FGSV-Nr. FGSV A 38
Ort Stuttgart
Datum 08.05.2007
Titel Straßenbau in Baden-Württemberg
Autoren MDirig. Dipl.-Ing. Bernd Köngeter
Kategorien Asphaltstraßen
Einleitung

Es ist erfreulich, dass die Forschungsgesellschaft für Straßen- und Verkehrswesen die Asphaltstraßentagung 2007 in Stuttgart veranstaltet. Stuttgart als Landeshauptstadt von Baden-Württemberg hat knapp 600 000 Einwohner und ist eine der wirtschaftsstärksten Regionen in Deutschland mit einem deutlichen Schwerpunkt im Bereich der Automobilindustrie.

Im Großen und Ganzen folgt der Straßenbau in Baden-Württemberg den gleichen Gesetzmäßigkeiten wie in den anderen Bundesländern. Allerdings gibt es bedingt durch die topografische Situation eine überdurchschnittliche Anzahl von Tunnel- und Brückenbauwerken. Deshalb ist ein Kilometer Straße in Baden-Württemberg im Durchschnitt teurer als in den meisten anderen Bundesländern.

In Bezug auf Reformen hat die Straßenbauverwaltung in Baden-Württemberg in den letzten 5 Jahren ihr Gesicht stark verändert. Auf Grund der tiefgreifenden Veränderungen und dem hohen Reformtempo steht mittelfristig die Konsolidierung der neu formierten Straßenbauverwaltung im Vordergrund. Das folgenschwerste Problem, das es in diesem Zusammenhang zu bewältigen gilt, stellt die einschneidende Personalreduzierung dar. Im Vergleich zum Anfang der neunziger Jahre wird die Straßenbauverwaltung bis 2012 um etwa 40 % geschrumpft sein, und zwar bei einem vergleichbar hohen Niveau der zu verarbeitenden Investitionen.

Bei der Finanzsituation ist bemerkenswert und erfreulich, dass sowohl Bund als auch Land inzwischen der Erhaltung einen deutlich gestiegenen Stellenwert beimessen, was sich direkt an den Haushaltsansätzen ablesen lässt. Unabhängig davon ist Baden-Württemberg an neuen Wegen der Finanzierung interessiert, die in Richtung einer stärkeren Nutzerfinanzierung führen. Deshalb beteiligt sich Baden-Württemberg auch mit einem Pilotprojekt an der Erprobung des sogenannten A-Modells.

Baden-Württemberg wird auch in Zukunft im Bereich der Forschung im Straßenbau mitwirken, sei es durch die Unterstützung von Forschungsvorhaben oder die Entsendung von Mitarbeitern in die Arbeitsgremien der Forschungsgesellschaft.

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Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.

Einleitung

Mit dem Tagungsort Stuttgart hat die Forschungsgesellschaft eine gute Wahl getroffen. Wir befinden uns hier im Herzen des „Landes Baden-Württemberg“. Aber Baden-Württemberg ist sowohl flächenmäßig als auch nach der Einwohnerzahl (10,7 Mio.) der drittgrößte deutsche Flächenstaat. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg leben mehr Einwohner als in der Schweiz oder in Österreich. Es grenzt an 2 Nationalstaaten (Frankreich, Schweiz ist einzige deutsche EU-Außengrenze) und an 3 Bundesländer (Bayern, Hessen, Rheinland-Pfalz) und die hiesige Industrie lebt zu einem erheblichen Anteil vom weltweiten Export (v.a. Automobil- und Maschinenbau).

Baden-Württemberg ist eine Schöpfung der Nachkriegszeit und verdankt seine Entstehung dem Zusammenschluss der 3 Länder Württ.-Baden, Württ.-Hohenzollern und Baden. Das war am 25.April vor 55 Jahren. Natürlich gab es, wie in den meisten anderen Ländern auch, eine „positive Spannung“ zwischen den historischen Landesteilen und nach mehr als einem halben Jahrhundert ist der Strich zwischen Baden und Württemberg ein echter Bindestrich und kein Trennungsstrich.

