FGSV-Nr. | FGSV 002/140 |
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Ort | Stuttgart |
Datum | 13.03.2024 |
Titel | Matrixkorrekturverfahren in der Nachfragemodellierung: Interpretation und Umgang mit der Korrekturmatrix |
Autoren | Univ.-Prof. Dr.-Ing. Markus Friedrich, M. Sc. Kea Seelhorst |
Kategorien | HEUREKA |
Einleitung | KurzfassungMatrixkorrekturen in Verkehrsnachfragemodellen haben das Ziel, die Verkehrsstärken der Umlegung an beobachtete Verkehrsstärken anzupassen. Nachfragemodelle mit einer Matrixkorrektur nehmen an, dass eine Matrixkorrektur unbekannte Modellfehler korrigiert. Die Korrekturmatrix wird deshalb in den Prognosezustand übernommen. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Zahl der Wege in der Korrekturmatrix zu reduzieren. Am Beispiel des Landesverkehrsmodells Bayern wir der Einfluss der Parametrisierung einer Matrixkorrektur auf die Korrekturmatrizen dargestellt. Die Parameter Matrixsumme und Reiseweitenverteilung beeinflussen die Struktur der korrigierten Matrix und ihre räumliche Verteilung, besonders in Modellräumen mit wenig Zählstellen. Zusätzlich kann die Schwankungsbreite der Zählwerte die Qualität der Matrixkorrektur beeinflussen, ein Zielkonflikt zwischen einer verbesserten Modellgüte und einer möglichst niedrigen Korrektur entsteht. Versuche die Korrekturmatrix durch zellenspezifische Mobilitätraten oder einem zusätzlichen Nachfragesegment „Sonstiger Verkehr“ zu verkleinern, können die Modellgüte ohne Einsatz von Korrekturmatrizen verbessern, führen aber zu einer Verzerrung des kalibrierten Modells. Ein streckenspezifischer Widerstandsfaktor, generiert aus der Korrekturmatrix, kann die Abweichung von modellierter und gezählter Verkehrsstärke reduzieren.
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Volltext | Der Fachvortrag zur Veranstaltung ist im Volltext verfügbar. Das PDF enthält alle Bilder und Formeln.1 Korrekturmatrizen in VerkehrsnachfragemodellenEin Verkehrsnachfragemodell nutzt Daten zum Mobilitätsverhalten, zur Siedlungsstruktur und zum Verkehrsangebot, um daraus die Verkehrsnachfrage in Form von Nachfragematrizen und Verkehrsstärken zu ermitteln. Im Prozess der Kalibrierung und Validierung eines Nachfragemodells werden die Modellparameter so gesetzt, dass die Abweichungen zwischen den aus dem Modell errechneten Werten und den gemessenen Werten minimal sind. Nutzende der Modellergebnisse legen dabei besonderen Wert auf eine gute Übereinstimmung bei den Verkehrsstärken. Abweichungen werden als Unzulänglichkeit des Modells wahrgenommen und gefährden die Glaubwürdigkeit des Modells. In der Regel gehen die Modellnutzenden davon aus, dass die gemessenen Verkehrsstärken die wahren Werte darstellen und die Modellwerte Abweichungen darstellen. Sind die Kalibrierungsmöglichkeiten eines Nachfragemodells ausgeschöpft, kann die Abweichung von Modellwerten und Zählwerten durch ein Matrixkorrekturverfahren reduziert werden. Bild 1 zeigt vereinfacht die übliche Vorgehensweise einer Matrixkorrektur. Die korrigierte Nachfragematrix D? wird im Analysezustand (t=0) durch einen Vergleich der Modellmatrix D?= ? mit Zählwerten im Netz ermittelt. Daraus ergibt sich eine Differenzmatrix D?= ?=??=?−??