havariefall im Vordergrund, weshalb hier häufig als Vorstufe vor Bodenfilteranlagen Abscheidebecken nach den RiStWag [3] eingesetzt werden.
Eine Remobilisierung von Sedimenten bei starker hydraulischer Belastung konnte an einem nicht vorentlastetem Abscheidebecken an der BAB A 4 im Kölner Bereich nachgewiesen werden [6]. In [5] wurden darauf eine Umgestaltung des Zulaufbereiches und der Wegfall der vorderen Tauchwand für weitere Planungen empfohlen. Bei der Verwendung als Vorstufe vor Bodenfilteranlagen führt jedoch ein Sedimentaustrag aus der Vorstufe nicht zu einer Gewässerbelastung, da das Sediment auf der Filterfläche zurückgehalten wird.
3.2 Bodenfilter
Grundlegende Unterschiede bei den Bodenfiltern selbst bestehen nach dem FGSV und DWA Regelwerk bei der Drosselung am Filterablauf, dem vorgeschlagenen Bewuchs und vor allem bei der Bemessung der Anlagen.
Die vorentlasteten Bodenfilteranlagen nach DWA-M 178 werden nach Festlegung der Entlastungskenngrößen (Entlastungsrate, hydraulischer Wirkungsgrad, Entlastungshäufigkeit Filterbecken) so bemessen, dass eine hydraulische Filterflächenbelastung von im Mittel 50 /a nicht überschritten wird. Der zulässige spezifische Drosselabfluss beträgt dabei 0,02 l/s/m² Filterfläche. Nach Festlegung einer Filterfläche und damit eines Einstauvolumens wird der Drosselabfluss berechnet und iterativ im Nachweisverfahren (Niederschlags-Abfluss-Modellierung) die die Filterfläche und das Einstauvolumen so lange variiert, bis die Entlastungskenngrößen sowie die zulässige hydraulischen Filterbelastung eingehalten sind. Die nicht vorentlasteten Bodenfilteranlagen nach den RAS-Ew werden in Anlehnung an das DWA-A 138 als zentrale Versickerungsanlagen bemessen.
Die unterschiedliche Art der Bemessung führt zu großen Abweichungen der Bodenfiltergröße, wie ein exemplarisches Berechnungsbeispiel in der Tabelle 2 zeigt. Unter der Vorgabe eines hydraulischen Wirkungsgrades für die Gesamtanlage von h = 85 % benötigt man in diesem Beispiel nach DWA-M 178 etwa 1.100 m² Filterfläche. Die Drosselleistung beträgt dann 22 l/s (=0,02 l/s/m² * 1.100 m³). Die hydraulische mittlere Filterflächenbelastung wird mit 47 m/a berechnet und liegt damit unter dem Grenzwert von 50 m/a.
Tabelle 2: Exemplarische Bemessung nach den RAS-Ew und DWA-M 178, AE,b = 10 ha (N-A-Simulation mit erwin, Regenreihe Bieberach 1966 bis 1995, Standardparameter)
Nach den RAS-Ew werden unter Ansatz der für Sickerbecken empfohlenen maximalen Versickerrate von kf,u = 1,4·10-5 m/s etwa 4.000 m² Filterfläche notwendig, bei Ansatz der Durchlässigkeit für das Filtermaterial von kf = 2·10-4 m/s immerhin noch 1.750 m². Die Filterflächenbelastung ist trotz der Vollstrombehandlung 15 m/a bzw. 34 m/a deutlich kleiner als nach DWA-M 178. Ob die Durchlässigkeit des mit Oberboden abgedeckten Filtermaterials oder die empfohlene maximale Versickerrate anzusetzen ist, geht aus den RAS-Ew nicht eindeutig hervor. In jedem Fall aber ergeben sich deutlich größere Filterflächen und -volumina.
An das Filtersubstrat sind Grundanforderungen wie ausreichende Wasserdurchlässigkeit, strömungsmechanische Stabilität, gleichmäßige Durchströmung und ausreichende Basenausstattung zu stellen. Sowohl im DWA-M 178 als auch in den RAS-Ew werden Mittelsande empfohlen. Die genauere Korngrößenangabe des Substrates im DWA Regelwerk dient vor allem dazu, den Schluff- und Tonanteil zu begrenzen, der sich unter anderem nachteilig auf die Durchlässigkeit auswirkt. Weiter kann es bei Substraten mit höheren Feinkornanteilen nach Belastung mit tausalzhaltigem Niederschlagsabfluss zu einer Destabilisierung des Bodengefüges und einer Kolmation kommen [7].