Als Landesbediensteter habe ich Sie natürlich zuerst einmal in unserem Land begrüßen wollen. Doch nun auch ein paar Sätze zu Stuttgart. Schon Hölderlin hat geschrieben: „Sei uns hold, dem Gast und dem Sohn, o Fürstin der Heimat! Glückliches Stuttgart, nimm freundlich den Fremdling mir auf!“ Wer an Stuttgart denkt, denkt häufig zuerst an die Erfindung des Automobils und an weltberühmte Automobilwerke (Übrigens: Ohne diese Erfindung bräuchten wir heutzutage vielleicht gar keine Asphaltstraßen). Erst in zweiter Linie rücken dann Assoziationen wie High-Tech, Stuttgarter Ballett, VfB Stuttgart oder vielleicht auch die Kehrwoche ins Blickfeld. Stuttgart hat knapp 600.000 Einwohner und eine reizvolle topografischen Lage. Die Region Stuttgart gilt als eine der wirtschaftsstärksten Regionen mit insgesamt 1,3 Millionen Arbeitsplätzen (davon allein 440.000 in Stuttgart). Nach den schweren Zerstörungen des zweiten Weltkrieges setzte in den 50-er und 60-er Jahren ein regelrechter Bauboom ein, der auch einige bemerkenswerte ingenieurtechnische und architektonische Bauwerke hervorbrachte (Beispiel: Fernsehturm des Bauingenieurs Fritz Leonhardt).

Die Liederhalle, in der wir uns befinden, ist auch eines dieser architektonischen Bauwerke, die weit über die Grenzen Stuttgarts hinaus Beachtung gefunden haben. Sie wurde in den Jahren 1955 und 1956 als Konzerthaus von den Architekten Rolf Gutbrod und Adolf Abel erbaut (nachdem die ursprüngliche Liederhalle aus dem Jahre 1875 im zweiten Weltkrieg zerstört wurde). Letztes Jahr wurde ihr 50-jähriges Bestehen gefeiert. Die Liederhalle wurde zu einem international geschätzten Gebäude, das seinerzeit Maßstäbe für das Gestalten mit modernen Materialien setzte.

1  Ist Straßenbau in Baden-Württemberg etwas Besonderes?

Aber nun zum eigentlichen Titel meines Vortrages, der lautet: „Straßenbau in Baden-Württemberg“. Man könnte damit vielleicht auf die Idee kommen, dass hier bei uns im Straßenbau alles oder zumindest vieles ganz anders ist als in anderen Bundesländern. Wenn Sie diese Erwartung mit meinem Vortrag verbinden, werde ich Sie enttäuschen müssen: Vom Grundsatz her wird hier natürlich Straßenbau betrieben wie in der ganzen Republik auch. Und es gilt wie auch anderswo die Feststellung, die fast einem Naturgesetz gleichkommt: Der Bedarf an Straßenbaumitteln ist regelmäßig größer als die tatsächlich verfügbaren Mittel. Baden-Württemberg unterscheidet sich vor allem dadurch von vielen anderen Bundesländern, dass es hier – bedingt durch die topografischen Gegebenheiten – eine überdurchschnittliche Anzahl von Tunnel- und Brückenbauwerken gibt und somit ist ein Kilometer Straße in Baden-Württemberg im Durchschnitt eben teurer als anderswo. Vielleicht ist das auch der Grund, warum Baden-Württemberg gemessen an seiner Flächengröße und seiner Bevölkerungsstärke bzgl. der Bundesfernstraßen nicht gerade überversorgt ist.