=?, die positive und negative Matrixelemente enthält und als Korrekturmatrix bezeichnet wird. Die Matrixkorrektur wird meist als eine Korrektur zufälliger Modellfehler interpretiert und deshalb in die Prognose übernommen. Die Nachfragematrix im Prognosezustand (t=1) ergibt sich dann aus der Modellmatrix ??=1? des Prognosezustands, die mit der Korrekturmatrix angepasst wird. Die Korrekturmatrix wird dabei in der Regel unverändert aus dem Analysezu-stand übernommen, d. h. es wird angenommen, dass die Modellfehler im Prognosezustand gleichbleiben und die Matrixkorrektur die Modellqualität verbessert. ? Korrekte Darstellung und Formel in der PDF Bild 1: Einsatz von Matrixkorrekturverfahren in einem Nachfragemodell. Die Korrekturmatrix wird in die Prognose übernommen. Ziel dieses Beitrages ist es, die Wirkungsweise von Matrixkorrekturverfahren als Teil der Nachfragemodellierung darzustellen und basierend auf den Ergebnissen eines Anwendungsbeispiels folgende Fragen zu beantworten:
2 Ursachen für Abweichungen zwischen Modell und BeobachtungBei der Erstellung eines Verkehrsnachfragemodells geht es darum, die Wirkungszusammenhänge, die zu Standortveränderungen von Personen und Gütern führen, in einem möglichst allgemeinen und für den gesamten Untersuchungsraum gültigen Nachfragemodell abzubilden. Bei der Modellkalibrierung und -validierung wird dieses Nachfragemodell dann schrittweise um spezifische Komponenten ergänzt, die besondere Eigenschaften von Personengruppen, Verkehrsarten, Teilräumen, Verkehrszellen, Straßenklassen oder Streckenzügen berücksichtigen. In einem makroskopischen Modell umfasst dieses Vorgehen i. d. R. die nachfolgend dargestellten Schritte für die Modellstufen Zielauswahl/Moduswahl bzw. Routenwahl/Umlegung. 2.1 Vorgehen bei der Zielwahl / ModuswahlZiel: beobachtete Reiseweitenverteilung und Modusanteile für jede Nachfrageschicht treffen.
2.2 Vorgehen bei der Routenwahl / UmlegungZiel: beobachtete Zählwerte und Reisezeiten für jeden Modus treffen.
2.3 Ursachen für Abweichungen zwischen Modell und ErhebungDieser Prozess der Kalibrierung und Validierung eines Verkehrsnachfragemodells wird nie zu einer perfekten Übereinstimmung zwischen Modellwerten und Erhebungswerten führen. Abweichungen können nach [1] durch verschiedene Fehler verursacht werden, die in Tabelle 1 dargestellt sind. Tabelle 1: Fehlerarten als Ursache für die Abweichung zwischen Modell und Erhebung [1] 3 MatrixkorrekturverfahrenSind die Kalibrierungsmöglichkeiten eines Verkehrsnachfragemodells ausgeschöpft, kann die Abweichungen zwischen Modell und beobachteten Zählwerten durch eine Matrixkorrektur minimiert werden. Das Problem einer Matrixkorrektur besteht darin, dass es für eine vorgegebene Menge an Zählwerten eine sehr große Menge von Matrizen gibt, mit denen die Zählwerte erreicht werden können. Um aus dieser Menge die wahrscheinlichste Matrix zu bestimmen, haben van Zuylen & Willumsen [2] ein Matrixkorrekturverfahren entwickelt, das auf dem Prinzip der Entropiemaximierung aufbaut und gleichzeitig die Struktur der unkorrigierten Modellmatrix als Gewichte nutzt. Das Verfahren funktioniert wie eine Matrixermittlung mit Randsummenbedingungen bei der Zielwahl. Als Randsummenbedingungen werden anstelle der zellenbezogene Verkehrsaufkommenswerte die Zählwerte an Strecken genutzt. Für die Untersuchungen in diesem