Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.
Einleitung
Der Austausch von Planungsdaten spielt in jedem Entwurfsprojekt eine große Rolle und beansprucht nicht selten einen sehr hohen zeitlichen Aufwand. Um dies zu vereinfachen und einen zentralen Standard zu definieren, wurde der OKSTRA (Objektkatalog Straße) im Auftrag der Bundesanstalt für Straßenwesen (BASt) entwickelt. Da die OKSTRA-Objekte alle geometrischen Planungsdaten exakt abbilden können und zentral gepflegt werden, setzt sich der Datenaustausch über den OKSTRA zunehmend durch. So gesehen ist es nur folgerichtig, dass OKSTRA-Daten mehr und mehr auch zur Prüfung der Linienführung im Rahmen von Sicherheitsinspektionen oder Sicherheitsaudits genutzt werden.
Das OKSTRA-Objekt „Achse“
Der OKSTRA ist ein Datencontainer, in dem Objekte übertragen werden. Zum Austausch stehen zwei Datenformate zur Verfügung: das CTE-(Clear Text Encoding) sowie das XML-Format (Extensible Markup Language). Inhalt und Qualität beider Datenformate sind gleich. Das XML-Format ist etwa um Faktor 10 größer als das CTE-Format, hat sich allerdings durch die Unterstützung von Compilerherstellern durchgesetzt. Der Entwurfsbereich bildet hier allerdings eine Ausnahme, da im Rahmen von Entwurfsaufgaben häufig sehr große Datenmengen (DGM, Punktwolken, kilometerlange Trassen, großformatige Bestandspläne etc.) berücksichtigt werden müssen. In diesem Fall ist das deutlich kompaktere CTE-Datenformat vorteilhaft.
Die hohe Qualität des Datenaustauschs mit dem OKSTRA liegt aber nicht nur an den verwendeten Datenformaten, sondern auch am Umfang und dem hohen Detaillierungsgrad der OKSTRA-Objekte. Für das korrekte Lesen, Schreiben der OKSTRA Objekte in CTE-/XML-Dateien gibt es OKSTRA Klassenbibliotheken. Seit Ende 2008 stellt die BASt die kostenlose OKSTRA-Klassenbibliothek OKLABI zur Verfügung. Die zentral gepflegte Klassenbibliothek ist Grundlage für die hohe Qualität der OKSTRA-Objekte und damit auch des gesamten Katalogs.
Abbildung 1: OKSTRA-Objekt „Achse“ mit Zusatzinformationen
Für den Bereich „Straßenentwurf“ ist eine Vielzahl von Objekten im OKSTRA enthalten. Das zentrale Objekt bildet hier die Achse. Das Achse-Objekt bündelt alle Daten einschließlich der achsbezogenen Zuordnungen. So können z. B. beliebig viele Gradienten zu einer Achse übergeben werden, wobei dabei auch die Zuordnung der Gradienten zu einem Deckenbuch (Lage der Gradiente im Deckenbuch) berücksichtigt wird. Solche Zuordnungen gewährleisten die Übergabe wichtiger geometrischer Details der Achse. Abbildung 1 zeigt, wie die geometrischen Daten einer Achse im Achse-Objekt zusammengefasst werden. Neben dem Bestandsstatus werden auch die Art der Achse (Hauptachse, Nebenachse, Gehweg etc.) und die Entwurfsklasse (gemäß RAA, RAL und RASt) mit übergeben.
Abbildung 2: OKSTRA-Objekte eines zu importierenden Planungsobjekts
Objektkatalog Straße und Prüfung der Linienführung
Für die Prüfung eines Trassenentwurfs hinsichtlich der sicherheitsrelevanten Parameter im Rahmen der Planung oder beispielsweise eines Sicherheitsaudits ist es notwendig, dass alle planungs- und sicherheitsrelevanten Daten im OKSTRA erfasst sind und im Projekt übergeben werden. Im OKSTRA sind für alle Planungsobjekte einheitliche Schlüsseltabellen vorhanden, die in VESTRA mit Fachbedeutungen hinterlegt sind. Diese stellen die Grundlage für die Datenübergabe dar und werden durch 16-stellige Schlüsselnummern gebildet, die für die jeweiligen Planungsobjekte stehen. Mit VESTRA ist es damit möglich, z. B. im Deckenbuch für die einzelnen Spuren Fachbedeutungen zu vergeben. Durch den OKSTRA lassen sich neben Bestandsdaten alle trassenbezogenen Daten wie Achsen, Gradienten, Geländehorizonte, Deckenbücher, Querprofile (DA 66) und Sichtweiten übertragen. Die genannten Daten bilden die Grundlage für die sicherheitsrelevante Prüfung eines Trassenentwurfs mit dem Werkzeug VESTRA Linienführung. Die weiteren Informationen (Attribute) neben den reinen Geometriedaten gestatten es dem Planer oder Prüfer, sich abseits der mathematisch oder technisch festgelegten Regeln einen Überblick über Aktualität oder Umfang der Planungen zu verschaffen.