2  Verwaltungsreform in Baden-Württemberg

Ich war zunächst geneigt die Reformen, von denen die hiesige Straßenbauverwaltung in den letzten Jahren betroffen war, in diesem Kapitel als „Besonderheit“ von Baden-Württemberg zu behandeln. Allerdings wird bei einem kurzen Blick in die Republik sehr schnell deutlich, dass umfassende Reformen der Straßenbauverwaltungen in den letzten Jahren eher die Regel als eine Besonderheit sind. Bei aller Offenheit für Reformen und der Notwendigkeit einer Verschlankung der öffentlichen Verwaltung wird es durch das hohe Reformtempo meines Erachtens für alle Akteure im Straßenbau immer schwieriger, die Aktivitäten zu koordinieren und zu harmonisieren. Da wir noch relativ frisch eine umfassende Reform hinter uns haben, möchte ich im Folgenden die aktuelle Situation der baden-württembergischen Straßenbauverwaltung nach der großen Verwaltungsreform von 2005 kurz skizzieren.

Die Verwaltungsreform zum 1.1.2005 war nicht nur deshalb eine „große“ Reform, weil die Straßenbauverwaltung vollkommen umgebaut wurde, sondern weil praktisch alle Fachbereiche der Landesverwaltung davon betroffen waren. Alle unteren Sonderbehörden (in unserem Bereich die Straßenbauämter) und alle höheren Sonderbehörden (z. B. Landesstelle für Straßentechnik) wurden aufgelöst und deren Aufgaben in die bestehenden Regierungspräsidien (Mittelebene) und in die Stadtkreise bzw. Landratsämter und damit in die vorhandenen allgemeinen Verwaltungsbehörden eingegliedert. Mit dieser Reform wurde verbindlich eine sogenannte „Effizienzrendite“ von 20 % der Verwaltungskosten bis zum Jahr 2011 vorgegeben, das heißt die neugegliederte Verwaltung muss bis dahin 20 % einsparen, was zum größten Teil über die entsprechende Reduzierung des Personals erfolgen wird. Die allgemeine Landesverwaltung ist in Baden-Württemberg räumlich in 4 Regierungspräsidien auf der Mittelebene sowie 44 Stadtkreise und Landratsämter auf der unteren Ebene gegliedert. Die Aufteilung der Aufgaben in der Straßenbauverwaltung sieht seit Anfang 2005 vereinfacht nun so aus: Alle Aufgaben, die Kreisstraßen betreffen sind kommunalisiert worden, das heißt liegen in alleiniger Hoheit der Stadt- und Landkreise. Betrieb und Unterhaltung von Bundes- und Landesstraßen werden durch die Landratsämter und Stadtkreise erledigt. Diese Aufgabe ist aber Landesaufgabe geblieben (Bemerkung: Die Landratsämter und die Bürgermeisterämter der Stadtkreise sind in Baden-Württemberg auch untere Verwaltungsbehörden des Landes). Planung, Bau und Erhaltung von Bundes- und Landesstraßen sind Aufgabe der Regierungspräsidien. Für alle Aufgaben im Zusammenhang mit Autobahnen sind ebenfalls die Regierungspräsidien zuständig. Auch die Landesstelle für Straßentechnik, die landeseinheitlich wahrzunehmende Aufgaben zugewiesen bekommen hat, ist mit der Verwaltungsreform als Abteilung in ein Regierungspräsidium eingegliedert worden.