Beitrag wird ein Matrixkorrekturverfahren genutzt, das in der Software PTV-VISUM implementiert ist und das Prinzip der Entropiemaximierung nutzt [3]. Die Implementierung führt zusätzlich Schlupfvariablen ein, die die Vorgabe einer zählstellenspezifischen Abweichung von Modellwerten und Zählwerten ermöglichen. Diese Schlupfvariablen repräsentieren unscharfe Randbedingungen und stellen eine Erweiterung des Verfahrens in Anlehnung an Rosinowski (1994) [4] und Bosserhoff (1985) [5] dar. Das Verfahren wird deshalb als Verfahren „VStromFuzzy“ bezeichnet. Es ermöglicht u. a. die Vorgabe folgender Randbedingungen:
Die Auswahl an Randbedingungen und deren Toleranzbereiche hat Auswirkungen auf die Struktur der korrigierten Matrix. Eine Fixierung der Matrixsumme ist dann notwendig, wenn sich die Modal-Split-Werte nicht verändert werden sollen. Die Fixierung der Reiseweitenverteilung soll sicherstellen, dass die Matrixkorrektur eine validierte Reiseweitenverteilung einhält. 4 Anwendungsbeispiel Landesverkehrsmodell BayernDie Wirkungen einer Matrixkorrektur werden mit dem Landesverkehrsmodell Bayern (LVM-By) untersucht. Das LVM-By modelliert den durchschnittlichen werktäglichen Verkehr (DTVW5). Die Nachfrage im Personenverkehr wird mit einem Aktivitätenkettenmodell differenziert nach 23 Personengruppen und 12 Aktivitätenzwecken für einen Modellraum mit 6.659 Verkehrszellen (davon 4.870 in Bayern) berechnet. Betrachtet wird der Modus Pkw, der sich aus den Nachfragesegmenten Pkw-Privat, Pkw-Wirtschaft und Pkw-Extern zusammensetzt. Die Nachfragesegmente des Kfz-Verkehrs werden sequentiell umgelegt.
Im Modellraum, der über Bayern hinausgeht, werden rund 41 Mio. Wege im Modus Pkw durchgeführt, wobei 88 % auf den privaten Pkw, 8 % auf den Wirtschaftsverkehrs sowie 4 % auf den externen Pkw-Verkehr entfallen. Für die Validierung stehen rund 14.600 Zählstellen innerhalb von Bayern zur Verfügung. Sie stammen aus rund 600 Dauerzählstellen (DZS) und aus rund 14.000 Zählstellen der Straßenverkehrszählung 2015 (SVZ). Das LVM-By enthält keine Zählstellen außerhalb Bayerns. Die Übereinstimmung von Modellwerten und Zählwerten erfolgt mit den Gütemaßen BelFit und GEH:
Formel in der PDF Bei der Berechnung des GEH wird nur die Abweichung betrachtet, die außerhalb des Konfidenzbereichs liegt. Der Mittelwert der Zählwerte über alle Zählstellen liegt bei 3.237 Fzg/d. Der Mittelwert über DZS liegt bei 17.366 Fzg/d und 2.510 Fzg/d bei der SVZ. Das Konfidenzintervall weist im Mittel eine Abweichung von 402 Fzg/d bei DZS und 405 Fzg/d bei der SVZ auf. Liegt ein Modellwert innerhalb des Konfidenzbereichs, wird von keiner Abweichung vom Zählwert ausgegangen (GEH = 0; BelFit = 1). Beide Gütemaße werden getrennt nach Dauerzählstellen (DZS) und Straßenverkehrszählungen (SVZ) ausgewertet. Für den unkorrigierten Zustand V0 ergeben sich ein GEH von rund 11 und ein BelFit von ungefähr 75 % der Zählstellen (siehe Tabelle 3). 