FGSV-Nr. FGSV A 38
Ort Stuttgart
Datum 08.05.2007
Titel Die Technischen Lieferbedingungen für Bindemittel
Autoren Dr.-Ing. Anja Sörensen
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Die Technischen Lieferbedingungen für Bindemittel, im Einzelnen die TL Bitumen und die TL Bitumenemulsionen, werden die nationalen Anwendungsdokumente für die Europäischen Anforderungsnormen der jeweiligen Produkte sein.

Die TL Bitumen beschreiben die hierzulande verwendeten Straßenbaubitumen und PmB nach EN 12591 und EN 14023, die TL Bitumenemulsionen wiederum die kationischen Bitumenemulsionen gemäß EN 13808. Beide technische Lieferbedingungen enthalten in tabellarischer Form die Anforderungswerte an die jeweiligen Produkte sowie Angaben zur Erstprüfung, zur werkseigenen Produktionskontrolle und zur CE-Kennzeichnung.

Bereits die TL PmB 2001 enthielten die Aufforderung zur Erfahrungssammlung mit Prüfverfahren zur Ansprache der Rheologie der Bindemittel. Im gleichen Sinne und vor dem Hintergrund des Auftrages von CEN zur Erstellung am Gebrauchsverhalten orientierter Anforderungsnormen wird auch in den TL Bitumen die Sammlung von Erfahrungen mit zusätzlichen Prüfverfahren angeregt.

PDF
Volltext

Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

1   Einleitung

Die Technischen Lieferbedingungen für Bindemittel werden die nationalen Anwendungsdokumente für die Europäischen Anforderungsnormen der jeweiligen Produkte sein.

Im Jahr 2006 wurden die Europäischen Anforderungsnormen für polymermodifizierte Bindemittel (PmB), die EN 14023, und für kationische Bitumenemulsionen, die EN 13808, von der Mehrheit der CEN-Mitgliedsorganisation verabschiedet. Beide Normen sind als Rahmenwerke und Klassensysteme aufgebaut. Hier war die Erarbeitung nationaler Anwendungsdokumente erforderlich, um die von den Normen gebotenen umfassenden Möglichkeiten der Produktbeschreibung in technisch sinnvolle und den jeweiligen Anwendungszwecken entsprechende Produktanforderungen zu übertragen.

Die im Jahr 1999 veröffentlichte und in Deutschland im Jahr 2000 eingeführte Anforderungsnorm für Straßenbaubitumen EN 12591 genügte bereits bei ihrer Veröffentlichung nicht mehr den damals neuen Regelungen für harmonisierte europäische Normen. Im Rahmen ihrer, turnusmäßig alle fünf Jahre durchzuführenden, Überarbeitung wurde die Norm inhaltlich angepasst werden, ohne dass es zu, aus deutscher Sicht, gravierenden Änderungen der Produktanforderungen gekommen ist. Wie bisher auch werden nicht alle Produkteigenschaften in allen CEN-Ländern gefordert werden, so dass begrenzte Wahlmöglichkeiten bezüglich der Anforderungen bestehen. Um die in Deutschland an Straßenbaubitumen gestellten Anforderungen transparent zu machen, sollte auch die EN 12591 in ein nationales Anwendungsdokument überführt werden.

Die TL Bitumen beschreiben die hierzulande verwendeten Straßenbaubitumen und PmB nach EN 12591 und EN 14023, die TL Bitumenemulsionen wiederum die kationischen Bitumenemulsionen gemäß EN 13808. Beide Dokumente enthalten in tabellarischer Form die Anforderungswerte an die jeweiligen Produkte sowie Angaben zur Erstprüfung, zur werkseigenen Produktionskontrolle und zur CE-Kennzeichnung.

Neu ist mit Blick auf die Bitumenemulsionen, dass unabhängig vom jeweiligen Anwendungszweck und unabhängig davon, ob es sich um polymermodifizierte Emulsionen handelt oder nicht, alle kationischen Bitumenemulsionen in einem Dokument beschrieben werden. Damit einher geht u. a. auch die neue Bezeichnung der Produkte.