Während das DWA-Regelwerk eine Drosselung der Filterabläufe auf einen Wert von 0,02 l/s/m² Filterfläche vorsieht, enthalten die RAS-Ew hierzu keine Angaben. Durch die Ablaufdrosselung soll in Zusammenhang mit dem gut durchlässigem Filtermaterial eine gleichmäßige Durchströmung des Filterkörpers und eine ausreichende Aufenthaltszeit des Wassers im Filter gewährleistet werden.
Das Bild 3 zeigt zusammenfassend den relativen Vergleich der behandelten Wassermenge, der Bemessungsgrößen, Vorstufenvolumen und Filterfläche sowie die Drosselleistung des Filterablaufes nach beiden Verfahren. Bezugsgröße sind die Bemessungswerte nach DWA-M 178.
Bild 3: Relativer Vergleich der Bemessungsgrößen nach DWA-M 178 (= 1) und den RAS-Ew (mit/ohne Fließzeitabminderung, Durchlässigkeit 1,4 10-5 m/s bzw. kf = 2·10-4 )
Insgesamt ist festzuhalten, dass bei Bodenfilteranlagen nach den RAS-Ew in der Regel die Vorstufen sowie die Filterflächen deutlich größer bemessen sind als nach DWA-M 178. Hier besteht ein großes Optimierungspotenzial insbesondere dann, wenn man die Betriebsergebnisse der Bodenfilteranlagen für die Straßenentwässerung und das Trennsystem berücksichtigt (vergleiche folgenden Abschnitt 4).
4 Betriebsergebnisse
Nachfolgend werden die Betriebsergebnisse von zwei Berliner Bodenfilteranlagen für Trenngebietsabflüsse bemessen nach DWA-M 178 und zwei Bodenfilteranlagen für die Abflüsse von Bundesfernstraßen in Berlin und im Bereich Köln dargestellt.
Bild 4: Retentionsbodenfilteranlage Köln BAB A 3, Köln-Ost, Blick über das Versickerungsbecken auf Bodenfilter und Vorstufe, Foto: Diefenthal
Bild 5: Retentionsbodenfilter Berlin Adlershof, Blick von der geschlossenen Vorstufe auf Bodenfilter Teil 1, im Hintergrund das Pumpwerk Adlershof
Die oben dargestellten unterschiedlichen Bemessungskriterien nach DWA-M 178 und den RAS-Ew lassen sich an den in der Tabelle 3 aufgelisteten Kenndaten der Bodenfilteranlagen gut ablesen. Die spezifischen Größen der Vorstufen betragen bei den Anlagen für Trennsystemabflüsse lediglich 14 bzw. 6 m³/ha. Bei der Biesdorfer Anlage wurde während der Ausführungsplanung das Volumen der Vorstufe halbiert. Damit soll in der Vorstufe vorwiegend grobes Material zurückgehalten und die Feinpartikel bewusst auf den Filter geleitet werden. Das Vorstufenvolumen für die beiden Anlagen zur Straßenentwässerung ist mit 150 bzw. 170 m³/ha um eine Zehnerpotenz höher.
Tabelle 3: Daten der Bodenfilteranlagen, Daten aus [4, 8, 9]
Die spezifische Filterfläche ist bei den Anlagen zur Straßenentwässerung ebenfalls deutlich (Faktor 2 bis 3) höher. Aufgrund einer Forderung der Wasserbehörde wurde dem Bodenfilter bei Köln an der BAB A 4 noch ein großes Versickerungsbecken nachgeschaltet. Während der Filteraufbau aller Berliner Anlagen in etwa den Empfehlungen der DWA-M 178 entspricht, weicht der Filteraufbau der seit 2003 in Betrieb befindlichen Kölner Anlage mit einer Filterschichtstärke von 0,2 m deutlich davon ab. Zum Zeitpunkt der Planung existierte für die Straßenfilter noch kein entsprechendes Regelwerk, die RAS-Ew wurde erst 2005 veröffentlicht.