4.1 MatrixkorrekturFür die Matrixkorrektur wird nur eine Teilmenge der für die Validierung verwendeten Zählstellen genutzt. Sie umfasst 13.000 Zählstellen. Die folgende Tabelle weist den Anteil der Nachfrage und Verkehrsleistung des Nachfragesegments Pkw-Privat aus, der über mindestens eine Zählstelle der jeweiligen Zählstellenteilmenge führt und gibt zudem die durchschnittliche Anzahl an Zählstellen pro Weg an. Tabelle 2: Analyse der Verteilung auf Zählstellen für das Nachfragesegment Pkw-Privat In einem iterativen Verfahren werden Korrekturmatrizen für alle drei Pkw-Nachfragesegmente berechnet. Dabei werden in jedem Iterationsschritt unterschiedliche Teilmengen der Zählstellen verwendet. Zählstellen auf Autobahnen werden immer berücksichtigt. Nach jedem Iterationsschritt wird die Routenwahl mit einer Umlegung an die korrigierte Nachfrage angepasst. Die folgenden Auswertungen analysieren nur die Korrekturmatrix für das Segment Pkw-Privat. Die Gütemaße GEH und BelFit berücksichtigen den gesamten Pkw-Verkehr. Im Folgenden werden die Ergebnisse der Matrixkorrektur für sieben Ausprägungen der Randbedingungen analysiert:
4.2 Variation der zulässigen Abweichung Matrixsumme und ReiseweitenverteilungEs werden die Auswirkungen der Parameter Matrixsumme und Reiseweitenverteilung untersucht. Dabei gelten folgende Randbedingungen:
Tabelle 3 zeigt die Ergebnisse der Matrixkorrektur für die Kombinationen aus den Randbedingungen Matrixsumme (mit/ohne) und Reiseweitenverteilung (mit/ohne). Die zugehörigen Umlegungsergebnisse sind in Bild 2 als Differenzplot dargestellt. Verglichen mit der unkorrigierten Nachfragematrix V0 steigt im Differenzplot in den roten Bereichen die Verkehrsstärke durch die Matrixkorrektur, in den grünen Bereichen sinkt sie. In allen Varianten konnten mit neun Iterationen von Matrixkorrektur vorgegebene Gütemaße (80% der Zählstellen differenziert nach Belastungsklassen im Konfidenzintervall) erreicht werden. Tabelle 3: Korrekturmatrix Parametervariation Matrixsumme und Reiseweitenverteilung Die Variation der zulässigen Abweichungen bei der Matrixsumme und der Reiseweitenverteilung führen zu folgenden Ergebnissen:
Die Ergebnisse zeigen, dass Gütemaße allein keine ausreichende Grundlage für die Beurteilung einer Matrixkorrektur sind. Gleiche mittlere Gütemaße können mit unterschiedlichen Korrekturmatrizen erreicht werden. Im vorliegenden Fall erscheint es aus folgenden Gründen sinnvoll die Matrix V4 zu wählen:
Bild 2: Differenzbalken zwischen korrigierter und unkorrigierter Nachfrage – Parametervariation V1 bis V4 4.3 Variation der zulässigen Abweichung vom ZählwertEs werden nun aufbauend auf der Variante 1 (Matrixsumme + Reiseweitenverteilung) die zulässigen Abweichungen an den Zählstellen variiert. Variante 1 wird als Referenz gewählt, da sie im LVM-By implementiert ist. Die zulässige Abweichung repräsentiert den Wertebereich, der als Lösung für die Entropiemaximierung um den beobachteten Zählwert erlaubt ist. Je näher die modellierte Verkehrsstärke an den Toleranzrändern liegt, desto kleiner wird die Entropie, was dem Ziel der Entropiemaximierung entgegensteht. An den Toleranzrändern nimmt die Entropie den Wert Null an. Es wird untersucht, welchen Einfluss die Vorgabe einer zulässigen Abweichung auf die Matrixkorrektur hat. Dazu genügt es den ersten Iterationsschritt zu betrachten. Tabelle 4 zeigt die Ergebnisse der Matrixkorrektur nach der ersten Iteration für drei Variationen der zulässigen Abweichung:
