Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.
1 Einleitung
Eine Methode, Asphalte bei niedrigen Temperaturen zu handhaben, ist die Zugabe von mineralischen Zusätzen, so genannten Zeolithen. Der Beitrag gibt einen Überblick zum Stand der Erkenntnisse zu diesem Thema.
Der schwedische Mineraloge Axel F. Cronstedt machte im Jahre 1756 die Entdeckung, dass einige Steine bei Erhitzung zu brodeln beginnen. Sie scheinen zu kochen. Entsprechend ist der Name Zeolith aus dem Griechischen „zeo“ für das Sieden und „lithos“ für den Stein abgeleitet. Wesentliche chemische Bestandteile sind in variablen Anteilen Natrium, Aluminium und Silizium sowie Wasser.
Es gibt natürliche Vorkommen von Zeolithen und im Industriestandard hergestellte Zeolithe (Bild 1). Letztgenannte werden im Straßenbau gezielt eingesetzt. Sie beinhalten in ihrer feingliedrig unterteilten Hohlraumstruktur, im Gittergefüge, ca. 20 M.-% leicht gebundenes Wasser. Zur einfacheren Handhabung der Zeolithe an der Asphaltmischanlage ist ein dosierfähiges Feingranulat entwickelt worden. Das Material wird als Sackware oder in Großgebinden gehandhabt. Die Zeolithe werden zwischensiliert und per Druckluft transportiert sowie dosiert. Die Zugabe erfolgt direkt in den Zwangsmischer.
Bild 1: Unterschiedliche Zeolithe: links: industriell hergestelltes Pulver, Teilchendurchmesser i. M. 0,035 mm und Feingranulat, Teilchendurchmesser i. M. 0,38 mm; rechts: natürliche Zeolithe mit veränderlicher Teilchengrößenverteilung
2 Funktionsweise
Bei hohen Temperaturen (100 bis 200 °C) wird das im Gittergefüge der Zeolithe zunächst gebundene Wasser langsam freigesetzt. Dieses Wasser vermengt sich mit dem Bitumen und beeinflusst entsprechend das mechanische Verhalten des Bitumens. Die Handhabbarkeit des Asphaltes bei niedrigen Temperaturen ist damit gegeben. Bei der späteren Nutzung ist kein Einfluss der Zeolithe auf das Gebrauchsverhalten der fertigen Schicht festzustellen.
Das in der Gitterstruktur gebundene Wasser wird mit zunehmender Temperatur beschleunigt freigesetzt. Im Bild 2 ist dargestellt, als Summe von Einzelversuchen, jeweils die Dauer der Wasserabgabe aus den reinen Zeolithen vom wassergesättigten bis trockenen Zustand. In Temperaturbereichen von ca. 130 bis 190 °C beträgt die Dauer der Wasserabgabe im Laboratoriumsversuch im Mittel drei Stunden. Die Dauer der Wirkung dieser Abgabe im Asphaltgemisch kann deutlich länger sein.
Bild 2: Durch Ofentrocknung bestimmte Wasserabgabedauer von Zeolithen bei verschiedenen Temperaturen
Das Bild 3 zeigt die Menge der Wasserabgabe in Abhängigkeit von der Zeit. Nach einer anfänglich deutlich erhöhten Wasserabgabe wird eine konstante Rate an Wasser dispergiert. In Absolutwerten beträgt dies 0,6 g Wasser je kg Asphalt, bzw. in der Summe ca. 1 Liter Wasser je Charge. Bei schlagartiger Erhitzung im Zwangsmischer würde dies bereits zu Problemen führen. Das aus den Zeolithen langsam freigesetzte Wasser wandert während des Mischvorgangs in Form von mikrofeinen Dampfbläschen ins Bitumen und wird von dort an die Luft freigesetzt.
Bild 3: Durch Ofentrocknung bestimmte Wassergehaltsabnahme [%] bei 140 °C in Abhängigkeit von der Zeit [min]
Die Abgabe und Wirkung des Wassers aus den Strukturen der Zeolithe in das Bitumen sei belegt durch einen anschaulichen Laborversuch: In einem temperierten Ölbad befindet sich Straßenbaubitumen 30/45. Die Probe wird ständig mittels eines Rührgerätes durchmengt. Dabei wird der Rührwiderstand gemessen (Bild 4). Es werden 10 M.-% Zeolithe eingefüllt. Nach einem anfänglichen Anstieg des Rührwiderstandes – die Zeolithe wirken zunächst wie Füller – sinkt der Rührwiderstand ab. Der Wasserdampf beginnt zu dispergieren und in Bläschenform an die Oberfläche zu wandern. Dieses Verhalten ist – in Abhängigkeit von der Temperatur – für ca. 3 Stunden konstant. Die Wasserdampfbläschen senken die Viskosität des Bitumens. Danach findet kein Wasseraustritt mehr statt. Der Rührwiderstand steigt wieder zurück auf den Anfangswert und die Bitumenoberfläche wird wieder gleichmäßig ruhig.
Das ins Bitumen dispergierte Wasser beeinflusst wesentlich die Verarbeitbarkeit des Mischgutes. Jedoch ist festzustellen, dass der Verhaltensbeschreibung des Asphaltgemisches im Laboratoriumsmaßstab in diesem Zusammenhang Grenzen gesetzt sind. Die Handhabung des Asphaltmischgutes entspricht im Laboratorium, insbesondere bezogen auf die Rührzeiten und Mischkinematik, nur begrenzt den Gegebenheiten im Asphaltmischwerk. Entsprechend ist die Präzision und Aussagefähigkeit der Untersuchungsergebnisse entwicklungsfähig und nur bedingt übertragbar.