4.1 Hydraulische Wirkung
Alle dargestellten Anlagen wurden im Rahmen von über die BASt und die Berliner Wasserbetriebe finanzierten Vorhaben messtechnisch untersucht [8, 4, 9]. Die hydraulische Belastung der Anlagen ist in der Tabelle 4 gegenübergestellt.
Tabelle 4: hydraulische Belastung der Bodenfilteranlagen, Daten aus [8, 4, 9]
Die mittlere spezifische Jahreszuflussmenge schwankt um Faktor 3 zwischen 1.480 m³/ha/a und 4.470 m³/ha/a, die neben den unterschiedlichen mittleren Jahresniederschlagshöhen vor allem vom jeweiligen Abflussverhältnis abhängt. Messungen zur Ermittlung der tatsächlichen Abflussverhältnisse sind vor der Dimensionierung der Anlagen daher dringend angeraten.
Bei allen Anlagen konnte nahezu die gesamte Niederschlagsabflussmenge behandelt werden, obgleich die Anlagen in Biesdorf und Adlershof nur auf Teilstrombehandlung ausgelegt sind. Zum einen ist das Abflussverhältnis und somit die mittlere jährliche spezifische Zuflussmenge vergleichsweise gering. Zum anderen ist noch nicht die gesamte bei der Planung zugrunde gelegte Einzugsgebietsfläche mit angeschlossen. Lediglich bei der Kölner Anlage kam es bei einem extremen Regenereignis innerhalb der 13-jährigen Regenreihe zu einer Entlastung des Bodenfilters. Bezogen auf die hydraulische Belastung der Filterfläche liegen alle Anlagen weit unterhalb des nach DWA-M 178 zulässigen Wertes von 50 m/a.
4.2 Stoffliche Wirkung
Die von den Berliner Wasserbetrieben betriebenen Bodenfilteranlagen Adlershof und Biesdorf sind vor allem wegen der notwendigen Verringerung der Nährstoffbelastung (insbesondere P) des Berliner Gewässersystems gebaut worden. Zur Verbesserung der P-Bindekapazität ist dem Filtersand Fe-Oxid zugemischt worden, um auch einen langfristigen Rückhalt zu sichern. Bei den Bodenfilteranlagen an den Autobahnen stand vor allem die Festlegung straßenspezifischer Schadstoffe im Vordergrund. Das untersuchte Parameterspektrum ist daher bei den Anlagen unterschiedlich.
Für einen Teil der untersuchten Parameter sind in der Tabelle 5 die Zu- und Ablaufkonzentrationen zu den Bodenfiltern dargestellt. Bei der Interpretation der Daten ist zu beachten, dass die Berliner Messungen durch ein größeres Datenkollektiv deutlich besser abgesichert sind und die Messungen nicht den gleichen Zeitraum umfassen. Die Zulaufkonzentration zu den Vorstufen wurde bei den Anlagen an der Autobahn nicht erfasst. Bei den Berliner Filtern Adlershof und Biesdorf ist die Wirkung der Vorstufe mit erfasst worden. Die Wirkungsgrade der Vorstufe bewegten sich für die meisten der untersuchten Parameter im Bereich < 10 % – 20 %.
Tabelle 5: Zu- und Ablaufkonzentrationen der Bodenfilter (Zulaufkonzentration = Ablauf Vorstufe), Daten aus [8, 4, 9]
Die Gegenüberstellung der Zulaufkonzentrationen zu den Bodenfiltern zeigt insbesondere für AFS gravierende Unterschiede auf. Bedingt durch die wesentlich größeren Vorstufen wurden bei den Anlagen an den Autobahnen deutlich geringere Zulaufkonzentrationen gemessen. Die Korngrößenanalyse zeigt bei allen untersuchten Anlagen, dass die AFS zu überwiegenden Anteilen (> 80 %) aus der Ton- und Schlufffraktion gebildet werden. Bei derart großen Vorstufen können auch diese Feinbestandteile sedimentiert werden. So wurden bei Erhebungsuntersuchungen an RiStWag Abscheidern [5] auch große Schluff- und Tonanteile in den Becken festgestellt. Ob diese Sedimente wieder ausgetragen werden können, hängt neben der regelmäßigen Sedimententnahme auch von der hydraulischen Belastung bei Großereignissen und den Strömungsbedingungen im Becken ab.