Bei einer weiteren Reduktion auf MAX (500; Zählwert x 0,25) wird keine Lösung für das Gleichungssystem gefunden, da der Lösungsraum zu sehr beschränkt wird. Tabelle 4: Variation der zulässigen Abweichung der Modellwerte (nur 1. Iteration) Im ersten Fall wird nach der ersten Iteration eine Korrekturmatrix mit ca. 0,7 Mio. positiven sowie negativen Wegen als Lösung gefunden. Diese erreicht einen GEH von 7,8 bzw. 9,2. Bei einer Verringerung der zulässigen Abweichung auf Zählwert x 0,75 steigt die Anzahl an korrigierten Wegen (positiv und negativ) um je 50.000 an. Gleichzeitig sinkt der GEH auf 7,6 bzw. 9,2. Eine weitere Reduktion der zulässigen Abweichung im Fall 3 auf Zählwert x 0,50 bestätigt den Trend einer absolut höheren Anzahl an korrigierten Wegen und einer Verbesserung des GEH. Die Vorgabe einer geringeren zulässigen Abweichung führt zu einem Konflikt zwischen dem Ziel einer guten Übereinstimmung von Modellwert und Zählwert und dem Ziel einer kleinen Korrekturmatrix, bei der die originale Nachfragematrix möglichst wenig verändert wird. 5 Möglichkeiten zur Reduzierung der korrigierten WegeNachfragemodelle mit einer Matrixkorrektur nehmen an, dass eine Matrixkorrektur unbekannte Modellfehler korrigiert. Die Korrekturmatrix wird deshalb in den Prognosezustand übernommen. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Zahl der Wege in der Korrekturmatrix zu reduzieren. Im Folgenden werden drei Ansätze zur Reduktion der Wege der Korrekturmatrix getestet. Alle drei Ansätze basieren auf der Annahme, dass ein Teil der Modellfehler auf systematischen Fehlern beruht, die – anders als zufällige Fehler – erklärbar sind und durch geeignete Modellerweiterungen ohne eine Matrixkorrektur beseitigt werden können.
5.1 Ansatz 1 – Zellenspezifische MobilitätsratenDer erste Ansatz soll das Verkehrsnachfragemodell durch zellenspezifische Mobilitätsraten verbessern. Hierzu wird die Korrekturmatrix des LVM-By für den privaten Pkw-Verkehr mit festgehaltener Matrixsumme und Reiseweitenverteilung verwendet. Anhand der Zeilensummen dieser Matrix werden die konstanten Mobilitätsraten je Nachfrageschicht (Aktivitätenkette × Personengruppe) des privaten Pkw-Verkehrs für jede Zelle einzeln angepasst. Dabei wird die Abweichung zwischen Zeilensumme der unkorrigierten Matrix mit der korrigierten Matrix berechnet. Diese Abweichung steht für den Anpassungsfaktor der Mobilitätsraten. Dieser Faktor kann positiv sowie auch negativ sein. Somit können die Mobilitätsraten sich erhöhen und mehr Verkehr wird erzeugt oder sich reduzieren und weniger Verkehr wird erzeugt. Dieser Ansatz wird dann gut funktionieren, wenn die Nachfrage einer Zelle zu vielen Zielen entweder überschätzt oder unterschätzt wird. In Bild 3 ist die räumliche Verteilung der Anpassungsfaktoren auf Zellenebene abgebildet. Bild 3: Räumliche Verteilung der Anpassungsfaktoren für zellenspezifische Mobilitätsraten Nach erneuter Nachfrageberechnung mit angepassten Mobilitätsraten werden die in Tabelle 5 dargestellten Gütemaße erreicht. Tabelle 5: Auswertung Ansatz 1 – Zellenspezifische Mobilitätsraten Die erneute Nachfrageberechnung mit geänderten Mobilitätsraten führt zu einer Änderung der unkorrigierten Nachfrage des privaten Pkw-Verkehrs um ca. 40.000 Wege. Der mittlere GEH mit zellenspezifischen Mobilitätsraten verschlechtert sich für die Dauerzählstellen von 11,2 auf 11,8, bei der Straßenverkehrszählung verbessert er sich von 11,0 auf 10,1. Der BelFit sinkt für die Dauerzählstellen auf 0,72, für die Straßenverkehrszählung erhöht er sich auf 0,74. Der Ansatz mit angepassten Mobilitätsraten führt zumindest im untersuchten Modell zu keiner Verbesserung der Modellqualität im Zustand ohne Matrixkorrektur. Es gibt offensichtlich kaum Zellen, bei denen die Mehrzahl der Relation zu viel oder zu wenig Nachfrage aufweist. 