Sicher können Sie sich vorstellen, dass der Vollzug dieser Reform die Straßenbauverwaltung viel Kraft gekostet hat. Es liegt auf der Hand, dass das Spektrum der Meinungen und Bewertungen zu dieser Reform recht groß ist: es reicht von „mehr Bürgernähe“ bis zu „Atomisierung“ der Straßenbauverwaltung. Nach zweijähriger Erfahrung mit den neuen Strukturen sieht die Welt nun nicht so düster aus, wie manche es vorausgesagt hatten. Das zarte Pflänzchen der Kooperation der Regierungspräsidien und der Landkreise muss noch zu einer starken Pflanze werden. Das gilt insbesondere für die Schnittstelle zwischen der Erhaltung und der Unterhaltung der Bundes- und Landesstraßen. Das eigentliche Problem stellt aber die einschneidende Personalreduzierung dar, ein Thema, mit dem viele Verwaltungen auch außerhalb Baden-Württembergs bereits konfrontiert sind bzw. es noch verstärkt sein werden. Mit der noch stärkeren Verlagerung von Tätigkeiten auf private Büros wird es darum gehen, dabei ohne Qualitätsverluste über die Runden zu kommen (Stichwort: Verantwortlichkeit). Das naheliegende Thema im Zusammenhang mit einem Personalabbau ist natürlich auch die Frage, inwieweit Aufgaben entfallen bzw. Standards abgebaut werden können. Wir haben bisher keine grundlegende oder gar bahnbrechende Antwort gefunden. Auf Grund des hohen Reformtempos in den letzten Jahren – 2003 und 2005 –, soll jetzt bis etwa 2009 die Konsolidierung im Vordergrund stehen. Das schließt – durchaus denkbare – innerbetriebliche, organisatorische Verbesserungen natürlich nicht aus. Ab 2009 müssen wir dann – im eigenen Interesse – prüfen, ob mit grundsätzlich anderen Organisationsformen die Zukunftsfähigkeit der Straßenbauverwaltung dauerhaft verbessert werden kann (z. B. Landesbetrieb). So steht es auch in der Koalitionsvereinbarung der beiden Regierungsparteien. Zu gegebener Zeit werden wir dann sicher die Ratschläge von Ländern mit Landesbetrieben benötigen.

3 Aktuelle Aspekte des Straßenbaus in Baden-Württemberg

Aber wir sind natürlich nicht nur mit unserer innerbetrieblichen Organisation beschäftigt, sondern planen und bauen auch Straßen. Im Bundesfernstraßenbau sind ab dem Jahr 2005 die verfügbaren Investitionsmittel deutlich angestiegen, was natürlich erfreulich ist. Da der Zeitpunkt dieses Mittelanstiegs genau mit der Umsetzungsphase der Verwaltungsreform zusammenfiel, hat es unsere Dienststellen enorme Anstrengungen gekostet, diese Mittel sachgerecht umzusetzen. Bemerkenswert, aber zweifellos sachgerecht ist, dass der Bund inzwischen vor allem der Erhaltung von Straßen einen deutlich höheren Stellenwert als bisher beimisst und entsprechend hohe Mittelansätze in den Haushalt einstellt. Im Gegensatz dazu ist der Mittelansatz für den Neu- und Ausbau viel zu gering, so dass wir erhebliche Schwierigkeiten haben, den dringendsten Bedarf, wie er im Bedarfsplan oder im Investitionsrahmenplan aufgezeigt ist, in diesem Bereich zu decken. Viele Projekte müssen deshalb zeitlich gestreckt werden und im Bau befindliche Maßnahmen können nur begrenzt kontinuierlich fortgeführt werden. Nur wenige Neubeginne von Maßnahmen sind möglich. Das ist aber nicht nur unser Problem, sondern auch das Problem anderer Länder. Schwerpunkte im Bundesfernstraßenbau sind in den nächsten Jahren bei uns vor allem Ausbaumaßnahmen an den hochbelasteten Autobahnen (A 5, A 6 und A 8). Bei Bundesstraßen stehen die Beseitigung von Verkehrsengpässen sowie der Bau von Ortsumfahrungen im Vordergrund. Aufgrund der begrenzten Finanzmittel für Neu- und Ausbaumaßnahmen ergibt sich eine noch stärkere Notwendigkeit, Maßnahmen nach objektiven Kriterien zu priorisieren. Vorrangiges Ziel ist dabei der optimierte Einsatz von Landesmitteln für die Planung und die Bauüberwachung von Bundesfernstraßen und Landesstraßen. Ein Mehrbedarf an Planungsmitteln geht bei uns – nun einmal zu Lasten der Investitionen im Landesstraßenbau.

Im Landesstraßenbau konnten die Investitionsmittel etwa ab dem Jahr 2000 deutlich erhöht werden. Auch hier soll ein größeres Gewicht auf die Erhaltung gelegt werden.