Die Sand- und Kiesfraktion gelangt kaum in den Zulaufbereich der Bodenfilter. Auf dem Fließweg findet hier bereits eine Korngrößenklassierung statt. Im Einzugsgebiet selbst wird ein Teil der Grobstoffe durch die Straßen- und Gullyreinigung zurückgehalten. Messungen der Sedimentmenge in Gullies ergaben eine eindeutige Abhängigkeit vom Intervall der Straßenreinigung. So wurde im Bereich der Bodenfilteranlage Adlershof (52 mal jährlich Straßenreinigung) in den Gullys ein Feststoffanfall von ca. 120 kg/ha/a und an der BAB A 113 in Berlin (3 mal jährlich Straßenreinigung) ein Feststoffanfall 5930 kg/ha/a gemessen.
Die Zinkkonzentration ist im Zulauf der Bodenfilteranlagen trotz der hohen Verkehrbelastung an den Autobahnen (DTV > 100.000 KFZ/d) für das Trennsystem deutlich höher als bei den Straßenanlagen. Da Zink zu größeren Anteilen partikulär gebunden vorliegt, wirkt sich auch hier die gute Sedimentation in den großen Becken aus. Die Messungen zeigen aber auch, dass auch ohne hoch belastete Verkehrsflächen Zink ubiquitär im Bereich der Ballungsräume verbreitet ist.
Die im Vergleich zu Adlershof und Biesdorf sehr geringe P-Konzentration an der BAB A 113 erklärt sich vor allem aus der fehlenden Vegetation an der durch Lärmschutzwälle von der Umgebung abgetrennten Autobahn.
Die Ablaufkonzentrationen aller Bodenfilter sind in einer ähnlichen Größenordnung und belegen die hohe Reinigungsleistung aller Anlagen. Der höhere Ablaufwert für NH4-N beim Adlershofer Bodenfilter ist durch die noch nicht abgeschlossene Entsalzung des Filtersubstrates bedingt. Zur dauerhaften P-Fixierung im Filterkörper ist hier in einem Filterbeet Fe-Oxid in Form von Grünsalz zugemischt worden, dass vorübergehend die Nitrifikation hemmt. Beim Kölner Bodenfilter wurde (bei geringen Ablaufkonzentrationen) ein schlechterer Wirkungsgrad bezogen auf die Feinpartikel festgestellt, was mit der geringen Filtermächtigkeit von lediglich 0,2 m und bevorzugten Fließwegen im Filter zu erklären ist. Aufgrund der geringen Filterbelastung haben Bodentiere den Filterkörper an einigen Stellen durch Bauten zerstört und schnelle Fließwege direkt in die Dränschicht geschaffen.
Als Zwischenfazit ist festzuhalten, dass die wesentlich größeren spezifischen Volumina der Vorstufen und die deutlich größere spezifische Filterfläche der Autobahnbodenfilter keinen Vorteil hinsichtlich der Ablaufqualität bringen. Auch bei den Trennsystemfiltern wirkt sich das um Faktor 2 größere spezifische Vorstufenvolumen der Adlershofer Anlage nicht positiv auf die Ablaufqualität aus. Die Filterfläche der Bodenfilteranlagen in Adlershof und Biesdorf wird jedoch in jedem Fall mit deutlich mehr Feinpartikeln belastet, als die der Autobahnfilter.
4.3 Sedimenteinfluss
Solange die Durchlässigkeit der Filteroberfläche erhalten bleibt, kann das eingetragene Sediment die Rückhalteleistung des Filters sogar erhöhen. Dieser positive Einfluss des Sedimentes kann aus der Tabelle 6 und dem Bild 6 abgeleitet werden.
Tabelle 6: Wirkungsgrade für zwei Substrate nach 140 m³/m² Belastung mit Straßenabflüssen im Lysimeterversuch verändert nach [7]
In Säulenversuchen sind unter Belastung mit realem Straßenabfluss unterschiedliche Filtersubstrate verglichen worden [7]. Nach einer Flächenbelastung von ca. 140 m³/m³ ist die Reinigungsleistung der Substrate praktisch identisch, obgleich Ferrosorp im Vergleich zu Quarzsand ein vielfach höheres Sorptionsvermögen z. B. gegenüber Schwermetallen aufweist.