5.2 Ansatz 2 – Sonstiger VerkehrDer nächste Ansatz basiert auf der Idee einen zusätzlichen Wegezweck „Sonstiger Verkehr“ einzuführen. Dieser Verkehr kann als zusätzliche Nachfrage aus nicht im Modell enthaltenen Ortsveränderungen interpretiert werden und soll zumindest zum Teil aus Strukturdaten abgeleitet werden. Als Grundlage dient eine vorher berechnete Korrekturmatrix. Dafür ist es notwendig, eine hauptsächlich positive Korrekturmatrix zu erhalten. Negative Einträge in der Korrekturmatrix können im Schritt der Verkehrserzeugung nicht erzeugt werden. Um eine möglichst positive Korrekturmatrix zu erhalten, müssen die Mobilitätsraten der entsprechenden Nachfragesegmente verringert werden. Anhand einer ersten Korrekturmatrix (z. B. aus V1) werden die Mobilitätsraten reduziert. Hierfür wird nur der negative Teil der Korrekturmatrix verwendet. Mit dessen Zeilensumme und der Zeilensumme der nicht korrigierten Nachfragematrix wird mit Formel (2) ein Abschwächungsfaktor berechnet. Dieser Faktor wird zellenspezifisch auf die Mobilitätsraten angewendet. Formel in der PDF Mit den so angepassten Mobilitätsraten wird eine neue Nachfragematrix berechnet, die eine geringere Anzahl an Wegen beinhaltet. Eine erneute Matrixkorrektur ohne Einhaltung der Matrixsumme wird durchgeführt. Die so entstandene Korrekturmatrix beinhaltet hauptsächlich positive Einträge und kann somit als Grundlage der Matrix für den Wegezweck „Sonstiger Verkehr“ eingesetzt werden. Der Ansatz besteht darin, diese Matrix abhängig von der Strukturgröße Einwohner in der Verkehrserzeugung zu generieren. Hierfür wird eine Mobilitätsrate geschätzt, die aus der zellenspezifischen Einwohnerzahl eine Matrix „Sonstiger Verkehr“ erzeugt. Die Mobilitätsrate wird so geschätzt, dass die Zeilensumme der Matrix weitgehend der positiven Korrekturmatrix entspricht. Für die Verkehrsverteilung wird die positive Korrekturmatrix als Widerstandsmatrix genutzt. Dadurch bestimmt der Widerstand auf einer Relation die Verteilung des produzierten „Sonstigen Verkehrs“. Es findet keine Moduswahl statt, da der Wegezweck „Sonstiger Verkehr“ nur aus den Pkw-Zählwerten abgeleitet wird. Dieser Ansatz wird für das Nachfragesegment Pkw-Privat im LVM-By untersucht. Die bereits bestehenden Korrekturen für die Pkw-Nachfragesegmente Extern und Wirtschaft werden vernachlässigt. Tabelle 6: Auswertung Ansatz 2 – Sonstiger Verkehr Der zusätzliche Wegezweck „Sonstiger Verkehr“ verbessert das Modell bei den Gütemaßen GEH und BelFit in kleinem Umfang ohne eine explizite Matrixkorrektur. Die geringe Verbesserung der Modellgüte weist auf eine unregelmäßige Struktur der Korrekturmatrix hin, die nicht wirklich aus Strukturgrößen erklärbar ist. Außerdem erhöht der Ansatz den Anteil der Pkw-Selbstfahrer beim Modal-Split deutlich. 