Aus der Ländersicht muss es nun darum gehen, die Finanzierungslücke vor allen Dingen bezüglich der großen Infrastrukturinvestitionen langfristig zu schließen und die notwendigen Finanzströme zu verstetigen. Auf die gegenwärtige Diskussion um die Kreditfähigkeit der Verkehrsinfrastrukturfinanzierungsgesellschaft bzw. die Forderung der Länder, der VIFG die Einnahmen aus der Maut rechtssicher direkt und unmittelbar zufließen zu lassen, möchte ich nicht näher eingehen. Das beschäftigt ganz andere Gremien. Angesicht der unbefriedigenden Finanzsituation im Bundesfernstraßenbau ist das Land der Auffassung, dass ein Wechsel von der Steuer- zur Nutzerfinanzierung der Verkehrsinfrastruktur unabdingbar ist. Die Einführung der Lkw-Autobahnmaut war ein erster Schritt in die richtige Richtung. Auch wenn die politische Diskussion über die Pkw-Maut nicht von allen gewollt ist, darf man sich nicht davor verstecken. Mit uns kann man über eine Pkw-Maut reden: Sie muss ergebnisoffen geprüft werden und die Voraussetzungen müssen stimmen.

Weiteres Neuland bei neuen Finanzierungsmethoden, das gegenwärtig betreten wird, sind die Betreibermodelle (A-/F-Modell). Es hat sich gezeigt, dass die bereits erprobten Finanzierungsmodelle über Vorfinanzierungen kein erfolgversprechender Weg für die Zukunft waren (in Baden-Württemberg: Engelbergbasistunnel, B 30 Nordbogen Ravensburg). Der Bund sieht sich bei den jetzt untersuchten bzw. angedachten Betreibermodellen in einer Pilot- und Evaluierungsphase, um alternative Formen der Herstellung und Unterhaltung von Verkehrsinfrastruktur zu testen und Schritt für Schritt fortzuentwickeln. Es sollen Innovationspotenziale, dort wo sie vorhanden sind, ausgeschöpft werden. Außerdem wird das Ziel verfolgt, einen Wettbewerb zwischen neuen Beschaffungsvarianten (PPP) und den konventionellen Methoden zu fördern. Baden-Württemberg ist bei der Erprobung des A-Modells mit von der Partie. Ein fast 60 km langer Abschnitt der BAB 5 südlich Karlsruhe (zwischen Malsch und Offenburg) soll von einem privaten Betreiber gebaut und 30 Jahre lang erhalten und unterhalten werden, einschließlich der Finanzierung. Wir befinden uns im Vergabeverfahren und wie bei vielen Pilotprojekten haben wir bisher einen erheblichen Personalaufwand. Die Konzession für das Pilotprojekt in Baden-Württemberg soll im Jahr 2008 vergeben werden. Nach dem F-Modell kann Privaten der Bau, die Erhaltung, der Betrieb und die Finanzierung entsprechender Projekte übertragen werden. Im Gegenzug erhalten diese das Recht, zur Refinanzierung von allen Nutzern eine Mautgebühr zu erheben. In Baden-Württemberg ist dafür A 8 Albaufstieg Mühlhausen – Hohenstadt vorgesehen. Da wir mitten im Abstimmungsprozess mit dem Bund sind, kann ich zum Verfahrensstand keine näheren Ausführungen machen.

Wegen der bereits erwähnten wachsenden Bedeutung der Erhaltung, möchte ich auf diesen Bereich gesondert eingehen. Auch deshalb, weil sich der weitaus größte Teil der Erhaltung im Asphaltstraßenbau abspielt und deshalb für diese Tagung von Interesse sein dürfte. Der Zustand der Straßen und Brücken ist für die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und die Mobilität der Bürger von herausragender Bedeutung. Der Zustand der Bundesfernstraßen (Autobahnen und Bundesstraßen) ist in Baden-Württemberg geprägt von einer ungünstigeren Altersstruktur und einer überdurchschnittlich hohen Belastung (Baden-Württemberg als Transitland). Die letzte Zustandserfassung der Autobahnen in Baden-Württemberg erfolgte im Jahr 2005. Die rechten Fahrstreifen der Autobahnen – und die sind für die Beurteilung des Zustandes einer Autobahn meist maßgebend – sind zu etwa einem Viertel in einem Zustand, der vordringlich instandgesetzt werden müsste. Die letzte Zustandserfassung der Bundesstraßen stammt aus dem Jahr 2003.