Nach Versuchsende wurden die Lysimetersäulen tiefenorientiert beprobt und unter anderen der Feinpartikelanteil und die Konzentration an oxalatlöslichem Eisenoxid ermittelt (Bild 6). Dieses Eisenoxid bestimmt in hohem Maße die Sorptionkapazität des Substrates. Es ist zu erkennen, dass der ursprünglich über das ganze Profil gleich hohe Feinpartikelanteil durch den Eintrag von Feinsediment bei beiden Substraten in den oberen Schichten um ca. 5 % merklich angestiegen ist. Gleichzeitig ist beim Quarzsand die Konzentration an Eisenoxid und damit die Sorptionskapazität deutlich erhöht, was gemeinsam mit einer guten Filtrationswirkung zu den guten Wirkungsgraden führt.
Bild 6: Feinkornanteil und oxalat lösliches Eisenoxid zwei Substrate nach 140 m³/m² Belastung mit Straßenabflüssen im Lysimeterversuch verändert nach [7]
Ein Eintrag von Feinsediment auf die Filterfläche kann somit die Reinigungsleistung des Filters erhöhen und ist demnach positiv zu beurteilen. Voraussetzung ist jedoch, dass die Sedimente nicht zu einer Kolmation der Filterfläche und somit zu einem hydraulischen Versagen der Anlage führen. Dazu ist eine ausreichend lange Abtrockenzeit der Filterfläche grundlegende Voraussetzung. Dazu hat es sich als vorteilhaft erwiesen, die gesamte Filterfläche in zwei voneinander unabhängig zu beschickenden Teilflächen aufzuteilen, um eine alternierende Beschickung der Filterflächen zu erzielen.
5 Zusammenfassung und Empfehlungen
Aus dem theoretischen Vergleich der Bemessungsansätze und den Betriebsergebnissen von Bodenfilteranlagen im Trennsystem und für die Straßenentwässerung können folgende Schlussfolgerungen gezogen werden:
Die Philosophie der Bemessung der Vorstufen und Bodenfilteranlagen nach den RAS-Ew für die Straßenentwässerung geht von einer Vollstrombehandlung aus. Jedes Niederschlags-Abflussereignis wird auf die Anlage geleitet. Der Bodenfilter selbst ist für eine Überlaufhäufigkeit von n £ 0,1 bis 0,2 in Anlehnung an die DWA-A 138 dimensioniert. Die Bodenfilteranlagen im Trennsystem werden nach DWA-M 178 für eine kritische Regenspende bemessen (Teilstrombehandlung). Diese unterschiedlichen Ansätze führen zu deutlich größeren Volumina für die Vorstufen der Bodenfilter und für die Filter selbst. Im Trennsystem haben die Vorstufen ein spezifisches Volumen von etwa 15 m³/ha, für die Straßenentwässerung dagegen in der Regel um 100 m³/ha, es werden aber noch deutlich größere Volumina gebaut.
Die spezifischen Filterflächen betragen für die Bemessung nach DWA-M 178 etwa 1 % der angeschlossenen befestigten Fläche, während nach den RAS-Ew zwischen 1,7 und 4 % der angeschlossenen befestigten Fläche benötigt werden. Trotz der Vollstrombelastung bei diesen Filtern wird die allgemein als verträglich angesehene mittlere jährliche Filterflächenbelastung von 50 m/a deutlich unterschritten.
Die Betriebsergebnisse zeigen, dass die deutlich größeren Bodenfilter für die Straßenentwässerung keine Vorteile hinsichtlich der Ablaufqualität gegenüber den Anlagen für das Trennsystem aufweisen. Die Ergebnisse von Berliner Bodenfilteranlagen weisen nach, dass auch kleinere Vorstufengrößen ohne Verschlechterung der Ablaufqualität möglich sind. Damit wird mehr Feinsediment auf die Filterfläche aufgebracht, was sogar zu einer Steigerung der Rückhaltewirkung führen kann. Voraussetzung dafür sind ausreichend lange Abtrockenzeiten der Filterfläche, damit das Sediment strukturiert und durchlässig bleibt. Ausreichend lange Trockenzeiten sind durch eine Aufteilung der Filterfläche und alternierenden Betrieb der einzelnen Filterteile zu erzielen.