Bild 4: Prinzipieller Verlauf des Rührwiderstandes bei 130 °C in Abhängigkeit von der Zeit mit Momentaufnahmen verschiedener Versuchsstadien
Als Maß für die Verdichtbarkeit ist im Bild 5 die Raumdichte von Marshallprobekörpern, hergestellt bei unterschiedlichen Temperaturen, dargestellt.
Diese Art der Verhaltensbeschreibung ist auch im bisherigen Entwurf für das „Merkblatt für Temperaturabsenkungen bei Herstellung und Einbau von Asphalt“ gewählt worden. Sinnvolle weitere Parameter sind die Ermittlung des Verdichtungswiderstandes D und/oder die Erfassung des Rührwiderstandes am Laboratoriumsmischer.
In einem Temperaturbereich von 120 bis 160 °C sind bei Zugabe von 0,3 M.-% Zeolithen die ermittelten Raumdichten bei gleicher Verdichtungsarbeit größer.
Bild 5: Raumdichten von bei unterschiedlichen Temperaturen hergestellten Marshallprobekörpern (mit und ohne Zeolithzugabe)
3 Gründe für den Einsatz
Das wesentliche Merkmal des Niedrigtemperaturasphaltes mit mineralischen Zusätzen ist eine vergleichbare Verdichtbarkeit und damit Verarbeitbarkeit des Asphaltmischgutes bei einer Temperaturdifferenz von ca. 30 K gegenüber herkömmlichem Mischgut. Der Niedrigtemperaturasphalt ist mit üblichem Maschineneinsatz auf der Baustelle anforderungskonform verdichtbar.
Jedoch reduzieren sich damit einhergehend gewohnte Reserven in der Anwendung. Das Mischgut beinhaltet natürlich eine geringere Wärmekapazität. Wird der Niedrigtemperaturasphalt im Bereich gewohnter Temperaturen eingesetzt, verlängert sich die Verarbeitungsdauer.
Ein weiterer wesentlicher Antrieb dieser technischen Entwicklung ist die Reduzierung von Emissionen. Hier haben Versuche im Laboratoriumsmaßstab und auf der Baustelle eine deutliche Reduzierung vom Dämpfen und Aerosolen belegt. Im Laboratoriumsmaßstab ist eine Reduzierung auf ca. ein Drittel der Werte festgestellt worden. In der Baupraxis ist nahezu keine Qualmbildung mehr zu beobachten. Verbunden mit der niedrigen Mischguttemperatur ist ein verringerter Energieeinsatz bei der Mischgutherstellung. Bei größeren Maßnahmen lassen sich ca. 20 % der Energieressourcen einsparen.
4 Praktische Erfahrungen
In Deutschland wurden größere Baumaßnahmen ab 1995 durchgeführt. Es folgten ab 2002 Anwendungen in Frankreich und seit 2004 in den USA und Slowenien.
Neuere Entwicklungen in Deutschland beschäftigen sich mit der Temperaturreduzierung von Gussasphalten. An dieser Stelle sei daher ein kleines Projekt mit einer erzielen Temperaturabsenkung um ca. 50 K dargestellt: Da es auf dem Schwerlastfahrstreifen im Bereich eines Stahlbrückenbauwerks im Zuständigkeitsbereich des Landesbetriebs Straßenbau NRW immer wieder zu Verformungsschäden gekommen war, sollte der neue Gussasphalt der Schutz- und Deckschicht besonders verformungsbeständig sein. Abweichend von den Anforderungen der ZTV-BEL-ST 92 war als Bindemittel ein PmB 25 A ausgeschrieben worden. Ferner sollte gemäß Leistungsbeschreibung – zur Schonung der Korrosionsbeschichtung auf der Deckblechunterseite und zur Vermeidung von Lagerschäden – die Einbautemperatur des Gussasphaltes in der Schutzschicht durch geeignete Zusätze auf 200 °C reduziert werden.
Bedingt durch die Anforderungen der Baumaßnahme wurden im Rahmen der Eignungsprüfung neue und erweiterte Überlegungen und Versuche erforderlich. Durch die Kombination von Additiven und Zeolithen ist es gelungen, Gussasphalte mit hinreichender Verarbeitbarkeit bei Temperaturen von 180 °C und weniger herzustellen (Bild 6).
Der für den Einbau empfohlene temperaturabgesenkte Gussasphalt 0/11 S wurde aus Kalksteinmehl als Füller, Diabas-Edelbrechsand sowie Diabas-Edelsplitt konzipiert. Als Bindemittel wurde ein PmB 25 A mit einem Anteil von 7,3 M.-% verwendet. Durch die Zusätze ergab sich eine Erhöhung des Erweichungspunktes Ring und Kugel in der Eignungsprüfung auf 87 °C. Die Eindringtiefe am Probewürfel bei einer Versuchstemperatur von 40 °C lag nach 30 Minuten bei 1,4 mm. Die Zunahme nach weiteren 30 Minuten betrug 0,2 mm.
Die Einbautemperaturen lagen zwischen 180 und 200 °C. Der Gussasphalt ließ sich ohne besondere Schwierigkeiten einbauen. Das Einbaupersonal und der Auftraggeber waren mit der Konsistenz und Verarbeitbarkeit des temperaturreduzierten Gussasphaltes zufrieden. Auch die Dampf- und Geruchsentwicklung während des Einbaus war augenscheinlich gering.
Bild 6: Herstellung und Einbau von temperaturreduziertem Gussasphalt ohne Emissionsbildung: links: Temperaturmessung (~ 190 °C) an der Asphaltmischanlage Oberhausen, rechts: Gute Verarbeitbarkeit des Gussasphaltes auf dem Brückenbauwerk |