Einen guten bis sehr guten Zustand weist nur knapp ein Drittel des Bundesstraßennetzes in Baden-Württemberg auf. Auf immerhin rund einem Drittel der Strecken sind bei dieser Zustandserfassung fortschreitende oder gar große Mängel festgestellt worden. Bund und Land sind sich inzwischen darin einig, dass nur mit einem deutlich höheren Erhaltungsbudget als in der Vergangenheit der Zustand der Bundesfernstraßen deutlich verbessert und langfristig gesichert werden kann. Die Mittelzuweisungen des Bundes für die Erhaltung der Autobahnen und Bundesstraßen in Baden-Württemberg haben in den Jahren vor 2005 durchschnittlich etwa 100 Mio. € pro Jahr betragen. Seit 2005 stellt der Bund in diesem Bereich etwa doppelt so hohe Mittel zur Verfügung. Wie Sie wissen, hat der Bund bei der Aufstellung des Bundesverkehrswegeplans 2003, unter Zugrundelegung eines sehr hohen Qualitätsziels, eine Erhaltungsbedarfsprognose für die Bundesfernstraßen erstellt. Um den Mitteleinsatz zu optimieren, wurde vom BMVBS zusammen mit den Straßenbauverwaltungen der Bundesländer, der BASt und der FGSV ein bundesweites Erhaltungsmanagement entwickelt (PMS – Pavement Management System). Baden-Württemberg war im begleitenden Arbeitskreis vertreten. Bei unserer Landesstelle für Straßentechnik läuft eine fortgeschrittene Testversion. Das Land strebt im Spannungsfeld zwischen Erhaltung und Hauptbautiteln einen Weg an, der einerseits dem Erhaltungsbedarf Rechnung trägt, bei dem aber andererseits Neu-, Um-, und Ausbaumaßnahmen soweit möglich noch finanziert werden können.

Der Zustand der Landesstraßen wurde zuletzt im Jahr 2004 erfasst und bewertet. Rund ein Drittel des Landesstraßennetzes waren dabei in einem guten bis sehr guten Zustand. Rund ein Viertel der Landesstraßen waren 2004 in einem schlechten Zustand, der vordringlich verbessert werden sollte, entweder durch Erhaltungsmaßnahmen oder aber auch durch Um- und Ausbau. Der Rest könnte salopp als „mittelmäßig“ qualifiziert werden. Trotz der erheblichen Einsparzwänge, die auch im Landeshaushalt bestehen, will das Land in verstärktem Maße in die Erhaltung der Landesstraßen investieren. Erklärtes politisches Ziel der Landesregierung ist es, in den kommenden Jahren mindestens 50 Mio. € dafür einzusetzen, was eine erhebliche Steigerung gegenüber der Vergangenheit bedeutet.