Die Abbildung 2 zeigt die Analyse eines OKSTRA-Datenbestands während des Imports durch die OKSTRA-Schnittstelle von VESTRA.
Abbildung 3: Darstellung des durch OKSTRA übergebenen und von einem Orthophoto überlagerten Trassenkörpers mit Leitposten und Schutzplanken
Nach dem Import der OKSTRA-Daten ist es sofort möglich, eine Perspektivbildberechnung zu erstellen. Abbildung 3 enthält die errechneten Perspektiven an drei unterschiedlichen Stationen einer Beispieltrasse. Hier wurden zur besseren Darstellung noch die Fahrbahnmarkierungen sowie Leitpfosten und die notwendigen Lärmschutzwände als zusätzliche Möblierungselemente mit übergeben. Zur besseren Orientierung kann zusätzlich zu den OKSTRA-Daten ein georeferenziertes Orthophoto auf das Geländemodell projiziert werden, um damit einen möglichst realitätsnahen Eindruck der Planung zu vermitteln. Gemäß den Vorschriften der H ViSt 2008 können mit dem 3D-Viewer auch die erforderlichen Regelperspektiven erstellt und ausgegeben werden.
Die durch den OKSTRA übergebene Trasse kann in 3D durchfahren werden, so dass ein komplett räumlicher Eindruck der geplanten Trasse auch aus der Fahrerperspektive entsteht. So ist es bereits in der frühen Planungsphase möglich, den Trassenentwurf räumlich zu bewerten und ggf. die Wirkung verschiedener Maßnahmen visuell zu überprüfen. Natürlich ist es auch möglich, diesen Prozess in einem Video (Formate AVI und WMV) auszugeben.
In den Abbildungen Nr. 4 – 7 ist die technische Überprüfung des Lageplans, Höhenplans, der Räumlichen Linienführung und maßgebenden Sichtweiten dargestellt. Dies geschieht auf Grundlage der gewählten Entwurfsklassen nach den geltenden Trassierungsrichtlinien RAA (Autobahnen), RAL (Landstraßen) und RASt (Stadtstraßen). Die gewählte Entwurfsklasse wird ebenfalls im OKSTRA abgespeichert und automatisch mit der Achsgeometrie übergeben.
Lageplan
Die Geometrie der Achse im Lageplan (Abbildung 4) wird durch das Krümmungsband dargestellt. Bei Unter- oder Überschreitung der Anforderungen wird am entsprechenden Trassierungselement im Krümmungsband ein rotes Feld sichtbar: je dunkler die Farbe desto mehr Verletzungen der Richtlinien. Diese werden in einem Extra-Fenster erläutert, wenn man mit der Maus über das Trassierungselement fährt. Da gleichzeitig die Perspektive am untersuchten Querschnitt dargestellt werden kann, erhält der Planer oder Prüfer die Rückmeldung aus der Achsgeometrie, gleichzeitig aber auch die Wahrnehmung der Straße aus der Fahrerperspektive. Als Protokoll können die Berechnungslisten mit den Prüfergebnissen ausgegeben werden. Alle Trassierungselemente von Achsen im Lageplan einschließlich der zugeordneten Daten wie Entwurfsklasse sind Bestandteil des OKSTRA und können übergeben werden.
Abbildung 4: Lageplanprüfung nach "Richtlinien für die Anlage von Landstraßen RAL 201x". Als Zusatzinformation wird die Straßenkategorie im OKSTRA übergeben.
Höhenplan
Analog zur Prüfung der Geometrie im Lageplan erfolgt auch die Prüfung im Höhenplan (Abbildung 5). Hier wurden ebenfalls farbige Felder den Trassierungselementen im Höhenplan zugeordnet, die Abweichungen von den Anforderungen der gewählten Entwurfsklasse oder Straßenkategorie aufweisen. Grüne Felder beziehen sich ausschließlich auf die Ausrundungen (Wannen- oder Kuppenhalbmesser), blaue Felder beziehen sich immer auf einen Abschnitt zwischen zwei Tangentenschnittpunkten. Auch hier erhält der Prüfer Hinweise zum jeweiligen Trassierungselement, wenn er mit der Maus über das farbige Feld fährt. Die Prüfliste gibt einen Überblick aller Abweichungen. Der OKSTRA enthält alle Trassierungselemente der Achse im Höhenplan, so dass auch diese Geometrie verlustfrei übertragen wird.