2   Nationale Anwendungsdokumente: Umsetzung Europäischer Normen

Ziel der Europäischen Normung ist die Unterstützung des freien Warenverkehrs innerhalb des europäischen Binnenmarktes durch einheitliche Produkte, deren Eigenschaften transparent sind und damit die Erhöhung des Wettbewerbs. Konsequenterweise enthalten Europäische Anforderungsnormen alle in Europa an die in ihnen beschriebenen Produkte gestellten Anforderungen und müssen in allen Mitgliedsstaaten eingeführt werden. Zeitgleich sind entgegenstehende nationale Normen zurückzuziehen. Die Europäischen Normen müssen umfassend sein und dürfen insbesondere nicht von nationalen Normen eingeschränkt oder ergänzt werden. Allerdings ist es zulässig und oftmals auch erforderlich, die ins nationale Regelwerk umgesetzten Europäischen Normen durch nationale Anhänge oder nationale Anwendungsdokumente zu begleiten.

In Deutschland wurde entschieden, für die hierzulande gebräuchlichen Produkte derartige nationale Anwendungsdokumente in Form Technischer Lieferbedingungen aufzustellen. Mit den TL Bitumen-StB und den TL BE-StB werden die entsprechenden Europäischen Normen in das nationale Regelwerk umgesetzt. Ziel war es, alle für den Verwender relevanten Informationen der Anforderungsnormen in jeweils einem Dokument zusammenzufassen, die Produkte eindeutig zu beschreiben und somit den Umgang mit den Europäischen Normen zu erleichtern.

3   Technische Lieferbedingungen für Straßenbaubitumen und gebrauchsfertige polymermodifizierte Bitumen (TL Bitumen-StB 2007)

Die Technischen Lieferbedingungen für Straßenbaubitumen und polymermodifizierte Bitumen, kurz TL Bitumen-StB, stellen das nationale Anwendungsdokument für die

  • DIN EN 12591: Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel – Anforderungen an Straßenbaubitumen und
  • DIN EN 14023: Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel – Rahmenwerk für die Spezifikation von polymermodifizierten Bitumen

dar.

Nicht umgesetzt werden wird dagegen die DIN EN 13924, die Anforderungen an in Deutschland nicht gebräuchliche harte Straßenbaubitumen beschreibt.

3.1 Straßenbaubitumen nach DIN EN 12591

Die europäische Anforderungsnorm EN 12591 wurde bereits im Jahr 1999 veröffentlicht und per 1. Juni 2000 auch in Deutschland als DIN EN eingeführt, wobei bereits zu diesem Zeitpunkt feststand, dass die EN 12591 nicht den neuen CEN-Regelungen für harmonisierte Normen entsprach.

Nach den Regeln des CEN müssen europäische Normen im Turnus von fünf Jahren überprüft werden. Der Abschluss des Revisionsprozesses der EN 12591 steht unmittelbar bevor und bezüglich der in Deutschland angewendeten Produkte wird es keine entscheidenden Änderungen der Anforderungen an die Produkte geben. Das heißt auch, dass die bekannten und seit dem Jahr 2000 verwendeten Sortenbezeichnungen, beispielsweise Bitumen 70/100 oder 50/70, beibehalten werden.

Einzige Änderung im Zusammenhang mit den Anforderungen an die Produkte ist die konsequente Umsetzung der Forderung, dass es nur noch ein Prüfverfahren pro mandatierte Eigenschaft in einer Anforderungsnorm geben darf. Für den Aspekt der Dauerhaftigkeit, der für bitumenhaltige Bindemittel durch die Prüfung von Eigenschaften nach Alterung im Laboratorium angesprochen wird, wird auf das in Deutschland bewährte Verfahren der Alterung im rotierenden Kolben (RFT) zugunsten des bereits seit 1999 als Schiedsverfahren benannten RTFOT-Verfahrens verzichtet werden.

3.2 Polymermodifizierte Bitumen nach DIN EN 14023

Bei der EN 14023 handelt es sich um eine Anforderungsnorm im so genannten Klassensystem: Für die einzelnen Anforderungen werden verschiedene Grenzwerte in Klassen angegeben. Die Anforderungen der einzelnen Mitgliedsstaaten an die PmB werden in der Regel über die nationalen Anhänge bzw. Anwendungsdokumente zur EN 14023 konkretisiert. Hier werden die Sinnhaftigkeit und die Notwendigkeit derartiger Dokumente deutlich.