Im Auftrage des MLUV Brandenburg ist ein kompakter Retentionsbodenfilter für Trennsystemabflüsse entwickelt worden [10], dem als Vorstufe lediglich ein Geröllfang mit einem spezifischen Dauerstauvolumen von 0,5 m³/ha vorgeschaltet ist. Die Anlage ist für die Vollstrombehandlung ausgelegt. Das gesamte Feinsediment soll auf die Filterfläche gelangen. Diese ist durch eine 0,4 m hohe Betonwand in zwei Teile geteilt. Jeweils der eine oder andere Teil kann so durch entsprechende Schieberstellung im Zulaufbauwerk beschickt werden. Bei kleinen und mittleren Regenereignissen wird nur ein Filterbeet beaufschlagt und das andere Filterbeet bleibt aus Kolmationsschutzgründen trocken. Überschreitet bei stärkeren Niederschlagsabflüssen der Wasserstand des beschickten Filterbeetes die Trennwand, so strömt Wasser in das andere Filterbeet und das gesamte Speichervolumen wird aktiviert. Eine Tauchwand vor dem Filterüberlauf verhindert den Austrag von Schwimmstoffen oder Leichtflüssigkeiten ins Gewässer.
Die erste Anlage ist in Planung und soll im Betrieb durch ein Versuchsprogramm begleitet werden. Unter Berücksichtigung der betrieblichen Belange und eines ausreichenden Havarieschutzes bei Ölunfällen könnte diese Anlage in abgewandelter Form auch an Bundesfernstraßen eingesetzt werden und würde zu einer deutlichen Kostenersparnis führen.
Literaturverzeichnis
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- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für die Anlage von Straßen, Teil Entwässerung (RAS-Ew), Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen, Ausgabe 2005, Köln, FGSV 539
- Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen: Richtlinien für bautechnische Maßnahmen an Straßen in Wasserschutzgebieten (RiStWag), Ausgabe 2002, Köln, FGSV 514
- Grotehusmann, D.; Kasting, U. (2008): Vergleich der Reinigungsleistung von Retentionsbodenfiltern und Versickeranlagen an Bundesfernstraßen, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 1024, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bonn, 2009
- Grotehusmann, D.; Kasting, U.; Hunze, M. (2006): Optimierung von Absetzbecken, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 944, 2006
- Lange, G.; Grotehusmann, D.; Kasting, U.; Schütte, M.; Dieterich, M.; Sondermann, W. (2003): Wirksamkeit von Entwässerungsbecken im Bereich von Bundesfernstraßen, Forschung Straßenbau und Straßenverkehrstechnik, Heft 861, Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Bonn, 2003
- Kasting, U.; Grotehusmann, D. (2007): Bodenfilteranlagen zur Behandlung von Straßenabflüssen. Halbtechnische Bodenfilterversuche – Teil 2: Versuche zur Salzbelastbarkeit, Korrespondenz Abwasser Abfall 2007 (54) Nr. 8
- Grotehusmann, D.; Fuchs, S.; Lambert, B; Rüter, J (2009): Untersuchungsprogramm zum RBF Biesdorf 2005 bis 2009, unveröffentlichter Schlussbericht, Auftraggeber Berliner Wasser Betriebe
- Grotehusmann, D.; Fuchs, S.; Lambert, B; Rüter, J (2009): Untersuchungsprogramm zum RBF Adlershof 2005 bis 2008, unveröffentlichter Schlussbericht, Auftraggeber Berliner Wasser Betriebe
- Lambert, D.; Fuchs, S.; Grotehusmann, D.; Kasting, U. (2008): Gutachten über die Anwendung semizentraler Verfahren zur Behandlung von Regenwasser aus Siedlungsgebieten (Trennsystem) unter besonderer Berücksichtigung des Phosphat-Rückhalts; im Auftrag des MLUV Brandenburg, unveröffentlichter Schlussbericht
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