5.3 Ansatz 3 – Anpassung StreckenwiderstandDer dritte Ansatz beeinflusst die Routenwahl durch eine Anpassung der Streckenwiderstände so, dass die Zählwerte besser getroffen werden. Dazu werden die streckenbezogenen Verkehrsstärken der Korrekturmatrizen genutzt. Anhand eines vorzeichenbelasteten GEH werden Anpassungsfunktionen für den Widerstand jeder Strecke ermittelt. Der vorzeichenbelastete GEH wird als negativ definiert, wenn die korrigierte Verkehrsstärke unter der unkorrigierten Verkehrsstärke liegt. Es wird ein Anpassungsfaktor größer als 1 benötigt, damit die Strecke einen höheren Widerstand bekommt und so bei der Routenwahl weniger attraktiv wird. Der GEH ist positiv, wenn die korrigierte Verkehrsstärke größer als die unkorrigierte Verkehrsstärke ist und Verkehr angezogen werden muss. Der Anpassungsfaktor liegt unter 1. Es werden verschiedene Varianten mit linearem Verlauf untersucht, wobei an den Extremwerten konstante Faktoren angenommen werden (siehe Bild 4). Bild 4: Anpassungsfunktion für Streckenwiderstand Anhand dieser Anpassungsfunktionen werden die Streckenwiderstände für Pkw verändert und die unkorrigierten Nachfragematrizen auf das Streckennetz umgelegt. Das Ergebnis ist in Tabelle 7 dokumentiert. Tabelle 7: Auswertung Ansatz 3 – Eingriff Routenwahl Mit Anpassung der Streckenwiderstände gelingt eine erkennbare Verbesserung der Modellgüte ohne Einsatz einer Matrixkorrektur. Dabei hat die Variation der Anpassungsfunktion keinen großen Einfluss auf die Gütemaße. Die Ausweitung der Grenzen des Anpassungsfaktors (W2) führt zu einer Verbesserung des BelFit bei Dauerzählstellen und Straßenverkehrszählung, so dass mehr Zählstellen innerhalb des Toleranzbereichs liegen. Der GEH der Dauerzählstellen verschlechtert sich etwas, was an wenigen Zählstellen mit größerem GEH liegt. Wird der Grenzwert des GEH (W3) erweitert, ergibt sich eine weitere Verbesserung im GEH. Der BelFit unterliegt nur geringen Änderungen. Bei der Übernahme in die Prognose muss beachtet werden, dass der Eingriff durch Widerstandsfaktoren nur begrenzt prognosefähig ist und ggf. bei Netzänderungen im Prognosefall zu einer verzerrten Routenwahl führen kann. 6 Fazit zum Einsatz von Matrixkorrektur in NachfragemodellenKorrigieren oder nicht korrigieren? Der Einsatz von Matrixkorrekturverfahren in der Nachfragemodellierung wird unterschiedlich bewertet:
Aus den oben dargestellten Untersuchungen und aus den Darstellungen in [6] lassen sich folgen Empfehlungen geben:
Insgesamt zeigt die Untersuchung, dass die Matrixkorrektur in Verkehrsnachfragemodellen eine komplexe und abwägende Aufgabe ist, bei der verschiedene Einflussgrößen berücksichtigt werden müssen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Auch die Reduzierung der Wege in der Korrekturmatrix stellt sich als herausfordernd dar, da diese keine regelmäßige, erklärbare Struktur aufweist. 7 DanksagungDie Inhalte des Beitrags wurden im Rahmen des „Forschungsprojektes zur Ermittlung der verkehrlichen Verlagerungseffekte und Auswirkungen auf das Bundesfern- und nachgeordnete Straßennetz durch den vollzogenen Lückenschluss der A 94 im Abschnitt Pastetten bis Heldenstein unter Verwendung neuartiger Datenquellen“ erarbeitet. Das Projekt wurde im Auftrag der Landesbaudirektion Bayern zusammen mit der PTV Transport Consult GmbH bearbeitet. 8 Literatur
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