Wie ich bereits eingangs erwähnt habe, erfolgt Straßenbau in Baden-Württemberg heute weitestgehend auf der Grundlage der bundesweit gültigen Regelwerke. Alles andere wäre auch verwunderlich. Dort wo wir heute noch abweichende Regelungen haben, resultieren diese insbesondere aus regionalen Besonderheiten bei den Gesteinsvorkommen. Nicht zuletzt die intensiven Diskussionen der letzten Monate innerhalb und außerhalb der FGSV zu den Anforderungen an die Gesteinskörnungen bestätigen uns hier in unserem Handeln. Die neuen EU-konformen Regelwerke für den Straßenbau in Deutschland (Asphalt und Beton) sollten es allerdings möglich machen, – so meine ich – zu einer weiteren bundesweiten Vereinheitlichung der Regelwerke zu kommen (ist auch erklärtes Ziel aller Beteiligten innerhalb der FGSV). An fachlichen Diskussionen haben wir uns nicht nur beim Thema „Gesteinskörnungen“, sondern bereits in der früheren Vergangenheit bei anderen Themen beteiligt. Sei es bei der Verwertung von teerhaltigem Straßenaufbruch im Straßenbau oder zum Beispiel beim Einsatz von Asphaltdeckschichten aus Splittmastixasphalt auf hochbelasteten Autobahnabschnitten. Auch dort gewonnene Erkenntnisse haben in Regelwerken der Forschungsgesellschaft Einzug gehalten. Und Baden-Württemberg wird auch in Zukunft im Bereich der Forschung im Straßenbau mitwirken, sei es durch die Unterstützung von Forschungsvorhaben oder die Entsendung von Mitarbeitern in die Arbeitsgremien der FGSV, obwohl dies durch den Personalabbau immer schwieriger wird. Als aktuelles Beispiel möchte ich ein Forschungsvorhaben erwähnen, bei dem alternative Bemessungsmethoden für den Asphalt-Oberbau erprobt werden sollen (Forschungsnehmer: BASt, Universitäten Braunschweig, Aachen und Dresden, mittelständische Straßenbauindustrie). Diese alternative Bemessungsmethoden sollen es insbesondere mittelständischen Unternehmen ermöglichen, bei PPP-Projekten mit Verantwortung für den gesamten Lebenszyklus der Straße innovative (das heißt von der RStO abweichende) Oberbauvarianten anzuwenden. Wir bemühen uns derzeit auf Wunsch des BMVBS und der BASt darum, eine Erprobungsstrecke für diese bereits entwickelte alternative Bemessungsmethode zur Verfügung zu stellen, mit deren Hilfe eine Kalibrierung und Verifizierung der Methode in der Praxis erfolgen soll. Potenzial sehen wir darüber hinaus in der Weiterentwicklung von Splittmastixbelägen. Der Lärmminderungseffekt solcher Beläge scheint noch entwicklungsfähig. In Baden-Württemberg wird ein lärmoptimierter Splittmastixasphalt im nächsten Jahr – u. a. mit Unterstützung der Bundesanstalt für Straßenwesen – auf einem hochbelasteten Bundesstraßenabschnitt bei Stuttgart eingebaut. Gerade was lärmoptimierte Asphaltbeläge anbelangt, waren wir ja in Baden-Württemberg besonders gebeutelt. Ich denke, den Meisten von Ihnen sind noch die öffentlichen Diskussionen im Herbst 2004 und Frühjahr 2005 zur Griffigkeit von offenporigen Asphaltdeckschichten auf baden-württembergischen Autobahnabschnitten in den Ohren. Die damalige besondere Unfallsituation auf einzelnen BAB-Strecken erforderte als Vorsichtsmaßnahme Griffigkeitsuntersuchungen auf unseren offenporigen Asphaltbelägen. Verkehrsbeschränkende Maßnahmen auf Streckenabschnitten mit OPA waren die Folge. Mit den Ergebnissen der Griffigkeitsmessungen und der Analyse der örtlichen Gegebenheiten konnten wir aber für alle Streckenabschnitte mit offenporigen Asphaltdeckschichten in Baden-Württemberg sachgerechte Lösungen finden. Das Thema „OPA und Griffigkeit“ wird Sie und uns trotzdem weiterhin beschäftigen, solange kein angepasster Bewertungshintergrund für Griffigkeitsmessungen von solchen Asphaltbelägen vorliegt. Es sollte Ziel aller Beteiligter sein, hier möglichst schnell zu einer einheitlichen Lösung zu kommen.

Sehr geehrte Damen und Herren, zwar können wir hier im Ländle „Alles außer Hochdeutsch“, aber ich denke es ist deutlich geworden, dass uns in puncto Straßenbau die gleichen Grenzen gesetzt sind und uns die gleichen Themen beschäftigen, wie die meisten anderen Bundesländer auch.

Ich wünsche der Asphaltstraßentagung 2007 einen guten Verlauf