Abbildung 5: Höhenplanprüfung nach "Richtlinien für die Anlage von Landstraßen RAL 201x". Wie in der Lageplanprüfung wird mit der übergebenen Entwurfsklasse die Gradiente überprüft, die Entwurfsdefizite werden grafisch dargestellt.
Räumliche Linienführung
Die Überprüfung der Räumlichen Linienführung (Abbildung 6) wird im Planungsprozess immer wichtiger. Bereits seit 2008 wird solch eine Überprüfung für Neuplanungen bei Landstraßen durch die H ViSt gefordert. Aus den OKSTRA Daten können die Sichtschattenbänder berechnet werden. Jedoch auch für alle anderen Entwurfsklassen oder Straßenkategorien kann die Räumliche Linienführung durch die berechneten Perspektiven überprüft werden.
Im Sichtschattenband werden sowohl die Bereiche des "flachen Tauchens" als auch die des "tiefen, sicherheitsrelevanten Tauchens" sowie die verdeckten Kurvenbeginne (schräge braune Linien im Sichtschattenband) dargestellt. Auch hier gilt, dass es eine Kopplung zwischen dem Sichtschattenband und der dargestellten Perspektive gibt. Dies ist besonders wichtig, da die Perspektivbilddarstellung eine visuelle Qualifizierung des Sichtschattenbands aus der Fahrerperspektive ermöglicht. Um die Ergebnisse des Sichtschattenbands für den Prüfer noch verständlicher aufzuzeigen, wird der Balken des Sichtschattenbands für die im Perspektivbild dargestellte Station (Querschnitt) auf die Stationierung projiziert und entsprechend dazu im Perspektivbild ein rotes Schild angezeigt.
Abbildung 6: Prüfung der Räumlichen Linienführung nach "Richtlinien für die Anlage von Landstraßen RAL 201x". Das Sichtschattenband wird aus dem im OKSTRA übergebenen Trassendaten und DGM berechnet.
Sichtweiten
Für die Prüfung der Sichtweiten (Abbildung 7) werden die durch den OKSTRA übergebenen vorhandenen Sichtweiten basierend auf den Trassendaten und dem zugehörigen DGM angezeigt.
Abbildung 7: Prüfung der Sichtweiten nach "Richtlinien für die Anlage von Landstraßen RAL 201x". Die berechneten Sichtweiten werden im OKSTRA-Objekt "Sichtweiten" übergeben und zusammen mit der im Programm hinterlegten Haltesichtweite nach RAL dargestellt.
Für die im OKSTRA übertragenen Entwurfsklassen lässt sich entsprechend auch die erforderliche Haltesichtweite berechnen und im Vergleich zur vorhandenen Sichtweite darstellen. Somit ist es auf den ersten Blick möglich, Sichtweitendefizite zu erkennen. Durch die Kopplung von Perspektivbild und Sichtweitenband wird gleichzeitig auch die Fahrerperspektive angezeigt. So kann man direkt im Perspektivbild nach den Ursachen für die Sichtdefizite suchen. Zur genauen Analyse und Bewertung der Sichtweiten kann im Perspektivbild auch der Sichtstrahl aus verschiedenen Blickpunkten angezeigt werden.
Das Sichtweitenband mit den vorhandenen Sichtweiten und der erforderlichen Haltesichtweite sind im Höhenplan darstellbar.
Fazit
Im dargestellten Beispiel der Datenübergabe mit dem OKSTRA zur technischen Überprüfung eines geometrischen Straßenentwurfs mit VESTRA Linienführung wird deutlich, dass die OKSTRA-Datenübergabe weit mehr ist als die bloße Achs- und Bestandsübergabe einer Planung. OKSTRA-Objekte besitzen neben den Geometriedaten eine Fülle zusätzlicher Daten, die für nachfolgende Anwendungen in Planung und Betrieb notwendig sind. So ist die technische Überprüfung einer Linienführung nur durch die Übermittlung der verwendeten Entwurfsklasse möglich, ebenso wie eine Sichtweitenberechnung immer auch die zugrunde liegenden Aug- und Zielpunktparameter sowie die Möblierung erfordert. Mit keiner anderen Schnittstelle als dem OKSTRA lässt sich in so kompakter Form eine so große Fülle an Planungs- und Projektdaten übergeben.
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