In den TL Bitumen-StB werden die in Deutschland gebräuchlichen polymermodifizierten Bitumen in zwei Tabellen beschrieben, nämlich jeweils einer für elastomermodifizierte bzw. für plastomermodifizierte Bitumen. Der Einfachheit halber wurden dabei die lange gebräuchlichen Bezeichnungen „A“ für elstomermodifizierte PmB und „C“ für plastomermodifizierte PmB beibehalten. Neu sind dagegen für fast alle PmB die Sortennamen, die sich zukünftig aus dem Wertebereich der Nadelpenetration und dem Mindestwert des Erweichungspunktes Ring und Kugel zusammensetzen werden. Die Tabelle 1, die dem Anhang A des Entwurfs der TL Bitumen-StB entnommen wurde, soll den Übergang vom Gebrauch alter auf neue Sortenbezeichnungen erleichtern:

Tabelle 1: Gegenüberstellung alter und neuer Sortenbezeichnungen für PmB

Es ist festzustellen, dass die neuen Sortenbezeichnungen gar nicht so neu sind, denn das PmB 40/100-65 H, das bereits in den TL PmB, Ausgabe 2001 enthalten war, folgte bereits demselben Grundsatz.

Aus deutscher Sicht ist das Fehlen eines oberen Grenzwertes für den Erweichungspunkt Ring und Kugel in der EN 14023 eine gravierende Änderung. Das damit verbundene vertragliche Problem mit Blick auf Forderungen an den maximalen Wert des Erweichungspunktes Ring und Kugel nach Extraktion aus dem Asphalt im Rahmen von Kontrollprüfungen wurde auch in den Gremien der FGSV diskutiert und gelöst durch die Formulierungen der ZTV Asphalt-StB.

Darüber hinaus werden sich die Penetrationsspanne bei zwei Produktsorten geringfügig verschieben, wobei die Auswirkungen dieser Verschiebungen als marginal zu beurteilen sind. Neu ist, dass an PmB Anforderungen zur Kohäsion gestellt werden, die in Deutschland über die Bestimmung der Formänderungsarbeit durch Prüfung der Kraftduktilität angesprochen werden. Und es sei darauf hingewiesen, dass hinsichtlich der Lagerbeständigkeit vermeintlich großzügigere Anforderungen an die PmB gestellt werden. Tatsächlich wird mit den neuen Grenzwerten aber nur der Präzision des Prüfverfahrens Rechnung getragen und somit die Situation beseitigt, dass Anforderungen gestellt wurden, die mit dem zugrunde liegenden Prüfverfahren gar nicht zuverlässig bestimmt werden konnten. Im Übrigen besteht kein Zweifel daran, dass PmB, die nicht lagerstabil sind durch deutlich größere Prüfwerte auffallen als die nun geforderten. Die Sorge, dass sich die Qualität der Produkte mit Einführung der DIN EN 14023 verschlechtern könnte, ist unbegründet.

3.3 Erfahrungssammlung

Die in Deutschland zur Erfahrungssammlung angewendeten und in der TL PmB 2001 benannten rheologischen Prüfverfahren finden sich nicht oder nur in einem Anhang in den DIN EN 12591 und DIN EN 14023 wieder. Andererseits hat die Europäische Kommission CEN den Auftrag zur Erarbeitung von am Gebrauchsverhalten orientierten Anforderungsnormen erteilt.

Um für die Erstellung zukünftiger Spezifikationen einen ausreichenden Erfahrungshintergrund zu haben und als Erweiterung der oben genannten umfangreichen und langjährigen Untersuchungen wird in den TL Bitumen-StB dazu angeregt werden, auch weiterhin zusätzliche Prüfungen durchzuführen. Die Einführung der TL Bitumen-StB ist zudem ein guter Zeitpunkt für eine Zusammenstellung und Auswertung der bereits vorliegenden Daten.

4  Technische Lieferbedingungen für Bitumenemulsionen (TL BE-StB 2007)

Die Technischen Lieferbedingungen für Bitumenemulsionen, kurz TL BE-StB, sind das nationale Anwendungsdokument für die EN 13808: Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel - Rahmenwerk für die Spezifizierung kationischer Bitumenemulsionen, die, ähnlich wie die EN 14023, ein Klassensystem darstellt. Die TL BE-StB beschreiben alle im Straßenbau verwendeten kationischen Bitumenemulsionen und bringen neue Sortenbezeichnungen, neue Prüfverfahren und damit auch angepasste Anforderungen mit sich.

Die Bezeichnung der kationischen Bitumenemulsionen wird sich zukünftig aus folgenden Angaben zusammensetzen:

  • Nenngehalt an Bindemittel [M-%],
  • verwendete Bindemittelart,
  • Klasse des Brechwerts und
  • Anwendungsbereich.

Eine Emulsion der Bezeichnung „C 60 BP 5 – DSH“ ist also eine kationische Bitumenemulsion mit einem Nenngehalt von 60 M-% Bindemittel aus PmB, die der Brechwertklasse 5 entspricht und für Dünne Schichten im Heißeinbau auf Versiegelung (DSH-V) angewendet wird.

In den TL BE-StB werden sechs Tabellen mit Anforderungen für kationische Bitumenemulsionen enthalten sein, abhängig von deren Anwendungsbereich. Die Anzahl der in den Tabellen beschriebenen Sorten variiert und kann der Tabelle 2 entnommen werden.

Tabelle 2: Anwendungsbereiche und jeweilige Anzahl an Sorten der kationischen Bitumenemulsionen

Entgegen dem bisherigen deutschen Regelwerk werden in der DIN EN 13808 und folglich auch in den TL BE-StB keine Anforderungen mehr an den Wassergehalt der Emulsionen, an die Prüfung der Wassereinwirkung auf den Bindemittelüberzug und an den Brechpunkt nach Fraaß des rückgewonnenen Bindemittels gestellt. Indirekt wird der Wassergehalt allerdings über den Nenngehalt an Bindemittel angesprochen.

Neu wird dagegen sein, dass an polymermodifizierte Bitumenemulsionen auch Anforderungen an die Kraftduktilität und die elastische Rückstellung des rückgewonnenen Bindemittels gestellt werden und dass generell Anforderungen an das Bindemittel nach Bindemittelstabilisierung und anschließender PAV-Alterung gestellt werden. Das Verfahren der Bindemittelstabilisierung wurde in Deutschland bisher ebenso wenig eingesetzt, wie die PAV-Alterung, so dass die Angabe von Grenzwerten hier nicht möglich war.

5   Zusammenfassung

Die Technischen Lieferbedingungen für Bindemittel werden die in Deutschland mit gutem Erfolg verwendeten bitumenhaltigen Bindemittel bestmöglich entsprechend den Vorgaben der Europäischen Anforderungsnormen ihres jeweiligen Anwendungsbereichs beschreiben. Außerdem werden sie einen Überblick geben über die der CE-Kennzeichnung der Produkte zugrunde liegenden Prozeduren.

Es wird auch weiterhin unerlässlich sein, aktiv an den europäischen Normungsaufgaben mitzuarbeiten, um die Erfahrungen aus Deutschland in die gemeinsamen Normen einbringen zu können. Die Erfahrungssammlung an polymermodifizierten Bindemitteln, die mit Einführung der TL PmB 2001 begonnen wurde, stellt dabei einen wichtigen Beitrag dar der unbedingt weitergegeben werden muss.

Doch auch Kritik wurde bereits laut an den Grenzen, die von den Europäischen Anforderungsnormen aufgegeben wurden und die sich in den Technischen Lieferbedingungen für Bindemittel zwangsläufig wiederfinden. Deren Erstellung hat gerade auch in der FGSV viel Engagement aller Beteiligten erfordert, wofür ausdrücklich zu danken ist.

Literaturverzeichnis

DIN EN 12591     Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel; Anforderung an Straßenbaubitumen; Deutsche Fassung prEN 12591:2005

DIN EN 13808     Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel; Rahmenwerk für die Spezifizierung kationischer Bitumenemulsionen;
                            Deutsche Fassung EN 13808:2005

DIN EN 13924     Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel; Anforderungen an harte Straßenbaubitumen; Deutsche Fassung EN 13924:2006

DIN EN 14023     Bitumen und bitumenhaltige Bindemittel; Rahmenwerk für die Spezifikation von polymermodifizierten Bitumen;
                             Deutsche Fassung EN 14023:2005

TL PmB               Technische Lieferbedingungen für gebrauchsfertige polymermodifizierte Bitumen; FGSV 2001 (FGSV 748)